wissen. Der Schaft der Lanze besteht aus Rohr, unterhalb der Stahl- spitze ist ein dickes Büschel Straussenfedern angebracht. Ausserdem tragen sie noch einen Säbel sowie Pistolen und Dolchmesser im Gürtel.
"Rings um die Moschee, auch Omniadenmoschee genannt, ver- zweigt sich das Gassennetz des Bazarviertels, welches wir gegen 10 Uhr durchwanderten, um an unser Ziel zu gelangen. An diese Moschee, die grösste von Damaskus, schliessen sich drei Minarets von verschiedenem Style an, deren ältestes durch den Khalifen Welid errichtet worden ist. Das Thor, welches den Eingang bildet, ist wun- dervoll und deutet auf eine einstige Blüthe der Baukunst, von der leider wenig mehr geblieben ist. Hier erschien der Aufseher mit den vorschriftsmässigen Pantoffeln, ohne welche man den geheiligten Raum nicht betreten darf. So ausgerüstet, gingen wir zwei Reihen antiker Säulen entlang, welche drei Schiffe bilden, immer auf den über die Marmorfliesen ausgebreiteten kostbaren alten Teppichen. Viele Lampen hängen herab und an den Wänden bemerken wir mit grossen Buch- staben bezeichnet die Namen der vier ersten Khalifen, ferner Koran- sprüche, die an den drei Seiten und den Knäufen der Säulen ange- bracht sind. An der südlichen Mauer zeigt uns eine Reihe hoher Rundbogenfenster schöne Glasmalereien. Unmittelbar darunter sind in der Richtung gegen Mekka Gebetnischen angebracht. In einem der Seitenschiffe erhebt sich ein hölzernes vergoldetes Kuppelgebäude, in welchem sich das Haupt Johannes des Täufers befinden soll; über der Kuppel prangt ein goldener Halbmond. In der Nähe macht sich eine schöne Kanzel bemerkbar. Einen Blick werfen wir noch in den Hof, wo nur wenig Menschen, meistens Krüppel und Kranke, sich bewegen. Das Gebethaus verlassend, durchschreiten wir den Schreiner- bazar mit seinen mit Perlmutter eingelegten Holzarbeiten, an dessen Ende sich das schönste alterthümliche dreitheilige Thor ,Bab Djeraun' befindet. Das Mittelportal ist mit reichen Arabesken geziert. Einige Stufen tiefer ein aus dem Jahre 1020 stammender Springbrunnen mit dichtem Strahl. In der Nähe zeigt man Saladin's Grab, ein schönes Mausoleum.
"Wir wollten Damaskus nicht verlassen, ohne das Innere eines arabischen Privathauses gesehen zu haben. Die fast märchenhafte Pracht wirkt um so überraschender, als sie sich von aussen durch nichts verräth. Von dem Hausherrn freundlich empfangen, folgten wir ihm in einen luftigen, weiten, ganz mit Marmor getäfelten Hof, dessen Anblick meine Erwartungen übertraf. Von den gleichfalls mit weissem Marmor bekleideten Gebäuden, welche den Hof umgeben, strahlte
Beirut.
wissen. Der Schaft der Lanze besteht aus Rohr, unterhalb der Stahl- spitze ist ein dickes Büschel Straussenfedern angebracht. Ausserdem tragen sie noch einen Säbel sowie Pistolen und Dolchmesser im Gürtel.
„Rings um die Moschee, auch Omniadenmoschee genannt, ver- zweigt sich das Gassennetz des Bazarviertels, welches wir gegen 10 Uhr durchwanderten, um an unser Ziel zu gelangen. An diese Moschee, die grösste von Damaskus, schliessen sich drei Minarets von verschiedenem Style an, deren ältestes durch den Khalifen Welid errichtet worden ist. Das Thor, welches den Eingang bildet, ist wun- dervoll und deutet auf eine einstige Blüthe der Baukunst, von der leider wenig mehr geblieben ist. Hier erschien der Aufseher mit den vorschriftsmässigen Pantoffeln, ohne welche man den geheiligten Raum nicht betreten darf. So ausgerüstet, gingen wir zwei Reihen antiker Säulen entlang, welche drei Schiffe bilden, immer auf den über die Marmorfliesen ausgebreiteten kostbaren alten Teppichen. Viele Lampen hängen herab und an den Wänden bemerken wir mit grossen Buch- staben bezeichnet die Namen der vier ersten Khalifen, ferner Koran- sprüche, die an den drei Seiten und den Knäufen der Säulen ange- bracht sind. An der südlichen Mauer zeigt uns eine Reihe hoher Rundbogenfenster schöne Glasmalereien. Unmittelbar darunter sind in der Richtung gegen Mekka Gebetnischen angebracht. In einem der Seitenschiffe erhebt sich ein hölzernes vergoldetes Kuppelgebäude, in welchem sich das Haupt Johannes des Täufers befinden soll; über der Kuppel prangt ein goldener Halbmond. In der Nähe macht sich eine schöne Kanzel bemerkbar. Einen Blick werfen wir noch in den Hof, wo nur wenig Menschen, meistens Krüppel und Kranke, sich bewegen. Das Gebethaus verlassend, durchschreiten wir den Schreiner- bazar mit seinen mit Perlmutter eingelegten Holzarbeiten, an dessen Ende sich das schönste alterthümliche dreitheilige Thor ‚Bâb Djêrûn‘ befindet. Das Mittelportal ist mit reichen Arabesken geziert. Einige Stufen tiefer ein aus dem Jahre 1020 stammender Springbrunnen mit dichtem Strahl. In der Nähe zeigt man Saladin’s Grab, ein schönes Mausoleum.
„Wir wollten Damaskus nicht verlassen, ohne das Innere eines arabischen Privathauses gesehen zu haben. Die fast märchenhafte Pracht wirkt um so überraschender, als sie sich von aussen durch nichts verräth. Von dem Hausherrn freundlich empfangen, folgten wir ihm in einen luftigen, weiten, ganz mit Marmor getäfelten Hof, dessen Anblick meine Erwartungen übertraf. Von den gleichfalls mit weissem Marmor bekleideten Gebäuden, welche den Hof umgeben, strahlte
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Beirut.
wissen. Der Schaft der Lanze besteht aus Rohr, unterhalb der Stahl-
spitze ist ein dickes Büschel Straussenfedern angebracht. Ausserdem
tragen sie noch einen Säbel sowie Pistolen und Dolchmesser im Gürtel.
„Rings um die Moschee, auch Omniadenmoschee genannt, ver-
zweigt sich das Gassennetz des Bazarviertels, welches wir gegen
10 Uhr durchwanderten, um an unser Ziel zu gelangen. An diese
Moschee, die grösste von Damaskus, schliessen sich drei Minarets
von verschiedenem Style an, deren ältestes durch den Khalifen Welid
errichtet worden ist. Das Thor, welches den Eingang bildet, ist wun-
dervoll und deutet auf eine einstige Blüthe der Baukunst, von der
leider wenig mehr geblieben ist. Hier erschien der Aufseher mit den
vorschriftsmässigen Pantoffeln, ohne welche man den geheiligten Raum
nicht betreten darf. So ausgerüstet, gingen wir zwei Reihen antiker
Säulen entlang, welche drei Schiffe bilden, immer auf den über die
Marmorfliesen ausgebreiteten kostbaren alten Teppichen. Viele Lampen
hängen herab und an den Wänden bemerken wir mit grossen Buch-
staben bezeichnet die Namen der vier ersten Khalifen, ferner Koran-
sprüche, die an den drei Seiten und den Knäufen der Säulen ange-
bracht sind. An der südlichen Mauer zeigt uns eine Reihe hoher
Rundbogenfenster schöne Glasmalereien. Unmittelbar darunter sind in
der Richtung gegen Mekka Gebetnischen angebracht. In einem der
Seitenschiffe erhebt sich ein hölzernes vergoldetes Kuppelgebäude, in
welchem sich das Haupt Johannes des Täufers befinden soll; über
der Kuppel prangt ein goldener Halbmond. In der Nähe macht sich
eine schöne Kanzel bemerkbar. Einen Blick werfen wir noch in den
Hof, wo nur wenig Menschen, meistens Krüppel und Kranke, sich
bewegen. Das Gebethaus verlassend, durchschreiten wir den Schreiner-
bazar mit seinen mit Perlmutter eingelegten Holzarbeiten, an dessen
Ende sich das schönste alterthümliche dreitheilige Thor ‚Bâb Djêrûn‘
befindet. Das Mittelportal ist mit reichen Arabesken geziert. Einige
Stufen tiefer ein aus dem Jahre 1020 stammender Springbrunnen mit
dichtem Strahl. In der Nähe zeigt man Saladin’s Grab, ein schönes
Mausoleum.
„Wir wollten Damaskus nicht verlassen, ohne das Innere eines
arabischen Privathauses gesehen zu haben. Die fast märchenhafte
Pracht wirkt um so überraschender, als sie sich von aussen durch
nichts verräth. Von dem Hausherrn freundlich empfangen, folgten wir
ihm in einen luftigen, weiten, ganz mit Marmor getäfelten Hof, dessen
Anblick meine Erwartungen übertraf. Von den gleichfalls mit weissem
Marmor bekleideten Gebäuden, welche den Hof umgeben, strahlte
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/265>, abgerufen am 22.11.2024.
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