lassen, welche für die künftige Tiefe des Canals von 9 m berech- net sind.
Auf der mittelländischen Seite ist Port Said die Kopfstation des Suez-Canals. Das Städtchen Port Said wurde im Jahre 1859 gegründet und ruht zum grössten Theile auf künstlichen Fundamenten. Einfach angelegt, ohne hervorragende Bauwerke und nur den Bedürfnissen des transitirenden Verkehres dienend, macht der Ort einen höchst nüchternen Eindruck. Als reine Durchzugsetappe, ohne eigene indi- viduelle Lebenskraft, vermochte nämlich Port Said infolge der zu- nehmenden Ansprüche des Canalverkehrs wohl von Jahr zu Jahr sich zu erweitern, nicht aber den angenehmen Eindruck der Wohlhaben- heit zu gewinnen, welche Eigenschaft überhaupt durch die trostlose, jeder Vegetation entbehrende Umgebung schwer erreicht werden dürfte. Die Anlage der Stadt war eine Nothwendigkeit, und es mussten vielerlei ungünstige Verhältnisse beseitigt werden, die einer Ansiedlung im Wege standen.
Die continuirliche Schiffahrtsbewegung, welche im Hafen herrscht, verleiht demselben einen ganz besonderen Charakter.
Während in den eigentlichen See- und Handelshäfen die grosse Mehrzahl der anwesenden zahlreichen Schiffe mit den langwierigen Operationen des Aus- und Einladens beschäftigt ist und der traditionelle "Mastenwald" dadurch ein Gepräge vornehmer Ruhe erhält, ist hier Alles Bewegung, um nicht zu sagen drängende Hast. Alle ankommen- den Schiffe sind nur da, um möglichst schnell und bald wieder weiter zu fahren; kaum ist das Schiff vertäut, so wird mit dem Agenten der Canalgesellschaft verhandelt, um ja nicht eine spätere Nummer für die Canalpassage zugetheilt zu bekommen. Ohne Unterlass sieht man Schiff auf Schiff den Vertäuungsplatz verlassen und die Canalfahrt antreten; andere kommen aus dem Canale an, ankern gar nicht oder nur auf wenige Stunden, und noch andere kommen von See aus, die frei gewordenen Vertäuungs- und Warteplätze einzunehmen. Die Canalgesellschaft ihrerseits ist natürlich bestrebt, die ankommenden Schiffe möglichst ohne Zeitverlust weiter zu befördern, um jede Stockung des Verkehres hintanzuhalten, so dass meistens nur wenige Schiffe zu gleicher Zeit im Hafen unthätig liegen. Der Aufenthalt wird dann hauptsächlich zur ausgiebigen Verproviantirung des Schiffes für die bevorstehende längere Seereise, zu kleinen Reparaturen und In- standsetzungen von Schiff, Tackelage und Maschine benützt.
Das rege Hafenleben erfährt auch durch den Umstand eine nahezu fieberhafte Steigerung, dass gerade Port Said die Hauptkohlen-
Das Mittelmeerbecken.
lassen, welche für die künftige Tiefe des Canals von 9 m berech- net sind.
Auf der mittelländischen Seite ist Port Saïd die Kopfstation des Suez-Canals. Das Städtchen Port Saïd wurde im Jahre 1859 gegründet und ruht zum grössten Theile auf künstlichen Fundamenten. Einfach angelegt, ohne hervorragende Bauwerke und nur den Bedürfnissen des transitirenden Verkehres dienend, macht der Ort einen höchst nüchternen Eindruck. Als reine Durchzugsetappe, ohne eigene indi- viduelle Lebenskraft, vermochte nämlich Port Saïd infolge der zu- nehmenden Ansprüche des Canalverkehrs wohl von Jahr zu Jahr sich zu erweitern, nicht aber den angenehmen Eindruck der Wohlhaben- heit zu gewinnen, welche Eigenschaft überhaupt durch die trostlose, jeder Vegetation entbehrende Umgebung schwer erreicht werden dürfte. Die Anlage der Stadt war eine Nothwendigkeit, und es mussten vielerlei ungünstige Verhältnisse beseitigt werden, die einer Ansiedlung im Wege standen.
Die continuirliche Schiffahrtsbewegung, welche im Hafen herrscht, verleiht demselben einen ganz besonderen Charakter.
Während in den eigentlichen See- und Handelshäfen die grosse Mehrzahl der anwesenden zahlreichen Schiffe mit den langwierigen Operationen des Aus- und Einladens beschäftigt ist und der traditionelle „Mastenwald“ dadurch ein Gepräge vornehmer Ruhe erhält, ist hier Alles Bewegung, um nicht zu sagen drängende Hast. Alle ankommen- den Schiffe sind nur da, um möglichst schnell und bald wieder weiter zu fahren; kaum ist das Schiff vertäut, so wird mit dem Agenten der Canalgesellschaft verhandelt, um ja nicht eine spätere Nummer für die Canalpassage zugetheilt zu bekommen. Ohne Unterlass sieht man Schiff auf Schiff den Vertäuungsplatz verlassen und die Canalfahrt antreten; andere kommen aus dem Canale an, ankern gar nicht oder nur auf wenige Stunden, und noch andere kommen von See aus, die frei gewordenen Vertäuungs- und Warteplätze einzunehmen. Die Canalgesellschaft ihrerseits ist natürlich bestrebt, die ankommenden Schiffe möglichst ohne Zeitverlust weiter zu befördern, um jede Stockung des Verkehres hintanzuhalten, so dass meistens nur wenige Schiffe zu gleicher Zeit im Hafen unthätig liegen. Der Aufenthalt wird dann hauptsächlich zur ausgiebigen Verproviantirung des Schiffes für die bevorstehende längere Seereise, zu kleinen Reparaturen und In- standsetzungen von Schiff, Tackelage und Maschine benützt.
Das rege Hafenleben erfährt auch durch den Umstand eine nahezu fieberhafte Steigerung, dass gerade Port Saïd die Hauptkohlen-
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Das Mittelmeerbecken.
lassen, welche für die künftige Tiefe des Canals von 9 m berech-
net sind.
Auf der mittelländischen Seite ist Port Saïd die Kopfstation des
Suez-Canals. Das Städtchen Port Saïd wurde im Jahre 1859 gegründet
und ruht zum grössten Theile auf künstlichen Fundamenten. Einfach
angelegt, ohne hervorragende Bauwerke und nur den Bedürfnissen
des transitirenden Verkehres dienend, macht der Ort einen höchst
nüchternen Eindruck. Als reine Durchzugsetappe, ohne eigene indi-
viduelle Lebenskraft, vermochte nämlich Port Saïd infolge der zu-
nehmenden Ansprüche des Canalverkehrs wohl von Jahr zu Jahr sich
zu erweitern, nicht aber den angenehmen Eindruck der Wohlhaben-
heit zu gewinnen, welche Eigenschaft überhaupt durch die trostlose,
jeder Vegetation entbehrende Umgebung schwer erreicht werden dürfte.
Die Anlage der Stadt war eine Nothwendigkeit, und es mussten
vielerlei ungünstige Verhältnisse beseitigt werden, die einer Ansiedlung
im Wege standen.
Die continuirliche Schiffahrtsbewegung, welche im Hafen herrscht,
verleiht demselben einen ganz besonderen Charakter.
Während in den eigentlichen See- und Handelshäfen die grosse
Mehrzahl der anwesenden zahlreichen Schiffe mit den langwierigen
Operationen des Aus- und Einladens beschäftigt ist und der traditionelle
„Mastenwald“ dadurch ein Gepräge vornehmer Ruhe erhält, ist hier
Alles Bewegung, um nicht zu sagen drängende Hast. Alle ankommen-
den Schiffe sind nur da, um möglichst schnell und bald wieder weiter
zu fahren; kaum ist das Schiff vertäut, so wird mit dem Agenten der
Canalgesellschaft verhandelt, um ja nicht eine spätere Nummer für
die Canalpassage zugetheilt zu bekommen. Ohne Unterlass sieht man
Schiff auf Schiff den Vertäuungsplatz verlassen und die Canalfahrt
antreten; andere kommen aus dem Canale an, ankern gar nicht oder
nur auf wenige Stunden, und noch andere kommen von See aus, die
frei gewordenen Vertäuungs- und Warteplätze einzunehmen. Die
Canalgesellschaft ihrerseits ist natürlich bestrebt, die ankommenden
Schiffe möglichst ohne Zeitverlust weiter zu befördern, um jede
Stockung des Verkehres hintanzuhalten, so dass meistens nur wenige
Schiffe zu gleicher Zeit im Hafen unthätig liegen. Der Aufenthalt wird
dann hauptsächlich zur ausgiebigen Verproviantirung des Schiffes für
die bevorstehende längere Seereise, zu kleinen Reparaturen und In-
standsetzungen von Schiff, Tackelage und Maschine benützt.
Das rege Hafenleben erfährt auch durch den Umstand eine
nahezu fieberhafte Steigerung, dass gerade Port Saïd die Hauptkohlen-
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/288>, abgerufen am 22.11.2024.
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