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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
welchen sie in guten Jahren hatte. England, Oesterreich-Ungarn und die Türkei
sind dabei am stärksten betheiligt.

Zucker kommt hier, wie überall am ägäischen Meere, über Triest aus
Oesterreich-Ungarn; die Einfuhr übersteigt den Werth von 3 Millionen Francs. Die
Stellung von Triest als Hafen für den Zuckerhandel nach Salonich wird bedroht
zunächst von der Eisenbahnlinie über Belgrad, auf welcher, wie erwähnt, mährischer
Zucker bis Üsküb vordringt; bald dürfte ungarischer Zucker denselben Weg ein-
schlagen. Auf dem Seewege treten nun auch Marseille und Odessa in Concurrenz
mit Triest. Von Kaffee (1887 13.000 q) kommt das meiste über England und
Triest, Reis direct aus Rangoon oder über England, als Ergänzung der einhei-
mischen Ernte. Holz und Salz liefert die Türkei, Steinkohlen England. Petro-
leum
wurde bisher aus Amerika und Russland gebracht, 1889 kamen in der ersten
Jahreshälfte aus Amerika keine Sendungen mehr.

Den Haupttheil der Einfuhr bilden Baumwollfabricate (um 6 Millionen
Francs), die ebenso wie Säcke und Sackleinwand überwiegend aus England stam-
men; Oesterreich-Ungarn hat den stärksten Antheil an der Einfuhr von Schafwoll-
waaren, Papier, Holzwaaren, Quincaillerien, Goldfäden und fertigen Kleidern.
Wirkwaaren liefert Deutschland. Den Ledermarkt beherrschen Frankreich und
Griechenland, Metallwaaren kommen aus England, Seife aus der Türkei und
Griechenland, Seidenwaaren aus der Schweiz, Oel aus Griechenland und Italien,
Alkohol aus Russland. Bemerkenswerth ist, dass Belgien in einer Reihe von
Artikeln England zurückdrängt.

Der Schiffsverkehr von Salonich hatte in den letzten zwei Jahren fol-
gende Grösse:

[Tabelle]

Aber man darf sich durch die hohen Ziffern des Tonnenverkehres nicht
täuschen lassen. Was insbesondere die Dampfschiffahrt betrifft, so sind nur selten
ganze Schiffsladungen für diesen Platz bestimmt, ausgenommen die Fahrzeuge,
welche Petroleum, Kohle oder Reis bringen. Directe Rückfrachten kommen bei
Dampfern nur dann vor, wenn diese Getreide nach nordischen Häfen führen. Als
Echelle laufen Salonich an: der Oesterreichisch-ungarische Lloyd (thessalische Linie),
die Messageries Maritimes aus Marseille mit 2 Linien, Fraissinet & Cie. aus Mar-
seille mit 2 Linien; die Navigazione Generale Italiana; ausser diesen 2 türkische,
1 griechische und 2 englische Unternehmungen. Die eigentlichen Frachtdampfer
sind fast ausschliesslich britischer Nationalität.

An der Spitze des Tonnenverkehres steht die französische Flagge, an sie
reihen sich die britische, die österreichisch-ungarische und die türkische Flagge.
Unter letzterer fahren auch die meisten Segelschiffe.

Wir haben schon erwähnt, dass dem Handel Salonichs durch die
Eröffnung des Bahnanschlusses nach Belgrad das nördliche Makedonien,
wenigstens für Zucker und Mehl, verloren gegangen ist. Den Handel
nach Serbien über Salonich zu leiten, ist für die allernächste Zeit auch
wenig Aussicht, da der ganze Export Serbiens nach Norden, hauptsäch-

Das Mittelmeerbecken.
welchen sie in guten Jahren hatte. England, Oesterreich-Ungarn und die Türkei
sind dabei am stärksten betheiligt.

Zucker kommt hier, wie überall am ägäischen Meere, über Triest aus
Oesterreich-Ungarn; die Einfuhr übersteigt den Werth von 3 Millionen Francs. Die
Stellung von Triest als Hafen für den Zuckerhandel nach Salonich wird bedroht
zunächst von der Eisenbahnlinie über Belgrad, auf welcher, wie erwähnt, mährischer
Zucker bis Üsküb vordringt; bald dürfte ungarischer Zucker denselben Weg ein-
schlagen. Auf dem Seewege treten nun auch Marseille und Odessa in Concurrenz
mit Triest. Von Kaffee (1887 13.000 q) kommt das meiste über England und
Triest, Reis direct aus Rangoon oder über England, als Ergänzung der einhei-
mischen Ernte. Holz und Salz liefert die Türkei, Steinkohlen England. Petro-
leum
wurde bisher aus Amerika und Russland gebracht, 1889 kamen in der ersten
Jahreshälfte aus Amerika keine Sendungen mehr.

Den Haupttheil der Einfuhr bilden Baumwollfabricate (um 6 Millionen
Francs), die ebenso wie Säcke und Sackleinwand überwiegend aus England stam-
men; Oesterreich-Ungarn hat den stärksten Antheil an der Einfuhr von Schafwoll-
waaren, Papier, Holzwaaren, Quinçaillerien, Goldfäden und fertigen Kleidern.
Wirkwaaren liefert Deutschland. Den Ledermarkt beherrschen Frankreich und
Griechenland, Metallwaaren kommen aus England, Seife aus der Türkei und
Griechenland, Seidenwaaren aus der Schweiz, Oel aus Griechenland und Italien,
Alkohol aus Russland. Bemerkenswerth ist, dass Belgien in einer Reihe von
Artikeln England zurückdrängt.

Der Schiffsverkehr von Salonich hatte in den letzten zwei Jahren fol-
gende Grösse:

[Tabelle]

Aber man darf sich durch die hohen Ziffern des Tonnenverkehres nicht
täuschen lassen. Was insbesondere die Dampfschiffahrt betrifft, so sind nur selten
ganze Schiffsladungen für diesen Platz bestimmt, ausgenommen die Fahrzeuge,
welche Petroleum, Kohle oder Reis bringen. Directe Rückfrachten kommen bei
Dampfern nur dann vor, wenn diese Getreide nach nordischen Häfen führen. Als
Echelle laufen Salonich an: der Oesterreichisch-ungarische Lloyd (thessalische Linie),
die Messageries Maritimes aus Marseille mit 2 Linien, Fraissinet & Cie. aus Mar-
seille mit 2 Linien; die Navigazione Generale Italiana; ausser diesen 2 türkische,
1 griechische und 2 englische Unternehmungen. Die eigentlichen Frachtdampfer
sind fast ausschliesslich britischer Nationalität.

An der Spitze des Tonnenverkehres steht die französische Flagge, an sie
reihen sich die britische, die österreichisch-ungarische und die türkische Flagge.
Unter letzterer fahren auch die meisten Segelschiffe.

Wir haben schon erwähnt, dass dem Handel Salonichs durch die
Eröffnung des Bahnanschlusses nach Belgrad das nördliche Makedonien,
wenigstens für Zucker und Mehl, verloren gegangen ist. Den Handel
nach Serbien über Salonich zu leiten, ist für die allernächste Zeit auch
wenig Aussicht, da der ganze Export Serbiens nach Norden, hauptsäch-

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[104/0124] Das Mittelmeerbecken. welchen sie in guten Jahren hatte. England, Oesterreich-Ungarn und die Türkei sind dabei am stärksten betheiligt. Zucker kommt hier, wie überall am ägäischen Meere, über Triest aus Oesterreich-Ungarn; die Einfuhr übersteigt den Werth von 3 Millionen Francs. Die Stellung von Triest als Hafen für den Zuckerhandel nach Salonich wird bedroht zunächst von der Eisenbahnlinie über Belgrad, auf welcher, wie erwähnt, mährischer Zucker bis Üsküb vordringt; bald dürfte ungarischer Zucker denselben Weg ein- schlagen. Auf dem Seewege treten nun auch Marseille und Odessa in Concurrenz mit Triest. Von Kaffee (1887 13.000 q) kommt das meiste über England und Triest, Reis direct aus Rangoon oder über England, als Ergänzung der einhei- mischen Ernte. Holz und Salz liefert die Türkei, Steinkohlen England. Petro- leum wurde bisher aus Amerika und Russland gebracht, 1889 kamen in der ersten Jahreshälfte aus Amerika keine Sendungen mehr. Den Haupttheil der Einfuhr bilden Baumwollfabricate (um 6 Millionen Francs), die ebenso wie Säcke und Sackleinwand überwiegend aus England stam- men; Oesterreich-Ungarn hat den stärksten Antheil an der Einfuhr von Schafwoll- waaren, Papier, Holzwaaren, Quinçaillerien, Goldfäden und fertigen Kleidern. Wirkwaaren liefert Deutschland. Den Ledermarkt beherrschen Frankreich und Griechenland, Metallwaaren kommen aus England, Seife aus der Türkei und Griechenland, Seidenwaaren aus der Schweiz, Oel aus Griechenland und Italien, Alkohol aus Russland. Bemerkenswerth ist, dass Belgien in einer Reihe von Artikeln England zurückdrängt. Der Schiffsverkehr von Salonich hatte in den letzten zwei Jahren fol- gende Grösse: _ Aber man darf sich durch die hohen Ziffern des Tonnenverkehres nicht täuschen lassen. Was insbesondere die Dampfschiffahrt betrifft, so sind nur selten ganze Schiffsladungen für diesen Platz bestimmt, ausgenommen die Fahrzeuge, welche Petroleum, Kohle oder Reis bringen. Directe Rückfrachten kommen bei Dampfern nur dann vor, wenn diese Getreide nach nordischen Häfen führen. Als Echelle laufen Salonich an: der Oesterreichisch-ungarische Lloyd (thessalische Linie), die Messageries Maritimes aus Marseille mit 2 Linien, Fraissinet & Cie. aus Mar- seille mit 2 Linien; die Navigazione Generale Italiana; ausser diesen 2 türkische, 1 griechische und 2 englische Unternehmungen. Die eigentlichen Frachtdampfer sind fast ausschliesslich britischer Nationalität. An der Spitze des Tonnenverkehres steht die französische Flagge, an sie reihen sich die britische, die österreichisch-ungarische und die türkische Flagge. Unter letzterer fahren auch die meisten Segelschiffe. Wir haben schon erwähnt, dass dem Handel Salonichs durch die Eröffnung des Bahnanschlusses nach Belgrad das nördliche Makedonien, wenigstens für Zucker und Mehl, verloren gegangen ist. Den Handel nach Serbien über Salonich zu leiten, ist für die allernächste Zeit auch wenig Aussicht, da der ganze Export Serbiens nach Norden, hauptsäch-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/124>, abgerufen am 26.11.2024.