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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
mit den Producten der europäischen Industrie in nicht minder ge-
schmackvollen Auslagen und Schaufenstern.

Die eigentliche Maurenstadt tritt in den Hintergrund; würde sie
nicht vorwitzig ihr weisses Haupt erheben und über die Dächer der
Neustadt hinüberragen, so würde man sie kaum gewahr werden. Ein
Gang durch die steilen, öden, schmalen und finsteren Gässchen, welche
sie wie ein Labyrinth ganz durchziehen, lohnt kaum der Mühe und
Anstrengung, es wäre denn, man wollte von den Höhen der Kasbah
die Fernsicht geniessen.

Lohnender ist es, den auch schon hoch gelegenen Markt Place
de Chartres zu besuchen. Nicht nur das Volk der Verkäufer fesselt
unser Interesse, sondern auch die mannigfaltigen Waaren, die alles
umfassen, was Algerien an Reichthum und Abwechslung hervorzu-
bringen im Stande ist; überrascht bewundert man die Fülle unge-
wohnter Früchte und herrlicher Blumen. Unter den nahezu 75.000
Einwohnern Algiers repräsentiren die Eingeborenen des Landes, circa
17.000, nur mehr einen geringen Theil, während das französische
Bevölkerungselement mit circa 24.000 den ersteren bereits weit über-
flügelte. Den Rest der Bewohner bilden 8500 naturalisirte Juden und
25.000 Angehörige vieler Länder und Stämme, unter denen die Mal-
teser neben den Juden als besonders rührige Geschäftsleute gelten.

Während für die Bekenner des Islam gesonderte Obrigkeiten
bestehen, die einer behördlichen Controle unterliegen, herrscht für
alle übrigen Bewohner nur das französische Staatsrecht, deshalb ist
auch Algier durch sechs Abgeordnete in der Deputirtenkammer Frank-
reichs vertreten.

Die Zunahme der europäischen Bevölkerung, welche zu nicht
geringem Theile dem Umstande zuzuschreiben ist, dass Algier eine
Militärcolonie darstellt, hat die Errichtung zahlreicher höherer Lehr-
anstalten hervorgerufen.

Algier besitzt eine Militärakademie, vier Hochschulen, nämlich
je eine für die Rechte, für Medicin und Pharmacie, für mathemati-
sche und Naturwissenschaften, für die Literatur mit einer orientali-
schen Section und einem öffentlichen Curse für die arabische Sprache.
Für die Muhamedaner besteht hier eine Medrassa.

Die Stadt hat zwei Theater, und viele französische und auch
arabische Journale erscheinen hier.

Auch die wohleingerichteten und in reicher Zahl vorhandenen
Bäder verdienen der Erwähnung.


Das Mittelmeerbecken.
mit den Producten der europäischen Industrie in nicht minder ge-
schmackvollen Auslagen und Schaufenstern.

Die eigentliche Maurenstadt tritt in den Hintergrund; würde sie
nicht vorwitzig ihr weisses Haupt erheben und über die Dächer der
Neustadt hinüberragen, so würde man sie kaum gewahr werden. Ein
Gang durch die steilen, öden, schmalen und finsteren Gässchen, welche
sie wie ein Labyrinth ganz durchziehen, lohnt kaum der Mühe und
Anstrengung, es wäre denn, man wollte von den Höhen der Kasbah
die Fernsicht geniessen.

Lohnender ist es, den auch schon hoch gelegenen Markt Place
de Chartres zu besuchen. Nicht nur das Volk der Verkäufer fesselt
unser Interesse, sondern auch die mannigfaltigen Waaren, die alles
umfassen, was Algerien an Reichthum und Abwechslung hervorzu-
bringen im Stande ist; überrascht bewundert man die Fülle unge-
wohnter Früchte und herrlicher Blumen. Unter den nahezu 75.000
Einwohnern Algiers repräsentiren die Eingeborenen des Landes, circa
17.000, nur mehr einen geringen Theil, während das französische
Bevölkerungselement mit circa 24.000 den ersteren bereits weit über-
flügelte. Den Rest der Bewohner bilden 8500 naturalisirte Juden und
25.000 Angehörige vieler Länder und Stämme, unter denen die Mal-
teser neben den Juden als besonders rührige Geschäftsleute gelten.

Während für die Bekenner des Islam gesonderte Obrigkeiten
bestehen, die einer behördlichen Controle unterliegen, herrscht für
alle übrigen Bewohner nur das französische Staatsrecht, deshalb ist
auch Algier durch sechs Abgeordnete in der Deputirtenkammer Frank-
reichs vertreten.

Die Zunahme der europäischen Bevölkerung, welche zu nicht
geringem Theile dem Umstande zuzuschreiben ist, dass Algier eine
Militärcolonie darstellt, hat die Errichtung zahlreicher höherer Lehr-
anstalten hervorgerufen.

Algier besitzt eine Militärakademie, vier Hochschulen, nämlich
je eine für die Rechte, für Medicin und Pharmacie, für mathemati-
sche und Naturwissenschaften, für die Literatur mit einer orientali-
schen Section und einem öffentlichen Curse für die arabische Sprache.
Für die Muhamedaner besteht hier eine Medrassa.

Die Stadt hat zwei Theater, und viele französische und auch
arabische Journale erscheinen hier.

Auch die wohleingerichteten und in reicher Zahl vorhandenen
Bäder verdienen der Erwähnung.


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[426/0446] Das Mittelmeerbecken. mit den Producten der europäischen Industrie in nicht minder ge- schmackvollen Auslagen und Schaufenstern. Die eigentliche Maurenstadt tritt in den Hintergrund; würde sie nicht vorwitzig ihr weisses Haupt erheben und über die Dächer der Neustadt hinüberragen, so würde man sie kaum gewahr werden. Ein Gang durch die steilen, öden, schmalen und finsteren Gässchen, welche sie wie ein Labyrinth ganz durchziehen, lohnt kaum der Mühe und Anstrengung, es wäre denn, man wollte von den Höhen der Kasbah die Fernsicht geniessen. Lohnender ist es, den auch schon hoch gelegenen Markt Place de Chartres zu besuchen. Nicht nur das Volk der Verkäufer fesselt unser Interesse, sondern auch die mannigfaltigen Waaren, die alles umfassen, was Algerien an Reichthum und Abwechslung hervorzu- bringen im Stande ist; überrascht bewundert man die Fülle unge- wohnter Früchte und herrlicher Blumen. Unter den nahezu 75.000 Einwohnern Algiers repräsentiren die Eingeborenen des Landes, circa 17.000, nur mehr einen geringen Theil, während das französische Bevölkerungselement mit circa 24.000 den ersteren bereits weit über- flügelte. Den Rest der Bewohner bilden 8500 naturalisirte Juden und 25.000 Angehörige vieler Länder und Stämme, unter denen die Mal- teser neben den Juden als besonders rührige Geschäftsleute gelten. Während für die Bekenner des Islam gesonderte Obrigkeiten bestehen, die einer behördlichen Controle unterliegen, herrscht für alle übrigen Bewohner nur das französische Staatsrecht, deshalb ist auch Algier durch sechs Abgeordnete in der Deputirtenkammer Frank- reichs vertreten. Die Zunahme der europäischen Bevölkerung, welche zu nicht geringem Theile dem Umstande zuzuschreiben ist, dass Algier eine Militärcolonie darstellt, hat die Errichtung zahlreicher höherer Lehr- anstalten hervorgerufen. Algier besitzt eine Militärakademie, vier Hochschulen, nämlich je eine für die Rechte, für Medicin und Pharmacie, für mathemati- sche und Naturwissenschaften, für die Literatur mit einer orientali- schen Section und einem öffentlichen Curse für die arabische Sprache. Für die Muhamedaner besteht hier eine Medrassa. Die Stadt hat zwei Theater, und viele französische und auch arabische Journale erscheinen hier. Auch die wohleingerichteten und in reicher Zahl vorhandenen Bäder verdienen der Erwähnung.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/446>, abgerufen am 25.11.2024.