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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Trapezunt.

Eine grossartige Gebirgswelt ohne weite Querthäler, ohne gang-
bare Pässe schliesst das pontische Küstenland wie ein unübersteig-
barer Wall von den fruchtbaren Thälern Armeniens ab. So tief hat
Mutter Natur die Abgeschiedenheit der herrlichen Landschaften an
der Südküste des Schwarzen Meeres gestaltet, dass Armenien in seiner
alten Epoche weit mehr mit den östlichen Nachbarländern, selbst mit
dem schwer zugänglichen Kurdestan im Handelsverkehre stand, als mit
seinem eigenen Küstenlande. Der gegenwärtig viel benützte Karawanen-
weg von Trapezunt nach Erzerum ist der einzige, der von der pontischen
Küste nach dem centralen Armenien führt. Derselbe entstand bald nach
Gründung von Trapezus (756 v. Chr.), einem Werke der Milesier
von Sinope. Xenophon benützte diese Strasse, als er mit seinen 10.000
griechischen Söldnern aus dem Innern Asiens sich rettete und nach
Byzanz zog. Zwei Reiche sah das Küstenland entstehen und vergehen:
das bosporanische Reich der Skythen und die Romantik des komne-
nischen Kaiserthums von Trapezunt.

Das letztere war im Grunde genommen nur ein kleiner Ableger des byzan-
tinischen Monarchenstammes, als dieser 1204 nach Aufrichtung des lateinischen
Kaiserthums in Constantinopel zu Falle kam. Damals ward der erst vierjährige
Thronerbe Alexis durch die letzten Komnenen nach Kolchis gerettet und dort bis
zur Erlangung der Grossjährigkeit zurückgehalten. Nun erfolgte die Aufrichtung,
des Kaiserthums Trapezunt, das, ein Küstengebiet von beschränkter Ausdehnung,
mit den alten Traditionen auch alle Gebrechen und Erbsünden der Byzantiner in
sein träumerisches Dasein aufgenommen hatte.

Zu den Persern und Seldschuken unterhielt man die besten Beziehungen
um der offenen Feindschaft des aufstrebenden Osmanenthums ein Gegengewicht
zu schaffen. Nicht wenig begünstigte die Schönheit der Prinzessinnen die Richtung
dieser Politik, und mächtige Fürsten, wie Uzun Hassan, der Turkmene, und andere
traten in nahe Verwandtschaftsverhältnisse zum Kaiserhaus der Komnenen.

Das Hofleben war glänzend und der Handel -- allerdings in genuesischen
und venetianischen Händen -- häufte Reichthum in Trapezunt an.


Trapezunt.

Eine grossartige Gebirgswelt ohne weite Querthäler, ohne gang-
bare Pässe schliesst das pontische Küstenland wie ein unübersteig-
barer Wall von den fruchtbaren Thälern Armeniens ab. So tief hat
Mutter Natur die Abgeschiedenheit der herrlichen Landschaften an
der Südküste des Schwarzen Meeres gestaltet, dass Armenien in seiner
alten Epoche weit mehr mit den östlichen Nachbarländern, selbst mit
dem schwer zugänglichen Kurdestan im Handelsverkehre stand, als mit
seinem eigenen Küstenlande. Der gegenwärtig viel benützte Karawanen-
weg von Trapezunt nach Erzerum ist der einzige, der von der pontischen
Küste nach dem centralen Armenien führt. Derselbe entstand bald nach
Gründung von Trapezus (756 v. Chr.), einem Werke der Milesier
von Sinope. Xenophon benützte diese Strasse, als er mit seinen 10.000
griechischen Söldnern aus dem Innern Asiens sich rettete und nach
Byzanz zog. Zwei Reiche sah das Küstenland entstehen und vergehen:
das bosporanische Reich der Skythen und die Romantik des komne-
nischen Kaiserthums von Trapezunt.

Das letztere war im Grunde genommen nur ein kleiner Ableger des byzan-
tinischen Monarchenstammes, als dieser 1204 nach Aufrichtung des lateinischen
Kaiserthums in Constantinopel zu Falle kam. Damals ward der erst vierjährige
Thronerbe Alexis durch die letzten Komnenen nach Kolchis gerettet und dort bis
zur Erlangung der Grossjährigkeit zurückgehalten. Nun erfolgte die Aufrichtung,
des Kaiserthums Trapezunt, das, ein Küstengebiet von beschränkter Ausdehnung,
mit den alten Traditionen auch alle Gebrechen und Erbsünden der Byzantiner in
sein träumerisches Dasein aufgenommen hatte.

Zu den Persern und Seldschuken unterhielt man die besten Beziehungen
um der offenen Feindschaft des aufstrebenden Osmanenthums ein Gegengewicht
zu schaffen. Nicht wenig begünstigte die Schönheit der Prinzessinnen die Richtung
dieser Politik, und mächtige Fürsten, wie Uzun Hassan, der Turkmene, und andere
traten in nahe Verwandtschaftsverhältnisse zum Kaiserhaus der Komnenen.

Das Hofleben war glänzend und der Handel — allerdings in genuesischen
und venetianischen Händen — häufte Reichthum in Trapezunt an.


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[[191]/0211] Trapezunt. Eine grossartige Gebirgswelt ohne weite Querthäler, ohne gang- bare Pässe schliesst das pontische Küstenland wie ein unübersteig- barer Wall von den fruchtbaren Thälern Armeniens ab. So tief hat Mutter Natur die Abgeschiedenheit der herrlichen Landschaften an der Südküste des Schwarzen Meeres gestaltet, dass Armenien in seiner alten Epoche weit mehr mit den östlichen Nachbarländern, selbst mit dem schwer zugänglichen Kurdestan im Handelsverkehre stand, als mit seinem eigenen Küstenlande. Der gegenwärtig viel benützte Karawanen- weg von Trapezunt nach Erzerum ist der einzige, der von der pontischen Küste nach dem centralen Armenien führt. Derselbe entstand bald nach Gründung von Trapezus (756 v. Chr.), einem Werke der Milesier von Sinope. Xenophon benützte diese Strasse, als er mit seinen 10.000 griechischen Söldnern aus dem Innern Asiens sich rettete und nach Byzanz zog. Zwei Reiche sah das Küstenland entstehen und vergehen: das bosporanische Reich der Skythen und die Romantik des komne- nischen Kaiserthums von Trapezunt. Das letztere war im Grunde genommen nur ein kleiner Ableger des byzan- tinischen Monarchenstammes, als dieser 1204 nach Aufrichtung des lateinischen Kaiserthums in Constantinopel zu Falle kam. Damals ward der erst vierjährige Thronerbe Alexis durch die letzten Komnenen nach Kolchis gerettet und dort bis zur Erlangung der Grossjährigkeit zurückgehalten. Nun erfolgte die Aufrichtung, des Kaiserthums Trapezunt, das, ein Küstengebiet von beschränkter Ausdehnung, mit den alten Traditionen auch alle Gebrechen und Erbsünden der Byzantiner in sein träumerisches Dasein aufgenommen hatte. Zu den Persern und Seldschuken unterhielt man die besten Beziehungen um der offenen Feindschaft des aufstrebenden Osmanenthums ein Gegengewicht zu schaffen. Nicht wenig begünstigte die Schönheit der Prinzessinnen die Richtung dieser Politik, und mächtige Fürsten, wie Uzun Hassan, der Turkmene, und andere traten in nahe Verwandtschaftsverhältnisse zum Kaiserhaus der Komnenen. Das Hofleben war glänzend und der Handel — allerdings in genuesischen und venetianischen Händen — häufte Reichthum in Trapezunt an.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [191]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/211>, abgerufen am 26.11.2024.