einer freisinnigen Constitution zwang. Auch musste Dom Joao vor seiner Abreise nach Portugal den Kronprinzen Pedro als Prinzregenten zurücklassen.
Als nun die portugiesischen Cortes den brasilianischen Depu- tirten den Zutritt versagten und Brasilien noch immer als abhängige Colonie von Portugal aus regiert haben wollten, weigerte sich 1822 der Prinzregent, den Befehlen aus Lissabon Folge zu geben, verkündete auf einer Reise durch die Provinz am 7. September 1822 die Unab- hängigkeit Brasiliens und wurde am 1. December 1822 als Pedro I. zum constitutionellen Kaiser gekrönt. In seine Regierung fallen dem- ungeachtet mehrere Aufstände, und ein wenig rühmlicher Krieg gegen die Argentinische Republik. Am 7. April 1831 dankte der Kaiser zu Gunsten seines sechsjährigen Sohnes Dom Pedro II. ab und begab sich auf der englischen Corvette "Volage" nach Europa. Eine Reihe von Sclaven- und Pöbelaufständen sowie republikanische Schilderhebungen trübten in den folgenden Jahren das Bild der geschichtlichen und commerziellen Entwicklung Brasiliens, welche überdies durch die klägliche Finanzlage des Staates gehemmt war. Die in den Provinzen Sao Paulo, Minas Geraes und Rio Grande do Sul erregten republikani- schen Aufstände konnten durch den General Caxias (1842--1845) nur mit Mühe unterdrückt werden.
Dem siegreichen Kriege 1851--1852 gegen den argentinischen Dictator Rosas folgte eine Besserung der brasilianischen Verhältnisse. Der Handel nahm während des Krieges und nach demselben einen grossen Aufschwung, Eisenbahnen und Verbindungsstrassen wurden gebaut und 1853 die brasilianische Bank mit einem Capital von 30 Millionen Milreis gegründet.
Auch in dem Kriege gegen Paraguay, den Brasilien im Vereine mit Argentinien und Uruguay führte, erreichten die brasilianischen Truppen unter der Führung des Grafen d'Eu, des Schwiegersohnes des Kaisers, einige nennenswerthe Erfolge. Der glückliche Ausgang des Krieges 1870 erhöhte Brasiliens politisches Ansehen, da aber die von Paraguay übernommenen Kriegskosten (500 Mill. Gulden) von diesem finanziell vollkommen erschöpften Lande nicht gezahlt werden konnten, geriethen die brasilianischen Staatsfinanzen in gänzliche Zerrüttung.
Von grösster Wichtigkeit für den inneren Fortschritt war das Gesetz über die Sclavenemancipation (1871), dem 1888 das Gesetz über die gänzliche Abschaffung der Sclaverei folgte, wodurch für
Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 31
Brasilianische Häfen.
einer freisinnigen Constitution zwang. Auch musste Dom João vor seiner Abreise nach Portugal den Kronprinzen Pedro als Prinzregenten zurücklassen.
Als nun die portugiesischen Cortes den brasilianischen Depu- tirten den Zutritt versagten und Brasilien noch immer als abhängige Colonie von Portugal aus regiert haben wollten, weigerte sich 1822 der Prinzregent, den Befehlen aus Lissabon Folge zu geben, verkündete auf einer Reise durch die Provinz am 7. September 1822 die Unab- hängigkeit Brasiliens und wurde am 1. December 1822 als Pedro I. zum constitutionellen Kaiser gekrönt. In seine Regierung fallen dem- ungeachtet mehrere Aufstände, und ein wenig rühmlicher Krieg gegen die Argentinische Republik. Am 7. April 1831 dankte der Kaiser zu Gunsten seines sechsjährigen Sohnes Dom Pedro II. ab und begab sich auf der englischen Corvette „Volage“ nach Europa. Eine Reihe von Sclaven- und Pöbelaufständen sowie republikanische Schilderhebungen trübten in den folgenden Jahren das Bild der geschichtlichen und commerziellen Entwicklung Brasiliens, welche überdies durch die klägliche Finanzlage des Staates gehemmt war. Die in den Provinzen São Paulo, Minas Geraës und Rio Grande do Sul erregten republikani- schen Aufstände konnten durch den General Caxias (1842—1845) nur mit Mühe unterdrückt werden.
Dem siegreichen Kriege 1851—1852 gegen den argentinischen Dictator Rosas folgte eine Besserung der brasilianischen Verhältnisse. Der Handel nahm während des Krieges und nach demselben einen grossen Aufschwung, Eisenbahnen und Verbindungsstrassen wurden gebaut und 1853 die brasilianische Bank mit einem Capital von 30 Millionen Milreïs gegründet.
Auch in dem Kriege gegen Paraguay, den Brasilien im Vereine mit Argentinien und Uruguay führte, erreichten die brasilianischen Truppen unter der Führung des Grafen d’Eu, des Schwiegersohnes des Kaisers, einige nennenswerthe Erfolge. Der glückliche Ausgang des Krieges 1870 erhöhte Brasiliens politisches Ansehen, da aber die von Paraguay übernommenen Kriegskosten (500 Mill. Gulden) von diesem finanziell vollkommen erschöpften Lande nicht gezahlt werden konnten, geriethen die brasilianischen Staatsfinanzen in gänzliche Zerrüttung.
Von grösster Wichtigkeit für den inneren Fortschritt war das Gesetz über die Sclavenemancipation (1871), dem 1888 das Gesetz über die gänzliche Abschaffung der Sclaverei folgte, wodurch für
Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 31
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Brasilianische Häfen.
einer freisinnigen Constitution zwang. Auch musste Dom João vor
seiner Abreise nach Portugal den Kronprinzen Pedro als Prinzregenten
zurücklassen.
Als nun die portugiesischen Cortes den brasilianischen Depu-
tirten den Zutritt versagten und Brasilien noch immer als abhängige
Colonie von Portugal aus regiert haben wollten, weigerte sich 1822
der Prinzregent, den Befehlen aus Lissabon Folge zu geben, verkündete
auf einer Reise durch die Provinz am 7. September 1822 die Unab-
hängigkeit Brasiliens und wurde am 1. December 1822 als Pedro I.
zum constitutionellen Kaiser gekrönt. In seine Regierung fallen dem-
ungeachtet mehrere Aufstände, und ein wenig rühmlicher Krieg gegen
die Argentinische Republik. Am 7. April 1831 dankte der Kaiser zu
Gunsten seines sechsjährigen Sohnes Dom Pedro II. ab und begab sich
auf der englischen Corvette „Volage“ nach Europa. Eine Reihe von
Sclaven- und Pöbelaufständen sowie republikanische Schilderhebungen
trübten in den folgenden Jahren das Bild der geschichtlichen und
commerziellen Entwicklung Brasiliens, welche überdies durch die
klägliche Finanzlage des Staates gehemmt war. Die in den Provinzen
São Paulo, Minas Geraës und Rio Grande do Sul erregten republikani-
schen Aufstände konnten durch den General Caxias (1842—1845)
nur mit Mühe unterdrückt werden.
Dem siegreichen Kriege 1851—1852 gegen den argentinischen
Dictator Rosas folgte eine Besserung der brasilianischen Verhältnisse.
Der Handel nahm während des Krieges und nach demselben einen
grossen Aufschwung, Eisenbahnen und Verbindungsstrassen wurden
gebaut und 1853 die brasilianische Bank mit einem Capital von
30 Millionen Milreïs gegründet.
Auch in dem Kriege gegen Paraguay, den Brasilien im Vereine
mit Argentinien und Uruguay führte, erreichten die brasilianischen
Truppen unter der Führung des Grafen d’Eu, des Schwiegersohnes
des Kaisers, einige nennenswerthe Erfolge. Der glückliche Ausgang
des Krieges 1870 erhöhte Brasiliens politisches Ansehen, da aber die
von Paraguay übernommenen Kriegskosten (500 Mill. Gulden) von
diesem finanziell vollkommen erschöpften Lande nicht gezahlt werden
konnten, geriethen die brasilianischen Staatsfinanzen in gänzliche
Zerrüttung.
Von grösster Wichtigkeit für den inneren Fortschritt war das
Gesetz über die Sclavenemancipation (1871), dem 1888 das Gesetz
über die gänzliche Abschaffung der Sclaverei folgte, wodurch für
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/257>, abgerufen am 24.11.2024.
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