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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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London.
adeligen Wohnsitzen und einem von dem Treiben und Drängen der
City abstechenden Stillleben.

Wir kehren aber wieder zur Westminsterbrücke zurück und
folgen dem weiteren Laufe der Themse. Zunächst zeigt sich die
grosse Eisenbahnbrücke von Charing Cross und die am linken Ufer
dicht daran gelegene gleichnamige Bahnstation, ein Hauptpunkt des
Londoner Eisenbahnlebens. Geht man an dieser Station vorbei, so erreicht
man Trafalgar Square, einen der schönsten und besuchtesten Plätze
von London, auf welchem eine hohe Denksäule an Nelson's Siege
über die französische Flotte und an seinen Heldentod erinnert. Auf
dem Platze befindet sich auch die grosse Gemäldesammlung der Natio-
nalgallerie.

Unter der Charing Cross-Brücke macht die Themse die schon
vorher erwähnte Biegung gegen Osten, welche sie eine gute Strecke
hindurch gleichsam als die Hauptlinie der ganzen Stadt festhält.
So ziemlich den Biegungspunkt bezeichnet die Waterloobrücke, in
deren Nähe am linken Ufer das Coventgarden-Theater, eines der
ersten Londons, gelegen ist. Unterhalb der Waterloobrücke folgt
dann bald der sogenannte Temple, und damit erreichen wir das
Gebiet der City, welche den nahe am Flusse gelegenen Stadt-
theil bis zum Tower in sich begreift. Der Temple hat seinen Namen
von einem alten Ordenshause der Templer-Ritter, ist aber heute ein
grosser Complex, welcher das Eigenthum einer eigenen juridischen
Corporation bildet. Ein Theil der Gebäude beherbergt eine Rechts-
schule, andere Theile dienen zu anderen juristischen Zwecken, da ja
in England die Rechtsgelehrten überhaupt gewisse engere, corporative
Verbände bilden. Gegenüber dem Temple ist auch das Gebäude der
obersten Justizhöfe gelegen, in dessen Nähe sich einige andere juristi-
sche Corporationen niedergelassen haben, so insbesondere in dem
grossen Lincoln's Inn. Nach dem Temple gelangt man zur Blackfriars-
brücke. Am linken Ufer ist Ludgate Hill, der westliche Endpunkt der
einstigen römischen Colonie, und östlich dann die St. Pauls-Kathe-
drale
, ein Wahrzeichen Londons, gelegen. Dieselbe liegt weithin
sichtbar auf einem Hügel, hat in ihrer ganzen Gestaltung eine gewisse
Aehnlichkeit mit der Peterskirche in Rom und wurde gegen Ende des
XVII. Jahrhunderts begonnen, jedoch erst 1710 vollendet. St. Paul
gilt als die erste Kirche der Metropole und enthält in ihrem Innern
eine Anzahl von Denkmälern berühmter britischer Männer, so dass an
dieser Stätte zugleich die neuere Geschichte des Landes eine zweite,
wenn auch weniger leuchtende Ruhmeshalle besitzt. St. Paul sieht

London.
adeligen Wohnsitzen und einem von dem Treiben und Drängen der
City abstechenden Stillleben.

Wir kehren aber wieder zur Westminsterbrücke zurück und
folgen dem weiteren Laufe der Themse. Zunächst zeigt sich die
grosse Eisenbahnbrücke von Charing Cross und die am linken Ufer
dicht daran gelegene gleichnamige Bahnstation, ein Hauptpunkt des
Londoner Eisenbahnlebens. Geht man an dieser Station vorbei, so erreicht
man Trafalgar Square, einen der schönsten und besuchtesten Plätze
von London, auf welchem eine hohe Denksäule an Nelson’s Siege
über die französische Flotte und an seinen Heldentod erinnert. Auf
dem Platze befindet sich auch die grosse Gemäldesammlung der Natio-
nalgallerie.

Unter der Charing Cross-Brücke macht die Themse die schon
vorher erwähnte Biegung gegen Osten, welche sie eine gute Strecke
hindurch gleichsam als die Hauptlinie der ganzen Stadt festhält.
So ziemlich den Biegungspunkt bezeichnet die Waterloobrücke, in
deren Nähe am linken Ufer das Coventgarden-Theater, eines der
ersten Londons, gelegen ist. Unterhalb der Waterloobrücke folgt
dann bald der sogenannte Temple, und damit erreichen wir das
Gebiet der City, welche den nahe am Flusse gelegenen Stadt-
theil bis zum Tower in sich begreift. Der Temple hat seinen Namen
von einem alten Ordenshause der Templer-Ritter, ist aber heute ein
grosser Complex, welcher das Eigenthum einer eigenen juridischen
Corporation bildet. Ein Theil der Gebäude beherbergt eine Rechts-
schule, andere Theile dienen zu anderen juristischen Zwecken, da ja
in England die Rechtsgelehrten überhaupt gewisse engere, corporative
Verbände bilden. Gegenüber dem Temple ist auch das Gebäude der
obersten Justizhöfe gelegen, in dessen Nähe sich einige andere juristi-
sche Corporationen niedergelassen haben, so insbesondere in dem
grossen Lincoln’s Inn. Nach dem Temple gelangt man zur Blackfriars-
brücke. Am linken Ufer ist Ludgate Hill, der westliche Endpunkt der
einstigen römischen Colonie, und östlich dann die St. Pauls-Kathe-
drale
, ein Wahrzeichen Londons, gelegen. Dieselbe liegt weithin
sichtbar auf einem Hügel, hat in ihrer ganzen Gestaltung eine gewisse
Aehnlichkeit mit der Peterskirche in Rom und wurde gegen Ende des
XVII. Jahrhunderts begonnen, jedoch erst 1710 vollendet. St. Paul
gilt als die erste Kirche der Metropole und enthält in ihrem Innern
eine Anzahl von Denkmälern berühmter britischer Männer, so dass an
dieser Stätte zugleich die neuere Geschichte des Landes eine zweite,
wenn auch weniger leuchtende Ruhmeshalle besitzt. St. Paul sieht

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[935/0955] London. adeligen Wohnsitzen und einem von dem Treiben und Drängen der City abstechenden Stillleben. Wir kehren aber wieder zur Westminsterbrücke zurück und folgen dem weiteren Laufe der Themse. Zunächst zeigt sich die grosse Eisenbahnbrücke von Charing Cross und die am linken Ufer dicht daran gelegene gleichnamige Bahnstation, ein Hauptpunkt des Londoner Eisenbahnlebens. Geht man an dieser Station vorbei, so erreicht man Trafalgar Square, einen der schönsten und besuchtesten Plätze von London, auf welchem eine hohe Denksäule an Nelson’s Siege über die französische Flotte und an seinen Heldentod erinnert. Auf dem Platze befindet sich auch die grosse Gemäldesammlung der Natio- nalgallerie. Unter der Charing Cross-Brücke macht die Themse die schon vorher erwähnte Biegung gegen Osten, welche sie eine gute Strecke hindurch gleichsam als die Hauptlinie der ganzen Stadt festhält. So ziemlich den Biegungspunkt bezeichnet die Waterloobrücke, in deren Nähe am linken Ufer das Coventgarden-Theater, eines der ersten Londons, gelegen ist. Unterhalb der Waterloobrücke folgt dann bald der sogenannte Temple, und damit erreichen wir das Gebiet der City, welche den nahe am Flusse gelegenen Stadt- theil bis zum Tower in sich begreift. Der Temple hat seinen Namen von einem alten Ordenshause der Templer-Ritter, ist aber heute ein grosser Complex, welcher das Eigenthum einer eigenen juridischen Corporation bildet. Ein Theil der Gebäude beherbergt eine Rechts- schule, andere Theile dienen zu anderen juristischen Zwecken, da ja in England die Rechtsgelehrten überhaupt gewisse engere, corporative Verbände bilden. Gegenüber dem Temple ist auch das Gebäude der obersten Justizhöfe gelegen, in dessen Nähe sich einige andere juristi- sche Corporationen niedergelassen haben, so insbesondere in dem grossen Lincoln’s Inn. Nach dem Temple gelangt man zur Blackfriars- brücke. Am linken Ufer ist Ludgate Hill, der westliche Endpunkt der einstigen römischen Colonie, und östlich dann die St. Pauls-Kathe- drale, ein Wahrzeichen Londons, gelegen. Dieselbe liegt weithin sichtbar auf einem Hügel, hat in ihrer ganzen Gestaltung eine gewisse Aehnlichkeit mit der Peterskirche in Rom und wurde gegen Ende des XVII. Jahrhunderts begonnen, jedoch erst 1710 vollendet. St. Paul gilt als die erste Kirche der Metropole und enthält in ihrem Innern eine Anzahl von Denkmälern berühmter britischer Männer, so dass an dieser Stätte zugleich die neuere Geschichte des Landes eine zweite, wenn auch weniger leuchtende Ruhmeshalle besitzt. St. Paul sieht

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 935. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/955>, abgerufen am 23.11.2024.