gebaut und mit einem Thurme geschmückt wurde. Im XII. Jahrhun- dert trat an ihre Stelle ein romanischer Bau, bis auch dieser 1434 zum grossen Theil demolirt werden musste, um der heutigen Kathe- drale Raum zu geben.
Die Kirche besitzt mehrere geschätzte Bilder, sehenswerthe Bas- reliefs und plastische Werke. Unter letzteren sind das 1507 von Michel Colomb geschaffene, in edelstem Styl gehaltene Grabmal Franz II. Herzog von Bretagne und jenes des zu Nantes geborenen Generals Lamoriciere, ein Werk Paul Dubois' (1879), würdig, beson- ders hervorgehoben zu werden.
Ausser der Kathedrale und der 1469 erbauten Kirche der un- befleckten Empfängniss sind die zwölf anderen katholischen Kirchen, der protestantische Tempel und die Synagoge im Laufe der letzten 50 Jahre entstanden.
Eine Sehenswürdigkeit der Stadt ist die monumental angelegte Passage Pommeraye, welche die beiden Gassen Rue Fosse und Rue Santeuil nächst der Rue Crebillon durch drei Gallerien miteinander verbindet. Die oberste der letzteren zieren die Medaillonbilder be- rühmter Bretonen. Von der zweiten, Galerie des Statues genannt, führt eine Treppe von 52 Stufen hinab zur Galerie de la Fosse. Das ganze Bauwerk ist sehr effectvoll durchgeführt.
Die Geschichte der Stadt führt zurück in die Zeit der Römerherrschaft. Condivicuum war, nach der Darstellung Joannes, der vornehmste Ort der Nam- neten, er lag aber ferne von der Loire. An dieser dagegen war der Portus Nam- netum entstanden und zu Bedeutung gelangt. Die beiden Orte verbanden sich in der Folge, und wurde Nantes der Mittelpunkt der römischen Verwaltung jenes Gebietes, bis die Uebergriffe der letzteren die Vertreibung der Römer (407) her- beiführte. Nantes gelangte nun unter die Herrschaft der Bretonen, deren Regenten die Stadt zu ihrer Residenz erwählten. Schon damals hatte das Christenthum dort feste Wurzel gefasst, nachdem der h. Clarus um die Mitte des III. Jahr- hunderts die neue Lehre dort verkündete und die beiden Brüder Donatin und Rogatin (299) den Märtyrertod erleiden mussten.
Nantes hatte ebenfalls die Schrecken der Völkerwanderung zu erdulden.
In den Kämpfen der späteren Zeit war Nantes unter den Königen und Herzogen von Bretagne eine wichtige Rolle zugefallen. Während des Krieges zwischen Jean de Montfort gegen Charles de Blois im XIV. Jahrhundert hatte die Stadt für ersteren Partei ergriffen, fiel jedoch (1342) in die Gewalt der Gegner.
Als Montforts Sohn endlich siegte und Herzog von Bretagne wurde, ver- band er sich mit England, aber Nantes verwehrte letzterem den Einzug.
Von den Engländern angegriffen, widerstand die Stadt heroisch, nachdem sie schon 1345 erfolglos von Eduard III. belagert worden war.
Die letzte Herzogin von Bretagne, Anna, ehelichte Karl VIII. von Frank- reich (1491) und brachte ihm die Bretagne als Mitgift zu.
Der atlantische Ocean.
gebaut und mit einem Thurme geschmückt wurde. Im XII. Jahrhun- dert trat an ihre Stelle ein romanischer Bau, bis auch dieser 1434 zum grossen Theil demolirt werden musste, um der heutigen Kathe- drale Raum zu geben.
Die Kirche besitzt mehrere geschätzte Bilder, sehenswerthe Bas- reliefs und plastische Werke. Unter letzteren sind das 1507 von Michel Colomb geschaffene, in edelstem Styl gehaltene Grabmal Franz II. Herzog von Bretagne und jenes des zu Nantes geborenen Generals Lamoricière, ein Werk Paul Dubois’ (1879), würdig, beson- ders hervorgehoben zu werden.
Ausser der Kathedrale und der 1469 erbauten Kirche der un- befleckten Empfängniss sind die zwölf anderen katholischen Kirchen, der protestantische Tempel und die Synagoge im Laufe der letzten 50 Jahre entstanden.
Eine Sehenswürdigkeit der Stadt ist die monumental angelegte Passage Pommeraye, welche die beiden Gassen Rue Fosse und Rue Santeuil nächst der Rue Crébillon durch drei Gallerien miteinander verbindet. Die oberste der letzteren zieren die Medaillonbilder be- rühmter Bretonen. Von der zweiten, Galerie des Statues genannt, führt eine Treppe von 52 Stufen hinab zur Galerie de la Fosse. Das ganze Bauwerk ist sehr effectvoll durchgeführt.
Die Geschichte der Stadt führt zurück in die Zeit der Römerherrschaft. Condivicuum war, nach der Darstellung Joannes, der vornéhmste Ort der Nam- neten, er lag aber ferne von der Loire. An dieser dagegen war der Portus Nam- netum entstanden und zu Bedeutung gelangt. Die beiden Orte verbanden sich in der Folge, und wurde Nantes der Mittelpunkt der römischen Verwaltung jenes Gebietes, bis die Uebergriffe der letzteren die Vertreibung der Römer (407) her- beiführte. Nantes gelangte nun unter die Herrschaft der Bretonen, deren Regenten die Stadt zu ihrer Residenz erwählten. Schon damals hatte das Christenthum dort feste Wurzel gefasst, nachdem der h. Clarus um die Mitte des III. Jahr- hunderts die neue Lehre dort verkündete und die beiden Brüder Donatin und Rogatin (299) den Märtyrertod erleiden mussten.
Nantes hatte ebenfalls die Schrecken der Völkerwanderung zu erdulden.
In den Kämpfen der späteren Zeit war Nantes unter den Königen und Herzogen von Bretagne eine wichtige Rolle zugefallen. Während des Krieges zwischen Jean de Montfort gegen Charles de Blois im XIV. Jahrhundert hatte die Stadt für ersteren Partei ergriffen, fiel jedoch (1342) in die Gewalt der Gegner.
Als Montforts Sohn endlich siegte und Herzog von Bretagne wurde, ver- band er sich mit England, aber Nantes verwehrte letzterem den Einzug.
Von den Engländern angegriffen, widerstand die Stadt heroisch, nachdem sie schon 1345 erfolglos von Eduard III. belagert worden war.
Die letzte Herzogin von Bretagne, Anna, ehelichte Karl VIII. von Frank- reich (1491) und brachte ihm die Bretagne als Mitgift zu.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0608"n="588"/><fwplace="top"type="header">Der atlantische Ocean.</fw><lb/>
gebaut und mit einem Thurme geschmückt wurde. Im XII. Jahrhun-<lb/>
dert trat an ihre Stelle ein romanischer Bau, bis auch dieser 1434<lb/>
zum grossen Theil demolirt werden musste, um der heutigen Kathe-<lb/>
drale Raum zu geben.</p><lb/><p>Die Kirche besitzt mehrere geschätzte Bilder, sehenswerthe Bas-<lb/>
reliefs und plastische Werke. Unter letzteren sind das 1507 von<lb/>
Michel Colomb geschaffene, in edelstem Styl gehaltene Grabmal<lb/>
Franz II. Herzog von Bretagne und jenes des zu Nantes geborenen<lb/>
Generals Lamoricière, ein Werk Paul Dubois’ (1879), würdig, beson-<lb/>
ders hervorgehoben zu werden.</p><lb/><p>Ausser der Kathedrale und der 1469 erbauten Kirche der un-<lb/>
befleckten Empfängniss sind die zwölf anderen katholischen Kirchen,<lb/>
der protestantische Tempel und die Synagoge im Laufe der letzten<lb/>
50 Jahre entstanden.</p><lb/><p>Eine Sehenswürdigkeit der Stadt ist die monumental angelegte<lb/>
Passage Pommeraye, welche die beiden Gassen Rue Fosse und Rue<lb/>
Santeuil nächst der Rue Crébillon durch drei Gallerien miteinander<lb/>
verbindet. Die oberste der letzteren zieren die Medaillonbilder be-<lb/>
rühmter Bretonen. Von der zweiten, Galerie des Statues genannt, führt<lb/>
eine Treppe von 52 Stufen hinab zur Galerie de la Fosse. Das<lb/>
ganze Bauwerk ist sehr effectvoll durchgeführt.</p><lb/><p>Die Geschichte der Stadt führt zurück in die Zeit der Römerherrschaft.<lb/>
Condivicuum war, nach der Darstellung Joannes, der vornéhmste Ort der Nam-<lb/>
neten, er lag aber ferne von der Loire. An dieser dagegen war der Portus Nam-<lb/>
netum entstanden und zu Bedeutung gelangt. Die beiden Orte verbanden sich in<lb/>
der Folge, und wurde Nantes der Mittelpunkt der römischen Verwaltung jenes<lb/>
Gebietes, bis die Uebergriffe der letzteren die Vertreibung der Römer (407) her-<lb/>
beiführte. Nantes gelangte nun unter die Herrschaft der Bretonen, deren Regenten<lb/>
die Stadt zu ihrer Residenz erwählten. Schon damals hatte das Christenthum<lb/>
dort feste Wurzel gefasst, nachdem der h. Clarus um die Mitte des III. Jahr-<lb/>
hunderts die neue Lehre dort verkündete und die beiden Brüder Donatin und<lb/>
Rogatin (299) den Märtyrertod erleiden mussten.</p><lb/><p>Nantes hatte ebenfalls die Schrecken der Völkerwanderung zu erdulden.</p><lb/><p>In den Kämpfen der späteren Zeit war Nantes unter den Königen und<lb/>
Herzogen von Bretagne eine wichtige Rolle zugefallen. Während des Krieges<lb/>
zwischen Jean de Montfort gegen Charles de Blois im XIV. Jahrhundert hatte<lb/>
die Stadt für ersteren Partei ergriffen, fiel jedoch (1342) in die Gewalt der<lb/>
Gegner.</p><lb/><p>Als Montforts Sohn endlich siegte und Herzog von Bretagne wurde, ver-<lb/>
band er sich mit England, aber Nantes verwehrte letzterem den Einzug.</p><lb/><p>Von den Engländern angegriffen, widerstand die Stadt heroisch, nachdem<lb/>
sie schon 1345 erfolglos von Eduard III. belagert worden war.</p><lb/><p>Die letzte Herzogin von Bretagne, Anna, ehelichte Karl VIII. von Frank-<lb/>
reich (1491) und brachte ihm die Bretagne als Mitgift zu.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[588/0608]
Der atlantische Ocean.
gebaut und mit einem Thurme geschmückt wurde. Im XII. Jahrhun-
dert trat an ihre Stelle ein romanischer Bau, bis auch dieser 1434
zum grossen Theil demolirt werden musste, um der heutigen Kathe-
drale Raum zu geben.
Die Kirche besitzt mehrere geschätzte Bilder, sehenswerthe Bas-
reliefs und plastische Werke. Unter letzteren sind das 1507 von
Michel Colomb geschaffene, in edelstem Styl gehaltene Grabmal
Franz II. Herzog von Bretagne und jenes des zu Nantes geborenen
Generals Lamoricière, ein Werk Paul Dubois’ (1879), würdig, beson-
ders hervorgehoben zu werden.
Ausser der Kathedrale und der 1469 erbauten Kirche der un-
befleckten Empfängniss sind die zwölf anderen katholischen Kirchen,
der protestantische Tempel und die Synagoge im Laufe der letzten
50 Jahre entstanden.
Eine Sehenswürdigkeit der Stadt ist die monumental angelegte
Passage Pommeraye, welche die beiden Gassen Rue Fosse und Rue
Santeuil nächst der Rue Crébillon durch drei Gallerien miteinander
verbindet. Die oberste der letzteren zieren die Medaillonbilder be-
rühmter Bretonen. Von der zweiten, Galerie des Statues genannt, führt
eine Treppe von 52 Stufen hinab zur Galerie de la Fosse. Das
ganze Bauwerk ist sehr effectvoll durchgeführt.
Die Geschichte der Stadt führt zurück in die Zeit der Römerherrschaft.
Condivicuum war, nach der Darstellung Joannes, der vornéhmste Ort der Nam-
neten, er lag aber ferne von der Loire. An dieser dagegen war der Portus Nam-
netum entstanden und zu Bedeutung gelangt. Die beiden Orte verbanden sich in
der Folge, und wurde Nantes der Mittelpunkt der römischen Verwaltung jenes
Gebietes, bis die Uebergriffe der letzteren die Vertreibung der Römer (407) her-
beiführte. Nantes gelangte nun unter die Herrschaft der Bretonen, deren Regenten
die Stadt zu ihrer Residenz erwählten. Schon damals hatte das Christenthum
dort feste Wurzel gefasst, nachdem der h. Clarus um die Mitte des III. Jahr-
hunderts die neue Lehre dort verkündete und die beiden Brüder Donatin und
Rogatin (299) den Märtyrertod erleiden mussten.
Nantes hatte ebenfalls die Schrecken der Völkerwanderung zu erdulden.
In den Kämpfen der späteren Zeit war Nantes unter den Königen und
Herzogen von Bretagne eine wichtige Rolle zugefallen. Während des Krieges
zwischen Jean de Montfort gegen Charles de Blois im XIV. Jahrhundert hatte
die Stadt für ersteren Partei ergriffen, fiel jedoch (1342) in die Gewalt der
Gegner.
Als Montforts Sohn endlich siegte und Herzog von Bretagne wurde, ver-
band er sich mit England, aber Nantes verwehrte letzterem den Einzug.
Von den Engländern angegriffen, widerstand die Stadt heroisch, nachdem
sie schon 1345 erfolglos von Eduard III. belagert worden war.
Die letzte Herzogin von Bretagne, Anna, ehelichte Karl VIII. von Frank-
reich (1491) und brachte ihm die Bretagne als Mitgift zu.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/608>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.