Spitäler und eine nicht unbedeutende Zahl von Schulen, in welchen die Kinder von Fremden und Einheimischen allgemeine und fach- technische Ausbildung erhalten können, die weit über den Rahmen europäischer Volksschulen hinausgreift. Wir nennen hier das Gym- nasium, die polytechnische Schule für Chinesen und zwei Biblio- theken.
Schanghai ist der Sitz eines katholischen und eines anglicanischen Bischofs, sowie mehrerer Missionen, welch letztere eine angestrengte und weitgehende Thätigkeit, besonders im Lehrfache, entwickeln; es besitzt Gotteshäuser der verschiedensten Confessionen, Freimaurerlogen, deren segensreiches, hier aber in ziemlich mystisches Dunkel gehülltes Wirken grosse Ausdehnung gewonnen hat; Clubs und Unterhaltungs- locale, darunter der Schanghai-Club, der deutsche Concordia-Club, das Lyceum-Theater sind hier in reichlicher Zahl vorhanden. Landwärts vom Defence Creek, mithin schon ausserhalb des Weichbildes der Stadt, ist eine ausgedehnte Cottage-Anlage in Bildung begriffen; Gärten und Parks, kleine Villen und Privathäuser stehen in zwanglos anein- ander gereihten Gruppen beisammen, welche von gutgehaltenen Kies- wegen und Promenaden durchschnitten sind. Der Sport in Form von Lawn-tennis, Criquet und Pferderennen findet auf zu diesem Zwecke hergerichteten grossen Plätzen bedeutenden Zuspruch.
In dem Dorfe Sikawei sind das Missions- und das Waisenhaus der Jesuiten, welche auch ein naturhistorisches Museum und ein wissen- schaftliches Observatorium unterhalten. Von hier aus werden alle meteorologischen Stationen geleitet, die an den Ufern des chinesischen Meeres vor kurzer Zeit eingerichtet worden sind.
Ihren Mittelpunkt finden die wissenschaftlichen Bestrebungen der europäisch-amerikanischen Colonie in Schanghai in der dortigen Abtheilung der Royal Asiatic Society, deren Berichte eine Fundgrube für unsere Kenntniss von China und seinen Bewohnern sind.
Dass die hier für die Europäer erscheinenden beiden Tages- journale und die drei Wochenschriften, von denen wir den "North China Herald" hervorheben, englisch geschrieben sind, versteht sich bei dem Ueberwiegen des englischen Einflusses von selbst. Auch für die Chinesen bestehen hier zwei Tagesblätter, deren Eigenthümer und Herausgeber aber Europäer sind.
Wer also das Wirken und das Leben der Europäer im fernen Osten kennen lernen will, der muss zuerst das "Modell Settlement" in Schanghai besuchen, wo er wählen kann unter einer Anzahl vor- züglich eingerichteter Hotels.
Der grosse Ocean.
Spitäler und eine nicht unbedeutende Zahl von Schulen, in welchen die Kinder von Fremden und Einheimischen allgemeine und fach- technische Ausbildung erhalten können, die weit über den Rahmen europäischer Volksschulen hinausgreift. Wir nennen hier das Gym- nasium, die polytechnische Schule für Chinesen und zwei Biblio- theken.
Schanghai ist der Sitz eines katholischen und eines anglicanischen Bischofs, sowie mehrerer Missionen, welch letztere eine angestrengte und weitgehende Thätigkeit, besonders im Lehrfache, entwickeln; es besitzt Gotteshäuser der verschiedensten Confessionen, Freimaurerlogen, deren segensreiches, hier aber in ziemlich mystisches Dunkel gehülltes Wirken grosse Ausdehnung gewonnen hat; Clubs und Unterhaltungs- locale, darunter der Schanghai-Club, der deutsche Concordia-Club, das Lyceum-Theater sind hier in reichlicher Zahl vorhanden. Landwärts vom Defence Creek, mithin schon ausserhalb des Weichbildes der Stadt, ist eine ausgedehnte Cottage-Anlage in Bildung begriffen; Gärten und Parks, kleine Villen und Privathäuser stehen in zwanglos anein- ander gereihten Gruppen beisammen, welche von gutgehaltenen Kies- wegen und Promenaden durchschnitten sind. Der Sport in Form von Lawn-tennis, Criquet und Pferderennen findet auf zu diesem Zwecke hergerichteten grossen Plätzen bedeutenden Zuspruch.
In dem Dorfe Sikawei sind das Missions- und das Waisenhaus der Jesuiten, welche auch ein naturhistorisches Museum und ein wissen- schaftliches Observatorium unterhalten. Von hier aus werden alle meteorologischen Stationen geleitet, die an den Ufern des chinesischen Meeres vor kurzer Zeit eingerichtet worden sind.
Ihren Mittelpunkt finden die wissenschaftlichen Bestrebungen der europäisch-amerikanischen Colonie in Schanghai in der dortigen Abtheilung der Royal Asiatic Society, deren Berichte eine Fundgrube für unsere Kenntniss von China und seinen Bewohnern sind.
Dass die hier für die Europäer erscheinenden beiden Tages- journale und die drei Wochenschriften, von denen wir den „North China Herald“ hervorheben, englisch geschrieben sind, versteht sich bei dem Ueberwiegen des englischen Einflusses von selbst. Auch für die Chinesen bestehen hier zwei Tagesblätter, deren Eigenthümer und Herausgeber aber Europäer sind.
Wer also das Wirken und das Leben der Europäer im fernen Osten kennen lernen will, der muss zuerst das „Modell Settlement“ in Schanghai besuchen, wo er wählen kann unter einer Anzahl vor- züglich eingerichteter Hôtels.
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Der grosse Ocean.
Spitäler und eine nicht unbedeutende Zahl von Schulen, in welchen
die Kinder von Fremden und Einheimischen allgemeine und fach-
technische Ausbildung erhalten können, die weit über den Rahmen
europäischer Volksschulen hinausgreift. Wir nennen hier das Gym-
nasium, die polytechnische Schule für Chinesen und zwei Biblio-
theken.
Schanghai ist der Sitz eines katholischen und eines anglicanischen
Bischofs, sowie mehrerer Missionen, welch letztere eine angestrengte
und weitgehende Thätigkeit, besonders im Lehrfache, entwickeln; es
besitzt Gotteshäuser der verschiedensten Confessionen, Freimaurerlogen,
deren segensreiches, hier aber in ziemlich mystisches Dunkel gehülltes
Wirken grosse Ausdehnung gewonnen hat; Clubs und Unterhaltungs-
locale, darunter der Schanghai-Club, der deutsche Concordia-Club, das
Lyceum-Theater sind hier in reichlicher Zahl vorhanden. Landwärts
vom Defence Creek, mithin schon ausserhalb des Weichbildes der
Stadt, ist eine ausgedehnte Cottage-Anlage in Bildung begriffen; Gärten
und Parks, kleine Villen und Privathäuser stehen in zwanglos anein-
ander gereihten Gruppen beisammen, welche von gutgehaltenen Kies-
wegen und Promenaden durchschnitten sind. Der Sport in Form von
Lawn-tennis, Criquet und Pferderennen findet auf zu diesem Zwecke
hergerichteten grossen Plätzen bedeutenden Zuspruch.
In dem Dorfe Sikawei sind das Missions- und das Waisenhaus
der Jesuiten, welche auch ein naturhistorisches Museum und ein wissen-
schaftliches Observatorium unterhalten. Von hier aus werden alle
meteorologischen Stationen geleitet, die an den Ufern des chinesischen
Meeres vor kurzer Zeit eingerichtet worden sind.
Ihren Mittelpunkt finden die wissenschaftlichen Bestrebungen
der europäisch-amerikanischen Colonie in Schanghai in der dortigen
Abtheilung der Royal Asiatic Society, deren Berichte eine Fundgrube
für unsere Kenntniss von China und seinen Bewohnern sind.
Dass die hier für die Europäer erscheinenden beiden Tages-
journale und die drei Wochenschriften, von denen wir den „North
China Herald“ hervorheben, englisch geschrieben sind, versteht sich
bei dem Ueberwiegen des englischen Einflusses von selbst. Auch für
die Chinesen bestehen hier zwei Tagesblätter, deren Eigenthümer und
Herausgeber aber Europäer sind.
Wer also das Wirken und das Leben der Europäer im fernen
Osten kennen lernen will, der muss zuerst das „Modell Settlement“
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/420>, abgerufen am 22.11.2024.
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