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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Rhodos.
von Gewölben umgebenen grossen Hof, über welchem nach allen Seiten
Galerien angebracht sind, deren Arkaden auf ziemlich schweren
Säulen ruhen. Die inneren Räumlichkeiten dieses Gebäudes dienen
jetzt als Kaserne und zeitweise als Spital für die türkischen Truppen.

"Wir setzten unseren Weg durch die an architektonischem
Schmuck so reiche ,Strada dei Cavalieri' mit den uralten Palästen der
Ritter verschiedener Zungen fort. Eine jede hatte ihre Herberge, auf
welcher die Wappen und Devisen der ältesten Adelsfamilien und Ge-
schlechter prangen, auch tragen sie die interessantesten Daten und
Inschriften. Dieselben sind noch unglaublich gut erhalten und recht
leserlich. Oefters sind sie über den spitzbogigen Thüren oder zwischen
den mit Leisten und Blumenguirlanden umrahmten Fenstern ange-
bracht. An den vielen eingefügten Wappenschildern erkennt man ihre
Abstammung. Am reichsten ist die französische Herberge ausgeschmückt.
Sie trägt über ihrem Haupteingange Inschriften und die Wappen des
Ordens. Die Facade ist mit Thürmchen und Zinnen gekrönt. Phanta-
stisch sind die steinernen Drachenköpfe, die als Regentraufen dienen.
Inmitten der Strasse steht die Steinkanzel, von welcher aus der je-
weilige Patriarch seine Zuhörer zur Theilnahme an den Kreuzzügen
ermahnte. Nicht weit hievon zeigte man uns einen Vorhof, von alten
Mauern eingeschlossen, in deren Mitte sich die Zweige eines in voller
Blüthe stehenden Orangenbaumes ausbreiteten, dessen frisches Grün
unter dem Schutt und Gerölle seltsam stimmte. Bedauernswerth ist es,
dass die später hinzugefügten Holzterrassen und Erker die alten Stein-
bauten so sehr entstellen; immerhin bleibt der Anblick der Strasse
ein höchst malerischer, besonders wenn die Sonne auf dem verwit-
terten Kalkstein spielt und Farbentöne vom Goldbraun bis ins Violette
hervorzaubert. Hie und da blickt man in engwinklige, überwölbte
Seitengässchen, wo tiefer, duftiger Schatten lagert, wie ihn nur der
kennt, der den Süden gesehen hat. Zeitweise bemerkt man einen
Türken, der nachlässig gegen seine Thür gelehnt ruhig raucht oder
die Strasse geschäftig hinunter eilt und dessen Erscheinung einen
eigenthümlichen Gegensatz zu dieser mittelalterlichen Welt bildet.

"Die Strasse mündet auf einen freien grossen Platz, welcher,
ehedem überwölbt, den Rittern bei besonderen Gelegenheiten als Ver-
sammlungsort diente. Wenig entfernt davon sehen wir nur mehr die
traurigen Ueberreste des Palastes des Grossmeisters und der alten,
dem heiligen Johannes geweihten Kirche, die von den Türken in eine
Moschee verwandelt wurde, jedoch ihren christlichen Namen bewahrte.
Die Türken benützten den Thurm der Kirche als Pulvermagazin; im

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Rhodos.
von Gewölben umgebenen grossen Hof, über welchem nach allen Seiten
Galerien angebracht sind, deren Arkaden auf ziemlich schweren
Säulen ruhen. Die inneren Räumlichkeiten dieses Gebäudes dienen
jetzt als Kaserne und zeitweise als Spital für die türkischen Truppen.

„Wir setzten unseren Weg durch die an architektonischem
Schmuck so reiche ‚Strada dei Cavalieri‘ mit den uralten Palästen der
Ritter verschiedener Zungen fort. Eine jede hatte ihre Herberge, auf
welcher die Wappen und Devisen der ältesten Adelsfamilien und Ge-
schlechter prangen, auch tragen sie die interessantesten Daten und
Inschriften. Dieselben sind noch unglaublich gut erhalten und recht
leserlich. Oefters sind sie über den spitzbogigen Thüren oder zwischen
den mit Leisten und Blumenguirlanden umrahmten Fenstern ange-
bracht. An den vielen eingefügten Wappenschildern erkennt man ihre
Abstammung. Am reichsten ist die französische Herberge ausgeschmückt.
Sie trägt über ihrem Haupteingange Inschriften und die Wappen des
Ordens. Die Façade ist mit Thürmchen und Zinnen gekrönt. Phanta-
stisch sind die steinernen Drachenköpfe, die als Regentraufen dienen.
Inmitten der Strasse steht die Steinkanzel, von welcher aus der je-
weilige Patriarch seine Zuhörer zur Theilnahme an den Kreuzzügen
ermahnte. Nicht weit hievon zeigte man uns einen Vorhof, von alten
Mauern eingeschlossen, in deren Mitte sich die Zweige eines in voller
Blüthe stehenden Orangenbaumes ausbreiteten, dessen frisches Grün
unter dem Schutt und Gerölle seltsam stimmte. Bedauernswerth ist es,
dass die später hinzugefügten Holzterrassen und Erker die alten Stein-
bauten so sehr entstellen; immerhin bleibt der Anblick der Strasse
ein höchst malerischer, besonders wenn die Sonne auf dem verwit-
terten Kalkstein spielt und Farbentöne vom Goldbraun bis ins Violette
hervorzaubert. Hie und da blickt man in engwinklige, überwölbte
Seitengässchen, wo tiefer, duftiger Schatten lagert, wie ihn nur der
kennt, der den Süden gesehen hat. Zeitweise bemerkt man einen
Türken, der nachlässig gegen seine Thür gelehnt ruhig raucht oder
die Strasse geschäftig hinunter eilt und dessen Erscheinung einen
eigenthümlichen Gegensatz zu dieser mittelalterlichen Welt bildet.

„Die Strasse mündet auf einen freien grossen Platz, welcher,
ehedem überwölbt, den Rittern bei besonderen Gelegenheiten als Ver-
sammlungsort diente. Wenig entfernt davon sehen wir nur mehr die
traurigen Ueberreste des Palastes des Grossmeisters und der alten,
dem heiligen Johannes geweihten Kirche, die von den Türken in eine
Moschee verwandelt wurde, jedoch ihren christlichen Namen bewahrte.
Die Türken benützten den Thurm der Kirche als Pulvermagazin; im

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[219/0239] Rhodos. von Gewölben umgebenen grossen Hof, über welchem nach allen Seiten Galerien angebracht sind, deren Arkaden auf ziemlich schweren Säulen ruhen. Die inneren Räumlichkeiten dieses Gebäudes dienen jetzt als Kaserne und zeitweise als Spital für die türkischen Truppen. „Wir setzten unseren Weg durch die an architektonischem Schmuck so reiche ‚Strada dei Cavalieri‘ mit den uralten Palästen der Ritter verschiedener Zungen fort. Eine jede hatte ihre Herberge, auf welcher die Wappen und Devisen der ältesten Adelsfamilien und Ge- schlechter prangen, auch tragen sie die interessantesten Daten und Inschriften. Dieselben sind noch unglaublich gut erhalten und recht leserlich. Oefters sind sie über den spitzbogigen Thüren oder zwischen den mit Leisten und Blumenguirlanden umrahmten Fenstern ange- bracht. An den vielen eingefügten Wappenschildern erkennt man ihre Abstammung. Am reichsten ist die französische Herberge ausgeschmückt. Sie trägt über ihrem Haupteingange Inschriften und die Wappen des Ordens. Die Façade ist mit Thürmchen und Zinnen gekrönt. Phanta- stisch sind die steinernen Drachenköpfe, die als Regentraufen dienen. Inmitten der Strasse steht die Steinkanzel, von welcher aus der je- weilige Patriarch seine Zuhörer zur Theilnahme an den Kreuzzügen ermahnte. Nicht weit hievon zeigte man uns einen Vorhof, von alten Mauern eingeschlossen, in deren Mitte sich die Zweige eines in voller Blüthe stehenden Orangenbaumes ausbreiteten, dessen frisches Grün unter dem Schutt und Gerölle seltsam stimmte. Bedauernswerth ist es, dass die später hinzugefügten Holzterrassen und Erker die alten Stein- bauten so sehr entstellen; immerhin bleibt der Anblick der Strasse ein höchst malerischer, besonders wenn die Sonne auf dem verwit- terten Kalkstein spielt und Farbentöne vom Goldbraun bis ins Violette hervorzaubert. Hie und da blickt man in engwinklige, überwölbte Seitengässchen, wo tiefer, duftiger Schatten lagert, wie ihn nur der kennt, der den Süden gesehen hat. Zeitweise bemerkt man einen Türken, der nachlässig gegen seine Thür gelehnt ruhig raucht oder die Strasse geschäftig hinunter eilt und dessen Erscheinung einen eigenthümlichen Gegensatz zu dieser mittelalterlichen Welt bildet. „Die Strasse mündet auf einen freien grossen Platz, welcher, ehedem überwölbt, den Rittern bei besonderen Gelegenheiten als Ver- sammlungsort diente. Wenig entfernt davon sehen wir nur mehr die traurigen Ueberreste des Palastes des Grossmeisters und der alten, dem heiligen Johannes geweihten Kirche, die von den Türken in eine Moschee verwandelt wurde, jedoch ihren christlichen Namen bewahrte. Die Türken benützten den Thurm der Kirche als Pulvermagazin; im 28*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/239>, abgerufen am 24.11.2024.