halben war Mangel an Unterkunftsräumen, Mangel an Transport- mitteln. Für die Benützung der Lagerhäuser in Odessa und die längs der Bahnen errichteten wurden hohe Preise gefordert, und die Bauern halfen sich in ähnlicher Weise, wie die Bewohner Floridas, welche in einem sumpfigen Lande die Todten bestatten sollen. Im Lande der schwarzen Erde findet sich unter diesem humusreichen Boden fester Lehm. Der Bauer hebt den Humusboden aus, füllt die Höhle mit Stroh, zündet dieses an, und durch die Wirkung des Feuers werden die Lehmwände festgebrannt. Sodann werden die Gruben mit Getreide gefüllt und gut gedeckt.
Im ganzen Lande zeigte sich das Bestreben, durch Verbesserung der Verkehrsmittel den Abfluss des Getreides zu erleichtern. Noch mehr dringend aber erweist sich die Nothwendigkeit, den Getreide- handel Russlands zu organisiren, wobei man das mustergiltige Vor- bild der Union vor Augen hat. Russland gebührt unter allen durch die Union schwerbedrängten Agriculturstaaten Europas das Verdienst, dass es zuerst dem gefährlichen Gegner trotzig ins Gesicht zu sehen wagte und ihn jetzt mit seinen eigenen Waffen zu bekämpfen be- ginnt. Amerikas Uebergewicht liegt nicht so sehr in der billigen Production des Getreides -- Russland producirt nicht viel theurer -- als vielmehr in der grossartigen Organisation des Getreidehandels bis in die letzten Fasern. Diese Organisation sucht nun Russland zu copiren. Ein grosses schweres Unternehmen gegenüber den beste- henden corrupten Verhältnissen, aber ein Unternehmen, das bei star- kem Willen der Regierung gelingen kann, ja gelingen muss, soll Russ- land der überseeischen Concurrenz nicht erliegen. Gegen das häufig unreelle Gebaren des Zwischenhandels helfen die Elevatoren, deren im Innern Russlands eine ganze Reihe errichtet sind, allein nicht. Man muss gleichzeitig eine strenge Classification des Getreides, welches von öffent- lichen Lagerhäusern übernommen wird, einführen, auf dass wenigstens von dem Augenblicke, wo das Getreide daselbst eingelagert ist, weitere Verschlechterungen nicht mehr vorkommen können. Um Verfälschungen zu entgehen, hat man auch die Errichtung einer englisch-russischen Gesellschaft geplant, welche das Getreide direct vom Producenten kaufen soll. Allerdings kann die Regierung bei der einheimischen, weitverbreiteten Erzeugung des Getreides nicht in ähnlicher Weise direct eingreifen, wie bei dem Handel des Thees, der ausschliesslich aus dem Auslande stammt; wir lesen, dass die Regierung mit dem Plane um- geht, allen Thee auf den Zollämtern und Rentnien pfundweise auszu- wiegen und in Paketen abzusetzen, welche mit der amtlichen Ban-
Das Mittelmeerbecken.
halben war Mangel an Unterkunftsräumen, Mangel an Transport- mitteln. Für die Benützung der Lagerhäuser in Odessa und die längs der Bahnen errichteten wurden hohe Preise gefordert, und die Bauern halfen sich in ähnlicher Weise, wie die Bewohner Floridas, welche in einem sumpfigen Lande die Todten bestatten sollen. Im Lande der schwarzen Erde findet sich unter diesem humusreichen Boden fester Lehm. Der Bauer hebt den Humusboden aus, füllt die Höhle mit Stroh, zündet dieses an, und durch die Wirkung des Feuers werden die Lehmwände festgebrannt. Sodann werden die Gruben mit Getreide gefüllt und gut gedeckt.
Im ganzen Lande zeigte sich das Bestreben, durch Verbesserung der Verkehrsmittel den Abfluss des Getreides zu erleichtern. Noch mehr dringend aber erweist sich die Nothwendigkeit, den Getreide- handel Russlands zu organisiren, wobei man das mustergiltige Vor- bild der Union vor Augen hat. Russland gebührt unter allen durch die Union schwerbedrängten Agriculturstaaten Europas das Verdienst, dass es zuerst dem gefährlichen Gegner trotzig ins Gesicht zu sehen wagte und ihn jetzt mit seinen eigenen Waffen zu bekämpfen be- ginnt. Amerikas Uebergewicht liegt nicht so sehr in der billigen Production des Getreides — Russland producirt nicht viel theurer — als vielmehr in der grossartigen Organisation des Getreidehandels bis in die letzten Fasern. Diese Organisation sucht nun Russland zu copiren. Ein grosses schweres Unternehmen gegenüber den beste- henden corrupten Verhältnissen, aber ein Unternehmen, das bei star- kem Willen der Regierung gelingen kann, ja gelingen muss, soll Russ- land der überseeischen Concurrenz nicht erliegen. Gegen das häufig unreelle Gebaren des Zwischenhandels helfen die Elevatoren, deren im Innern Russlands eine ganze Reihe errichtet sind, allein nicht. Man muss gleichzeitig eine strenge Classification des Getreides, welches von öffent- lichen Lagerhäusern übernommen wird, einführen, auf dass wenigstens von dem Augenblicke, wo das Getreide daselbst eingelagert ist, weitere Verschlechterungen nicht mehr vorkommen können. Um Verfälschungen zu entgehen, hat man auch die Errichtung einer englisch-russischen Gesellschaft geplant, welche das Getreide direct vom Producenten kaufen soll. Allerdings kann die Regierung bei der einheimischen, weitverbreiteten Erzeugung des Getreides nicht in ähnlicher Weise direct eingreifen, wie bei dem Handel des Thees, der ausschliesslich aus dem Auslande stammt; wir lesen, dass die Regierung mit dem Plane um- geht, allen Thee auf den Zollämtern und Rentnien pfundweise auszu- wiegen und in Paketen abzusetzen, welche mit der amtlichen Ban-
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Das Mittelmeerbecken.
halben war Mangel an Unterkunftsräumen, Mangel an Transport-
mitteln. Für die Benützung der Lagerhäuser in Odessa und die
längs der Bahnen errichteten wurden hohe Preise gefordert, und die
Bauern halfen sich in ähnlicher Weise, wie die Bewohner Floridas,
welche in einem sumpfigen Lande die Todten bestatten sollen. Im
Lande der schwarzen Erde findet sich unter diesem humusreichen
Boden fester Lehm. Der Bauer hebt den Humusboden aus, füllt die
Höhle mit Stroh, zündet dieses an, und durch die Wirkung des Feuers
werden die Lehmwände festgebrannt. Sodann werden die Gruben
mit Getreide gefüllt und gut gedeckt.
Im ganzen Lande zeigte sich das Bestreben, durch Verbesserung
der Verkehrsmittel den Abfluss des Getreides zu erleichtern. Noch
mehr dringend aber erweist sich die Nothwendigkeit, den Getreide-
handel Russlands zu organisiren, wobei man das mustergiltige Vor-
bild der Union vor Augen hat. Russland gebührt unter allen durch
die Union schwerbedrängten Agriculturstaaten Europas das Verdienst,
dass es zuerst dem gefährlichen Gegner trotzig ins Gesicht zu sehen
wagte und ihn jetzt mit seinen eigenen Waffen zu bekämpfen be-
ginnt. Amerikas Uebergewicht liegt nicht so sehr in der billigen
Production des Getreides — Russland producirt nicht viel theurer —
als vielmehr in der grossartigen Organisation des Getreidehandels bis
in die letzten Fasern. Diese Organisation sucht nun Russland zu
copiren. Ein grosses schweres Unternehmen gegenüber den beste-
henden corrupten Verhältnissen, aber ein Unternehmen, das bei star-
kem Willen der Regierung gelingen kann, ja gelingen muss, soll Russ-
land der überseeischen Concurrenz nicht erliegen. Gegen das häufig
unreelle Gebaren des Zwischenhandels helfen die Elevatoren, deren im
Innern Russlands eine ganze Reihe errichtet sind, allein nicht. Man muss
gleichzeitig eine strenge Classification des Getreides, welches von öffent-
lichen Lagerhäusern übernommen wird, einführen, auf dass wenigstens
von dem Augenblicke, wo das Getreide daselbst eingelagert ist, weitere
Verschlechterungen nicht mehr vorkommen können. Um Verfälschungen
zu entgehen, hat man auch die Errichtung einer englisch-russischen
Gesellschaft geplant, welche das Getreide direct vom Producenten
kaufen soll. Allerdings kann die Regierung bei der einheimischen,
weitverbreiteten Erzeugung des Getreides nicht in ähnlicher Weise direct
eingreifen, wie bei dem Handel des Thees, der ausschliesslich aus dem
Auslande stammt; wir lesen, dass die Regierung mit dem Plane um-
geht, allen Thee auf den Zollämtern und Rentnien pfundweise auszu-
wiegen und in Paketen abzusetzen, welche mit der amtlichen Ban-
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/192>, abgerufen am 25.11.2024.
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