belebte den Handel von Neuem. Aber diese Wasserstrasse genügt schon lange nicht mehr den gesteigerten Anforderungen des modernen Verkehres, und der "Canal des Deux Mers", ein Seeschiffahrtscanal zwischen Bordeaux und Narbonne, mit welchem man sich besonders stark zu der Zeit beschäftigte, als die Deutschen an den Bau ihres Nord-Ostsee-Canales gingen, wurde als Project schon ziemlich bald begraben. Das heutige Handelsgebiet Bordeaux' ist gegen das Land hin hauptsächlich auf den Südwesten Frankreichs beschränkt.
Im überseeischen Verkehre bestehen die lebhaftesten Handels- beziehungen mit Grossbritannien, Spanien, Senegambien, den La Plata-Staaten, Westindien, Mexico und den Ländern, welche das caraibische Meer begrenzen. Den Küstenhandel endlich beschäftigt der Verkehr mit den grossen Häfen Nordfrankreichs, mit Nantes, Marseille und selbstverständlich mit den benachbarten Plätzen.
Bordeaux ist heute dem Werthe und dem Umfange seines Ver- kehres nach der dritte Hafen Frankreichs; vier Fünftel seiner Ausfuhr sind französischen Ursprungs, und ein ebenso grosser Theil seiner Einfuhr ist für den Verbrauch in Frankreich bestimmt.
Die Grundlage seines Handels ist der Weinbau an der Gironde.
Schon die gallischen Biturger haben den Weinbau betrieben, und als ihn dann am Ende des III. Jahrhunderts Kaiser Probus überall ausserhalb Italien gestattete, nahm er sofort einen neuen Aufschwung.
Im Laufe des Mittelalters entwickelte er sich derart, dass man schon im Jahre 1372 im Hafen von Bordeaux 200 Schiffe mit Weingebinden befrachtete. Heute geht über Bordeaux weit mehr als die Hälfte der Weinausfuhr Frankreichs, und Frankreich ist doch für Wein der erste Ausfuhrstaat der Welt. Hier wachsen aber auch im Medoc, der Landspitze zwischen dem linken Ufer der Gironde und dem Golfe de Gascogne, die berühmten Rothweine: Chateau Lafitte, Chateau Mar- gaux, Chateau Latour und Haut-Brion, und in Bordeaux steht die Kellerwirth- schaft auf einer selbst für Frankreich selten hohen Stufe.
Der Ertrag der Ernte des südwestlichen Frankreichs entscheidet in viel- facher Beziehung den Gang des Handels von Bordeaux für das nächste Jahr.
Der Weinhandel Bordeaux' betrug:
[Tabelle]
Vorrath am 1. Januar 1888 2,017.116 hl, am 31. December 1888 1,715.624 hl.
Für das Jahr 1889 wird die Weinausfuhr ins Ausland mit 1,105.911 hl in Fässern und 79.408 hl in Flaschen, die Einfuhr mit 1,763.260 hl angegeben.
Es ist bekannt, dass seit den Verwüstungen der Phylloxera der Wein- handel von Bordeaux nicht mehr im Stande ist, aus dem Inlande jene Menge von Rothwein zu beziehen, welche seine Abnehmer in allen Theilen der Erde bei ihm bestellen.
Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 73
Bordeaux.
belebte den Handel von Neuem. Aber diese Wasserstrasse genügt schon lange nicht mehr den gesteigerten Anforderungen des modernen Verkehres, und der „Canal des Deux Mers“, ein Seeschiffahrtscanal zwischen Bordeaux und Narbonne, mit welchem man sich besonders stark zu der Zeit beschäftigte, als die Deutschen an den Bau ihres Nord-Ostsee-Canales gingen, wurde als Project schon ziemlich bald begraben. Das heutige Handelsgebiet Bordeaux’ ist gegen das Land hin hauptsächlich auf den Südwesten Frankreichs beschränkt.
Im überseeischen Verkehre bestehen die lebhaftesten Handels- beziehungen mit Grossbritannien, Spanien, Senegambien, den La Plata-Staaten, Westindien, Mexico und den Ländern, welche das caraibische Meer begrenzen. Den Küstenhandel endlich beschäftigt der Verkehr mit den grossen Häfen Nordfrankreichs, mit Nantes, Marseille und selbstverständlich mit den benachbarten Plätzen.
Bordeaux ist heute dem Werthe und dem Umfange seines Ver- kehres nach der dritte Hafen Frankreichs; vier Fünftel seiner Ausfuhr sind französischen Ursprungs, und ein ebenso grosser Theil seiner Einfuhr ist für den Verbrauch in Frankreich bestimmt.
Die Grundlage seines Handels ist der Weinbau an der Gironde.
Schon die gallischen Biturger haben den Weinbau betrieben, und als ihn dann am Ende des III. Jahrhunderts Kaiser Probus überall ausserhalb Italien gestattete, nahm er sofort einen neuen Aufschwung.
Im Laufe des Mittelalters entwickelte er sich derart, dass man schon im Jahre 1372 im Hafen von Bordeaux 200 Schiffe mit Weingebinden befrachtete. Heute geht über Bordeaux weit mehr als die Hälfte der Weinausfuhr Frankreichs, und Frankreich ist doch für Wein der erste Ausfuhrstaat der Welt. Hier wachsen aber auch im Médoc, der Landspitze zwischen dem linken Ufer der Gironde und dem Golfe de Gascogne, die berühmten Rothweine: Chateau Lafitte, Chateau Mar- gaux, Chateau Latour und Haut-Brion, und in Bordeaux steht die Kellerwirth- schaft auf einer selbst für Frankreich selten hohen Stufe.
Der Ertrag der Ernte des südwestlichen Frankreichs entscheidet in viel- facher Beziehung den Gang des Handels von Bordeaux für das nächste Jahr.
Der Weinhandel Bordeaux’ betrug:
[Tabelle]
Vorrath am 1. Januar 1888 2,017.116 hl, am 31. December 1888 1,715.624 hl.
Für das Jahr 1889 wird die Weinausfuhr ins Ausland mit 1,105.911 hl in Fässern und 79.408 hl in Flaschen, die Einfuhr mit 1,763.260 hl angegeben.
Es ist bekannt, dass seit den Verwüstungen der Phylloxera der Wein- handel von Bordeaux nicht mehr im Stande ist, aus dem Inlande jene Menge von Rothwein zu beziehen, welche seine Abnehmer in allen Theilen der Erde bei ihm bestellen.
Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 73
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Bordeaux.
belebte den Handel von Neuem. Aber diese Wasserstrasse genügt
schon lange nicht mehr den gesteigerten Anforderungen des modernen
Verkehres, und der „Canal des Deux Mers“, ein Seeschiffahrtscanal
zwischen Bordeaux und Narbonne, mit welchem man sich besonders
stark zu der Zeit beschäftigte, als die Deutschen an den Bau ihres
Nord-Ostsee-Canales gingen, wurde als Project schon ziemlich bald
begraben. Das heutige Handelsgebiet Bordeaux’ ist gegen das Land
hin hauptsächlich auf den Südwesten Frankreichs beschränkt.
Im überseeischen Verkehre bestehen die lebhaftesten Handels-
beziehungen mit Grossbritannien, Spanien, Senegambien, den La
Plata-Staaten, Westindien, Mexico und den Ländern, welche das
caraibische Meer begrenzen. Den Küstenhandel endlich beschäftigt
der Verkehr mit den grossen Häfen Nordfrankreichs, mit Nantes,
Marseille und selbstverständlich mit den benachbarten Plätzen.
Bordeaux ist heute dem Werthe und dem Umfange seines Ver-
kehres nach der dritte Hafen Frankreichs; vier Fünftel seiner
Ausfuhr sind französischen Ursprungs, und ein ebenso grosser Theil
seiner Einfuhr ist für den Verbrauch in Frankreich bestimmt.
Die Grundlage seines Handels ist der Weinbau an der Gironde.
Schon die gallischen Biturger haben den Weinbau betrieben, und als ihn
dann am Ende des III. Jahrhunderts Kaiser Probus überall ausserhalb Italien
gestattete, nahm er sofort einen neuen Aufschwung.
Im Laufe des Mittelalters entwickelte er sich derart, dass man schon im
Jahre 1372 im Hafen von Bordeaux 200 Schiffe mit Weingebinden befrachtete.
Heute geht über Bordeaux weit mehr als die Hälfte der Weinausfuhr Frankreichs,
und Frankreich ist doch für Wein der erste Ausfuhrstaat der Welt. Hier wachsen
aber auch im Médoc, der Landspitze zwischen dem linken Ufer der Gironde und
dem Golfe de Gascogne, die berühmten Rothweine: Chateau Lafitte, Chateau Mar-
gaux, Chateau Latour und Haut-Brion, und in Bordeaux steht die Kellerwirth-
schaft auf einer selbst für Frankreich selten hohen Stufe.
Der Ertrag der Ernte des südwestlichen Frankreichs entscheidet in viel-
facher Beziehung den Gang des Handels von Bordeaux für das nächste Jahr.
Der Weinhandel Bordeaux’ betrug:
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Vorrath am 1. Januar 1888 2,017.116 hl, am 31. December 1888 1,715.624 hl.
Für das Jahr 1889 wird die Weinausfuhr ins Ausland mit 1,105.911 hl in
Fässern und 79.408 hl in Flaschen, die Einfuhr mit 1,763.260 hl angegeben.
Es ist bekannt, dass seit den Verwüstungen der Phylloxera der Wein-
handel von Bordeaux nicht mehr im Stande ist, aus dem Inlande jene Menge von
Rothwein zu beziehen, welche seine Abnehmer in allen Theilen der Erde bei ihm
bestellen.
Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 73
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/597>, abgerufen am 22.11.2024.
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