An der Südküste von England, gedeckt durch die liebliche Insel Wight, den heute bevorzugten Sommeraufenthalt der königlichen Familie und Tausender wohlhabender Leute des Landes*), befinden sich mehrfache Einbuchtungen, welche der Schiffahrt grosse Vortheile gewähren und an denen sich bedeutende Hafenplätze entwickelt haben. In erster Linie steht jener tiefe Einschnitt (Southampton Water), in dessen Hintergrund unter 50° 54' nördl. Br. und 1° 25' westl. L. v. Gr. die Stadt Southampton gelegen ist und der schon den Römern als Portus Trisantonis bekannt war. Ostwärts von dieser Bucht liegt heute der grosse Kriegshafen Portsmouth mit der bei Flotten- versammlungen oftmals genannten Rhede von Spithead.
Southampton war stets ein wichtiger Seeplatz, weil es die Verbindung mit der jenseitigen Küste sehr erleichterte. Darum haben die Römer dort ein festes Standquartier errichtet, welches Clausentum benannt war und von dem sich mancherlei Ueberreste in der Umgegend der heutigen Stadt vorfinden. Auch die Angelsachsen, zu deren Reich Westsex der Landstrich zählte, hielten die römische Niederlassung in Stand und hatten in Hamdun einen ansehnlichen Ort, welcher schon sich einer gewissen Handelsthätigkeit erfreute, von ihrem Könige mancherlei Begünstigungen erhielt, der aber auch unter den Einfällen der Dänen mehrmals zu leiden hatte. Der grosse Dänenkönig Knut nahm in Hamdun sogar mit Vorliebe Residenz. Als die Normannen England erobert hatten, ward ihnen der damals bereits unter seinem heutigen Namen erscheinende Platz deshalb von grosser Wichtigkeit, weil sie von dort aus rasch und sicher nach ihren Besitzungen auf der anderen Seite des Canales verkehren konnten. Unter diesen Verhältnissen entwickelte sich daselbst ein reges Leben, welches durch das ganze Mittelalter hindurch bis auf unsere Tage anhielt.
Schon früh wird uns berichtet, dass mit Southampton nicht nur Kaufleute des benachbarten Continentes, sondern auch solche aus Genua und Spanien in Verbindung getreten waren. Freilich hatte die Stadt infolge ihrer Lage auch unter den Kriegen zu leiden, welche England mit Frankreich und Spanien führte.
*) Der anmuthige Villenort West-Cowes auf der Insel Wight ist das Hauptquartier des grossen englischen Yachtclubs "Royal Yacht Squadron", welcher hier seine berühmten Wettfahrten veranstaltet.
Southampton.
An der Südküste von England, gedeckt durch die liebliche Insel Wight, den heute bevorzugten Sommeraufenthalt der königlichen Familie und Tausender wohlhabender Leute des Landes*), befinden sich mehrfache Einbuchtungen, welche der Schiffahrt grosse Vortheile gewähren und an denen sich bedeutende Hafenplätze entwickelt haben. In erster Linie steht jener tiefe Einschnitt (Southampton Water), in dessen Hintergrund unter 50° 54′ nördl. Br. und 1° 25′ westl. L. v. Gr. die Stadt Southampton gelegen ist und der schon den Römern als Portus Trisantonis bekannt war. Ostwärts von dieser Bucht liegt heute der grosse Kriegshafen Portsmouth mit der bei Flotten- versammlungen oftmals genannten Rhede von Spithead.
Southampton war stets ein wichtiger Seeplatz, weil es die Verbindung mit der jenseitigen Küste sehr erleichterte. Darum haben die Römer dort ein festes Standquartier errichtet, welches Clausentum benannt war und von dem sich mancherlei Ueberreste in der Umgegend der heutigen Stadt vorfinden. Auch die Angelsachsen, zu deren Reich Westsex der Landstrich zählte, hielten die römische Niederlassung in Stand und hatten in Hamdun einen ansehnlichen Ort, welcher schon sich einer gewissen Handelsthätigkeit erfreute, von ihrem Könige mancherlei Begünstigungen erhielt, der aber auch unter den Einfällen der Dänen mehrmals zu leiden hatte. Der grosse Dänenkönig Knut nahm in Hamdun sogar mit Vorliebe Residenz. Als die Normannen England erobert hatten, ward ihnen der damals bereits unter seinem heutigen Namen erscheinende Platz deshalb von grosser Wichtigkeit, weil sie von dort aus rasch und sicher nach ihren Besitzungen auf der anderen Seite des Canales verkehren konnten. Unter diesen Verhältnissen entwickelte sich daselbst ein reges Leben, welches durch das ganze Mittelalter hindurch bis auf unsere Tage anhielt.
Schon früh wird uns berichtet, dass mit Southampton nicht nur Kaufleute des benachbarten Continentes, sondern auch solche aus Genua und Spanien in Verbindung getreten waren. Freilich hatte die Stadt infolge ihrer Lage auch unter den Kriegen zu leiden, welche England mit Frankreich und Spanien führte.
*) Der anmuthige Villenort West-Cowes auf der Insel Wight ist das Hauptquartier des grossen englischen Yachtclubs „Royal Yacht Squadron“, welcher hier seine berühmten Wettfahrten veranstaltet.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f1083"n="[1063]"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Southampton.</hi></head><lb/><p>An der Südküste von England, gedeckt durch die liebliche<lb/>
Insel Wight, den heute bevorzugten Sommeraufenthalt der königlichen<lb/>
Familie und Tausender wohlhabender Leute des Landes<noteplace="foot"n="*)">Der anmuthige Villenort West-Cowes auf der Insel Wight ist das<lb/>
Hauptquartier des grossen englischen Yachtclubs „Royal Yacht Squadron“, welcher<lb/>
hier seine berühmten Wettfahrten veranstaltet.</note>, befinden<lb/>
sich mehrfache Einbuchtungen, welche der Schiffahrt grosse Vortheile<lb/>
gewähren und an denen sich bedeutende Hafenplätze entwickelt haben.<lb/>
In erster Linie steht jener tiefe Einschnitt (Southampton Water), in<lb/>
dessen Hintergrund unter 50° 54′ nördl. Br. und 1° 25′ westl.<lb/>
L. v. Gr. die Stadt <hirendition="#g">Southampton</hi> gelegen ist und der schon den<lb/>
Römern als Portus Trisantonis bekannt war. Ostwärts von dieser Bucht<lb/>
liegt heute der grosse Kriegshafen Portsmouth mit der bei Flotten-<lb/>
versammlungen oftmals genannten Rhede von Spithead.</p><lb/><p>Southampton war stets ein wichtiger Seeplatz, weil es die Verbindung mit<lb/>
der jenseitigen Küste sehr erleichterte. Darum haben die Römer dort ein festes<lb/>
Standquartier errichtet, welches Clausentum benannt war und von dem sich<lb/>
mancherlei Ueberreste in der Umgegend der heutigen Stadt vorfinden. Auch die<lb/>
Angelsachsen, zu deren Reich Westsex der Landstrich zählte, hielten die römische<lb/>
Niederlassung in Stand und hatten in Hamdun einen ansehnlichen Ort, welcher<lb/>
schon sich einer gewissen Handelsthätigkeit erfreute, von ihrem Könige mancherlei<lb/>
Begünstigungen erhielt, der aber auch unter den Einfällen der Dänen mehrmals<lb/>
zu leiden hatte. Der grosse Dänenkönig Knut nahm in Hamdun sogar mit Vorliebe<lb/>
Residenz. Als die Normannen England erobert hatten, ward ihnen der damals<lb/>
bereits unter seinem heutigen Namen erscheinende Platz deshalb von grosser<lb/>
Wichtigkeit, weil sie von dort aus rasch und sicher nach ihren Besitzungen auf<lb/>
der anderen Seite des Canales verkehren konnten. Unter diesen Verhältnissen<lb/>
entwickelte sich daselbst ein reges Leben, welches durch das ganze Mittelalter<lb/>
hindurch bis auf unsere Tage anhielt.</p><lb/><p>Schon früh wird uns berichtet, dass mit Southampton nicht nur Kaufleute<lb/>
des benachbarten Continentes, sondern auch solche aus Genua und Spanien in<lb/>
Verbindung getreten waren. Freilich hatte die Stadt infolge ihrer Lage auch<lb/>
unter den Kriegen zu leiden, welche England mit Frankreich und Spanien führte.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[[1063]/1083]
Southampton.
An der Südküste von England, gedeckt durch die liebliche
Insel Wight, den heute bevorzugten Sommeraufenthalt der königlichen
Familie und Tausender wohlhabender Leute des Landes *), befinden
sich mehrfache Einbuchtungen, welche der Schiffahrt grosse Vortheile
gewähren und an denen sich bedeutende Hafenplätze entwickelt haben.
In erster Linie steht jener tiefe Einschnitt (Southampton Water), in
dessen Hintergrund unter 50° 54′ nördl. Br. und 1° 25′ westl.
L. v. Gr. die Stadt Southampton gelegen ist und der schon den
Römern als Portus Trisantonis bekannt war. Ostwärts von dieser Bucht
liegt heute der grosse Kriegshafen Portsmouth mit der bei Flotten-
versammlungen oftmals genannten Rhede von Spithead.
Southampton war stets ein wichtiger Seeplatz, weil es die Verbindung mit
der jenseitigen Küste sehr erleichterte. Darum haben die Römer dort ein festes
Standquartier errichtet, welches Clausentum benannt war und von dem sich
mancherlei Ueberreste in der Umgegend der heutigen Stadt vorfinden. Auch die
Angelsachsen, zu deren Reich Westsex der Landstrich zählte, hielten die römische
Niederlassung in Stand und hatten in Hamdun einen ansehnlichen Ort, welcher
schon sich einer gewissen Handelsthätigkeit erfreute, von ihrem Könige mancherlei
Begünstigungen erhielt, der aber auch unter den Einfällen der Dänen mehrmals
zu leiden hatte. Der grosse Dänenkönig Knut nahm in Hamdun sogar mit Vorliebe
Residenz. Als die Normannen England erobert hatten, ward ihnen der damals
bereits unter seinem heutigen Namen erscheinende Platz deshalb von grosser
Wichtigkeit, weil sie von dort aus rasch und sicher nach ihren Besitzungen auf
der anderen Seite des Canales verkehren konnten. Unter diesen Verhältnissen
entwickelte sich daselbst ein reges Leben, welches durch das ganze Mittelalter
hindurch bis auf unsere Tage anhielt.
Schon früh wird uns berichtet, dass mit Southampton nicht nur Kaufleute
des benachbarten Continentes, sondern auch solche aus Genua und Spanien in
Verbindung getreten waren. Freilich hatte die Stadt infolge ihrer Lage auch
unter den Kriegen zu leiden, welche England mit Frankreich und Spanien führte.
*) Der anmuthige Villenort West-Cowes auf der Insel Wight ist das
Hauptquartier des grossen englischen Yachtclubs „Royal Yacht Squadron“, welcher
hier seine berühmten Wettfahrten veranstaltet.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [1063]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/1083>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.