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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
die Colonie im weiteren Verlaufe des XVII. Jahrhunderts nicht zur Entwicklung
gelangen.

Martinique hatte zu jener Epoche mehrere Angriffe seitens der Engländer
und der Holländer abzuwehren, was, wenn auch mit grossen Opfern, doch stets
mit Erfolg geschah.

Vom Ryswicker Frieden bis zum Ausbruche des siebenjährigen Krieges
genoss Martinique die Wohlthaten einer langen Friedensperiode. In dieser Zeit
nahm die Colonie einen bemerkenswerthen Aufschwung, so dass Martinique nächst
Barbados der Hauptstapelplatz für die colonialen und die europäischen Producte in
den Kleinen Antillen wurde. In der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts und bis
zum Abschlusse der grossen Napoleonischen Kriege in Europa kam Martinique
viermal (1762, 1794, 1809, 1815) für kurze Zeit in den Besitz der Engländer,
welche jedoch jeweilig bei Friedensschluss die Insel wieder an Frankreich zurück-
geben mussten. Am längsten, nämlich fast acht Jahre, dauerte die Occupation
seitens Englands nach der im Jahre 1794 durch Admiral Jervis erfolgten
Eroberung der Insel.

Mehr als von den äusseren Entwicklungen hatte Martinique von den Folgen
der französischen Revolution zu leiden, welche auf der Insel ähnliche blutige Ver-
wicklungen im Innern schufen wie auf Haiti; dass zu jener Zeit die Negerfrage auf
Martinique nicht eine gleich verhängnissvolle Lösung für die Weissen gefunden hat
wie auf der genannten Insel, ist wohl der früher erwähnten Occupation Martiniques
durch die Engländer zu verdanken, welche eben in die Zeit fiel, als auf Haiti die
Neger mit Erfolg sich zu Herren der Insel machten.

In die nun folgende Friedensepoche bis zum Jahre 1848, in welchem auf
Martinique die Sclaverei infolge der Februar-Revolution ohne irgend welchen Ueber-
gang aufgehoben wurde, fallen mehrere, theils im Keime erstickte, theils erst nach
blutigen Kämpfen unterdrückte Verschwörungen und Aufstände der Neger und
Farbigen; die bedeutendsten waren die in den Jahren 1824 und 1833 von den
Mulatten in Scene gesetzten Revolutionen.

Das Klima Martiniques kann während der Trockenzeit, welche
von November bis Juli dauert, ein gesundes genannt werden; der
Ausdruck "Trockenzeit" darf übrigens nicht zu wörtlich genommen
werden, da auch in dieser Zeit kurze Regenschauer eintreten; während
der von Juli bis October dauernden Regenzeit grassirt besonders in
den Niederungen häufig das gelbe Fieber, zuweilen auch die Cholera.

So wie Martinique mit den anderen Inseln der Kleinen Antillen
den Segen der ausserordentlichen Fruchtbarkeit und der Ueppigkeit
der Vegetation in allen Gebirgslagen, den Fischreichthum der Küsten-
gewässer und die reiche Fauna des Landes gemeinsam hat, so theilt
es mit denselben auch die Schrecken, mit welchen die Natur zuweilen
diese gottbegnadeten Inseln heimzusuchen findet. Erdbeben und Orkane,
letztere in der Regenzeit auftretend, verwüsten manchmal ganze Länder-
strecken und Städte; so wurde Fort de France im Jahre 1839 durch
ein Erdbeben ganz zerstört; auch Sturmfluten richten häufig Ver-
heerungen in den Häfen und an den Küsten an.


Die atlantische Küste von Amerika.
die Colonie im weiteren Verlaufe des XVII. Jahrhunderts nicht zur Entwicklung
gelangen.

Martinique hatte zu jener Epoche mehrere Angriffe seitens der Engländer
und der Holländer abzuwehren, was, wenn auch mit grossen Opfern, doch stets
mit Erfolg geschah.

Vom Ryswicker Frieden bis zum Ausbruche des siebenjährigen Krieges
genoss Martinique die Wohlthaten einer langen Friedensperiode. In dieser Zeit
nahm die Colonie einen bemerkenswerthen Aufschwung, so dass Martinique nächst
Barbados der Hauptstapelplatz für die colonialen und die europäischen Producte in
den Kleinen Antillen wurde. In der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts und bis
zum Abschlusse der grossen Napoleonischen Kriege in Europa kam Martinique
viermal (1762, 1794, 1809, 1815) für kurze Zeit in den Besitz der Engländer,
welche jedoch jeweilig bei Friedensschluss die Insel wieder an Frankreich zurück-
geben mussten. Am längsten, nämlich fast acht Jahre, dauerte die Occupation
seitens Englands nach der im Jahre 1794 durch Admiral Jervis erfolgten
Eroberung der Insel.

Mehr als von den äusseren Entwicklungen hatte Martinique von den Folgen
der französischen Revolution zu leiden, welche auf der Insel ähnliche blutige Ver-
wicklungen im Innern schufen wie auf Haïti; dass zu jener Zeit die Negerfrage auf
Martinique nicht eine gleich verhängnissvolle Lösung für die Weissen gefunden hat
wie auf der genannten Insel, ist wohl der früher erwähnten Occupation Martiniques
durch die Engländer zu verdanken, welche eben in die Zeit fiel, als auf Haïti die
Neger mit Erfolg sich zu Herren der Insel machten.

In die nun folgende Friedensepoche bis zum Jahre 1848, in welchem auf
Martinique die Sclaverei infolge der Februar-Revolution ohne irgend welchen Ueber-
gang aufgehoben wurde, fallen mehrere, theils im Keime erstickte, theils erst nach
blutigen Kämpfen unterdrückte Verschwörungen und Aufstände der Neger und
Farbigen; die bedeutendsten waren die in den Jahren 1824 und 1833 von den
Mulatten in Scene gesetzten Revolutionen.

Das Klima Martiniques kann während der Trockenzeit, welche
von November bis Juli dauert, ein gesundes genannt werden; der
Ausdruck „Trockenzeit“ darf übrigens nicht zu wörtlich genommen
werden, da auch in dieser Zeit kurze Regenschauer eintreten; während
der von Juli bis October dauernden Regenzeit grassirt besonders in
den Niederungen häufig das gelbe Fieber, zuweilen auch die Cholera.

So wie Martinique mit den anderen Inseln der Kleinen Antillen
den Segen der ausserordentlichen Fruchtbarkeit und der Ueppigkeit
der Vegetation in allen Gebirgslagen, den Fischreichthum der Küsten-
gewässer und die reiche Fauna des Landes gemeinsam hat, so theilt
es mit denselben auch die Schrecken, mit welchen die Natur zuweilen
diese gottbegnadeten Inseln heimzusuchen findet. Erdbeben und Orkane,
letztere in der Regenzeit auftretend, verwüsten manchmal ganze Länder-
strecken und Städte; so wurde Fort de France im Jahre 1839 durch
ein Erdbeben ganz zerstört; auch Sturmfluten richten häufig Ver-
heerungen in den Häfen und an den Küsten an.


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[210/0226] Die atlantische Küste von Amerika. die Colonie im weiteren Verlaufe des XVII. Jahrhunderts nicht zur Entwicklung gelangen. Martinique hatte zu jener Epoche mehrere Angriffe seitens der Engländer und der Holländer abzuwehren, was, wenn auch mit grossen Opfern, doch stets mit Erfolg geschah. Vom Ryswicker Frieden bis zum Ausbruche des siebenjährigen Krieges genoss Martinique die Wohlthaten einer langen Friedensperiode. In dieser Zeit nahm die Colonie einen bemerkenswerthen Aufschwung, so dass Martinique nächst Barbados der Hauptstapelplatz für die colonialen und die europäischen Producte in den Kleinen Antillen wurde. In der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts und bis zum Abschlusse der grossen Napoleonischen Kriege in Europa kam Martinique viermal (1762, 1794, 1809, 1815) für kurze Zeit in den Besitz der Engländer, welche jedoch jeweilig bei Friedensschluss die Insel wieder an Frankreich zurück- geben mussten. Am längsten, nämlich fast acht Jahre, dauerte die Occupation seitens Englands nach der im Jahre 1794 durch Admiral Jervis erfolgten Eroberung der Insel. Mehr als von den äusseren Entwicklungen hatte Martinique von den Folgen der französischen Revolution zu leiden, welche auf der Insel ähnliche blutige Ver- wicklungen im Innern schufen wie auf Haïti; dass zu jener Zeit die Negerfrage auf Martinique nicht eine gleich verhängnissvolle Lösung für die Weissen gefunden hat wie auf der genannten Insel, ist wohl der früher erwähnten Occupation Martiniques durch die Engländer zu verdanken, welche eben in die Zeit fiel, als auf Haïti die Neger mit Erfolg sich zu Herren der Insel machten. In die nun folgende Friedensepoche bis zum Jahre 1848, in welchem auf Martinique die Sclaverei infolge der Februar-Revolution ohne irgend welchen Ueber- gang aufgehoben wurde, fallen mehrere, theils im Keime erstickte, theils erst nach blutigen Kämpfen unterdrückte Verschwörungen und Aufstände der Neger und Farbigen; die bedeutendsten waren die in den Jahren 1824 und 1833 von den Mulatten in Scene gesetzten Revolutionen. Das Klima Martiniques kann während der Trockenzeit, welche von November bis Juli dauert, ein gesundes genannt werden; der Ausdruck „Trockenzeit“ darf übrigens nicht zu wörtlich genommen werden, da auch in dieser Zeit kurze Regenschauer eintreten; während der von Juli bis October dauernden Regenzeit grassirt besonders in den Niederungen häufig das gelbe Fieber, zuweilen auch die Cholera. So wie Martinique mit den anderen Inseln der Kleinen Antillen den Segen der ausserordentlichen Fruchtbarkeit und der Ueppigkeit der Vegetation in allen Gebirgslagen, den Fischreichthum der Küsten- gewässer und die reiche Fauna des Landes gemeinsam hat, so theilt es mit denselben auch die Schrecken, mit welchen die Natur zuweilen diese gottbegnadeten Inseln heimzusuchen findet. Erdbeben und Orkane, letztere in der Regenzeit auftretend, verwüsten manchmal ganze Länder- strecken und Städte; so wurde Fort de France im Jahre 1839 durch ein Erdbeben ganz zerstört; auch Sturmfluten richten häufig Ver- heerungen in den Häfen und an den Küsten an.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/226>, abgerufen am 25.11.2024.