die wie "Il Mondo", "La Pellegrina", "Il Paradiso" bis zu je 1000 Mann Besatzung führten und mit gewaltigen, eisenbeschlagene Balken schleudernden Kriegsmaschinen ausgestattet waren. Der grösste Theil der mächtigen Kreuzfahrerheere ward durch venetianische Flotten nach Syrien gebracht.
Auch in den folgenden Jahrhunderten glänzte Venedig durch die Tüchtigkeit seiner Flotten. Solche Leistungen konnte nur ein eminent maritimer Staat vollbringen, und in der That sehen wir den venetia- nischen Schiffbau schon im VI. Jahrhundert ausgebildet; in der Folge errichtete die Republik neben den Schiffbauschulen noch eine Lehr- kanzel für Schiffbau an der Universität zu Padua.
Ebenso gelangte die Kriegstechnik frühzeitig zur Reife, denn durch den Contact der Venetianer mit den Völkern des Ostens lernten sie weit früher als die übrigen Staaten Europas das Schiesspulver und seine Anwendung kennen. Noch vor Anbruch des XIII. Jahrhunderts erdröhnen im Kampfe gegen Genua die ersten Kanonenschüsse von ihren Galeeren.
Die Grösse Venedigs gipfelte in der ungeheueren Ausdehnung seines Handels und fusste in der unversiegbaren Quelle seiner mari- timen Hilfsmittel. Holz und geschulte Arbeitskraft war in Ueberfluss vorhanden. Tüchtige Seekriegsleute lieferten zum grössten Theil Istrien und Dalmatien, mit deren Küstenbevölkerung die Venetianer eine gegen- seitige Interessengemeinschaft verband.
Gegenwärtig bildet Venedig eines der Departements der mächtig angewachsenen italienischen Flotte und ist ein wichtiges Glied in dem Systeme der Küstenvertheidigung.
Am nordwestlichen Ende der Stadt liegt die Eisenbahnstation, mit breiten, während der letzten Jahre hergestellten Quaianlagen.
Zum Festlande führt die 3600 m lange und 222 Bogen zählende Steinbrücke nach Mestre -- wohl die längste der Erde.
Gerade in unseren Tagen verdankt die "Markusstadt" den Schienensträngen, welche sie mit den reichen Hinterländern verbinden eine erneuerte Blüte. Venedig ist auch heute eine der grössten Städte Italiens, denn es zählt 129.445, als Gemeinde 134.810 Einwohner. Aber sein Handel ist verhältnissmässig kaum ein Schatten jenes Verkehres, der hier herrschte, als Venedig der Vermittler der tausendfältigen Beziehungen und Verbindungen des Mittelmeeres, oder, was damals dasselbe bedeutet, der Mittelpunkt des Welthandels war. Es ist be- kannt, dass die kluge Benützung der durch die Kreuzzüge geschaffenen Steigerung des Personen- und Gütertransportes die Hauptursache der grossen Blüthe Venedigs war, und man pflegt die Errichtung des
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Venedig.
die wie „Il Mondo“, „La Pellegrina“, „Il Paradiso“ bis zu je 1000 Mann Besatzung führten und mit gewaltigen, eisenbeschlagene Balken schleudernden Kriegsmaschinen ausgestattet waren. Der grösste Theil der mächtigen Kreuzfahrerheere ward durch venetianische Flotten nach Syrien gebracht.
Auch in den folgenden Jahrhunderten glänzte Venedig durch die Tüchtigkeit seiner Flotten. Solche Leistungen konnte nur ein eminent maritimer Staat vollbringen, und in der That sehen wir den venetia- nischen Schiffbau schon im VI. Jahrhundert ausgebildet; in der Folge errichtete die Republik neben den Schiffbauschulen noch eine Lehr- kanzel für Schiffbau an der Universität zu Padua.
Ebenso gelangte die Kriegstechnik frühzeitig zur Reife, denn durch den Contact der Venetianer mit den Völkern des Ostens lernten sie weit früher als die übrigen Staaten Europas das Schiesspulver und seine Anwendung kennen. Noch vor Anbruch des XIII. Jahrhunderts erdröhnen im Kampfe gegen Genua die ersten Kanonenschüsse von ihren Galeeren.
Die Grösse Venedigs gipfelte in der ungeheueren Ausdehnung seines Handels und fusste in der unversiegbaren Quelle seiner mari- timen Hilfsmittel. Holz und geschulte Arbeitskraft war in Ueberfluss vorhanden. Tüchtige Seekriegsleute lieferten zum grössten Theil Istrien und Dalmatien, mit deren Küstenbevölkerung die Venetianer eine gegen- seitige Interessengemeinschaft verband.
Gegenwärtig bildet Venedig eines der Departements der mächtig angewachsenen italienischen Flotte und ist ein wichtiges Glied in dem Systeme der Küstenvertheidigung.
Am nordwestlichen Ende der Stadt liegt die Eisenbahnstation, mit breiten, während der letzten Jahre hergestellten Quaianlagen.
Zum Festlande führt die 3600 m lange und 222 Bogen zählende Steinbrücke nach Mestre — wohl die längste der Erde.
Gerade in unseren Tagen verdankt die „Markusstadt“ den Schienensträngen, welche sie mit den reichen Hinterländern verbinden eine erneuerte Blüte. Venedig ist auch heute eine der grössten Städte Italiens, denn es zählt 129.445, als Gemeinde 134.810 Einwohner. Aber sein Handel ist verhältnissmässig kaum ein Schatten jenes Verkehres, der hier herrschte, als Venedig der Vermittler der tausendfältigen Beziehungen und Verbindungen des Mittelmeeres, oder, was damals dasselbe bedeutet, der Mittelpunkt des Welthandels war. Es ist be- kannt, dass die kluge Benützung der durch die Kreuzzüge geschaffenen Steigerung des Personen- und Gütertransportes die Hauptursache der grossen Blüthe Venedigs war, und man pflegt die Errichtung des
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Venedig.
die wie „Il Mondo“, „La Pellegrina“, „Il Paradiso“ bis zu je 1000
Mann Besatzung führten und mit gewaltigen, eisenbeschlagene Balken
schleudernden Kriegsmaschinen ausgestattet waren. Der grösste Theil
der mächtigen Kreuzfahrerheere ward durch venetianische Flotten nach
Syrien gebracht.
Auch in den folgenden Jahrhunderten glänzte Venedig durch die
Tüchtigkeit seiner Flotten. Solche Leistungen konnte nur ein eminent
maritimer Staat vollbringen, und in der That sehen wir den venetia-
nischen Schiffbau schon im VI. Jahrhundert ausgebildet; in der Folge
errichtete die Republik neben den Schiffbauschulen noch eine Lehr-
kanzel für Schiffbau an der Universität zu Padua.
Ebenso gelangte die Kriegstechnik frühzeitig zur Reife, denn durch
den Contact der Venetianer mit den Völkern des Ostens lernten sie weit
früher als die übrigen Staaten Europas das Schiesspulver und seine
Anwendung kennen. Noch vor Anbruch des XIII. Jahrhunderts erdröhnen
im Kampfe gegen Genua die ersten Kanonenschüsse von ihren Galeeren.
Die Grösse Venedigs gipfelte in der ungeheueren Ausdehnung
seines Handels und fusste in der unversiegbaren Quelle seiner mari-
timen Hilfsmittel. Holz und geschulte Arbeitskraft war in Ueberfluss
vorhanden. Tüchtige Seekriegsleute lieferten zum grössten Theil Istrien
und Dalmatien, mit deren Küstenbevölkerung die Venetianer eine gegen-
seitige Interessengemeinschaft verband.
Gegenwärtig bildet Venedig eines der Departements der mächtig
angewachsenen italienischen Flotte und ist ein wichtiges Glied in dem
Systeme der Küstenvertheidigung.
Am nordwestlichen Ende der Stadt liegt die Eisenbahnstation,
mit breiten, während der letzten Jahre hergestellten Quaianlagen.
Zum Festlande führt die 3600 m lange und 222 Bogen zählende
Steinbrücke nach Mestre — wohl die längste der Erde.
Gerade in unseren Tagen verdankt die „Markusstadt“ den
Schienensträngen, welche sie mit den reichen Hinterländern verbinden
eine erneuerte Blüte. Venedig ist auch heute eine der grössten Städte
Italiens, denn es zählt 129.445, als Gemeinde 134.810 Einwohner. Aber
sein Handel ist verhältnissmässig kaum ein Schatten jenes Verkehres,
der hier herrschte, als Venedig der Vermittler der tausendfältigen
Beziehungen und Verbindungen des Mittelmeeres, oder, was damals
dasselbe bedeutet, der Mittelpunkt des Welthandels war. Es ist be-
kannt, dass die kluge Benützung der durch die Kreuzzüge geschaffenen
Steigerung des Personen- und Gütertransportes die Hauptursache der
grossen Blüthe Venedigs war, und man pflegt die Errichtung des
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/63>, abgerufen am 24.11.2024.
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