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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der grosse Ocean.
würzinseln -- also auch der stille Ocean -- unbestritten im Besitze
der Spanier. Dem Vertrage streng genommen zuwider behaupteten
sich diese auf den Philippinen, welche seit 1571 langsam colonisirt
wurden.

Mittlerweile breiteten die Spanier durch die Eroberung Mexicos,
des Inkareiches in Peru und Chile ihre Besitzungen an der paci-
fischen Küste immer mehr aus.

Im Norden und Süden kamen ihre Unternehmungen ins Stocken,
als sie bis zu Territorien vorgedrungen waren, wo es nach ihrem
Dafürhalten keine Edelmetalle gab. Schon entwickelte sich ein be-
scheidener Verkehr zwischen der atlantischen und der pacifischen
Küste, theils über die Landenge von Panama, theils um Südamerika
herum. Von dem mexicanischen Acapulco fuhr auch alljährlich ein
spanisches Frachtschiff nach den Philippinen.

Den Bannkreis dieses päpstlich privilegirten spanisch-portugie-
sischen Stilllebens durchbrachen zuerst im Zeitalter der Königin Eli-
sabeth die protestantischen Engländer, bald darauf, anfangs sogar mit
ungleich grösserem Erfolge, die gleichfalls ketzerischen von Spanien
abgefallenen Holländer. Den Letzteren verdankt die Welt den Fort-
gang der Entdeckungen in der Südsee. Von Japan drangen sie bis
zu den Kurilen und bis zum Ochotzkischen Meere vor. Im Süden
umfuhren sie das den Portugiesen und Spaniern nicht ganz unbe-
kannt gebliebene Australien, das von ihnen auch Neu-Holland ge-
tauft wurde. Mit Recht gehört der Name Abel Tasmans, des
grössten unter den holländischen Entdeckern, zu denjenigen, die
durch Uebertragung auf bestimmte Erdräume Unsterblichkeit erlangt
haben. Auch die Russen gelangten am Anfange des 17. Jahrhunderts,
Pelzthiere jagend, durch Sibirien bis an den grossen Ocean.

Doch auch den Holländern fehlte die nachdrückliche Macht,
den ostasiatischen Völkern ihren Herrscherwillen aufzuzwingen; noch
weniger lag es im Kreise ihrer Bestrebungen, den pacifischen Orient
und Occident mit einander zu verbinden. Die Beziehungen zu China,
Japan und der pacifischen Inselwelt blieben während der Periode der
holländischen Suprematie nur ein Nebengeschäft des indischen Handels.
Gleichfalls von Indien aus kamen die Engländer, die glücklichen
Nebenbuhler der Holländer, nach Ostasien und Australien.

Während des XVIII. Jahrhunderts ging die Führerschaft im Welt-
handel von den Holländern auf die Engländer über. Das volkarme
Holland konnte ebensowenig wie das volkarme Portugal eine Welt-
herrschaft behaupten, zu deren Aufrichtung ihnen einige geniale Köpfe

Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 39

Der grosse Ocean.
würzinseln — also auch der stille Ocean — unbestritten im Besitze
der Spanier. Dem Vertrage streng genommen zuwider behaupteten
sich diese auf den Philippinen, welche seit 1571 langsam colonisirt
wurden.

Mittlerweile breiteten die Spanier durch die Eroberung Mexicos,
des Inkareiches in Peru und Chile ihre Besitzungen an der paci-
fischen Küste immer mehr aus.

Im Norden und Süden kamen ihre Unternehmungen ins Stocken,
als sie bis zu Territorien vorgedrungen waren, wo es nach ihrem
Dafürhalten keine Edelmetalle gab. Schon entwickelte sich ein be-
scheidener Verkehr zwischen der atlantischen und der pacifischen
Küste, theils über die Landenge von Panama, theils um Südamerika
herum. Von dem mexicanischen Acapulco fuhr auch alljährlich ein
spanisches Frachtschiff nach den Philippinen.

Den Bannkreis dieses päpstlich privilegirten spanisch-portugie-
sischen Stilllebens durchbrachen zuerst im Zeitalter der Königin Eli-
sabeth die protestantischen Engländer, bald darauf, anfangs sogar mit
ungleich grösserem Erfolge, die gleichfalls ketzerischen von Spanien
abgefallenen Holländer. Den Letzteren verdankt die Welt den Fort-
gang der Entdeckungen in der Südsee. Von Japan drangen sie bis
zu den Kurilen und bis zum Ochotzkischen Meere vor. Im Süden
umfuhren sie das den Portugiesen und Spaniern nicht ganz unbe-
kannt gebliebene Australien, das von ihnen auch Neu-Holland ge-
tauft wurde. Mit Recht gehört der Name Abel Tasmans, des
grössten unter den holländischen Entdeckern, zu denjenigen, die
durch Uebertragung auf bestimmte Erdräume Unsterblichkeit erlangt
haben. Auch die Russen gelangten am Anfange des 17. Jahrhunderts,
Pelzthiere jagend, durch Sibirien bis an den grossen Ocean.

Doch auch den Holländern fehlte die nachdrückliche Macht,
den ostasiatischen Völkern ihren Herrscherwillen aufzuzwingen; noch
weniger lag es im Kreise ihrer Bestrebungen, den pacifischen Orient
und Occident mit einander zu verbinden. Die Beziehungen zu China,
Japan und der pacifischen Inselwelt blieben während der Periode der
holländischen Suprematie nur ein Nebengeschäft des indischen Handels.
Gleichfalls von Indien aus kamen die Engländer, die glücklichen
Nebenbuhler der Holländer, nach Ostasien und Australien.

Während des XVIII. Jahrhunderts ging die Führerschaft im Welt-
handel von den Holländern auf die Engländer über. Das volkarme
Holland konnte ebensowenig wie das volkarme Portugal eine Welt-
herrschaft behaupten, zu deren Aufrichtung ihnen einige geniale Köpfe

Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 39
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[305/0321] Der grosse Ocean. würzinseln — also auch der stille Ocean — unbestritten im Besitze der Spanier. Dem Vertrage streng genommen zuwider behaupteten sich diese auf den Philippinen, welche seit 1571 langsam colonisirt wurden. Mittlerweile breiteten die Spanier durch die Eroberung Mexicos, des Inkareiches in Peru und Chile ihre Besitzungen an der paci- fischen Küste immer mehr aus. Im Norden und Süden kamen ihre Unternehmungen ins Stocken, als sie bis zu Territorien vorgedrungen waren, wo es nach ihrem Dafürhalten keine Edelmetalle gab. Schon entwickelte sich ein be- scheidener Verkehr zwischen der atlantischen und der pacifischen Küste, theils über die Landenge von Panama, theils um Südamerika herum. Von dem mexicanischen Acapulco fuhr auch alljährlich ein spanisches Frachtschiff nach den Philippinen. Den Bannkreis dieses päpstlich privilegirten spanisch-portugie- sischen Stilllebens durchbrachen zuerst im Zeitalter der Königin Eli- sabeth die protestantischen Engländer, bald darauf, anfangs sogar mit ungleich grösserem Erfolge, die gleichfalls ketzerischen von Spanien abgefallenen Holländer. Den Letzteren verdankt die Welt den Fort- gang der Entdeckungen in der Südsee. Von Japan drangen sie bis zu den Kurilen und bis zum Ochotzkischen Meere vor. Im Süden umfuhren sie das den Portugiesen und Spaniern nicht ganz unbe- kannt gebliebene Australien, das von ihnen auch Neu-Holland ge- tauft wurde. Mit Recht gehört der Name Abel Tasmans, des grössten unter den holländischen Entdeckern, zu denjenigen, die durch Uebertragung auf bestimmte Erdräume Unsterblichkeit erlangt haben. Auch die Russen gelangten am Anfange des 17. Jahrhunderts, Pelzthiere jagend, durch Sibirien bis an den grossen Ocean. Doch auch den Holländern fehlte die nachdrückliche Macht, den ostasiatischen Völkern ihren Herrscherwillen aufzuzwingen; noch weniger lag es im Kreise ihrer Bestrebungen, den pacifischen Orient und Occident mit einander zu verbinden. Die Beziehungen zu China, Japan und der pacifischen Inselwelt blieben während der Periode der holländischen Suprematie nur ein Nebengeschäft des indischen Handels. Gleichfalls von Indien aus kamen die Engländer, die glücklichen Nebenbuhler der Holländer, nach Ostasien und Australien. Während des XVIII. Jahrhunderts ging die Führerschaft im Welt- handel von den Holländern auf die Engländer über. Das volkarme Holland konnte ebensowenig wie das volkarme Portugal eine Welt- herrschaft behaupten, zu deren Aufrichtung ihnen einige geniale Köpfe Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 39

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/321>, abgerufen am 24.11.2024.