Meisters der ganzen Gegend, dessen Grollen Entsetzen und Schrecken verbreitet, bis an den Strand der Bucht von Castellamare, wo die liebliche Ebene, aus welcher die Vulcane einst entstiegen, durch die Höhen von Sorrento begrenzt ist. Auf der erwähnten Küstenstrecke lagern in behaglicher Ruhe und heiterem Sonnenschein die Orte St. Giovanni, Portici und Resina, letzteres direct auf dem im Jahre 79 v. Chr. im Lavastrom begrabenen Herculanum; nun folgt das 25.000 Einwohner zählende anmuthige Städtchen Torre del Greco, dessen Bewohner die Edel- koralle fischen und verarbeiten, und das etwas kleinere Torre dell' Annun- ziata; von diesem etwa 2 km östlich liegt das blossgelegte Ruinenfeld der einst blühenden Stadt Pompeji, das uns mit unerschöpflichem Reiz die Erscheinungen des altrömischen Lebens vorführt und die einzige Quelle ist, aus welcher wir die Kenntniss desselben schöpfen konnten.
Pompeji wurde im Jahre 79 v. Chr. (24. August) durch einen der furchtbarsten Ausbrüche des Vesuv unter Bimssteinblöcken, Asche und siedendem Schlamm begraben, nachdem der Vulcan Jahrhunderte lang geschlummert hatte. Dieselbe Katastrophe vernichtete auch das blühende Städtchen Stabiae, an dessen Stätte das heutige Castellamare (di Stabie), eine durch lebhaften Handel, Schiffahrt, den Bestand des grossartigen Seearsenales der italienischen Flotte und eine Fabrik für Brücken und Waggons ausgezeichnete Stadt von 33.000 Einwohnern, sich erhebt.
Mit einem Blicke übersieht man weiter rechts von dieser Stadt die bergige Halbinsel von Sorrento mit ihren schmucken Ortschaften, voran das auf steil zum Meere abfallenden Felsen liegende Städtchen Sorrento, dem seine üppigen Orangen- und Citronengärten den artigen Beinamen La Gentile eintrugen. Der Höhenzug endet mit dem felsigen Vorgebirge Punta di Campanella, das ehemals eine Signalstation trug, welche durch Glockengeläute das Nahen feindlicher, namentlich tür- kischer Flotten ankündigte, daher der Name Glockenspitze. Heute erhebt sich dort ein schöner Leuchtthurm.
Den äussersten Abschluss des Golfes bildet südlich die mit Oelbäumen und Rebenculturen bedeckte hohe Insel Capri, welche eine 4·5 km breite Wasserstrasse von der Punta Campanella trennt. Die charakteristische Form der an der Ostseite steil zum Meere abstür- zenden Insel mit ihrem centralen Felsendome Mte. Solaro (610 m) ist ebenso wie der Vesuv ein Merkzeichen des Golfes, das uns überall in den Gesichtskreis tritt. Capri ist gegenwärtig wohl die besuchteste aller nächstgelegenen Inseln, denn umgefähr 30.000 Touristen aus allen Theilen der Erde wallfahren alljährlich zu ihren schon im Alter-
Das Mittelmeerbecken.
Meisters der ganzen Gegend, dessen Grollen Entsetzen und Schrecken verbreitet, bis an den Strand der Bucht von Castellamare, wo die liebliche Ebene, aus welcher die Vulcane einst entstiegen, durch die Höhen von Sorrento begrenzt ist. Auf der erwähnten Küstenstrecke lagern in behaglicher Ruhe und heiterem Sonnenschein die Orte St. Giovanni, Portici und Resina, letzteres direct auf dem im Jahre 79 v. Chr. im Lavastrom begrabenen Herculanum; nun folgt das 25.000 Einwohner zählende anmuthige Städtchen Torre del Greco, dessen Bewohner die Edel- koralle fischen und verarbeiten, und das etwas kleinere Torre dell’ Annun- ziata; von diesem etwa 2 km östlich liegt das blossgelegte Ruinenfeld der einst blühenden Stadt Pompeji, das uns mit unerschöpflichem Reiz die Erscheinungen des altrömischen Lebens vorführt und die einzige Quelle ist, aus welcher wir die Kenntniss desselben schöpfen konnten.
Pompeji wurde im Jahre 79 v. Chr. (24. August) durch einen der furchtbarsten Ausbrüche des Vesuv unter Bimssteinblöcken, Asche und siedendem Schlamm begraben, nachdem der Vulcan Jahrhunderte lang geschlummert hatte. Dieselbe Katastrophe vernichtete auch das blühende Städtchen Stabiae, an dessen Stätte das heutige Castellamare (di Stabie), eine durch lebhaften Handel, Schiffahrt, den Bestand des grossartigen Seearsenales der italienischen Flotte und eine Fabrik für Brücken und Waggons ausgezeichnete Stadt von 33.000 Einwohnern, sich erhebt.
Mit einem Blicke übersieht man weiter rechts von dieser Stadt die bergige Halbinsel von Sorrento mit ihren schmucken Ortschaften, voran das auf steil zum Meere abfallenden Felsen liegende Städtchen Sorrento, dem seine üppigen Orangen- und Citronengärten den artigen Beinamen La Gentile eintrugen. Der Höhenzug endet mit dem felsigen Vorgebirge Punta di Campanella, das ehemals eine Signalstation trug, welche durch Glockengeläute das Nahen feindlicher, namentlich tür- kischer Flotten ankündigte, daher der Name Glockenspitze. Heute erhebt sich dort ein schöner Leuchtthurm.
Den äussersten Abschluss des Golfes bildet südlich die mit Oelbäumen und Rebenculturen bedeckte hohe Insel Capri, welche eine 4·5 km breite Wasserstrasse von der Punta Campanella trennt. Die charakteristische Form der an der Ostseite steil zum Meere abstür- zenden Insel mit ihrem centralen Felsendome Mte. Solaro (610 m) ist ebenso wie der Vesuv ein Merkzeichen des Golfes, das uns überall in den Gesichtskreis tritt. Capri ist gegenwärtig wohl die besuchteste aller nächstgelegenen Inseln, denn umgefähr 30.000 Touristen aus allen Theilen der Erde wallfahren alljährlich zu ihren schon im Alter-
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Das Mittelmeerbecken.
Meisters der ganzen Gegend, dessen Grollen Entsetzen und Schrecken
verbreitet, bis an den Strand der Bucht von Castellamare, wo die
liebliche Ebene, aus welcher die Vulcane einst entstiegen, durch die
Höhen von Sorrento begrenzt ist. Auf der erwähnten Küstenstrecke lagern
in behaglicher Ruhe und heiterem Sonnenschein die Orte St. Giovanni,
Portici und Resina, letzteres direct auf dem im Jahre 79 v. Chr. im
Lavastrom begrabenen Herculanum; nun folgt das 25.000 Einwohner
zählende anmuthige Städtchen Torre del Greco, dessen Bewohner die Edel-
koralle fischen und verarbeiten, und das etwas kleinere Torre dell’ Annun-
ziata; von diesem etwa 2 km östlich liegt das blossgelegte Ruinenfeld der
einst blühenden Stadt Pompeji, das uns mit unerschöpflichem Reiz die
Erscheinungen des altrömischen Lebens vorführt und die einzige Quelle
ist, aus welcher wir die Kenntniss desselben schöpfen konnten.
Pompeji wurde im Jahre 79 v. Chr. (24. August) durch einen
der furchtbarsten Ausbrüche des Vesuv unter Bimssteinblöcken, Asche
und siedendem Schlamm begraben, nachdem der Vulcan Jahrhunderte
lang geschlummert hatte. Dieselbe Katastrophe vernichtete auch
das blühende Städtchen Stabiae, an dessen Stätte das heutige
Castellamare (di Stabie), eine durch lebhaften Handel, Schiffahrt, den
Bestand des grossartigen Seearsenales der italienischen Flotte und
eine Fabrik für Brücken und Waggons ausgezeichnete Stadt von
33.000 Einwohnern, sich erhebt.
Mit einem Blicke übersieht man weiter rechts von dieser Stadt
die bergige Halbinsel von Sorrento mit ihren schmucken Ortschaften,
voran das auf steil zum Meere abfallenden Felsen liegende Städtchen
Sorrento, dem seine üppigen Orangen- und Citronengärten den artigen
Beinamen La Gentile eintrugen. Der Höhenzug endet mit dem felsigen
Vorgebirge Punta di Campanella, das ehemals eine Signalstation trug,
welche durch Glockengeläute das Nahen feindlicher, namentlich tür-
kischer Flotten ankündigte, daher der Name Glockenspitze. Heute
erhebt sich dort ein schöner Leuchtthurm.
Den äussersten Abschluss des Golfes bildet südlich die mit
Oelbäumen und Rebenculturen bedeckte hohe Insel Capri, welche eine
4·5 km breite Wasserstrasse von der Punta Campanella trennt. Die
charakteristische Form der an der Ostseite steil zum Meere abstür-
zenden Insel mit ihrem centralen Felsendome Mte. Solaro (610 m) ist
ebenso wie der Vesuv ein Merkzeichen des Golfes, das uns überall in
den Gesichtskreis tritt. Capri ist gegenwärtig wohl die besuchteste
aller nächstgelegenen Inseln, denn umgefähr 30.000 Touristen aus
allen Theilen der Erde wallfahren alljährlich zu ihren schon im Alter-
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/364>, abgerufen am 24.11.2024.
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