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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
heiten und damit die Sicherung der Handelsinteressen des Staates
wurden im Jahre 1407 dem unaufhörlichen Wechsel der politischen
Verhältnisse durch die Gründung des Banco di S. Giorgio entrückt,
welcher das ganze Staatsschuldenwesen selbständig leitete, die als
Deckung erworbenen Abgaben und Einkünfte verwaltete, allmälig fast
das ganze genuesische Gebiet, darunter auch Corsica, pfandweise an
sich brachte und überall eine Territorialhoheit ausübte, wie etwa die
britisch-ostindische Compagnie.

Die Bank von St. Georg war ein Staat im Staate, und jede
politische Partei, welche die Oberhand gewonnen hatte, musste zuerst
deren Privilegien anerkennen. Im Jahre 1675 wurde sie zu einer
Girobank erweitert.

Nur einmal noch spielte Genua eine Rolle in der Politik, als
der edle Andreas Doria seine Geschicke lenkte. Der berühmte See-
held und treue Bundesgenosse Karl V. im Kampfe gegen die Fran-
zosen und gegen die Barbaren, welche durch ihre Seeräuberei die
Schiffahrt der christlichen Staaten zu vernichten suchten, erwarb durch
den Schutz des Kaisers 1529 dauernd den Hafen Savona für seine
Vaterstadt. Die damals drohende Gefahr, dass mit Hilfe der Fran-
zosen Savona der Rivale Genuas werde, war für immer beseitigt.

Doch der Glanz glich dem Aufblitzen eines Sternes und hatte
keine Dauer, das Scepter des Neptun und mit ihm die Weltherrschaft
waren in die Hände der atlantischen Staaten gefallen. Als Geld-
macht blieb wohl Genua noch lange von grosser Bedentung; hier
wohnten die grössten Gläubiger Philipp II. von Spanien. Aber
sein Handel sank immer tiefer und die Eroberung durch die Franzosen
im Jahre 1800 vernichtete die letzten Reste desselben. Die Vereini-
gung mit Frankreich brachte nicht die erhoffte Besserung und die
am 21. November 1806 gegen England angeordnete Sperre unter-
band vollständig die Entwicklung des Handels. Die Stadt lebte erst
allmälig auf, als sie 1815 an das Königreich Sardinien kam; sie
wurde in den Zwanzigerjahren ein wichtiger Getreideplatz und trieb
Handel bis Chile und Peru. Aber Livorno überflügelte bald Genua.
da in Toscana dem Handel nicht so viele Hindernisse in den Weg
gelegt wurden, wie in Sardinien.

Endlich erhielten die rührigen Kaufleute und Schiffsrheder
Genuas durch die freisinnige Handelspolitik, welche das Ministerium
Cavour in den Fünfzigerjahren einschlug, die lang ersehnte Freiheit
der Bewegung. Die Staatsverwaltung bemühte sich ihrerseits, die zahl-

Das Mittelmeerbecken.
heiten und damit die Sicherung der Handelsinteressen des Staates
wurden im Jahre 1407 dem unaufhörlichen Wechsel der politischen
Verhältnisse durch die Gründung des Banco di S. Giorgio entrückt,
welcher das ganze Staatsschuldenwesen selbständig leitete, die als
Deckung erworbenen Abgaben und Einkünfte verwaltete, allmälig fast
das ganze genuesische Gebiet, darunter auch Corsica, pfandweise an
sich brachte und überall eine Territorialhoheit ausübte, wie etwa die
britisch-ostindische Compagnie.

Die Bank von St. Georg war ein Staat im Staate, und jede
politische Partei, welche die Oberhand gewonnen hatte, musste zuerst
deren Privilegien anerkennen. Im Jahre 1675 wurde sie zu einer
Girobank erweitert.

Nur einmal noch spielte Genua eine Rolle in der Politik, als
der edle Andreas Doria seine Geschicke lenkte. Der berühmte See-
held und treue Bundesgenosse Karl V. im Kampfe gegen die Fran-
zosen und gegen die Barbaren, welche durch ihre Seeräuberei die
Schiffahrt der christlichen Staaten zu vernichten suchten, erwarb durch
den Schutz des Kaisers 1529 dauernd den Hafen Savona für seine
Vaterstadt. Die damals drohende Gefahr, dass mit Hilfe der Fran-
zosen Savona der Rivale Genuas werde, war für immer beseitigt.

Doch der Glanz glich dem Aufblitzen eines Sternes und hatte
keine Dauer, das Scepter des Neptun und mit ihm die Weltherrschaft
waren in die Hände der atlantischen Staaten gefallen. Als Geld-
macht blieb wohl Genua noch lange von grosser Bedentung; hier
wohnten die grössten Gläubiger Philipp II. von Spanien. Aber
sein Handel sank immer tiefer und die Eroberung durch die Franzosen
im Jahre 1800 vernichtete die letzten Reste desselben. Die Vereini-
gung mit Frankreich brachte nicht die erhoffte Besserung und die
am 21. November 1806 gegen England angeordnete Sperre unter-
band vollständig die Entwicklung des Handels. Die Stadt lebte erst
allmälig auf, als sie 1815 an das Königreich Sardinien kam; sie
wurde in den Zwanzigerjahren ein wichtiger Getreideplatz und trieb
Handel bis Chile und Peru. Aber Livorno überflügelte bald Genua.
da in Toscana dem Handel nicht so viele Hindernisse in den Weg
gelegt wurden, wie in Sardinien.

Endlich erhielten die rührigen Kaufleute und Schiffsrheder
Genuas durch die freisinnige Handelspolitik, welche das Ministerium
Cavour in den Fünfzigerjahren einschlug, die lang ersehnte Freiheit
der Bewegung. Die Staatsverwaltung bemühte sich ihrerseits, die zahl-

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[372/0392] Das Mittelmeerbecken. heiten und damit die Sicherung der Handelsinteressen des Staates wurden im Jahre 1407 dem unaufhörlichen Wechsel der politischen Verhältnisse durch die Gründung des Banco di S. Giorgio entrückt, welcher das ganze Staatsschuldenwesen selbständig leitete, die als Deckung erworbenen Abgaben und Einkünfte verwaltete, allmälig fast das ganze genuesische Gebiet, darunter auch Corsica, pfandweise an sich brachte und überall eine Territorialhoheit ausübte, wie etwa die britisch-ostindische Compagnie. Die Bank von St. Georg war ein Staat im Staate, und jede politische Partei, welche die Oberhand gewonnen hatte, musste zuerst deren Privilegien anerkennen. Im Jahre 1675 wurde sie zu einer Girobank erweitert. Nur einmal noch spielte Genua eine Rolle in der Politik, als der edle Andreas Doria seine Geschicke lenkte. Der berühmte See- held und treue Bundesgenosse Karl V. im Kampfe gegen die Fran- zosen und gegen die Barbaren, welche durch ihre Seeräuberei die Schiffahrt der christlichen Staaten zu vernichten suchten, erwarb durch den Schutz des Kaisers 1529 dauernd den Hafen Savona für seine Vaterstadt. Die damals drohende Gefahr, dass mit Hilfe der Fran- zosen Savona der Rivale Genuas werde, war für immer beseitigt. Doch der Glanz glich dem Aufblitzen eines Sternes und hatte keine Dauer, das Scepter des Neptun und mit ihm die Weltherrschaft waren in die Hände der atlantischen Staaten gefallen. Als Geld- macht blieb wohl Genua noch lange von grosser Bedentung; hier wohnten die grössten Gläubiger Philipp II. von Spanien. Aber sein Handel sank immer tiefer und die Eroberung durch die Franzosen im Jahre 1800 vernichtete die letzten Reste desselben. Die Vereini- gung mit Frankreich brachte nicht die erhoffte Besserung und die am 21. November 1806 gegen England angeordnete Sperre unter- band vollständig die Entwicklung des Handels. Die Stadt lebte erst allmälig auf, als sie 1815 an das Königreich Sardinien kam; sie wurde in den Zwanzigerjahren ein wichtiger Getreideplatz und trieb Handel bis Chile und Peru. Aber Livorno überflügelte bald Genua. da in Toscana dem Handel nicht so viele Hindernisse in den Weg gelegt wurden, wie in Sardinien. Endlich erhielten die rührigen Kaufleute und Schiffsrheder Genuas durch die freisinnige Handelspolitik, welche das Ministerium Cavour in den Fünfzigerjahren einschlug, die lang ersehnte Freiheit der Bewegung. Die Staatsverwaltung bemühte sich ihrerseits, die zahl-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/392>, abgerufen am 23.11.2024.