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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Gibraltar.
Schiff kann sich durch internationale Flaggensignale verständigen und
seine Nachrichten befördern lassen, von welcher Wohlthat durch die
Interessenten der Schiffahrt und des Handels auch ausgiebig Gebrauch
gemacht wird.

Südlich der Signalstation erhebt sich die Felsspitze Breakneck-
Stairs bis zur Höhe von 425 m, die bedeutendste des Felsens.

Hier und auf den steilen Klüftungen des östlichen Abfalles
haust eine besondere Gattung schwanzloser Affen, die einzigen frei
lebenden Vertreter dieser possierlichen Vierhänder in Europa, welche
übrigens nebenbei bemerkt durch strenge Gesetze gegen jewede Ver-
folgung geschützt sind.

Unwillkürlich zieht bei Betrachtung des seltsamen Berges und seiner An-
lagen ein Stück Weltgeschichte in das Gedächtniss des Beschauers. Die Merk-
male, dass Gibraltar, der Mons Calpe der Alten, einst eine römische Colonie
gewesen, sind allerdings verwischt, aber noch heute besteht über der Stadt das
von Tarik (710) erbaute maurische Castell, nach welchem auch der jetzige Name
Dschebel al Tarik (Berg des Tarik) als maurische Bezeichnung für Gibraltar ent-
standen ist.

Der Ausblick von der beherrschenden Höhe ist geradezu überzeugend von
dem dominirenden Einflusse, den ihr Besitz auf die Verhältnisse der Meerenge
und die umliegenden Gebiete zu üben berufen ist.

Es ist erklärlich, dass die Mauren, welche mit kurzen Unterbrechungen fast
sieben Jahrhunderte Gibraltar inne hatten, nur nach erbitterten Kämpfen gegen
die Spanier den Stützpunkt für ihre Expansion in Europa aufgaben.

Ebenso lag es im Drange der Zeiten, dass erbitterte Kämpfe zwischen den
Culturstaaten um den Besitz dieses Schlüsselpunktes für die Beherrschung der
Strasse von Gibraltar ausgefochten werden mussten.

Gibraltar gelangte im spanischen Erbfolgekriege am 17. Juli 1704 in eng-
lischen Besitz, und die Briten wussten denselben trotz der Anfechtungen Spaniens
und Frankreichs zu behaupten. Denkwürdig ist die grosse, aber erfolglose Bela-
gerung der Felsenfeste durch die Flotten der genannten Gegner während der
Jahre 1779 bis 1781.

Finster blicken mächtige Geschütze aus den dunklen Höhlen
der berühmten Felsengallerien oder hinter Panzerwehren gegen Land
und See. Noli me tangere scheinen sie drohend zu rufen.

Aber fast ein Jahrhundert ist verflossen, seit die ehernen Schlünde
schweigen, und wie immer man heutzutage über den strategischen
Werth des Besitzes von Gibraltar denken mag -- eines bleibt gewiss
-- die unschätzbare Bedeutung wird diesem Platze auch in kom-
menden Zeiten gewahrt bleiben als erster und letzter Etape für den
stets zunehmenden Seeverkehr zwischen dem Mittelmeere und dem
Atlantischen Ocean, als Handelsplatz nach Südspanien und Marokko,
und als Station der Engländer auf dem Wege nach Indien.


Gibraltar.
Schiff kann sich durch internationale Flaggensignale verständigen und
seine Nachrichten befördern lassen, von welcher Wohlthat durch die
Interessenten der Schiffahrt und des Handels auch ausgiebig Gebrauch
gemacht wird.

Südlich der Signalstation erhebt sich die Felsspitze Breakneck-
Stairs bis zur Höhe von 425 m, die bedeutendste des Felsens.

Hier und auf den steilen Klüftungen des östlichen Abfalles
haust eine besondere Gattung schwanzloser Affen, die einzigen frei
lebenden Vertreter dieser possierlichen Vierhänder in Europa, welche
übrigens nebenbei bemerkt durch strenge Gesetze gegen jewede Ver-
folgung geschützt sind.

Unwillkürlich zieht bei Betrachtung des seltsamen Berges und seiner An-
lagen ein Stück Weltgeschichte in das Gedächtniss des Beschauers. Die Merk-
male, dass Gibraltar, der Mons Calpe der Alten, einst eine römische Colonie
gewesen, sind allerdings verwischt, aber noch heute besteht über der Stadt das
von Tarik (710) erbaute maurische Castell, nach welchem auch der jetzige Name
Dschebel al Tarik (Berg des Tarik) als maurische Bezeichnung für Gibraltar ent-
standen ist.

Der Ausblick von der beherrschenden Höhe ist geradezu überzeugend von
dem dominirenden Einflusse, den ihr Besitz auf die Verhältnisse der Meerenge
und die umliegenden Gebiete zu üben berufen ist.

Es ist erklärlich, dass die Mauren, welche mit kurzen Unterbrechungen fast
sieben Jahrhunderte Gibraltar inne hatten, nur nach erbitterten Kämpfen gegen
die Spanier den Stützpunkt für ihre Expansion in Europa aufgaben.

Ebenso lag es im Drange der Zeiten, dass erbitterte Kämpfe zwischen den
Culturstaaten um den Besitz dieses Schlüsselpunktes für die Beherrschung der
Strasse von Gibraltar ausgefochten werden mussten.

Gibraltar gelangte im spanischen Erbfolgekriege am 17. Juli 1704 in eng-
lischen Besitz, und die Briten wussten denselben trotz der Anfechtungen Spaniens
und Frankreichs zu behaupten. Denkwürdig ist die grosse, aber erfolglose Bela-
gerung der Felsenfeste durch die Flotten der genannten Gegner während der
Jahre 1779 bis 1781.

Finster blicken mächtige Geschütze aus den dunklen Höhlen
der berühmten Felsengallerien oder hinter Panzerwehren gegen Land
und See. Noli me tangere scheinen sie drohend zu rufen.

Aber fast ein Jahrhundert ist verflossen, seit die ehernen Schlünde
schweigen, und wie immer man heutzutage über den strategischen
Werth des Besitzes von Gibraltar denken mag — eines bleibt gewiss
— die unschätzbare Bedeutung wird diesem Platze auch in kom-
menden Zeiten gewahrt bleiben als erster und letzter Etape für den
stets zunehmenden Seeverkehr zwischen dem Mittelmeere und dem
Atlantischen Ocean, als Handelsplatz nach Südspanien und Marokko,
und als Station der Engländer auf dem Wege nach Indien.


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[487/0507] Gibraltar. Schiff kann sich durch internationale Flaggensignale verständigen und seine Nachrichten befördern lassen, von welcher Wohlthat durch die Interessenten der Schiffahrt und des Handels auch ausgiebig Gebrauch gemacht wird. Südlich der Signalstation erhebt sich die Felsspitze Breakneck- Stairs bis zur Höhe von 425 m, die bedeutendste des Felsens. Hier und auf den steilen Klüftungen des östlichen Abfalles haust eine besondere Gattung schwanzloser Affen, die einzigen frei lebenden Vertreter dieser possierlichen Vierhänder in Europa, welche übrigens nebenbei bemerkt durch strenge Gesetze gegen jewede Ver- folgung geschützt sind. Unwillkürlich zieht bei Betrachtung des seltsamen Berges und seiner An- lagen ein Stück Weltgeschichte in das Gedächtniss des Beschauers. Die Merk- male, dass Gibraltar, der Mons Calpe der Alten, einst eine römische Colonie gewesen, sind allerdings verwischt, aber noch heute besteht über der Stadt das von Tarik (710) erbaute maurische Castell, nach welchem auch der jetzige Name Dschebel al Tarik (Berg des Tarik) als maurische Bezeichnung für Gibraltar ent- standen ist. Der Ausblick von der beherrschenden Höhe ist geradezu überzeugend von dem dominirenden Einflusse, den ihr Besitz auf die Verhältnisse der Meerenge und die umliegenden Gebiete zu üben berufen ist. Es ist erklärlich, dass die Mauren, welche mit kurzen Unterbrechungen fast sieben Jahrhunderte Gibraltar inne hatten, nur nach erbitterten Kämpfen gegen die Spanier den Stützpunkt für ihre Expansion in Europa aufgaben. Ebenso lag es im Drange der Zeiten, dass erbitterte Kämpfe zwischen den Culturstaaten um den Besitz dieses Schlüsselpunktes für die Beherrschung der Strasse von Gibraltar ausgefochten werden mussten. Gibraltar gelangte im spanischen Erbfolgekriege am 17. Juli 1704 in eng- lischen Besitz, und die Briten wussten denselben trotz der Anfechtungen Spaniens und Frankreichs zu behaupten. Denkwürdig ist die grosse, aber erfolglose Bela- gerung der Felsenfeste durch die Flotten der genannten Gegner während der Jahre 1779 bis 1781. Finster blicken mächtige Geschütze aus den dunklen Höhlen der berühmten Felsengallerien oder hinter Panzerwehren gegen Land und See. Noli me tangere scheinen sie drohend zu rufen. Aber fast ein Jahrhundert ist verflossen, seit die ehernen Schlünde schweigen, und wie immer man heutzutage über den strategischen Werth des Besitzes von Gibraltar denken mag — eines bleibt gewiss — die unschätzbare Bedeutung wird diesem Platze auch in kom- menden Zeiten gewahrt bleiben als erster und letzter Etape für den stets zunehmenden Seeverkehr zwischen dem Mittelmeere und dem Atlantischen Ocean, als Handelsplatz nach Südspanien und Marokko, und als Station der Engländer auf dem Wege nach Indien.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/507>, abgerufen am 22.11.2024.