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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Chinesische Häfen.
In rascher Weise, welche die Furcht vor einem weiteren Vordringen der Engländer
zur Genüge kennzeichnete, wurden die eingeleiteten Friedensverhandlungen zu
Ende geführt.

Am 29. August 1842 wurde der am 15. September vom Kaiser
von China bestätigte Vertrag abgeschlossen, nach welchem die Häfen
Canton, Amoy, Futschou, Ningpo und Schanghai dem Handel aller
Nationen eröffnet, die Vorrechte der Hong-Kaufleute aufgehoben, die
Errichtung von Consulaten in diesen Orten bewilligt, die Zahlung einer
Kriegsentschädigung von 21 Millionen Dollars und die Abtretung der
Insel Hongkong an die Engländer, sowie die Gleichstellung der
Beamten der verschiedenen Staaten bei Verhandlungen verbürgt
wurde.

Die Engländer zogen ihre Streitkräfte nach Hongkong zurück.
So war ein scheinbarer Friede geschlossen mit dem officiellen
China; mit dem chinesischen Volke dauerte der Kriegszustand weiter
und führte zu neuen kriegerischen Verwicklungen mit dem chinesi-
schen Staatswesen. Die Cantonesen versäumten keine Gelegenheit, ihrer
feindlichen Gesinnung Wort und That zu leihen. Angriffe auf die
Factoreien und selbst Ueberfälle auf einzelne Personen kamen häufig
genug vor und führten zu Conflicten zwischen den Consulaten und
den chinesischen Behörden.

Der Vertragspunkt, welcher die Fremden zum freien Verkehr
in Canton ermächtigte, wurde dadurch illusorisch gemacht. Die Eng-
länder, zum Frieden geneigt, verschoben den Termin zur Eröffnung
der Stadt immer weiter, bis sie endlich zur Einsicht kamen, dass die
Mandarine selbst auf Seite der Bevölkerung stünden und auf güt-
lichem Wege die Forderung kaum jemals ihre Erfüllung finden würde.
Die Erbitterung der Chinesen war so hoch gestiegen, dass die
Drohungen der Engländer, Gewalt anzuwenden, gar nichts nützten;
selbst das Vordringen eines englischen Kriegsschiffes bis Canton
und ein Bombardement der Stadt (October 1856) hatte nur die Folge,
dass der Handel gesperrt, die Factoreien überfallen und geplündert
und die angesiedelten Fremden, die sich nicht flüchten konnten, er-
mordet wurden.

Die politischen Zustände im Innern Chinas waren zu jener Zeit
keineswegs erfreuliche. Vielfache revolutionäre Bewegungen, die sich
gegen den Thron der Mandschuren-Dynastie kehrten, traten zu Tage
und vereinigten sich mit einer religiösen Strömung, welche die Lehre
des Confucius verwarf und den Glauben an einen Gott predigte; die
Machtmittel der Regierung waren durch den Krieg mit den Fremden
erschöpft, ihre Autorität war gebrochen und die im Herbste 1850 aus-

Chinesische Häfen.
In rascher Weise, welche die Furcht vor einem weiteren Vordringen der Engländer
zur Genüge kennzeichnete, wurden die eingeleiteten Friedensverhandlungen zu
Ende geführt.

Am 29. August 1842 wurde der am 15. September vom Kaiser
von China bestätigte Vertrag abgeschlossen, nach welchem die Häfen
Canton, Amoy, Futschou, Ningpo und Schanghai dem Handel aller
Nationen eröffnet, die Vorrechte der Hong-Kaufleute aufgehoben, die
Errichtung von Consulaten in diesen Orten bewilligt, die Zahlung einer
Kriegsentschädigung von 21 Millionen Dollars und die Abtretung der
Insel Hongkong an die Engländer, sowie die Gleichstellung der
Beamten der verschiedenen Staaten bei Verhandlungen verbürgt
wurde.

Die Engländer zogen ihre Streitkräfte nach Hongkong zurück.
So war ein scheinbarer Friede geschlossen mit dem officiellen
China; mit dem chinesischen Volke dauerte der Kriegszustand weiter
und führte zu neuen kriegerischen Verwicklungen mit dem chinesi-
schen Staatswesen. Die Cantonesen versäumten keine Gelegenheit, ihrer
feindlichen Gesinnung Wort und That zu leihen. Angriffe auf die
Factoreien und selbst Ueberfälle auf einzelne Personen kamen häufig
genug vor und führten zu Conflicten zwischen den Consulaten und
den chinesischen Behörden.

Der Vertragspunkt, welcher die Fremden zum freien Verkehr
in Canton ermächtigte, wurde dadurch illusorisch gemacht. Die Eng-
länder, zum Frieden geneigt, verschoben den Termin zur Eröffnung
der Stadt immer weiter, bis sie endlich zur Einsicht kamen, dass die
Mandarine selbst auf Seite der Bevölkerung stünden und auf güt-
lichem Wege die Forderung kaum jemals ihre Erfüllung finden würde.
Die Erbitterung der Chinesen war so hoch gestiegen, dass die
Drohungen der Engländer, Gewalt anzuwenden, gar nichts nützten;
selbst das Vordringen eines englischen Kriegsschiffes bis Canton
und ein Bombardement der Stadt (October 1856) hatte nur die Folge,
dass der Handel gesperrt, die Factoreien überfallen und geplündert
und die angesiedelten Fremden, die sich nicht flüchten konnten, er-
mordet wurden.

Die politischen Zustände im Innern Chinas waren zu jener Zeit
keineswegs erfreuliche. Vielfache revolutionäre Bewegungen, die sich
gegen den Thron der Mandschuren-Dynastie kehrten, traten zu Tage
und vereinigten sich mit einer religiösen Strömung, welche die Lehre
des Confucius verwarf und den Glauben an einen Gott predigte; die
Machtmittel der Regierung waren durch den Krieg mit den Fremden
erschöpft, ihre Autorität war gebrochen und die im Herbste 1850 aus-

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[389/0405] Chinesische Häfen. In rascher Weise, welche die Furcht vor einem weiteren Vordringen der Engländer zur Genüge kennzeichnete, wurden die eingeleiteten Friedensverhandlungen zu Ende geführt. Am 29. August 1842 wurde der am 15. September vom Kaiser von China bestätigte Vertrag abgeschlossen, nach welchem die Häfen Canton, Amoy, Futschou, Ningpo und Schanghai dem Handel aller Nationen eröffnet, die Vorrechte der Hong-Kaufleute aufgehoben, die Errichtung von Consulaten in diesen Orten bewilligt, die Zahlung einer Kriegsentschädigung von 21 Millionen Dollars und die Abtretung der Insel Hongkong an die Engländer, sowie die Gleichstellung der Beamten der verschiedenen Staaten bei Verhandlungen verbürgt wurde. Die Engländer zogen ihre Streitkräfte nach Hongkong zurück. So war ein scheinbarer Friede geschlossen mit dem officiellen China; mit dem chinesischen Volke dauerte der Kriegszustand weiter und führte zu neuen kriegerischen Verwicklungen mit dem chinesi- schen Staatswesen. Die Cantonesen versäumten keine Gelegenheit, ihrer feindlichen Gesinnung Wort und That zu leihen. Angriffe auf die Factoreien und selbst Ueberfälle auf einzelne Personen kamen häufig genug vor und führten zu Conflicten zwischen den Consulaten und den chinesischen Behörden. Der Vertragspunkt, welcher die Fremden zum freien Verkehr in Canton ermächtigte, wurde dadurch illusorisch gemacht. Die Eng- länder, zum Frieden geneigt, verschoben den Termin zur Eröffnung der Stadt immer weiter, bis sie endlich zur Einsicht kamen, dass die Mandarine selbst auf Seite der Bevölkerung stünden und auf güt- lichem Wege die Forderung kaum jemals ihre Erfüllung finden würde. Die Erbitterung der Chinesen war so hoch gestiegen, dass die Drohungen der Engländer, Gewalt anzuwenden, gar nichts nützten; selbst das Vordringen eines englischen Kriegsschiffes bis Canton und ein Bombardement der Stadt (October 1856) hatte nur die Folge, dass der Handel gesperrt, die Factoreien überfallen und geplündert und die angesiedelten Fremden, die sich nicht flüchten konnten, er- mordet wurden. Die politischen Zustände im Innern Chinas waren zu jener Zeit keineswegs erfreuliche. Vielfache revolutionäre Bewegungen, die sich gegen den Thron der Mandschuren-Dynastie kehrten, traten zu Tage und vereinigten sich mit einer religiösen Strömung, welche die Lehre des Confucius verwarf und den Glauben an einen Gott predigte; die Machtmittel der Regierung waren durch den Krieg mit den Fremden erschöpft, ihre Autorität war gebrochen und die im Herbste 1850 aus-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/405>, abgerufen am 22.11.2024.