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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
Weg. Unbekümmert, ob sie in Panama Schiffe bekämen oder nicht,
eilten sie an den Stillen Ocean, wo viele dem gelben Fieber erlagen,
ehe sie das Dorado geschaut hatten.

Doch sehr bald brachten die praktischen Yankees Sinn und
Ordnung in diese wilde Jagd nach dem goldenen Wunderlande, indem
sie einerseits einen regelmässigen Dampferverkehr zwischen Panama
und San Francisco einrichteten, andererseits indem sie die schmale
Landenge durch eine Eisenbahn überbrückten.

Die Geschichte dieser Bahn ist jedenfalls eines der merkwürdigsten Capitel
in der Geschichte der Eisenbahnen überhaupt.

Schon 1849 erwirkten drei Nordamerikaner John Stephens, Chauncey
und Aspinwall bei der Regierung von Columbia (damals Neu-Granada ge-
nannt) die Concession zum Baue einer Eisenbahn über den Isthmus. Es wurde
festgesetzt, dass diese Gesellschaft für 90 Jahre das ausschliessliche Privilegium
auf die Isthmusbahn habe, wodurch jede Concurrenzbahn ausgeschlossen wurde.
Ausserdem bekam die Gesellschaft 200.000 Acres Land als Geschenk. Dagegen
musste sie jährlich 250.000 Dollars an die Regierung zahlen; auch fällt die Bahn
nach 90 Jahren (vom Tage der Eröffnung) dem Staate anheim. Die Endstationen
der Bahn, das am Atlantischen Ocean auf der Insel Manzanilla neu angelegte
Colon-Aspinwall sowie Panama wurden für Freihäfen erklärt.

Am 1. Jänner 1850 wurde mit dem Baue begonnen, und am 27. Jänner
1856 brauste die erste Locomotive von einem Meere zum anderen. Der Bau dieser
etwas über 11 deutsche Meilen (75·6 km) langen Bahn kostete 71/2 Millionen
Dollars und 10.000 Menschenleben. Eine deutsche Meile also fast 1 Million Dol-
lars und 1000 Menschenleben.

Diese Preise sowie der langsame Fortschritt der Arbeit erklären sich einer-
seits aus dem Sumpfterrain an der Ostseite, wo die Bahn 13 englische Meilen
durch Manglewald gebaut werden musste, und andererseits aus dem nassen, heissen,
mörderischen Klima, welchem weder Weisse noch Chinesen widerstanden. Die
Arbeiterfrage war eine Hauptschwierigkeit, da man von Woche zu Woche die
Lücken unter den Arbeitern kaum auszufüllen wusste.

Der höchste Punkt der Bahn ist 263 englische Fuss, 37 englische Meilen
vom Atlantischen Ocean; die Steigung beträgt auf der atlantischen Seite 1 : 90,
auf der pacifischen 1 : 88. Die längste Brücke über den Chagres hat 625 englische
Fuss Spannweite. Die Bahn ist eingeleisig, hat vier bequeme Ausweichestellen
(Stationen) und alle vier englische Meilen ein Wächterhaus, in dem ein Bahnauf-
seher mit 10 Dienern stationirt ist. Letztere haben die Aufgabe, die übermäch-
tige Vegetation zu bekämpfen
. Würde man dieses 12 Monate unterlassen,
so verschwände die Bahn im überwuchernden Urwalde, "wo das Auge nie die
Sonne sieht und der Fuss nie den Boden betritt".

Obwohl diese Bahn so theuer hergestellt wurde und obwohl Erhaltung
und Betrieb bei 1/2 Million Dollars im Jahre kosteten, war sie jedenfalls eine
der rentabelsten, wenn nicht die rentabelste Bahn der Welt. Sie hat vom
Emissionswerthe nie weniger als 26 %, in den ersten Jahren aber über 100 %
Dividende gezahlt.


Die atlantische Küste von Amerika.
Weg. Unbekümmert, ob sie in Panama Schiffe bekämen oder nicht,
eilten sie an den Stillen Ocean, wo viele dem gelben Fieber erlagen,
ehe sie das Dorado geschaut hatten.

Doch sehr bald brachten die praktischen Yankees Sinn und
Ordnung in diese wilde Jagd nach dem goldenen Wunderlande, indem
sie einerseits einen regelmässigen Dampferverkehr zwischen Panama
und San Francisco einrichteten, andererseits indem sie die schmale
Landenge durch eine Eisenbahn überbrückten.

Die Geschichte dieser Bahn ist jedenfalls eines der merkwürdigsten Capitel
in der Geschichte der Eisenbahnen überhaupt.

Schon 1849 erwirkten drei Nordamerikaner John Stephens, Chauncey
und Aspinwall bei der Regierung von Columbia (damals Neu-Granada ge-
nannt) die Concession zum Baue einer Eisenbahn über den Isthmus. Es wurde
festgesetzt, dass diese Gesellschaft für 90 Jahre das ausschliessliche Privilegium
auf die Isthmusbahn habe, wodurch jede Concurrenzbahn ausgeschlossen wurde.
Ausserdem bekam die Gesellschaft 200.000 Acres Land als Geschenk. Dagegen
musste sie jährlich 250.000 Dollars an die Regierung zahlen; auch fällt die Bahn
nach 90 Jahren (vom Tage der Eröffnung) dem Staate anheim. Die Endstationen
der Bahn, das am Atlantischen Ocean auf der Insel Manzanilla neu angelegte
Colon-Aspinwall sowie Panama wurden für Freihäfen erklärt.

Am 1. Jänner 1850 wurde mit dem Baue begonnen, und am 27. Jänner
1856 brauste die erste Locomotive von einem Meere zum anderen. Der Bau dieser
etwas über 11 deutsche Meilen (75·6 km) langen Bahn kostete 7½ Millionen
Dollars und 10.000 Menschenleben. Eine deutsche Meile also fast 1 Million Dol-
lars und 1000 Menschenleben.

Diese Preise sowie der langsame Fortschritt der Arbeit erklären sich einer-
seits aus dem Sumpfterrain an der Ostseite, wo die Bahn 13 englische Meilen
durch Manglewald gebaut werden musste, und andererseits aus dem nassen, heissen,
mörderischen Klima, welchem weder Weisse noch Chinesen widerstanden. Die
Arbeiterfrage war eine Hauptschwierigkeit, da man von Woche zu Woche die
Lücken unter den Arbeitern kaum auszufüllen wusste.

Der höchste Punkt der Bahn ist 263 englische Fuss, 37 englische Meilen
vom Atlantischen Ocean; die Steigung beträgt auf der atlantischen Seite 1 : 90,
auf der pacifischen 1 : 88. Die längste Brücke über den Chagres hat 625 englische
Fuss Spannweite. Die Bahn ist eingeleisig, hat vier bequeme Ausweichestellen
(Stationen) und alle vier englische Meilen ein Wächterhaus, in dem ein Bahnauf-
seher mit 10 Dienern stationirt ist. Letztere haben die Aufgabe, die übermäch-
tige Vegetation zu bekämpfen
. Würde man dieses 12 Monate unterlassen,
so verschwände die Bahn im überwuchernden Urwalde, „wo das Auge nie die
Sonne sieht und der Fuss nie den Boden betritt“.

Obwohl diese Bahn so theuer hergestellt wurde und obwohl Erhaltung
und Betrieb bei ½ Million Dollars im Jahre kosteten, war sie jedenfalls eine
der rentabelsten, wenn nicht die rentabelste Bahn der Welt. Sie hat vom
Emissionswerthe nie weniger als 26 %, in den ersten Jahren aber über 100 %
Dividende gezahlt.


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[220/0236] Die atlantische Küste von Amerika. Weg. Unbekümmert, ob sie in Panama Schiffe bekämen oder nicht, eilten sie an den Stillen Ocean, wo viele dem gelben Fieber erlagen, ehe sie das Dorado geschaut hatten. Doch sehr bald brachten die praktischen Yankees Sinn und Ordnung in diese wilde Jagd nach dem goldenen Wunderlande, indem sie einerseits einen regelmässigen Dampferverkehr zwischen Panama und San Francisco einrichteten, andererseits indem sie die schmale Landenge durch eine Eisenbahn überbrückten. Die Geschichte dieser Bahn ist jedenfalls eines der merkwürdigsten Capitel in der Geschichte der Eisenbahnen überhaupt. Schon 1849 erwirkten drei Nordamerikaner John Stephens, Chauncey und Aspinwall bei der Regierung von Columbia (damals Neu-Granada ge- nannt) die Concession zum Baue einer Eisenbahn über den Isthmus. Es wurde festgesetzt, dass diese Gesellschaft für 90 Jahre das ausschliessliche Privilegium auf die Isthmusbahn habe, wodurch jede Concurrenzbahn ausgeschlossen wurde. Ausserdem bekam die Gesellschaft 200.000 Acres Land als Geschenk. Dagegen musste sie jährlich 250.000 Dollars an die Regierung zahlen; auch fällt die Bahn nach 90 Jahren (vom Tage der Eröffnung) dem Staate anheim. Die Endstationen der Bahn, das am Atlantischen Ocean auf der Insel Manzanilla neu angelegte Colon-Aspinwall sowie Panama wurden für Freihäfen erklärt. Am 1. Jänner 1850 wurde mit dem Baue begonnen, und am 27. Jänner 1856 brauste die erste Locomotive von einem Meere zum anderen. Der Bau dieser etwas über 11 deutsche Meilen (75·6 km) langen Bahn kostete 7½ Millionen Dollars und 10.000 Menschenleben. Eine deutsche Meile also fast 1 Million Dol- lars und 1000 Menschenleben. Diese Preise sowie der langsame Fortschritt der Arbeit erklären sich einer- seits aus dem Sumpfterrain an der Ostseite, wo die Bahn 13 englische Meilen durch Manglewald gebaut werden musste, und andererseits aus dem nassen, heissen, mörderischen Klima, welchem weder Weisse noch Chinesen widerstanden. Die Arbeiterfrage war eine Hauptschwierigkeit, da man von Woche zu Woche die Lücken unter den Arbeitern kaum auszufüllen wusste. Der höchste Punkt der Bahn ist 263 englische Fuss, 37 englische Meilen vom Atlantischen Ocean; die Steigung beträgt auf der atlantischen Seite 1 : 90, auf der pacifischen 1 : 88. Die längste Brücke über den Chagres hat 625 englische Fuss Spannweite. Die Bahn ist eingeleisig, hat vier bequeme Ausweichestellen (Stationen) und alle vier englische Meilen ein Wächterhaus, in dem ein Bahnauf- seher mit 10 Dienern stationirt ist. Letztere haben die Aufgabe, die übermäch- tige Vegetation zu bekämpfen. Würde man dieses 12 Monate unterlassen, so verschwände die Bahn im überwuchernden Urwalde, „wo das Auge nie die Sonne sieht und der Fuss nie den Boden betritt“. Obwohl diese Bahn so theuer hergestellt wurde und obwohl Erhaltung und Betrieb bei ½ Million Dollars im Jahre kosteten, war sie jedenfalls eine der rentabelsten, wenn nicht die rentabelste Bahn der Welt. Sie hat vom Emissionswerthe nie weniger als 26 %, in den ersten Jahren aber über 100 % Dividende gezahlt.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/236>, abgerufen am 24.11.2024.