Am linken Ufer des Pasig und ausserhalb der Festungswerke liegen drei kleinere Vororte: Ermita, Malata und Pago, von welchen die beiden erstgenannten an das Meeresufer grenzen. Die 300 Jahre alten Festungswerke, welche die Altstadt umgürten, sind noch vortrefflich erhalten; die Geschütze aber, mit denen sie armirt sind, müssen weniger als den Anforderungen der modernen Kriegstechnik entspre- chend, denn als hübsche Museumsstücke bezeichnet werden. Zwei Seiten des Gürtelwalles, von denen eine an den Pasig und die andere an die Küste grenzt, bilden einen spitzen Winkel, in welchem sich das Fort Fuerza de Santiago befindet, das in der Geschichte der Philippinnen mehrmals eine Rolle gespielt hat
Innerhalb der Festungswerke liegt, wie bereits erwähnt, Alt- Manila, ein heisser und sehr stiller Ort mit geraden, einander recht- winkelig schneidenden Strassen und viereckigen Plätzen, die durch Statuen und steife Gartenanlagen verziert werden. Die bemerkens- werthesten dieser Denkmale sind eine Magelhaens-Säule und eine Statue der Königin Isabella II. Klöster, Stifte, Regierungsgebäude und Kaser- nen wechseln hier miteinander ab, doch ist die Bauart der Häuser der häufigen Erdbeben halber eine überaus einfache, die der kirchlichen Bauten fast ganz ohne architektoniche Schönheit oder künstlerischen Schmuck. Luzon ist durchwegs vulkanischer Natur und hat noch viele thätige Vulkane, um Manila herum deren drei. Infolge der be- ständigen Gefährdung der Häuser durch Erderschütterungen sind die Miethzinse ausserordentlich hohe, der gebotene Comfort ein äusserst geringer; so sind beispielsweise die Dächer trotz der Tropenhitze häufig mit Eisenblech gedeckt und nur der Unterbau der Häuser solid und stark gemauert, die Stockwerke jedoch aus Holz gezim- mert. Eine Eigenthümlichkeit sind jedenfalls auch die Fenster, die häufig aus zahlreichen Placunamuscheln zusammengesetzt sind und deshalb auch nicht los cristales, sondern los conchas (Concha=Muschel) genannt werden. Sind die Conchas geschlossen, so macht das Haus einen ungemein trübseligen Eindruck, der durch das Düstere der Innenräume noch verschärft wird. Die Häuser sind auch noch in anderer Beziehung möglichst unbequem, denn während der heissen Jahreszeit, d. i. März bis Juni, bieten sie keinerlei Frische, fängt aber dann die bis September oder October währende Regenzeit an, so weiss man durch drei Monate nicht, welches Zimmer man bewohnen soll, um sich vor dem eindringenden Regen zu schützen.
Ausserhalb der Festungsmauern liegen in unmittelbarer Nähe der Stadt breite Strassen mit schattigen Alleen und weiten luftigen
Manila.
Am linken Ufer des Pasig und ausserhalb der Festungswerke liegen drei kleinere Vororte: Ermita, Malata und Pago, von welchen die beiden erstgenannten an das Meeresufer grenzen. Die 300 Jahre alten Festungswerke, welche die Altstadt umgürten, sind noch vortrefflich erhalten; die Geschütze aber, mit denen sie armirt sind, müssen weniger als den Anforderungen der modernen Kriegstechnik entspre- chend, denn als hübsche Museumsstücke bezeichnet werden. Zwei Seiten des Gürtelwalles, von denen eine an den Pasig und die andere an die Küste grenzt, bilden einen spitzen Winkel, in welchem sich das Fort Fuerza de Santiago befindet, das in der Geschichte der Philippinnen mehrmals eine Rolle gespielt hat
Innerhalb der Festungswerke liegt, wie bereits erwähnt, Alt- Manila, ein heisser und sehr stiller Ort mit geraden, einander recht- winkelig schneidenden Strassen und viereckigen Plätzen, die durch Statuen und steife Gartenanlagen verziert werden. Die bemerkens- werthesten dieser Denkmale sind eine Magelhaens-Säule und eine Statue der Königin Isabella II. Klöster, Stifte, Regierungsgebäude und Kaser- nen wechseln hier miteinander ab, doch ist die Bauart der Häuser der häufigen Erdbeben halber eine überaus einfache, die der kirchlichen Bauten fast ganz ohne architektoniche Schönheit oder künstlerischen Schmuck. Luzon ist durchwegs vulkanischer Natur und hat noch viele thätige Vulkane, um Manila herum deren drei. Infolge der be- ständigen Gefährdung der Häuser durch Erderschütterungen sind die Miethzinse ausserordentlich hohe, der gebotene Comfort ein äusserst geringer; so sind beispielsweise die Dächer trotz der Tropenhitze häufig mit Eisenblech gedeckt und nur der Unterbau der Häuser solid und stark gemauert, die Stockwerke jedoch aus Holz gezim- mert. Eine Eigenthümlichkeit sind jedenfalls auch die Fenster, die häufig aus zahlreichen Placunamuscheln zusammengesetzt sind und deshalb auch nicht los cristales, sondern los conchas (Concha=Muschel) genannt werden. Sind die Conchas geschlossen, so macht das Haus einen ungemein trübseligen Eindruck, der durch das Düstere der Innenräume noch verschärft wird. Die Häuser sind auch noch in anderer Beziehung möglichst unbequem, denn während der heissen Jahreszeit, d. i. März bis Juni, bieten sie keinerlei Frische, fängt aber dann die bis September oder October währende Regenzeit an, so weiss man durch drei Monate nicht, welches Zimmer man bewohnen soll, um sich vor dem eindringenden Regen zu schützen.
Ausserhalb der Festungsmauern liegen in unmittelbarer Nähe der Stadt breite Strassen mit schattigen Alleen und weiten luftigen
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Manila.
Am linken Ufer des Pasig und ausserhalb der Festungswerke liegen
drei kleinere Vororte: Ermita, Malata und Pago, von welchen die
beiden erstgenannten an das Meeresufer grenzen. Die 300 Jahre alten
Festungswerke, welche die Altstadt umgürten, sind noch vortrefflich
erhalten; die Geschütze aber, mit denen sie armirt sind, müssen
weniger als den Anforderungen der modernen Kriegstechnik entspre-
chend, denn als hübsche Museumsstücke bezeichnet werden. Zwei
Seiten des Gürtelwalles, von denen eine an den Pasig und die andere
an die Küste grenzt, bilden einen spitzen Winkel, in welchem sich
das Fort Fuerza de Santiago befindet, das in der Geschichte der
Philippinnen mehrmals eine Rolle gespielt hat
Innerhalb der Festungswerke liegt, wie bereits erwähnt, Alt-
Manila, ein heisser und sehr stiller Ort mit geraden, einander recht-
winkelig schneidenden Strassen und viereckigen Plätzen, die durch
Statuen und steife Gartenanlagen verziert werden. Die bemerkens-
werthesten dieser Denkmale sind eine Magelhaens-Säule und eine Statue
der Königin Isabella II. Klöster, Stifte, Regierungsgebäude und Kaser-
nen wechseln hier miteinander ab, doch ist die Bauart der Häuser der
häufigen Erdbeben halber eine überaus einfache, die der kirchlichen
Bauten fast ganz ohne architektoniche Schönheit oder künstlerischen
Schmuck. Luzon ist durchwegs vulkanischer Natur und hat noch
viele thätige Vulkane, um Manila herum deren drei. Infolge der be-
ständigen Gefährdung der Häuser durch Erderschütterungen sind die
Miethzinse ausserordentlich hohe, der gebotene Comfort ein äusserst
geringer; so sind beispielsweise die Dächer trotz der Tropenhitze
häufig mit Eisenblech gedeckt und nur der Unterbau der Häuser
solid und stark gemauert, die Stockwerke jedoch aus Holz gezim-
mert. Eine Eigenthümlichkeit sind jedenfalls auch die Fenster, die
häufig aus zahlreichen Placunamuscheln zusammengesetzt sind und
deshalb auch nicht los cristales, sondern los conchas (Concha=Muschel)
genannt werden. Sind die Conchas geschlossen, so macht das Haus
einen ungemein trübseligen Eindruck, der durch das Düstere der
Innenräume noch verschärft wird. Die Häuser sind auch noch in
anderer Beziehung möglichst unbequem, denn während der heissen
Jahreszeit, d. i. März bis Juni, bieten sie keinerlei Frische, fängt
aber dann die bis September oder October währende Regenzeit an,
so weiss man durch drei Monate nicht, welches Zimmer man bewohnen
soll, um sich vor dem eindringenden Regen zu schützen.
Ausserhalb der Festungsmauern liegen in unmittelbarer Nähe
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/503>, abgerufen am 22.11.2024.
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