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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
Regierung der Gesellschaft für die Schiffahrt auf der Donau, welche jetzt bereits bis
Widdin ausgedehnt ist, und für die Befahrung des Pruth eine ansehnliche Subvention,
von welcher das Unternehmen in der Hauptsache lebt. Denn mit den Frachten
ging man aus Concurrenzrücksichten gegen die k. k. Donau-Dampfschiffahrts-Ge-
sellschaft auf einen Stand hinunter, der keinen Nutzen mehr abwirft. Aber auch
die österreichische Gesellschaft befindet sich in einer keineswegs beneidenswerthen
Lage; sie muss den theuren Personenverkehr aufrecht erhalten, der seit dem Aus-
baue des ungarischen und rumänischen Bahnnetzes in diesen beiden Staaten nicht
mehr rentabel ist; er kann höchstens für das bulgarische Ufer als unentbehrlich
bezeichnet werden und ist sehr wichtig für den Localverkehr zwischen Galatz
und Braila.

Sowie Eisenbahnen parallel mit den Flüssen gebaut sind, hat für die Schiffs-
gesellschaften der Personenverkehr nur in Gegenden Werth, welche, wie der Rhein
auf der Strecke Mainz-Köln, sich eines ausnehmend reichen Verkehres von Touristen
zu erfreuen haben. Man muss auch bedenken, dass seit dem Zollkriege zwischen
Oesterreich-Ungarn und Rumänien der Verkehr auf dem oberen Theile der
rumänisch-bulgarischen Donau in beiden Richtungen wesentlich beschränkt ist.
Alles drängt von den mittleren und unteren Theilen des rumänischen Gebietes
zum Schwarzen Meere hinaus, aber es fehlen bis auf kaukasisches Petroleum die
umfangreichen Gegenfrachten von Naturproducten, welche ein Weltmeer, wie der
atlantische Ocean, dem Rheine oder der Schelde zuführt. Auch die Vertiefung des
eisernen Thores unterhalb Orsova wird die Dinge für die Flussschiffahrt nicht
besonders bessern, wenn nicht die Schranke beseitigt wird, welche heute zwischen
Oesterreich-Ungarn und Rumänien aufgerichtet ist. Dann wird die Donaustrasse
aufwärts besser ausgenützt werden können und diese Verkehrsrichtung durch die
heute schon eingerichtete Beförderung kaukasischen Petroleums, für welches die
österreichische und die russische Gesellschaft die Errichtung von Reservoirs an
passenden Orten planen, eine wesentliche Förderung erhalten. Für russisches
Petroleum kann die Donau in Mitteleuropa eine ähnliche Stellung einnehmen, wie
die Wolga in Russland. Man hat bisher die Donaustrasse zu sehr in ihrer Be-
deutung für den Verkehr nach dem Osten beachtet, ihre Zukunft liegt in der
Entwicklung des Handels nach dem Westen.

Galatz im Besonderen erwartet mit Sehnsucht die Vollendung
der staatlichen Docks und die Entwicklung eines Waarenverkehres.
Die zahlreich entstandenen Privatmagazine sind kein vollwerthiger
Ersatz derselben. Dann wird sich Galatz wieder aus dem materiellen
Niedergange erheben, in welchem es seit 1883 (Aufhebung des Frei-
hafens) begriffen ist.

Dem Handel dienen vor allem die Getreidebörse und die rumä-
nische Bank.

Um den Verkehr auf der unteren Donau aufrecht zu erhalten, besteht
seit dem Pariser Vertrage (30. März 1856) eine von der rumänischen
Regierung unabhängige Europäische Donau-Commission mit
dem Sitze in Galatz. Mitglieder waren ursprünglich die Vertreter der
Mächte, welche den Pariser Vertrag unterzeichnet hatten. Seit dem

Das Mittelmeerbecken.
Regierung der Gesellschaft für die Schiffahrt auf der Donau, welche jetzt bereits bis
Widdin ausgedehnt ist, und für die Befahrung des Pruth eine ansehnliche Subvention,
von welcher das Unternehmen in der Hauptsache lebt. Denn mit den Frachten
ging man aus Concurrenzrücksichten gegen die k. k. Donau-Dampfschiffahrts-Ge-
sellschaft auf einen Stand hinunter, der keinen Nutzen mehr abwirft. Aber auch
die österreichische Gesellschaft befindet sich in einer keineswegs beneidenswerthen
Lage; sie muss den theuren Personenverkehr aufrecht erhalten, der seit dem Aus-
baue des ungarischen und rumänischen Bahnnetzes in diesen beiden Staaten nicht
mehr rentabel ist; er kann höchstens für das bulgarische Ufer als unentbehrlich
bezeichnet werden und ist sehr wichtig für den Localverkehr zwischen Galatz
und Braila.

Sowie Eisenbahnen parallel mit den Flüssen gebaut sind, hat für die Schiffs-
gesellschaften der Personenverkehr nur in Gegenden Werth, welche, wie der Rhein
auf der Strecke Mainz-Köln, sich eines ausnehmend reichen Verkehres von Touristen
zu erfreuen haben. Man muss auch bedenken, dass seit dem Zollkriege zwischen
Oesterreich-Ungarn und Rumänien der Verkehr auf dem oberen Theile der
rumänisch-bulgarischen Donau in beiden Richtungen wesentlich beschränkt ist.
Alles drängt von den mittleren und unteren Theilen des rumänischen Gebietes
zum Schwarzen Meere hinaus, aber es fehlen bis auf kaukasisches Petroleum die
umfangreichen Gegenfrachten von Naturproducten, welche ein Weltmeer, wie der
atlantische Ocean, dem Rheine oder der Schelde zuführt. Auch die Vertiefung des
eisernen Thores unterhalb Orsova wird die Dinge für die Flussschiffahrt nicht
besonders bessern, wenn nicht die Schranke beseitigt wird, welche heute zwischen
Oesterreich-Ungarn und Rumänien aufgerichtet ist. Dann wird die Donaustrasse
aufwärts besser ausgenützt werden können und diese Verkehrsrichtung durch die
heute schon eingerichtete Beförderung kaukasischen Petroleums, für welches die
österreichische und die russische Gesellschaft die Errichtung von Reservoirs an
passenden Orten planen, eine wesentliche Förderung erhalten. Für russisches
Petroleum kann die Donau in Mitteleuropa eine ähnliche Stellung einnehmen, wie
die Wolga in Russland. Man hat bisher die Donaustrasse zu sehr in ihrer Be-
deutung für den Verkehr nach dem Osten beachtet, ihre Zukunft liegt in der
Entwicklung des Handels nach dem Westen.

Galatz im Besonderen erwartet mit Sehnsucht die Vollendung
der staatlichen Docks und die Entwicklung eines Waarenverkehres.
Die zahlreich entstandenen Privatmagazine sind kein vollwerthiger
Ersatz derselben. Dann wird sich Galatz wieder aus dem materiellen
Niedergange erheben, in welchem es seit 1883 (Aufhebung des Frei-
hafens) begriffen ist.

Dem Handel dienen vor allem die Getreidebörse und die rumä-
nische Bank.

Um den Verkehr auf der unteren Donau aufrecht zu erhalten, besteht
seit dem Pariser Vertrage (30. März 1856) eine von der rumänischen
Regierung unabhängige Europäische Donau-Commission mit
dem Sitze in Galatz. Mitglieder waren ursprünglich die Vertreter der
Mächte, welche den Pariser Vertrag unterzeichnet hatten. Seit dem

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[162/0182] Das Mittelmeerbecken. Regierung der Gesellschaft für die Schiffahrt auf der Donau, welche jetzt bereits bis Widdin ausgedehnt ist, und für die Befahrung des Pruth eine ansehnliche Subvention, von welcher das Unternehmen in der Hauptsache lebt. Denn mit den Frachten ging man aus Concurrenzrücksichten gegen die k. k. Donau-Dampfschiffahrts-Ge- sellschaft auf einen Stand hinunter, der keinen Nutzen mehr abwirft. Aber auch die österreichische Gesellschaft befindet sich in einer keineswegs beneidenswerthen Lage; sie muss den theuren Personenverkehr aufrecht erhalten, der seit dem Aus- baue des ungarischen und rumänischen Bahnnetzes in diesen beiden Staaten nicht mehr rentabel ist; er kann höchstens für das bulgarische Ufer als unentbehrlich bezeichnet werden und ist sehr wichtig für den Localverkehr zwischen Galatz und Braila. Sowie Eisenbahnen parallel mit den Flüssen gebaut sind, hat für die Schiffs- gesellschaften der Personenverkehr nur in Gegenden Werth, welche, wie der Rhein auf der Strecke Mainz-Köln, sich eines ausnehmend reichen Verkehres von Touristen zu erfreuen haben. Man muss auch bedenken, dass seit dem Zollkriege zwischen Oesterreich-Ungarn und Rumänien der Verkehr auf dem oberen Theile der rumänisch-bulgarischen Donau in beiden Richtungen wesentlich beschränkt ist. Alles drängt von den mittleren und unteren Theilen des rumänischen Gebietes zum Schwarzen Meere hinaus, aber es fehlen bis auf kaukasisches Petroleum die umfangreichen Gegenfrachten von Naturproducten, welche ein Weltmeer, wie der atlantische Ocean, dem Rheine oder der Schelde zuführt. Auch die Vertiefung des eisernen Thores unterhalb Orsova wird die Dinge für die Flussschiffahrt nicht besonders bessern, wenn nicht die Schranke beseitigt wird, welche heute zwischen Oesterreich-Ungarn und Rumänien aufgerichtet ist. Dann wird die Donaustrasse aufwärts besser ausgenützt werden können und diese Verkehrsrichtung durch die heute schon eingerichtete Beförderung kaukasischen Petroleums, für welches die österreichische und die russische Gesellschaft die Errichtung von Reservoirs an passenden Orten planen, eine wesentliche Förderung erhalten. Für russisches Petroleum kann die Donau in Mitteleuropa eine ähnliche Stellung einnehmen, wie die Wolga in Russland. Man hat bisher die Donaustrasse zu sehr in ihrer Be- deutung für den Verkehr nach dem Osten beachtet, ihre Zukunft liegt in der Entwicklung des Handels nach dem Westen. Galatz im Besonderen erwartet mit Sehnsucht die Vollendung der staatlichen Docks und die Entwicklung eines Waarenverkehres. Die zahlreich entstandenen Privatmagazine sind kein vollwerthiger Ersatz derselben. Dann wird sich Galatz wieder aus dem materiellen Niedergange erheben, in welchem es seit 1883 (Aufhebung des Frei- hafens) begriffen ist. Dem Handel dienen vor allem die Getreidebörse und die rumä- nische Bank. Um den Verkehr auf der unteren Donau aufrecht zu erhalten, besteht seit dem Pariser Vertrage (30. März 1856) eine von der rumänischen Regierung unabhängige Europäische Donau-Commission mit dem Sitze in Galatz. Mitglieder waren ursprünglich die Vertreter der Mächte, welche den Pariser Vertrag unterzeichnet hatten. Seit dem

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/182>, abgerufen am 22.11.2024.