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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.

Newcastle als Stadt war lange Zeit durch enge Mauern einge-
engt, die freilich einstens zur ofterprobten Schutzwehr gedient hatten,
jedoch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts dem nothwendigen
Drange nach Expansion weichen mussten. Um den alten Kern setzte sich
eine neue Stadt an, welche an Ausdehnung bald ihre ältere Schwester
übertraf. Newcastle, welches im Ausgange des vorigen Jahrhundert nicht
viel über 30.000 Einwohner zählte, hat nunmehr mit Einschluss von
Gateshead, der auf dem südlichen Ufer des Flusses gelegenen, be-
deutenden Vorstadt, die stattliche Ziffer von 230.000 erreicht.

Newcastle verdankt diese unerhörte Blüthe, wie so viele andere
Städte Englands, der Kohle. Obwohl schon im Jahre 1325 von einem
Schiffe berichtet wird, welches Kohlenhandel nach Frankreich getrieben
hat, und dann wieder aus dem Jahre 1600, dass zahlreiche Schiffe
nach London abgingen, um die Metropole mit diesem Brennstoffe zu
versehen, so fällt die grosse Entwicklung doch erst in das laufende Jahr-
hundert, wo die wahre Bedeutung der schwarzen Diamanten für In-
dustrie, Schiffahrt, Handel und Technik zum Durchbruche kam. Hier
wie in ganz Britannien begegnen wir überall, wo Grosses ge-
schaffen wird, der Kohle. Am Tyne hat sich ein mächtiges industrielles
Leben entwickelt, welches nicht nur in Newcastle selbst, sondern auch
in den beiden an der Mündung gelegenen Orten North- und South-
Shields reich pulsirt und auch noch bei Tynemouth, zugleich einem
gut besuchten Badeorte, zur Erscheinung gelangt.

Die Stadt Newcastle selbst weist, wie wir schon erwähnt haben,
zunächst als besondere Sehenswürdigkeit das alte Normannenschloss
auf, das noch gut erhalten ist und als Typus damaliger Bauart gelten
kann. Freilich bietet heute der Ausblick von dessen Thurme ein ganz
anderes Bild als in den Zeiten, wo man von dort aus den oft be-
drohten Uebergang über den Tyne bewachte. Ueberall, soweit das
Auge reicht, Bilder der regsten friedlichen Thätigkeit, Häuser, indu-
strielle Anlagen und Schiffahrt. Kriegslärm und Angst vor räuberischen
Nachbarn ist längst dem Pusten der Maschinen gewichen. In dem
alten Stadttheile finden wir auch noch manche Gebäude, die uns
wenigstens gestatten, ein Bild zu entwerfen, wie es wohl in der Ver-
gangenheit hier ausgesehen haben mag, so die aus dem XIV. Jahr-
hundert stammende St. Nikolauskirche, deren Anfänge jedoch in
ältere Zeiten zurückreichen, ohne dass darüber volle Bestimmtheit
herrscht, ferner das Gebäude, welches noch vom Kloster der Black
Friars erhalten ist, Cunningham House u. dgl. Dagegen haben die
neuen Stadttheile einen ganz modernen Anstrich. Es sei hier erwähnt,

Der atlantische Ocean.

Newcastle als Stadt war lange Zeit durch enge Mauern einge-
engt, die freilich einstens zur ofterprobten Schutzwehr gedient hatten,
jedoch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts dem nothwendigen
Drange nach Expansion weichen mussten. Um den alten Kern setzte sich
eine neue Stadt an, welche an Ausdehnung bald ihre ältere Schwester
übertraf. Newcastle, welches im Ausgange des vorigen Jahrhundert nicht
viel über 30.000 Einwohner zählte, hat nunmehr mit Einschluss von
Gateshead, der auf dem südlichen Ufer des Flusses gelegenen, be-
deutenden Vorstadt, die stattliche Ziffer von 230.000 erreicht.

Newcastle verdankt diese unerhörte Blüthe, wie so viele andere
Städte Englands, der Kohle. Obwohl schon im Jahre 1325 von einem
Schiffe berichtet wird, welches Kohlenhandel nach Frankreich getrieben
hat, und dann wieder aus dem Jahre 1600, dass zahlreiche Schiffe
nach London abgingen, um die Metropole mit diesem Brennstoffe zu
versehen, so fällt die grosse Entwicklung doch erst in das laufende Jahr-
hundert, wo die wahre Bedeutung der schwarzen Diamanten für In-
dustrie, Schiffahrt, Handel und Technik zum Durchbruche kam. Hier
wie in ganz Britannien begegnen wir überall, wo Grosses ge-
schaffen wird, der Kohle. Am Tyne hat sich ein mächtiges industrielles
Leben entwickelt, welches nicht nur in Newcastle selbst, sondern auch
in den beiden an der Mündung gelegenen Orten North- und South-
Shields reich pulsirt und auch noch bei Tynemouth, zugleich einem
gut besuchten Badeorte, zur Erscheinung gelangt.

Die Stadt Newcastle selbst weist, wie wir schon erwähnt haben,
zunächst als besondere Sehenswürdigkeit das alte Normannenschloss
auf, das noch gut erhalten ist und als Typus damaliger Bauart gelten
kann. Freilich bietet heute der Ausblick von dessen Thurme ein ganz
anderes Bild als in den Zeiten, wo man von dort aus den oft be-
drohten Uebergang über den Tyne bewachte. Ueberall, soweit das
Auge reicht, Bilder der regsten friedlichen Thätigkeit, Häuser, indu-
strielle Anlagen und Schiffahrt. Kriegslärm und Angst vor räuberischen
Nachbarn ist längst dem Pusten der Maschinen gewichen. In dem
alten Stadttheile finden wir auch noch manche Gebäude, die uns
wenigstens gestatten, ein Bild zu entwerfen, wie es wohl in der Ver-
gangenheit hier ausgesehen haben mag, so die aus dem XIV. Jahr-
hundert stammende St. Nikolauskirche, deren Anfänge jedoch in
ältere Zeiten zurückreichen, ohne dass darüber volle Bestimmtheit
herrscht, ferner das Gebäude, welches noch vom Kloster der Black
Friars erhalten ist, Cunningham House u. dgl. Dagegen haben die
neuen Stadttheile einen ganz modernen Anstrich. Es sei hier erwähnt,

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[990/1010] Der atlantische Ocean. Newcastle als Stadt war lange Zeit durch enge Mauern einge- engt, die freilich einstens zur ofterprobten Schutzwehr gedient hatten, jedoch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts dem nothwendigen Drange nach Expansion weichen mussten. Um den alten Kern setzte sich eine neue Stadt an, welche an Ausdehnung bald ihre ältere Schwester übertraf. Newcastle, welches im Ausgange des vorigen Jahrhundert nicht viel über 30.000 Einwohner zählte, hat nunmehr mit Einschluss von Gateshead, der auf dem südlichen Ufer des Flusses gelegenen, be- deutenden Vorstadt, die stattliche Ziffer von 230.000 erreicht. Newcastle verdankt diese unerhörte Blüthe, wie so viele andere Städte Englands, der Kohle. Obwohl schon im Jahre 1325 von einem Schiffe berichtet wird, welches Kohlenhandel nach Frankreich getrieben hat, und dann wieder aus dem Jahre 1600, dass zahlreiche Schiffe nach London abgingen, um die Metropole mit diesem Brennstoffe zu versehen, so fällt die grosse Entwicklung doch erst in das laufende Jahr- hundert, wo die wahre Bedeutung der schwarzen Diamanten für In- dustrie, Schiffahrt, Handel und Technik zum Durchbruche kam. Hier wie in ganz Britannien begegnen wir überall, wo Grosses ge- schaffen wird, der Kohle. Am Tyne hat sich ein mächtiges industrielles Leben entwickelt, welches nicht nur in Newcastle selbst, sondern auch in den beiden an der Mündung gelegenen Orten North- und South- Shields reich pulsirt und auch noch bei Tynemouth, zugleich einem gut besuchten Badeorte, zur Erscheinung gelangt. Die Stadt Newcastle selbst weist, wie wir schon erwähnt haben, zunächst als besondere Sehenswürdigkeit das alte Normannenschloss auf, das noch gut erhalten ist und als Typus damaliger Bauart gelten kann. Freilich bietet heute der Ausblick von dessen Thurme ein ganz anderes Bild als in den Zeiten, wo man von dort aus den oft be- drohten Uebergang über den Tyne bewachte. Ueberall, soweit das Auge reicht, Bilder der regsten friedlichen Thätigkeit, Häuser, indu- strielle Anlagen und Schiffahrt. Kriegslärm und Angst vor räuberischen Nachbarn ist längst dem Pusten der Maschinen gewichen. In dem alten Stadttheile finden wir auch noch manche Gebäude, die uns wenigstens gestatten, ein Bild zu entwerfen, wie es wohl in der Ver- gangenheit hier ausgesehen haben mag, so die aus dem XIV. Jahr- hundert stammende St. Nikolauskirche, deren Anfänge jedoch in ältere Zeiten zurückreichen, ohne dass darüber volle Bestimmtheit herrscht, ferner das Gebäude, welches noch vom Kloster der Black Friars erhalten ist, Cunningham House u. dgl. Dagegen haben die neuen Stadttheile einen ganz modernen Anstrich. Es sei hier erwähnt,

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 990. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/1010>, abgerufen am 23.11.2024.