gewordenen Hotels und Clubhäuser, sowie vereinzelte Verkaufslager, aus welchen die Ansiedler ihre Lebens- und Leibesbedürfnisse decken. Das Centrum der Stadt vom English Hatoba an beherrscht das offi- cielle Yokohama, wenn man die Vereinigung der Amtsgebäude als solches bezeichnen darf. Präfectur, Municipium, Post- und Telegraphen- amt, Zollhaus u. s. w. stehen hier nahe aneinander in grossen, regel- mässigen und palastartigen Gebäuden; im Hintergrunde erstreckt sich der sogenannte Cricket-Ground, dessen Anlage auf englische Anre- gung zurückzuführen ist, ein freier Rasenplatz von grosser Aus- dehnung, der in mehreren Theilen Anfänge zu grösseren Gartenanlagen aufweist.
Westlich vom centralen Theile Yokohamas liegt die japanische Stadt, ein Prototyp der Regelmässigkeit. Wenn man von einem Unter- schiede gegenüber anderen japanischen Städten reden kann, so mag er wohl nur darin gefunden werden, dass die einzelnen Häuser, welche insbesondere in den dem Centrum der Stadt näher gelegenen Strassen ganz zu Waarenlagern umgewandelt sind, ohne auch nur im Geringsten vom normalen Typus abzuweichen, den Eindruck einer grösseren Wohlhaben- heit der Bewohner machen. Das ist auf den Umstand zurückzuführen, dass sich hier besser situirte Kaufleute Tokios, welche in engere Handelsbeziehungen zu den Fremden in Yokohama oder zu über- seeischen Firmen getreten sind, ansässig gemacht oder Filialen ihrer Stammgeschäfte errichtet haben.
Auffällig sind weiters die "feuersicheren" Häuser, von denen je eines in Mitte einer Gruppe japanischer Häuschen steht. Diese Häuser sind Lehmbauten mit sehr dicken Wänden, einem wider- standsfähigen Dache aus Backsteinen und einer beschränkten Zahl von Fenstern und Thüren, die durch in Charnieren bewegliche Platten aus gleichem Material und in gleicher Dicke wie die Wände herge- stellt sind und nahezu luftdicht schliessen. Die Contouren eines solchen "Feuerhauses" sind vollkommen regelmässig und stossen scharfkantig aneinander; die Aussenwände sind glatt polirt und mit einer dunklen Lackfarbe angestrichen, so dass die Häuser das Aus- sehen von feuerfesten Riesencassen haben, welcher Eindruck durch die erwähnten, unseren Cassenthüren absolut gleichenden Verschlüsse noch erhöht wird.
Der eminenten Gefahr wegen, die eine Feuersbrunst für Holzhäuser japanischer Bauart mit sich bringt, ist die Einrichtung von Feuerhäusern eine ebenso nothwendige als sinnreich durchdachte und dabei vollkommen entsprechende, weil bei einer Feuersbrunst das leichte Sparrenwerk der
Der grosse Ocean.
gewordenen Hôtels und Clubhäuser, sowie vereinzelte Verkaufslager, aus welchen die Ansiedler ihre Lebens- und Leibesbedürfnisse decken. Das Centrum der Stadt vom English Hatoba an beherrscht das offi- cielle Yokohama, wenn man die Vereinigung der Amtsgebäude als solches bezeichnen darf. Präfectur, Municipium, Post- und Telegraphen- amt, Zollhaus u. s. w. stehen hier nahe aneinander in grossen, regel- mässigen und palastartigen Gebäuden; im Hintergrunde erstreckt sich der sogenannte Cricket-Ground, dessen Anlage auf englische Anre- gung zurückzuführen ist, ein freier Rasenplatz von grosser Aus- dehnung, der in mehreren Theilen Anfänge zu grösseren Gartenanlagen aufweist.
Westlich vom centralen Theile Yokohamas liegt die japanische Stadt, ein Prototyp der Regelmässigkeit. Wenn man von einem Unter- schiede gegenüber anderen japanischen Städten reden kann, so mag er wohl nur darin gefunden werden, dass die einzelnen Häuser, welche insbesondere in den dem Centrum der Stadt näher gelegenen Strassen ganz zu Waarenlagern umgewandelt sind, ohne auch nur im Geringsten vom normalen Typus abzuweichen, den Eindruck einer grösseren Wohlhaben- heit der Bewohner machen. Das ist auf den Umstand zurückzuführen, dass sich hier besser situirte Kaufleute Tokios, welche in engere Handelsbeziehungen zu den Fremden in Yokohama oder zu über- seeischen Firmen getreten sind, ansässig gemacht oder Filialen ihrer Stammgeschäfte errichtet haben.
Auffällig sind weiters die „feuersicheren“ Häuser, von denen je eines in Mitte einer Gruppe japanischer Häuschen steht. Diese Häuser sind Lehmbauten mit sehr dicken Wänden, einem wider- standsfähigen Dache aus Backsteinen und einer beschränkten Zahl von Fenstern und Thüren, die durch in Charnieren bewegliche Platten aus gleichem Material und in gleicher Dicke wie die Wände herge- stellt sind und nahezu luftdicht schliessen. Die Contouren eines solchen „Feuerhauses“ sind vollkommen regelmässig und stossen scharfkantig aneinander; die Aussenwände sind glatt polirt und mit einer dunklen Lackfarbe angestrichen, so dass die Häuser das Aus- sehen von feuerfesten Riesencassen haben, welcher Eindruck durch die erwähnten, unseren Cassenthüren absolut gleichenden Verschlüsse noch erhöht wird.
Der eminenten Gefahr wegen, die eine Feuersbrunst für Holzhäuser japanischer Bauart mit sich bringt, ist die Einrichtung von Feuerhäusern eine ebenso nothwendige als sinnreich durchdachte und dabei vollkommen entsprechende, weil bei einer Feuersbrunst das leichte Sparrenwerk der
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Der grosse Ocean.
gewordenen Hôtels und Clubhäuser, sowie vereinzelte Verkaufslager,
aus welchen die Ansiedler ihre Lebens- und Leibesbedürfnisse decken.
Das Centrum der Stadt vom English Hatoba an beherrscht das offi-
cielle Yokohama, wenn man die Vereinigung der Amtsgebäude als
solches bezeichnen darf. Präfectur, Municipium, Post- und Telegraphen-
amt, Zollhaus u. s. w. stehen hier nahe aneinander in grossen, regel-
mässigen und palastartigen Gebäuden; im Hintergrunde erstreckt sich
der sogenannte Cricket-Ground, dessen Anlage auf englische Anre-
gung zurückzuführen ist, ein freier Rasenplatz von grosser Aus-
dehnung, der in mehreren Theilen Anfänge zu grösseren Gartenanlagen
aufweist.
Westlich vom centralen Theile Yokohamas liegt die japanische
Stadt, ein Prototyp der Regelmässigkeit. Wenn man von einem Unter-
schiede gegenüber anderen japanischen Städten reden kann, so mag er
wohl nur darin gefunden werden, dass die einzelnen Häuser, welche
insbesondere in den dem Centrum der Stadt näher gelegenen Strassen ganz
zu Waarenlagern umgewandelt sind, ohne auch nur im Geringsten vom
normalen Typus abzuweichen, den Eindruck einer grösseren Wohlhaben-
heit der Bewohner machen. Das ist auf den Umstand zurückzuführen,
dass sich hier besser situirte Kaufleute Tokios, welche in engere
Handelsbeziehungen zu den Fremden in Yokohama oder zu über-
seeischen Firmen getreten sind, ansässig gemacht oder Filialen ihrer
Stammgeschäfte errichtet haben.
Auffällig sind weiters die „feuersicheren“ Häuser, von denen
je eines in Mitte einer Gruppe japanischer Häuschen steht. Diese
Häuser sind Lehmbauten mit sehr dicken Wänden, einem wider-
standsfähigen Dache aus Backsteinen und einer beschränkten Zahl
von Fenstern und Thüren, die durch in Charnieren bewegliche Platten
aus gleichem Material und in gleicher Dicke wie die Wände herge-
stellt sind und nahezu luftdicht schliessen. Die Contouren eines
solchen „Feuerhauses“ sind vollkommen regelmässig und stossen
scharfkantig aneinander; die Aussenwände sind glatt polirt und mit
einer dunklen Lackfarbe angestrichen, so dass die Häuser das Aus-
sehen von feuerfesten Riesencassen haben, welcher Eindruck durch
die erwähnten, unseren Cassenthüren absolut gleichenden Verschlüsse
noch erhöht wird.
Der eminenten Gefahr wegen, die eine Feuersbrunst für Holzhäuser
japanischer Bauart mit sich bringt, ist die Einrichtung von Feuerhäusern
eine ebenso nothwendige als sinnreich durchdachte und dabei vollkommen
entsprechende, weil bei einer Feuersbrunst das leichte Sparrenwerk der
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/370>, abgerufen am 22.11.2024.
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