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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.

Prinz Christoph von Bayern, der nach seinem Onkel Erich den Thron Däne-
marks bestieg, verlegte 1443 seine Residenz von Roeskilde nach Kopenhagen,
Christian I. gründete 1478 daselbst die dänische Universität, und 1537 wurde auch
der Bischofsstuhl von Roeskilde nach Dänemark verlegt. In diesen Zeiten führten
die dänischen Könige erbitterte Kämpfe gegen die Schweden für die Erhaltung der
"kalmarischen Union" der drei nordischen Reiche Schweden, Norwegen und Dänemark,
und dadurch erwuchs die Stadt von selbst zum Hauptwaffenplatz des Landes, zur
Hauptstation der dänischen Kriegsflotte. Vom XVI. Jahrhundert an ist das Schick-
sal des gesammten Reiches fast ganz abhängig von dem Schicksale der
Hauptstadt. Sie hat daher wiederholt langwährende Belagerungen zu erdulden;
so im Jahre 1523, als König Christian II. verjagt und von seinem als Gegenkönig
aufgestellten Oheim Friedrich I. bekriegt wurde, und weiters 1535 und 1536, als nach
dem Tode Friedrich's I. Christian II., gestützt auf sein vermeintliches Recht, mit
Hilfe Englands und der Hanseaten erneuert versuchte, die ihm entrissene Krone
an sich zu bringen.

Christian IV., einer der hervorragendsten Regenten Europas in jenen Tagen,
erweiterte Kopenhagen um ein Bedeutendes und verstärkte, gezwungen durch die
unsicheren Zustände, wie sie der dreissigjährige Krieg mit sich brachte, die Befesti-
gungen; schon in der Regierung seines Nachfolgers Friedrich III. (1648--1670)
zeigte sich die Erspriesslichkeit dieser Vorkehrungen, da Kopenhagens Bürger da-
durch in den Stand gesetzt waren, mit ihrer Stadt das Vaterland zu retten vor
dem Schwedenkönig Karl X., der, auf dem Eise von Insel zu Insel marschirend,
bereits das übrige Dänemark erobert hatte. Auch das Bombardement der ver-
einigten englisch-holländisch-schwedischen Flotte im Jahre 1700 konnte die Stadt
über sich ergehen lassen, ohne dessen Folgen sonderlich fürchten zu müssen.

Das XVIII. Jahrhundert war für Kopenhagen eine Zeit der freien Ent-
wicklung und des wirtschaftlichen Aufschwunges; während der französischen Re-
volution hielt Dänemark eine strenge Neutralität und erreichte, begünstigt durch
den Umstand, dass das kaufmännische Gut unter den anderen europäischen Flaggen
nur wenig Schutz genoss, eine bedeutende Erweiterung seines Seehandels. -- Der
Reichthum vieler Kopenhagener Kaufhäuser und insbesondere der Rheder datirt
aus jener Zeit.

1799 und 1800 schonten die Engländer auch die neutrale Flagge nicht, so dass
Dänemark gezwungen war, der von Russland 1801 gegen die Uebergriffe dieser Macht
gestifteten bewaffneten Neutralität beizutreten, was von Seite Englands als Kriegs-
erklärung aufgefasst und als Grund vorgeschoben wurde, eine Flotte unter dem
Admiral Lord Parker und dem Viceadmiral Nelson nach Kopenhagen zu ent-
senden, welche unter Nelson's Führung am 2. April die zur Vertheidigung der
Stadt ausserhalb der Batterie im Königstief verankerte dänische Flotte völlig ver-
nichtete. Die Annalen der Geschichte zählen diese That zu den kühnsten Nelson's,
und auch Napoleon I. beurtheilte sie derart.

Im Jahre 1807, als Napoleon I. auf der Höhe seiner Macht stand und es
nicht sicher war, ob er die langgehegte Absicht einer Landung am Inselreiche
trotz der sich bietenden Schwierigkeiten nicht dennoch zur Ausführung bringen
würde, erwachten in England Bedenken gegen die dänische Flotte. Ohne jedwede
Kriegserklärung erschien vor Kopenhagen ein englisches Geschwader und forderte
unter Androhung von Gewaltmassregeln die Schliessung eines Allianzvertrages
und eröffnete nach Verweigerung der Erfüllung dieses Ansinnens die Feindselig-

Der atlantische Ocean.

Prinz Christoph von Bayern, der nach seinem Onkel Erich den Thron Däne-
marks bestieg, verlegte 1443 seine Residenz von Roeskilde nach Kopenhagen,
Christian I. gründete 1478 daselbst die dänische Universität, und 1537 wurde auch
der Bischofsstuhl von Roeskilde nach Dänemark verlegt. In diesen Zeiten führten
die dänischen Könige erbitterte Kämpfe gegen die Schweden für die Erhaltung der
„kalmarischen Union“ der drei nordischen Reiche Schweden, Norwegen und Dänemark,
und dadurch erwuchs die Stadt von selbst zum Hauptwaffenplatz des Landes, zur
Hauptstation der dänischen Kriegsflotte. Vom XVI. Jahrhundert an ist das Schick-
sal des gesammten Reiches fast ganz abhängig von dem Schicksale der
Hauptstadt. Sie hat daher wiederholt langwährende Belagerungen zu erdulden;
so im Jahre 1523, als König Christian II. verjagt und von seinem als Gegenkönig
aufgestellten Oheim Friedrich I. bekriegt wurde, und weiters 1535 und 1536, als nach
dem Tode Friedrich’s I. Christian II., gestützt auf sein vermeintliches Recht, mit
Hilfe Englands und der Hanseaten erneuert versuchte, die ihm entrissene Krone
an sich zu bringen.

Christian IV., einer der hervorragendsten Regenten Europas in jenen Tagen,
erweiterte Kopenhagen um ein Bedeutendes und verstärkte, gezwungen durch die
unsicheren Zustände, wie sie der dreissigjährige Krieg mit sich brachte, die Befesti-
gungen; schon in der Regierung seines Nachfolgers Friedrich III. (1648—1670)
zeigte sich die Erspriesslichkeit dieser Vorkehrungen, da Kopenhagens Bürger da-
durch in den Stand gesetzt waren, mit ihrer Stadt das Vaterland zu retten vor
dem Schwedenkönig Karl X., der, auf dem Eise von Insel zu Insel marschirend,
bereits das übrige Dänemark erobert hatte. Auch das Bombardement der ver-
einigten englisch-holländisch-schwedischen Flotte im Jahre 1700 konnte die Stadt
über sich ergehen lassen, ohne dessen Folgen sonderlich fürchten zu müssen.

Das XVIII. Jahrhundert war für Kopenhagen eine Zeit der freien Ent-
wicklung und des wirtschaftlichen Aufschwunges; während der französischen Re-
volution hielt Dänemark eine strenge Neutralität und erreichte, begünstigt durch
den Umstand, dass das kaufmännische Gut unter den anderen europäischen Flaggen
nur wenig Schutz genoss, eine bedeutende Erweiterung seines Seehandels. — Der
Reichthum vieler Kopenhagener Kaufhäuser und insbesondere der Rheder datirt
aus jener Zeit.

1799 und 1800 schonten die Engländer auch die neutrale Flagge nicht, so dass
Dänemark gezwungen war, der von Russland 1801 gegen die Uebergriffe dieser Macht
gestifteten bewaffneten Neutralität beizutreten, was von Seite Englands als Kriegs-
erklärung aufgefasst und als Grund vorgeschoben wurde, eine Flotte unter dem
Admiral Lord Parker und dem Viceadmiral Nelson nach Kopenhagen zu ent-
senden, welche unter Nelson’s Führung am 2. April die zur Vertheidigung der
Stadt ausserhalb der Batterie im Königstief verankerte dänische Flotte völlig ver-
nichtete. Die Annalen der Geschichte zählen diese That zu den kühnsten Nelson’s,
und auch Napoleon I. beurtheilte sie derart.

Im Jahre 1807, als Napoleon I. auf der Höhe seiner Macht stand und es
nicht sicher war, ob er die langgehegte Absicht einer Landung am Inselreiche
trotz der sich bietenden Schwierigkeiten nicht dennoch zur Ausführung bringen
würde, erwachten in England Bedenken gegen die dänische Flotte. Ohne jedwede
Kriegserklärung erschien vor Kopenhagen ein englisches Geschwader und forderte
unter Androhung von Gewaltmassregeln die Schliessung eines Allianzvertrages
und eröffnete nach Verweigerung der Erfüllung dieses Ansinnens die Feindselig-

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[778/0798] Der atlantische Ocean. Prinz Christoph von Bayern, der nach seinem Onkel Erich den Thron Däne- marks bestieg, verlegte 1443 seine Residenz von Roeskilde nach Kopenhagen, Christian I. gründete 1478 daselbst die dänische Universität, und 1537 wurde auch der Bischofsstuhl von Roeskilde nach Dänemark verlegt. In diesen Zeiten führten die dänischen Könige erbitterte Kämpfe gegen die Schweden für die Erhaltung der „kalmarischen Union“ der drei nordischen Reiche Schweden, Norwegen und Dänemark, und dadurch erwuchs die Stadt von selbst zum Hauptwaffenplatz des Landes, zur Hauptstation der dänischen Kriegsflotte. Vom XVI. Jahrhundert an ist das Schick- sal des gesammten Reiches fast ganz abhängig von dem Schicksale der Hauptstadt. Sie hat daher wiederholt langwährende Belagerungen zu erdulden; so im Jahre 1523, als König Christian II. verjagt und von seinem als Gegenkönig aufgestellten Oheim Friedrich I. bekriegt wurde, und weiters 1535 und 1536, als nach dem Tode Friedrich’s I. Christian II., gestützt auf sein vermeintliches Recht, mit Hilfe Englands und der Hanseaten erneuert versuchte, die ihm entrissene Krone an sich zu bringen. Christian IV., einer der hervorragendsten Regenten Europas in jenen Tagen, erweiterte Kopenhagen um ein Bedeutendes und verstärkte, gezwungen durch die unsicheren Zustände, wie sie der dreissigjährige Krieg mit sich brachte, die Befesti- gungen; schon in der Regierung seines Nachfolgers Friedrich III. (1648—1670) zeigte sich die Erspriesslichkeit dieser Vorkehrungen, da Kopenhagens Bürger da- durch in den Stand gesetzt waren, mit ihrer Stadt das Vaterland zu retten vor dem Schwedenkönig Karl X., der, auf dem Eise von Insel zu Insel marschirend, bereits das übrige Dänemark erobert hatte. Auch das Bombardement der ver- einigten englisch-holländisch-schwedischen Flotte im Jahre 1700 konnte die Stadt über sich ergehen lassen, ohne dessen Folgen sonderlich fürchten zu müssen. Das XVIII. Jahrhundert war für Kopenhagen eine Zeit der freien Ent- wicklung und des wirtschaftlichen Aufschwunges; während der französischen Re- volution hielt Dänemark eine strenge Neutralität und erreichte, begünstigt durch den Umstand, dass das kaufmännische Gut unter den anderen europäischen Flaggen nur wenig Schutz genoss, eine bedeutende Erweiterung seines Seehandels. — Der Reichthum vieler Kopenhagener Kaufhäuser und insbesondere der Rheder datirt aus jener Zeit. 1799 und 1800 schonten die Engländer auch die neutrale Flagge nicht, so dass Dänemark gezwungen war, der von Russland 1801 gegen die Uebergriffe dieser Macht gestifteten bewaffneten Neutralität beizutreten, was von Seite Englands als Kriegs- erklärung aufgefasst und als Grund vorgeschoben wurde, eine Flotte unter dem Admiral Lord Parker und dem Viceadmiral Nelson nach Kopenhagen zu ent- senden, welche unter Nelson’s Führung am 2. April die zur Vertheidigung der Stadt ausserhalb der Batterie im Königstief verankerte dänische Flotte völlig ver- nichtete. Die Annalen der Geschichte zählen diese That zu den kühnsten Nelson’s, und auch Napoleon I. beurtheilte sie derart. Im Jahre 1807, als Napoleon I. auf der Höhe seiner Macht stand und es nicht sicher war, ob er die langgehegte Absicht einer Landung am Inselreiche trotz der sich bietenden Schwierigkeiten nicht dennoch zur Ausführung bringen würde, erwachten in England Bedenken gegen die dänische Flotte. Ohne jedwede Kriegserklärung erschien vor Kopenhagen ein englisches Geschwader und forderte unter Androhung von Gewaltmassregeln die Schliessung eines Allianzvertrages und eröffnete nach Verweigerung der Erfüllung dieses Ansinnens die Feindselig-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 778. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/798>, abgerufen am 23.11.2024.