durchfahrend, rollten wir dann inmitten reizender Gartenlandschaften durch einige maronitisch-christliche Ortschaften, die sich sehr pitto- resk am Fusse der Berge bis unmittelbar an die Dünen des Meeres- ufers hinziehen. In Ab-Lias angelangt, an der Mündung des Nahr- el-Eb, gingen wir am Strand spazieren; der starke Wellenschlag daselbst fordert völlig zu einem Vergleich mit den Dünen der Nord- see und des Atlantischen Oceans heraus. Für einen Badeort wäre hier der geeignetste Platz.
"Wir sammelten Muscheln und ich erkannte dieselben Gattungen, welche ich schon an der belgischen Küste gefunden hatte. Ich glaubte mich dorthin versetzt, als eine Gruppe Kameele, von Arabern geführt, durch den Sand einherziehend, mich erinnerte, dass ich in Syrien mich befände. Einem der Führer liessen wir ein Backschisch reichen, damit er das ,Schiff der Wüste' in Trab versetze, doch diese Bewe- gung schien das Thier sichtlich unangenehm zu berühren. Während der Heimfahrt durch die von den Strahlen der untergehenden Sonne in schöne Farben getauchten Gegend genossen wir die milde, aromatische Abendluft und ergötzten uns an dem lebhaften Menschengewoge in den Strassen von Beirut ....."
Die nächsten Tage waren einer Reise nach Damaskus ge- widmet. Hierüber enthält das Tagebuch Ihrer kaiserlichen Hoheit die nachfolgenden interessanten Erinnerungen:
"4. März. -- Um 7 Uhr setzte sich die kleine, aus sympathi- schen Elementen zusammengesetzte Reisegesellschaft in Bewegung. Der herrlichste Frühjahrsmorgen entfaltete bald alle seine Reize, denn zu- sehends sank der dichte Nebel, der die Gipfel des Libanon umhüllte. Nun stieg goldig die siegreiche Morgensonne am wolkenlosen Himmel empor. In Beirut angelangt, benützten wir die guten Wagen und Pferde der französischen Libanon-Diligence-Gesellschaft, mit welchen wir die zweitägige Fahrt nach Damaskus antraten. Zwischen von Cacteenhecken umsäumten Feldern, an vielen grünenden Gärten und aus- gedehnten Maulbeerpflanzungen vorbei, deren Eintönigkeit hohe Pal- men wohlthuend unterbrechen, wendet sich der Weg durch einen Pi- nienwald dem Gebirge zu. Auf der Strasse ist die Garnison von Beirut aufgestellt, welche unter den Klängen des türkischen Marsches die Ehrenbezeigungen leistet. Die bis zum Fusse des Libanon mitge- kommene reguläre Cavallerie bleibt hier zurück, und dann bilden Li- banon-Zaptiehs die Escorte.
"Unseren Blicken entschwindet nach einigen Minuten das culti- virte Land, an dessen Stelle tritt eine steinige Einöde, von Zeit zu
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Beirut.
durchfahrend, rollten wir dann inmitten reizender Gartenlandschaften durch einige maronitisch-christliche Ortschaften, die sich sehr pitto- resk am Fusse der Berge bis unmittelbar an die Dünen des Meeres- ufers hinziehen. In Ab-Lias angelangt, an der Mündung des Nahr- el-Eb, gingen wir am Strand spazieren; der starke Wellenschlag daselbst fordert völlig zu einem Vergleich mit den Dünen der Nord- see und des Atlantischen Oceans heraus. Für einen Badeort wäre hier der geeignetste Platz.
„Wir sammelten Muscheln und ich erkannte dieselben Gattungen, welche ich schon an der belgischen Küste gefunden hatte. Ich glaubte mich dorthin versetzt, als eine Gruppe Kameele, von Arabern geführt, durch den Sand einherziehend, mich erinnerte, dass ich in Syrien mich befände. Einem der Führer liessen wir ein Backschisch reichen, damit er das ‚Schiff der Wüste‘ in Trab versetze, doch diese Bewe- gung schien das Thier sichtlich unangenehm zu berühren. Während der Heimfahrt durch die von den Strahlen der untergehenden Sonne in schöne Farben getauchten Gegend genossen wir die milde, aromatische Abendluft und ergötzten uns an dem lebhaften Menschengewoge in den Strassen von Beirut .....“
Die nächsten Tage waren einer Reise nach Damaskus ge- widmet. Hierüber enthält das Tagebuch Ihrer kaiserlichen Hoheit die nachfolgenden interessanten Erinnerungen:
„4. März. — Um 7 Uhr setzte sich die kleine, aus sympathi- schen Elementen zusammengesetzte Reisegesellschaft in Bewegung. Der herrlichste Frühjahrsmorgen entfaltete bald alle seine Reize, denn zu- sehends sank der dichte Nebel, der die Gipfel des Libanon umhüllte. Nun stieg goldig die siegreiche Morgensonne am wolkenlosen Himmel empor. In Beirut angelangt, benützten wir die guten Wagen und Pferde der französischen Libanon-Diligence-Gesellschaft, mit welchen wir die zweitägige Fahrt nach Damaskus antraten. Zwischen von Cacteenhecken umsäumten Feldern, an vielen grünenden Gärten und aus- gedehnten Maulbeerpflanzungen vorbei, deren Eintönigkeit hohe Pal- men wohlthuend unterbrechen, wendet sich der Weg durch einen Pi- nienwald dem Gebirge zu. Auf der Strasse ist die Garnison von Beirut aufgestellt, welche unter den Klängen des türkischen Marsches die Ehrenbezeigungen leistet. Die bis zum Fusse des Libanon mitge- kommene reguläre Cavallerie bleibt hier zurück, und dann bilden Li- banon-Zaptiehs die Escorte.
„Unseren Blicken entschwindet nach einigen Minuten das culti- virte Land, an dessen Stelle tritt eine steinige Einöde, von Zeit zu
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Beirut.
durchfahrend, rollten wir dann inmitten reizender Gartenlandschaften
durch einige maronitisch-christliche Ortschaften, die sich sehr pitto-
resk am Fusse der Berge bis unmittelbar an die Dünen des Meeres-
ufers hinziehen. In Ab-Lias angelangt, an der Mündung des Nahr-
el-Eb, gingen wir am Strand spazieren; der starke Wellenschlag
daselbst fordert völlig zu einem Vergleich mit den Dünen der Nord-
see und des Atlantischen Oceans heraus. Für einen Badeort wäre hier
der geeignetste Platz.
„Wir sammelten Muscheln und ich erkannte dieselben Gattungen,
welche ich schon an der belgischen Küste gefunden hatte. Ich glaubte
mich dorthin versetzt, als eine Gruppe Kameele, von Arabern geführt,
durch den Sand einherziehend, mich erinnerte, dass ich in Syrien
mich befände. Einem der Führer liessen wir ein Backschisch reichen,
damit er das ‚Schiff der Wüste‘ in Trab versetze, doch diese Bewe-
gung schien das Thier sichtlich unangenehm zu berühren. Während
der Heimfahrt durch die von den Strahlen der untergehenden Sonne
in schöne Farben getauchten Gegend genossen wir die milde, aromatische
Abendluft und ergötzten uns an dem lebhaften Menschengewoge in
den Strassen von Beirut .....“
Die nächsten Tage waren einer Reise nach Damaskus ge-
widmet. Hierüber enthält das Tagebuch Ihrer kaiserlichen Hoheit die
nachfolgenden interessanten Erinnerungen:
„4. März. — Um 7 Uhr setzte sich die kleine, aus sympathi-
schen Elementen zusammengesetzte Reisegesellschaft in Bewegung. Der
herrlichste Frühjahrsmorgen entfaltete bald alle seine Reize, denn zu-
sehends sank der dichte Nebel, der die Gipfel des Libanon umhüllte.
Nun stieg goldig die siegreiche Morgensonne am wolkenlosen Himmel
empor. In Beirut angelangt, benützten wir die guten Wagen und
Pferde der französischen Libanon-Diligence-Gesellschaft, mit welchen
wir die zweitägige Fahrt nach Damaskus antraten. Zwischen von
Cacteenhecken umsäumten Feldern, an vielen grünenden Gärten und aus-
gedehnten Maulbeerpflanzungen vorbei, deren Eintönigkeit hohe Pal-
men wohlthuend unterbrechen, wendet sich der Weg durch einen Pi-
nienwald dem Gebirge zu. Auf der Strasse ist die Garnison von
Beirut aufgestellt, welche unter den Klängen des türkischen Marsches
die Ehrenbezeigungen leistet. Die bis zum Fusse des Libanon mitge-
kommene reguläre Cavallerie bleibt hier zurück, und dann bilden Li-
banon-Zaptiehs die Escorte.
„Unseren Blicken entschwindet nach einigen Minuten das culti-
virte Land, an dessen Stelle tritt eine steinige Einöde, von Zeit zu
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/255>, abgerufen am 25.11.2024.
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