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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Sevilla.

Wie unser Plan zeigt, ist die Stadt von einem Netze enger, oft
gewundener Strassen und Gässchen durchzogen, welche im Sommer
durch Ausschliessung der Sonnenstrahlen eine angenehme Kühle be-
wahren. Hohe weissgetünchte Häuserfronten, meist vergitterte Fenster,
über welchen im Sommer luftige Zelte flattern, bilden die Charakteristik
der Gassen.

Das Klima ist so trocken und conservirend, dass noch heute
die besten maurischen Bauten, darunter viele Wohnhäuser, von der
Zeit fast unberührt geblieben sind. Ihre Einrichtung ist reizend und
überging deshalb in den Baustyl der später entstandenen Häuser.
Diese haben einen offenen, schöngepflasterten Hofraum (patio), den
gedeckte Säulengänge (corredores) einfassen und Blumen und ein
Springbrunnen (fuente) zieren. Im Sommer ist dieser Raum durch
ein Zeltdach (toldo) geschützt und bildet das Wohngemach der
Familie.

Häufig findet man an Gebäuden die alte Stadtmarke von Se-
villa theils eingemeisselt, gemalt oder erhaben ausgeführt. Sie war
eine sinnreiche Auszeichnung der Stadt und ist als handelsgeschicht-
liche Erinnerung auch heute noch nicht uninteressant.

Als St. Ferdinand der Eroberer gestorben war, brach ein Bürger-
krieg in Spanien aus, indem das Land gegen Alonso el Sabio, den
Sohn und Nachfolger Ferdinands, sich erklärte. Von allen Städten war nur
Sevilla dem neuen Herrscher treu geblieben. Zu den Privilegien, welche
Alonso der Stadt als Anerkennung für ihre Treue gewährte, zählte
auch die erwähnte Marke, welche durch NO 8 DO dargestellt, ge-
wöhnlich El Nodo (der Knoten) genannt wird. Die Zeichen bedeuten
indes: "No m'ha dexado" das heisst: Sie (die Stadt) hat mich nicht
verlassen. Madexa, vom gothischen Madaxa abgeleitet, hiess nämlich
im Altspanischen der Knoten (nodo), welcher in der Marke durch 8
dargestellt erscheint.

Interessant ist, dass Alonso, gewiss ohne es beabsichtigt zu
haben, die uralte phönikische Handelsmarke 8 -- nodus Herculis --
welche die Echtheit des Inhaltes jedes Waarenballens ausdrückte,
als Auszeichnung für die Stadt gewählt hatte. Die phönikische Marke
8 war auch das Symbol des Friedens, des Handels und des Gottes
der Diebe. Die Griechen vereinigten sie bekanntlich in dem heral-
dischen Doppelornament des Mercurstabes.

Sevilla zählte beim letzten Census (31. December 1887) 143.182
Einwohner. Die Stadt ist der Sitz eines Erzbisthumes mit Weih-
bischöfen in Cadiz, Malaga, Ceuta und auf den canarischen Inseln

Sevilla.

Wie unser Plan zeigt, ist die Stadt von einem Netze enger, oft
gewundener Strassen und Gässchen durchzogen, welche im Sommer
durch Ausschliessung der Sonnenstrahlen eine angenehme Kühle be-
wahren. Hohe weissgetünchte Häuserfronten, meist vergitterte Fenster,
über welchen im Sommer luftige Zelte flattern, bilden die Charakteristik
der Gassen.

Das Klima ist so trocken und conservirend, dass noch heute
die besten maurischen Bauten, darunter viele Wohnhäuser, von der
Zeit fast unberührt geblieben sind. Ihre Einrichtung ist reizend und
überging deshalb in den Baustyl der später entstandenen Häuser.
Diese haben einen offenen, schöngepflasterten Hofraum (patio), den
gedeckte Säulengänge (corredores) einfassen und Blumen und ein
Springbrunnen (fuente) zieren. Im Sommer ist dieser Raum durch
ein Zeltdach (toldo) geschützt und bildet das Wohngemach der
Familie.

Häufig findet man an Gebäuden die alte Stadtmarke von Se-
villa theils eingemeisselt, gemalt oder erhaben ausgeführt. Sie war
eine sinnreiche Auszeichnung der Stadt und ist als handelsgeschicht-
liche Erinnerung auch heute noch nicht uninteressant.

Als St. Ferdinand der Eroberer gestorben war, brach ein Bürger-
krieg in Spanien aus, indem das Land gegen Alonso el Sabio, den
Sohn und Nachfolger Ferdinands, sich erklärte. Von allen Städten war nur
Sevilla dem neuen Herrscher treu geblieben. Zu den Privilegien, welche
Alonso der Stadt als Anerkennung für ihre Treue gewährte, zählte
auch die erwähnte Marke, welche durch NO 8 DO dargestellt, ge-
wöhnlich El Nodo (der Knoten) genannt wird. Die Zeichen bedeuten
indes: „No m’ha dexado“ das heisst: Sie (die Stadt) hat mich nicht
verlassen. Madexa, vom gothischen Madaxa abgeleitet, hiess nämlich
im Altspanischen der Knoten (nodo), welcher in der Marke durch 8
dargestellt erscheint.

Interessant ist, dass Alonso, gewiss ohne es beabsichtigt zu
haben, die uralte phönikische Handelsmarke 8 — nodus Herculis —
welche die Echtheit des Inhaltes jedes Waarenballens ausdrückte,
als Auszeichnung für die Stadt gewählt hatte. Die phönikische Marke
8 war auch das Symbol des Friedens, des Handels und des Gottes
der Diebe. Die Griechen vereinigten sie bekanntlich in dem heral-
dischen Doppelornament des Mercurstabes.

Sevilla zählte beim letzten Census (31. December 1887) 143.182
Einwohner. Die Stadt ist der Sitz eines Erzbisthumes mit Weih-
bischöfen in Cádiz, Málaga, Ceuta und auf den canarischen Inseln

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[511/0531] Sevilla. Wie unser Plan zeigt, ist die Stadt von einem Netze enger, oft gewundener Strassen und Gässchen durchzogen, welche im Sommer durch Ausschliessung der Sonnenstrahlen eine angenehme Kühle be- wahren. Hohe weissgetünchte Häuserfronten, meist vergitterte Fenster, über welchen im Sommer luftige Zelte flattern, bilden die Charakteristik der Gassen. Das Klima ist so trocken und conservirend, dass noch heute die besten maurischen Bauten, darunter viele Wohnhäuser, von der Zeit fast unberührt geblieben sind. Ihre Einrichtung ist reizend und überging deshalb in den Baustyl der später entstandenen Häuser. Diese haben einen offenen, schöngepflasterten Hofraum (patio), den gedeckte Säulengänge (corredores) einfassen und Blumen und ein Springbrunnen (fuente) zieren. Im Sommer ist dieser Raum durch ein Zeltdach (toldo) geschützt und bildet das Wohngemach der Familie. Häufig findet man an Gebäuden die alte Stadtmarke von Se- villa theils eingemeisselt, gemalt oder erhaben ausgeführt. Sie war eine sinnreiche Auszeichnung der Stadt und ist als handelsgeschicht- liche Erinnerung auch heute noch nicht uninteressant. Als St. Ferdinand der Eroberer gestorben war, brach ein Bürger- krieg in Spanien aus, indem das Land gegen Alonso el Sabio, den Sohn und Nachfolger Ferdinands, sich erklärte. Von allen Städten war nur Sevilla dem neuen Herrscher treu geblieben. Zu den Privilegien, welche Alonso der Stadt als Anerkennung für ihre Treue gewährte, zählte auch die erwähnte Marke, welche durch NO 8 DO dargestellt, ge- wöhnlich El Nodo (der Knoten) genannt wird. Die Zeichen bedeuten indes: „No m’ha dexado“ das heisst: Sie (die Stadt) hat mich nicht verlassen. Madexa, vom gothischen Madaxa abgeleitet, hiess nämlich im Altspanischen der Knoten (nodo), welcher in der Marke durch 8 dargestellt erscheint. Interessant ist, dass Alonso, gewiss ohne es beabsichtigt zu haben, die uralte phönikische Handelsmarke 8 — nodus Herculis — welche die Echtheit des Inhaltes jedes Waarenballens ausdrückte, als Auszeichnung für die Stadt gewählt hatte. Die phönikische Marke 8 war auch das Symbol des Friedens, des Handels und des Gottes der Diebe. Die Griechen vereinigten sie bekanntlich in dem heral- dischen Doppelornament des Mercurstabes. Sevilla zählte beim letzten Census (31. December 1887) 143.182 Einwohner. Die Stadt ist der Sitz eines Erzbisthumes mit Weih- bischöfen in Cádiz, Málaga, Ceuta und auf den canarischen Inseln

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/531>, abgerufen am 22.11.2024.