es uns gut schmecken, umsomehr als unser Appetit durch den viel- stündigen Aufenthalt in der Bergesluft sich sehr geschärft hatte. Um uns einen Begriff von der Weincultur des Libanon zu geben, hatte der eingeladene Ingenieur Pschara Effendi ausgezeichneten ,Vin d'or' serviren lassen. Nach beendeter Mahlzeit gingen wir alle in ein als Rauchsalon eingerichtetes Zelt, um gemeinsam zu dampfen. Alle er- denklichen Rauchrequisiten waren aufgestellt; auch ein Nargileh wurde versucht. Später ward bei Fackelbeleuchtung ein eigenthümliches Spiel aufgeführt. Zwei Türken tanzten auf die graziöseste Weise, indem sie mit ihren Säbeln die merkwürdigsten Figuren hervorbrachten. Mit eintretender Dunkelheit wurde es in unserem Lager ruhiger. Die Stille der mondhellen Nacht unterbrach nur hin und wieder das Wiehern der Pferde und das Heulen der Schakale."
"5. März. -- Freudig begrüssten wir den wiederkehrenden Tag. Als wir erwachten, herrschte eisige Kälte. Frierend beendeten wir unsere Toilette, um in Pelzen zu frühstücken. Um 7 Uhr wurde die Weiterreise bei starkem Wind und umwölktem Himmel fortgesetzt. Der Nahr el Litany, der Lcontes der Alten, wurde überschritten und jetzt galt es, den Anti-Libanon zu erklimmen, der jedoch weit weniger Schwierigkeiten bietet als sein höherer Vorgänger. An mehreren ma- ronitischen Klöstern und Grabstätten vorbei zieht sich der Weg durch die öden wilden Pässe des Anti-Libanon hin; nur spärliches Grün gedeiht auf den gelbbraunen Felsen. Auch hier überholen wir Ka- meelkarawanen, welche auf schmalem Pfade neben der Strasse in lan- gen Reihen dahinziehen. Diesmal sind es Drusen, welche sie begleiten und durch ihre grossen weissen Turbane auffallen. Die Gegend wird einsam, nur in den kleinen Stationen Citernes, Khan Dimas, in wel- chen wir kurzen Aufenthalt nehmen, herrscht einiges Leben und Be- wegung. Endlich als wir den gut gewählten Frühstücksplatz Khan Meitheloaun erreicht hatten, war die Sonne aus dem Kampfe mit dem Nebel und den Wolken siegreich hervorgetreten und senkte ihre Strahlen unbarmherzig auf uns herab. Es that uns wohl, aus der Hitze in einen Engpass zu gelangen, dessen hohe Wände der Sonne nur selten Einlass gewährten. Während der ersten Nachmittagsstunden durcheilen wir das Hochplateau von Sahra, von wo aus wir in der Ferne die Wüstengebirge mit ihren eigenthümlich grellen Farben er- blicken. Die Glut, mit welcher die Sonne während der mittleren Tagesstunden auf die schattenlose Strasse niederbrannte, und das blendende Licht, welches der gelbliche Kalkstein zurückstrahlt, wirkte ermüdend und einschläfernd auf einige unserer Reisegefährten.
Das Mittelmeerbecken.
es uns gut schmecken, umsomehr als unser Appetit durch den viel- stündigen Aufenthalt in der Bergesluft sich sehr geschärft hatte. Um uns einen Begriff von der Weincultur des Libanon zu geben, hatte der eingeladene Ingenieur Pschara Effendi ausgezeichneten ‚Vin d’or‘ serviren lassen. Nach beendeter Mahlzeit gingen wir alle in ein als Rauchsalon eingerichtetes Zelt, um gemeinsam zu dampfen. Alle er- denklichen Rauchrequisiten waren aufgestellt; auch ein Nargileh wurde versucht. Später ward bei Fackelbeleuchtung ein eigenthümliches Spiel aufgeführt. Zwei Türken tanzten auf die graziöseste Weise, indem sie mit ihren Säbeln die merkwürdigsten Figuren hervorbrachten. Mit eintretender Dunkelheit wurde es in unserem Lager ruhiger. Die Stille der mondhellen Nacht unterbrach nur hin und wieder das Wiehern der Pferde und das Heulen der Schakale.“
„5. März. — Freudig begrüssten wir den wiederkehrenden Tag. Als wir erwachten, herrschte eisige Kälte. Frierend beendeten wir unsere Toilette, um in Pelzen zu frühstücken. Um 7 Uhr wurde die Weiterreise bei starkem Wind und umwölktem Himmel fortgesetzt. Der Nahr el Litany, der Lcontes der Alten, wurde überschritten und jetzt galt es, den Anti-Libanon zu erklimmen, der jedoch weit weniger Schwierigkeiten bietet als sein höherer Vorgänger. An mehreren ma- ronitischen Klöstern und Grabstätten vorbei zieht sich der Weg durch die öden wilden Pässe des Anti-Libanon hin; nur spärliches Grün gedeiht auf den gelbbraunen Felsen. Auch hier überholen wir Ka- meelkarawanen, welche auf schmalem Pfade neben der Strasse in lan- gen Reihen dahinziehen. Diesmal sind es Drusen, welche sie begleiten und durch ihre grossen weissen Turbane auffallen. Die Gegend wird einsam, nur in den kleinen Stationen Citernes, Khân Dimâs, in wel- chen wir kurzen Aufenthalt nehmen, herrscht einiges Leben und Be- wegung. Endlich als wir den gut gewählten Frühstücksplatz Khân Meitheloûn erreicht hatten, war die Sonne aus dem Kampfe mit dem Nebel und den Wolken siegreich hervorgetreten und senkte ihre Strahlen unbarmherzig auf uns herab. Es that uns wohl, aus der Hitze in einen Engpass zu gelangen, dessen hohe Wände der Sonne nur selten Einlass gewährten. Während der ersten Nachmittagsstunden durcheilen wir das Hochplateau von Sahra, von wo aus wir in der Ferne die Wüstengebirge mit ihren eigenthümlich grellen Farben er- blicken. Die Glut, mit welcher die Sonne während der mittleren Tagesstunden auf die schattenlose Strasse niederbrannte, und das blendende Licht, welches der gelbliche Kalkstein zurückstrahlt, wirkte ermüdend und einschläfernd auf einige unserer Reisegefährten.
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Das Mittelmeerbecken.
es uns gut schmecken, umsomehr als unser Appetit durch den viel-
stündigen Aufenthalt in der Bergesluft sich sehr geschärft hatte. Um
uns einen Begriff von der Weincultur des Libanon zu geben, hatte
der eingeladene Ingenieur Pschara Effendi ausgezeichneten ‚Vin d’or‘
serviren lassen. Nach beendeter Mahlzeit gingen wir alle in ein als
Rauchsalon eingerichtetes Zelt, um gemeinsam zu dampfen. Alle er-
denklichen Rauchrequisiten waren aufgestellt; auch ein Nargileh wurde
versucht. Später ward bei Fackelbeleuchtung ein eigenthümliches Spiel
aufgeführt. Zwei Türken tanzten auf die graziöseste Weise, indem sie
mit ihren Säbeln die merkwürdigsten Figuren hervorbrachten. Mit
eintretender Dunkelheit wurde es in unserem Lager ruhiger. Die Stille
der mondhellen Nacht unterbrach nur hin und wieder das Wiehern
der Pferde und das Heulen der Schakale.“
„5. März. — Freudig begrüssten wir den wiederkehrenden
Tag. Als wir erwachten, herrschte eisige Kälte. Frierend beendeten
wir unsere Toilette, um in Pelzen zu frühstücken. Um 7 Uhr wurde
die Weiterreise bei starkem Wind und umwölktem Himmel fortgesetzt.
Der Nahr el Litany, der Lcontes der Alten, wurde überschritten und
jetzt galt es, den Anti-Libanon zu erklimmen, der jedoch weit weniger
Schwierigkeiten bietet als sein höherer Vorgänger. An mehreren ma-
ronitischen Klöstern und Grabstätten vorbei zieht sich der Weg durch
die öden wilden Pässe des Anti-Libanon hin; nur spärliches Grün
gedeiht auf den gelbbraunen Felsen. Auch hier überholen wir Ka-
meelkarawanen, welche auf schmalem Pfade neben der Strasse in lan-
gen Reihen dahinziehen. Diesmal sind es Drusen, welche sie begleiten
und durch ihre grossen weissen Turbane auffallen. Die Gegend wird
einsam, nur in den kleinen Stationen Citernes, Khân Dimâs, in wel-
chen wir kurzen Aufenthalt nehmen, herrscht einiges Leben und Be-
wegung. Endlich als wir den gut gewählten Frühstücksplatz Khân
Meitheloûn erreicht hatten, war die Sonne aus dem Kampfe mit dem
Nebel und den Wolken siegreich hervorgetreten und senkte ihre
Strahlen unbarmherzig auf uns herab. Es that uns wohl, aus der
Hitze in einen Engpass zu gelangen, dessen hohe Wände der Sonne
nur selten Einlass gewährten. Während der ersten Nachmittagsstunden
durcheilen wir das Hochplateau von Sahra, von wo aus wir in der
Ferne die Wüstengebirge mit ihren eigenthümlich grellen Farben er-
blicken. Die Glut, mit welcher die Sonne während der mittleren
Tagesstunden auf die schattenlose Strasse niederbrannte, und das
blendende Licht, welches der gelbliche Kalkstein zurückstrahlt, wirkte
ermüdend und einschläfernd auf einige unserer Reisegefährten.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/258>, abgerufen am 22.11.2024.
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