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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der Nord-Ostseecanal.
tionsjahren 1848 und 1849 kamen die Projecte der Linien Eckernförde-Husum und
Eckernförde-Rendsburg-Brunsbüttel zur Sprache, aber erst mit der Besetzung von
Schleswig-Holstein im Jahre 1864 nimmt die Canalangelegenheit einen ernsteren
Charakter an.

Nach dem Projecte des Geheimen Oberbaurathes Lentze, welcher schon
damals einen Marinecanal von 68 m Breite und ungefähr 10 m Tiefe plante, sollte
der neue Wasserweg von St. Margarethen an der Elbe über Rendsburg nach Eckern-
förde führen und eine Abzweigung nach der Kieler Bucht bei Verwendung des
Eider-Canals erhalten.

Immer mehr kam die Ausmündung des Canals an der Elbe zur Geltung, da
nur dort eine jederzeit sichere Ausfahrt vorhanden ist. Das Project wurde 1873
im Reichstage verhandelt, dann aber beiseite gelegt.

Im Jahre 1878 trat der Hamburger Kaufmann H. Dahlström mit einem Plane
auf, der sich im Allgemeinen an das Project Lentze anschloss, und beabsichtigte
unter Betheiligung Preussens oder des Reiches ein Privatunternehmen zu gründen.
Er liess die östliche Ausmündung des Canals bei Eckernförde fallen und behielt
bloss jene bei Holtenau in der Kieler Bucht. Die westliche Ausfahrt verlegte Dahl-
ström in die Bucht von Brunsbüttel. Ein grosser Theil des Eider-Canals sollte für
die neue Wasserstrasse benützt werden. Die Sache konnte erst in Fluss kommen,
als Deutschland infolge seiner politischen Einigung eine Seemacht ersten Ranges
wurde, welche aber an der Nordsee keinen günstigen Kriegshafen hat, und deren
ganzes Ostseegebiet unter der Controle Dänemarks stand. Dem musste um jeden
Preis abgeholfen werden, und aus diesen politisch-strategischen Gründen hat am
3. Juni 1887 Kaiser Wilhelm I. den Grundstein zu dem neuen Wasserweg in
Holtenau gelegt.

Seitdem werden die Arbeiten, die an einzelne grosse Unternehmer vergeben
sind, an dem Riesenwerke emsig fortgeführt.

Der Nord-Ostseecanal ist, geradeso wie jener von Suez, ein
Durchstich in der Horizontalen, also kein Treppenschleussencanal.

Zieht man seine Länge in Betracht, so zeigt sich, dass er bei
98·7 km Länge ungefähr die Mitte zwischen dem Suezcanal (160 km)
und dem Panamacanal (75 km) einhält. Indes bleiben die letztge-
nannten Durchstiche gegen unseren Canal, was Breite und Tiefe an-
belangt, erheblich zurück, denn dieser wird 9 m Wassertiefe erhalten
und seine Spiegelbreite wird 66 m und die Sohlenbreite 22 m be-
tragen, so dass überall zwei Schiffe an einander vorbeizufahren im Stande
sein werden, was selbst beim Suez-Canal nicht der Fall ist. Nur für
ganz schwere Kriegsschiffe werden eigene Ausweichestellen geschaffen.

Die beiden Endpunkte des Canals werden durch riesige Schleus-
senthore geschützt, von welchen jenes bei Brunsbüttel die Bestimmung
hat, den Canal und das von ihm durchschnittene Gebiet gegen das
denkbar und erfahrungsmässig schwerste Hochwasser bei stürmender
Nordsee, das bis zu 6 m Höhe über den mittleren Wasserstand der
Ostsee ansteigen kann, abzusperren. Die Brunsbüttel-Schleusse wird

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Der Nord-Ostseecanal.
tionsjahren 1848 und 1849 kamen die Projecte der Linien Eckernförde-Husum und
Eckernförde-Rendsburg-Brunsbüttel zur Sprache, aber erst mit der Besetzung von
Schleswig-Holstein im Jahre 1864 nimmt die Canalangelegenheit einen ernsteren
Charakter an.

Nach dem Projecte des Geheimen Oberbaurathes Lentze, welcher schon
damals einen Marinecanal von 68 m Breite und ungefähr 10 m Tiefe plante, sollte
der neue Wasserweg von St. Margarethen an der Elbe über Rendsburg nach Eckern-
förde führen und eine Abzweigung nach der Kieler Bucht bei Verwendung des
Eider-Canals erhalten.

Immer mehr kam die Ausmündung des Canals an der Elbe zur Geltung, da
nur dort eine jederzeit sichere Ausfahrt vorhanden ist. Das Project wurde 1873
im Reichstage verhandelt, dann aber beiseite gelegt.

Im Jahre 1878 trat der Hamburger Kaufmann H. Dahlström mit einem Plane
auf, der sich im Allgemeinen an das Project Lentze anschloss, und beabsichtigte
unter Betheiligung Preussens oder des Reiches ein Privatunternehmen zu gründen.
Er liess die östliche Ausmündung des Canals bei Eckernförde fallen und behielt
bloss jene bei Holtenau in der Kieler Bucht. Die westliche Ausfahrt verlegte Dahl-
ström in die Bucht von Brunsbüttel. Ein grosser Theil des Eider-Canals sollte für
die neue Wasserstrasse benützt werden. Die Sache konnte erst in Fluss kommen,
als Deutschland infolge seiner politischen Einigung eine Seemacht ersten Ranges
wurde, welche aber an der Nordsee keinen günstigen Kriegshafen hat, und deren
ganzes Ostseegebiet unter der Controle Dänemarks stand. Dem musste um jeden
Preis abgeholfen werden, und aus diesen politisch-strategischen Gründen hat am
3. Juni 1887 Kaiser Wilhelm I. den Grundstein zu dem neuen Wasserweg in
Holtenau gelegt.

Seitdem werden die Arbeiten, die an einzelne grosse Unternehmer vergeben
sind, an dem Riesenwerke emsig fortgeführt.

Der Nord-Ostseecanal ist, geradeso wie jener von Suez, ein
Durchstich in der Horizontalen, also kein Treppenschleussencanal.

Zieht man seine Länge in Betracht, so zeigt sich, dass er bei
98·7 km Länge ungefähr die Mitte zwischen dem Suezcanal (160 km)
und dem Panamacanal (75 km) einhält. Indes bleiben die letztge-
nannten Durchstiche gegen unseren Canal, was Breite und Tiefe an-
belangt, erheblich zurück, denn dieser wird 9 m Wassertiefe erhalten
und seine Spiegelbreite wird 66 m und die Sohlenbreite 22 m be-
tragen, so dass überall zwei Schiffe an einander vorbeizufahren im Stande
sein werden, was selbst beim Suez-Canal nicht der Fall ist. Nur für
ganz schwere Kriegsschiffe werden eigene Ausweichestellen geschaffen.

Die beiden Endpunkte des Canals werden durch riesige Schleus-
senthore geschützt, von welchen jenes bei Brunsbüttel die Bestimmung
hat, den Canal und das von ihm durchschnittene Gebiet gegen das
denkbar und erfahrungsmässig schwerste Hochwasser bei stürmender
Nordsee, das bis zu 6 m Höhe über den mittleren Wasserstand der
Ostsee ansteigen kann, abzusperren. Die Brunsbüttel-Schleusse wird

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[771/0791] Der Nord-Ostseecanal. tionsjahren 1848 und 1849 kamen die Projecte der Linien Eckernförde-Husum und Eckernförde-Rendsburg-Brunsbüttel zur Sprache, aber erst mit der Besetzung von Schleswig-Holstein im Jahre 1864 nimmt die Canalangelegenheit einen ernsteren Charakter an. Nach dem Projecte des Geheimen Oberbaurathes Lentze, welcher schon damals einen Marinecanal von 68 m Breite und ungefähr 10 m Tiefe plante, sollte der neue Wasserweg von St. Margarethen an der Elbe über Rendsburg nach Eckern- förde führen und eine Abzweigung nach der Kieler Bucht bei Verwendung des Eider-Canals erhalten. Immer mehr kam die Ausmündung des Canals an der Elbe zur Geltung, da nur dort eine jederzeit sichere Ausfahrt vorhanden ist. Das Project wurde 1873 im Reichstage verhandelt, dann aber beiseite gelegt. Im Jahre 1878 trat der Hamburger Kaufmann H. Dahlström mit einem Plane auf, der sich im Allgemeinen an das Project Lentze anschloss, und beabsichtigte unter Betheiligung Preussens oder des Reiches ein Privatunternehmen zu gründen. Er liess die östliche Ausmündung des Canals bei Eckernförde fallen und behielt bloss jene bei Holtenau in der Kieler Bucht. Die westliche Ausfahrt verlegte Dahl- ström in die Bucht von Brunsbüttel. Ein grosser Theil des Eider-Canals sollte für die neue Wasserstrasse benützt werden. Die Sache konnte erst in Fluss kommen, als Deutschland infolge seiner politischen Einigung eine Seemacht ersten Ranges wurde, welche aber an der Nordsee keinen günstigen Kriegshafen hat, und deren ganzes Ostseegebiet unter der Controle Dänemarks stand. Dem musste um jeden Preis abgeholfen werden, und aus diesen politisch-strategischen Gründen hat am 3. Juni 1887 Kaiser Wilhelm I. den Grundstein zu dem neuen Wasserweg in Holtenau gelegt. Seitdem werden die Arbeiten, die an einzelne grosse Unternehmer vergeben sind, an dem Riesenwerke emsig fortgeführt. Der Nord-Ostseecanal ist, geradeso wie jener von Suez, ein Durchstich in der Horizontalen, also kein Treppenschleussencanal. Zieht man seine Länge in Betracht, so zeigt sich, dass er bei 98·7 km Länge ungefähr die Mitte zwischen dem Suezcanal (160 km) und dem Panamacanal (75 km) einhält. Indes bleiben die letztge- nannten Durchstiche gegen unseren Canal, was Breite und Tiefe an- belangt, erheblich zurück, denn dieser wird 9 m Wassertiefe erhalten und seine Spiegelbreite wird 66 m und die Sohlenbreite 22 m be- tragen, so dass überall zwei Schiffe an einander vorbeizufahren im Stande sein werden, was selbst beim Suez-Canal nicht der Fall ist. Nur für ganz schwere Kriegsschiffe werden eigene Ausweichestellen geschaffen. Die beiden Endpunkte des Canals werden durch riesige Schleus- senthore geschützt, von welchen jenes bei Brunsbüttel die Bestimmung hat, den Canal und das von ihm durchschnittene Gebiet gegen das denkbar und erfahrungsmässig schwerste Hochwasser bei stürmender Nordsee, das bis zu 6 m Höhe über den mittleren Wasserstand der Ostsee ansteigen kann, abzusperren. Die Brunsbüttel-Schleusse wird 97*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 771. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/791>, abgerufen am 23.11.2024.