liegen die Schiffsbauwerften der Insel Prairie du Duc, vor uns das Quartier der Insel Madeleine mit ihren effectvollen Brücken, daneben die kleine Insel Feydeau mit alterthümlichen Gebäuden, dann wieder die regelmässigen Bogenreihen der Brücken, welche zum herrlichen Quai führen, der in einer Erstreckung von 4 km durch seine pracht- volle Häuserfront die Aufmerksamkeit fesselt. Eine reiche architekto- nische Ausstattung mit figuralem Schmuck ist den meisten Gebäuden der Quaifront eigen. Im XVIII. Jahrhundert entstanden, als der Handel der Stadt den Höhepunkt erreichte, ist der Quai noch heute das her- vorragendste und interessanteste Gebiet von Nantes.
Eisenbahn und Tramways (mit comprimirter Luft betrieben) führen längs demselben und tragen sehr viel zu seiner Belebung bei.
Im nördlichen Theile des Quais erhebt sich am Ufer des Canals St. Felix das von tiefen Gräben umgebene alterthümliche Schloss, eigentlich die Burg von Nantes, gewöhnlich Le Chateau genannt, ein düsteres Bauwerk, das robuste Vertheidigungsthürme flankiren. Seine Entstehung wird in das IX. oder X. Jahrhundert verlegt. Die Herzoge von Bretagne residirten hier wiederholt, und Duc Francois liess 1466 das Schloss umbauen. Der Bau der noch heute bestehen- den drei Thürme wird der Herzogin Anna, der letzten Beherrscherin der Bretagne, zugeschrieben. Im Innern des Chateau erhebt sich das stylvolle Gebäude des Grand logis, die eigentliche Residenz, mit hübschen Giebelfenstern und Zierwerk. Viele Erinnerungen knüpfen sich an diesen Bau. Zwei vielgenannte Damen beherbergte derselbe: Madame de Sevigne wohnte hier 1675, und die Herzogin von Berry ward 1832 hier in Gewahrsam gehalten, bevor man sie in die Cita- delle von Blaye abführte. Auch andere Staatsgefangene, wie Floquet, der Cardinal de Retz, weilten in dem Schlosse.
Anstossend an dasselbe eröffnet sich mit wirksamem Contrast die einladende Promenade Cours Saint-Pierre und in ihrer Verlänge- rung der Cours Saint-Andre; zwischen beiden liegt der Platz Louis XVI. Die Standbilder Anna von Bretagne, Arthur III., du Guesclin und Olivier de Clisson zieren die schönen Baum- und Blu- menanlagen, im Centrum des Platzes aber erhebt sich eine 28 m hohe Säule mit der Statue des unglücklichen Königs Ludwig XVI.
Nächst dem Platze gewahrt man den hohen Bau der gothischen Kathedrale mit den beiden massigen Thürmen von 63 m Höhe. Das interessante Gebäude ruht auf alten Fundamenten. Schon gegen Ende des III. Jahrhunderts stand dort die erste Kathedrale von Nantes, welche um das Jahr 570 durch den heil. Felix in eine Basilica um-
74*
Nantes.
liegen die Schiffsbauwerften der Insel Prairie du Duc, vor uns das Quartier der Insel Madeleine mit ihren effectvollen Brücken, daneben die kleine Insel Feydeau mit alterthümlichen Gebäuden, dann wieder die regelmässigen Bogenreihen der Brücken, welche zum herrlichen Quai führen, der in einer Erstreckung von 4 km durch seine pracht- volle Häuserfront die Aufmerksamkeit fesselt. Eine reiche architekto- nische Ausstattung mit figuralem Schmuck ist den meisten Gebäuden der Quaifront eigen. Im XVIII. Jahrhundert entstanden, als der Handel der Stadt den Höhepunkt erreichte, ist der Quai noch heute das her- vorragendste und interessanteste Gebiet von Nantes.
Eisenbahn und Tramways (mit comprimirter Luft betrieben) führen längs demselben und tragen sehr viel zu seiner Belebung bei.
Im nördlichen Theile des Quais erhebt sich am Ufer des Canals St. Felix das von tiefen Gräben umgebene alterthümliche Schloss, eigentlich die Burg von Nantes, gewöhnlich Le Château genannt, ein düsteres Bauwerk, das robuste Vertheidigungsthürme flankiren. Seine Entstehung wird in das IX. oder X. Jahrhundert verlegt. Die Herzoge von Bretagne residirten hier wiederholt, und Duc François liess 1466 das Schloss umbauen. Der Bau der noch heute bestehen- den drei Thürme wird der Herzogin Anna, der letzten Beherrscherin der Bretagne, zugeschrieben. Im Innern des Château erhebt sich das stylvolle Gebäude des Grand logis, die eigentliche Residenz, mit hübschen Giebelfenstern und Zierwerk. Viele Erinnerungen knüpfen sich an diesen Bau. Zwei vielgenannte Damen beherbergte derselbe: Madame de Sevigné wohnte hier 1675, und die Herzogin von Berry ward 1832 hier in Gewahrsam gehalten, bevor man sie in die Cita- delle von Blaye abführte. Auch andere Staatsgefangene, wie Floquet, der Cardinal de Retz, weilten in dem Schlosse.
Anstossend an dasselbe eröffnet sich mit wirksamem Contrast die einladende Promenade Cours Saint-Pierre und in ihrer Verlänge- rung der Cours Saint-André; zwischen beiden liegt der Platz Louis XVI. Die Standbilder Anna von Bretagne, Arthur III., du Guesclin und Olivier de Clisson zieren die schönen Baum- und Blu- menanlagen, im Centrum des Platzes aber erhebt sich eine 28 m hohe Säule mit der Statue des unglücklichen Königs Ludwig XVI.
Nächst dem Platze gewahrt man den hohen Bau der gothischen Kathedrale mit den beiden massigen Thürmen von 63 m Höhe. Das interessante Gebäude ruht auf alten Fundamenten. Schon gegen Ende des III. Jahrhunderts stand dort die erste Kathedrale von Nantes, welche um das Jahr 570 durch den heil. Felix in eine Basilica um-
74*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0607"n="587"/><fwplace="top"type="header">Nantes.</fw><lb/>
liegen die Schiffsbauwerften der Insel Prairie du Duc, vor uns das<lb/>
Quartier der Insel Madeleine mit ihren effectvollen Brücken, daneben<lb/>
die kleine Insel Feydeau mit alterthümlichen Gebäuden, dann wieder<lb/>
die regelmässigen Bogenreihen der Brücken, welche zum herrlichen<lb/>
Quai führen, der in einer Erstreckung von 4 <hirendition="#i">km</hi> durch seine pracht-<lb/>
volle Häuserfront die Aufmerksamkeit fesselt. Eine reiche architekto-<lb/>
nische Ausstattung mit figuralem Schmuck ist den meisten Gebäuden<lb/>
der Quaifront eigen. Im XVIII. Jahrhundert entstanden, als der Handel<lb/>
der Stadt den Höhepunkt erreichte, ist der Quai noch heute das her-<lb/>
vorragendste und interessanteste Gebiet von Nantes.</p><lb/><p>Eisenbahn und Tramways (mit comprimirter Luft betrieben)<lb/>
führen längs demselben und tragen sehr viel zu seiner Belebung bei.</p><lb/><p>Im nördlichen Theile des Quais erhebt sich am Ufer des Canals<lb/>
St. Felix das von tiefen Gräben umgebene alterthümliche Schloss,<lb/>
eigentlich die Burg von Nantes, gewöhnlich Le Château genannt,<lb/>
ein düsteres Bauwerk, das robuste Vertheidigungsthürme flankiren.<lb/>
Seine Entstehung wird in das IX. oder X. Jahrhundert verlegt. Die<lb/>
Herzoge von Bretagne residirten hier wiederholt, und Duc François<lb/>
liess 1466 das Schloss umbauen. Der Bau der noch heute bestehen-<lb/>
den drei Thürme wird der Herzogin Anna, der letzten Beherrscherin<lb/>
der Bretagne, zugeschrieben. Im Innern des Château erhebt sich das<lb/>
stylvolle Gebäude des Grand logis, die eigentliche Residenz, mit<lb/>
hübschen Giebelfenstern und Zierwerk. Viele Erinnerungen knüpfen<lb/>
sich an diesen Bau. Zwei vielgenannte Damen beherbergte derselbe:<lb/>
Madame de Sevigné wohnte hier 1675, und die Herzogin von Berry<lb/>
ward 1832 hier in Gewahrsam gehalten, bevor man sie in die Cita-<lb/>
delle von Blaye abführte. Auch andere Staatsgefangene, wie Floquet,<lb/>
der Cardinal de Retz, weilten in dem Schlosse.</p><lb/><p>Anstossend an dasselbe eröffnet sich mit wirksamem Contrast<lb/>
die einladende Promenade Cours Saint-Pierre und in ihrer Verlänge-<lb/>
rung der Cours Saint-André; zwischen beiden liegt der Platz<lb/>
Louis XVI. Die Standbilder Anna von Bretagne, Arthur III., du<lb/>
Guesclin und Olivier de Clisson zieren die schönen Baum- und Blu-<lb/>
menanlagen, im Centrum des Platzes aber erhebt sich eine 28 <hirendition="#i">m</hi> hohe<lb/>
Säule mit der Statue des unglücklichen Königs Ludwig XVI.</p><lb/><p>Nächst dem Platze gewahrt man den hohen Bau der gothischen<lb/>
Kathedrale mit den beiden massigen Thürmen von 63 <hirendition="#i">m</hi> Höhe. Das<lb/>
interessante Gebäude ruht auf alten Fundamenten. Schon gegen Ende<lb/>
des III. Jahrhunderts stand dort die erste Kathedrale von Nantes,<lb/>
welche um das Jahr 570 durch den heil. Felix in eine Basilica um-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">74*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[587/0607]
Nantes.
liegen die Schiffsbauwerften der Insel Prairie du Duc, vor uns das
Quartier der Insel Madeleine mit ihren effectvollen Brücken, daneben
die kleine Insel Feydeau mit alterthümlichen Gebäuden, dann wieder
die regelmässigen Bogenreihen der Brücken, welche zum herrlichen
Quai führen, der in einer Erstreckung von 4 km durch seine pracht-
volle Häuserfront die Aufmerksamkeit fesselt. Eine reiche architekto-
nische Ausstattung mit figuralem Schmuck ist den meisten Gebäuden
der Quaifront eigen. Im XVIII. Jahrhundert entstanden, als der Handel
der Stadt den Höhepunkt erreichte, ist der Quai noch heute das her-
vorragendste und interessanteste Gebiet von Nantes.
Eisenbahn und Tramways (mit comprimirter Luft betrieben)
führen längs demselben und tragen sehr viel zu seiner Belebung bei.
Im nördlichen Theile des Quais erhebt sich am Ufer des Canals
St. Felix das von tiefen Gräben umgebene alterthümliche Schloss,
eigentlich die Burg von Nantes, gewöhnlich Le Château genannt,
ein düsteres Bauwerk, das robuste Vertheidigungsthürme flankiren.
Seine Entstehung wird in das IX. oder X. Jahrhundert verlegt. Die
Herzoge von Bretagne residirten hier wiederholt, und Duc François
liess 1466 das Schloss umbauen. Der Bau der noch heute bestehen-
den drei Thürme wird der Herzogin Anna, der letzten Beherrscherin
der Bretagne, zugeschrieben. Im Innern des Château erhebt sich das
stylvolle Gebäude des Grand logis, die eigentliche Residenz, mit
hübschen Giebelfenstern und Zierwerk. Viele Erinnerungen knüpfen
sich an diesen Bau. Zwei vielgenannte Damen beherbergte derselbe:
Madame de Sevigné wohnte hier 1675, und die Herzogin von Berry
ward 1832 hier in Gewahrsam gehalten, bevor man sie in die Cita-
delle von Blaye abführte. Auch andere Staatsgefangene, wie Floquet,
der Cardinal de Retz, weilten in dem Schlosse.
Anstossend an dasselbe eröffnet sich mit wirksamem Contrast
die einladende Promenade Cours Saint-Pierre und in ihrer Verlänge-
rung der Cours Saint-André; zwischen beiden liegt der Platz
Louis XVI. Die Standbilder Anna von Bretagne, Arthur III., du
Guesclin und Olivier de Clisson zieren die schönen Baum- und Blu-
menanlagen, im Centrum des Platzes aber erhebt sich eine 28 m hohe
Säule mit der Statue des unglücklichen Königs Ludwig XVI.
Nächst dem Platze gewahrt man den hohen Bau der gothischen
Kathedrale mit den beiden massigen Thürmen von 63 m Höhe. Das
interessante Gebäude ruht auf alten Fundamenten. Schon gegen Ende
des III. Jahrhunderts stand dort die erste Kathedrale von Nantes,
welche um das Jahr 570 durch den heil. Felix in eine Basilica um-
74*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/607>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.