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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.

Mehr als in mancher anderen Hafenstadt zeigt in Triest der Gang
der Geschäfte eine Wellenlinie. Auf Zeiten grosser Prosperität und
leichten Geldverdienens folgten Tage voller Schwierigkeiten und Stag-
nationen, unter denen heute noch Oesterreichs grosser Handelsplatz an
der Adria leidet. Vier Momente sind es, welche diese ungünstige Ver-
änderung zur Folge haben. Heute überbrücken sechs Schienenwege
die lange Alpenkette, früher that dies bloss die österreichische Süd-
bahn; heute concentrirt Ungarn seinen überseeischen Handel mit
aller Kraft in Fiume; ein Drittes ist der Umstand, dass die export-
fähige österreichische Industrie, in den Nordsudeten und Nieder-
österreich vor allem angesiedelt, dem billigen Wasserweg der Elbe
folgend, nach Hamburg gravitirt, und endlich, last not least, leidet
Triest, wie alle Hafenplätze der Erde, unter dem Bestreben der neuesten
Zeit, den Zwischenhandel, welchem gerade die alten Triester Häuser
ihren Ruf und ihre Millionen verdanken, zu umgehen. Je mehr sich
Producent und Consument selbst über Weltmeere hinweg die Hände
reichen, desto mehr wird Triest zu einem Transitoplatze herabgedrückt.
Daraus erklärt sich die scheinbar widersprechende Erscheinung, dass
der Verkehr zu-, der Gewinn aber abnimmt. Ein Differentialzoll sucht
Hamburgs Einfluss auf Oesterreich-Ungarn abzuschwächen; auch die
Schweiz bedient sich seit Eröffnung der Arlbergbahn in steigendem
Masse der Vermittlung des Triester Hafens, und dieser Theil des Handels
ist so gross, wie der, welcher zu Lande von Triest aus nach dem be-
nachbarten Italien betrieben wird.

Um den Werth des Triester Handels in der Ein- und Ausfuhr nach der
Seite des Landes und nach der See hin zu zeigen, bringen wir folgende Tabelle:

[Tabelle]

Bei Beurtheilung dieser Ziffern muss man sich jedoch gegenwärtig halten,
dass heutzutage die Mehrzahl der Waaren nur im reinen Transit durch Triest ge-
leitet wird.

Gross ist der Antheil, welchen die fremden Flaggen an dem Werthe des
Seehandels von Triest nehmen. Sie brachten 1888 in der Einfuhr Güter im Werthe
von 84·4 Millionen Gulden, die nationalen Schiffe solche im Werthe von 110·5 Mil-
lionen Gulden, und in früheren Jahren waren die Verhältnisse noch weit ungün-
stiger. Nur in der Ausfuhr übt die nationale Flagge ein gewaltiges Uebergewicht

Das Mittelmeerbecken.

Mehr als in mancher anderen Hafenstadt zeigt in Triest der Gang
der Geschäfte eine Wellenlinie. Auf Zeiten grosser Prosperität und
leichten Geldverdienens folgten Tage voller Schwierigkeiten und Stag-
nationen, unter denen heute noch Oesterreichs grosser Handelsplatz an
der Adria leidet. Vier Momente sind es, welche diese ungünstige Ver-
änderung zur Folge haben. Heute überbrücken sechs Schienenwege
die lange Alpenkette, früher that dies bloss die österreichische Süd-
bahn; heute concentrirt Ungarn seinen überseeischen Handel mit
aller Kraft in Fiume; ein Drittes ist der Umstand, dass die export-
fähige österreichische Industrie, in den Nordsudeten und Nieder-
österreich vor allem angesiedelt, dem billigen Wasserweg der Elbe
folgend, nach Hamburg gravitirt, und endlich, last not least, leidet
Triest, wie alle Hafenplätze der Erde, unter dem Bestreben der neuesten
Zeit, den Zwischenhandel, welchem gerade die alten Triester Häuser
ihren Ruf und ihre Millionen verdanken, zu umgehen. Je mehr sich
Producent und Consument selbst über Weltmeere hinweg die Hände
reichen, desto mehr wird Triest zu einem Transitoplatze herabgedrückt.
Daraus erklärt sich die scheinbar widersprechende Erscheinung, dass
der Verkehr zu-, der Gewinn aber abnimmt. Ein Differentialzoll sucht
Hamburgs Einfluss auf Oesterreich-Ungarn abzuschwächen; auch die
Schweiz bedient sich seit Eröffnung der Arlbergbahn in steigendem
Masse der Vermittlung des Triester Hafens, und dieser Theil des Handels
ist so gross, wie der, welcher zu Lande von Triest aus nach dem be-
nachbarten Italien betrieben wird.

Um den Werth des Triester Handels in der Ein- und Ausfuhr nach der
Seite des Landes und nach der See hin zu zeigen, bringen wir folgende Tabelle:

[Tabelle]

Bei Beurtheilung dieser Ziffern muss man sich jedoch gegenwärtig halten,
dass heutzutage die Mehrzahl der Waaren nur im reinen Transit durch Triest ge-
leitet wird.

Gross ist der Antheil, welchen die fremden Flaggen an dem Werthe des
Seehandels von Triest nehmen. Sie brachten 1888 in der Einfuhr Güter im Werthe
von 84·4 Millionen Gulden, die nationalen Schiffe solche im Werthe von 110·5 Mil-
lionen Gulden, und in früheren Jahren waren die Verhältnisse noch weit ungün-
stiger. Nur in der Ausfuhr übt die nationale Flagge ein gewaltiges Uebergewicht

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[14/0034] Das Mittelmeerbecken. Mehr als in mancher anderen Hafenstadt zeigt in Triest der Gang der Geschäfte eine Wellenlinie. Auf Zeiten grosser Prosperität und leichten Geldverdienens folgten Tage voller Schwierigkeiten und Stag- nationen, unter denen heute noch Oesterreichs grosser Handelsplatz an der Adria leidet. Vier Momente sind es, welche diese ungünstige Ver- änderung zur Folge haben. Heute überbrücken sechs Schienenwege die lange Alpenkette, früher that dies bloss die österreichische Süd- bahn; heute concentrirt Ungarn seinen überseeischen Handel mit aller Kraft in Fiume; ein Drittes ist der Umstand, dass die export- fähige österreichische Industrie, in den Nordsudeten und Nieder- österreich vor allem angesiedelt, dem billigen Wasserweg der Elbe folgend, nach Hamburg gravitirt, und endlich, last not least, leidet Triest, wie alle Hafenplätze der Erde, unter dem Bestreben der neuesten Zeit, den Zwischenhandel, welchem gerade die alten Triester Häuser ihren Ruf und ihre Millionen verdanken, zu umgehen. Je mehr sich Producent und Consument selbst über Weltmeere hinweg die Hände reichen, desto mehr wird Triest zu einem Transitoplatze herabgedrückt. Daraus erklärt sich die scheinbar widersprechende Erscheinung, dass der Verkehr zu-, der Gewinn aber abnimmt. Ein Differentialzoll sucht Hamburgs Einfluss auf Oesterreich-Ungarn abzuschwächen; auch die Schweiz bedient sich seit Eröffnung der Arlbergbahn in steigendem Masse der Vermittlung des Triester Hafens, und dieser Theil des Handels ist so gross, wie der, welcher zu Lande von Triest aus nach dem be- nachbarten Italien betrieben wird. Um den Werth des Triester Handels in der Ein- und Ausfuhr nach der Seite des Landes und nach der See hin zu zeigen, bringen wir folgende Tabelle: _ Bei Beurtheilung dieser Ziffern muss man sich jedoch gegenwärtig halten, dass heutzutage die Mehrzahl der Waaren nur im reinen Transit durch Triest ge- leitet wird. Gross ist der Antheil, welchen die fremden Flaggen an dem Werthe des Seehandels von Triest nehmen. Sie brachten 1888 in der Einfuhr Güter im Werthe von 84·4 Millionen Gulden, die nationalen Schiffe solche im Werthe von 110·5 Mil- lionen Gulden, und in früheren Jahren waren die Verhältnisse noch weit ungün- stiger. Nur in der Ausfuhr übt die nationale Flagge ein gewaltiges Uebergewicht

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/34>, abgerufen am 21.11.2024.