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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Hull.

Bemerkenswerth sind in der alten Stadt die Dreifaltigkeitskirche,
von welcher einzelne Theile dem XIII. Jahrhundert entstammen, das
Börsegebäude und eine sehr grosse und schöne Markthalle neben
einigen anderen Gebäuden, die nur ihrer geschichtlichen Vergangenheit
wegen Interesse besitzen. In den neuen Stadttheilen fällt uns neben
mehreren Kirchenbauten namentlich das grosse Seemannshaus, das
Waisenhaus, welches zum grossen Theile gleichfalls den Hinterlassenen
von Seeleuten gewidmet ist, dann das erst in den letzten Jahren voll-
endete grossartige Bauwerk des Royal Infirmary sowie das ebenfalls
neue Royal Theatre ins Auge. Hull verfügt auch, namentlich an seiner
Peripherie, über einige ausgedehnte Parkanlagen. Im Ganzen gewinnt
man den Eindruck, dass man sich in einer Stadt von grosser Reg-
samkeit befindet, deren wirtschaftliches Leben auf einer festen und
breiten Unterlage steht und welche über Bedingungen verfügt, die
noch einer grossen Entwicklung fähig sind und eine glänzende
Zukunft im Anschlusse an eine rastlos thätige Vergangenheit ver-
sprechen.

Die Zufahrt nach Hull bietet unter normalen Verhältnissen
keinerlei Schwierigkeiten, zumal die Gezeiten eine kräftige Ebb- und
Flutströmung hervorbringen. Die Springflut erhebt den Wasserstand
an der Mündung bei Spurn Point um 5·6 m und in Hull sogar um
6·3 m über den Ebbstand.

Vor der buchtenartig eingerissenen 8 km breiten Humber-Mündung
ist das Leuchtschiff "Spurn" verankert, und zwei andere Leuchtschiffe
liegen im Flusse selbst, dessen Fahrwasser gut betonnt wurde.

Wenden wir uns dem eigentlichen Handel zu, so müssen wir vor Allem
erwähnen, dass Hull der Haupthafen des nordöstlichen England ist und nament-
lich den Verkehr mit dem Norden Europas vermittelt. Dem Werthe der Einfuhr
und Ausfuhr nach ist es der drittgrösste Hafenplatz Englands. Der Import und
Export Hulls während der letzten fünf Jahre geht aus nachstehender Tabelle
hervor:

[Tabelle]

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass der Importwerth Hulls seit
zwei Jahren um mehr als 6 Millionen Livres Sterling zugenommen hat.

Den bedeutendsten Importartikel bildet Getreide, dessen Einfuhr seit
dem Jahre 1887 erhebliche Steigerung aufweist. Die Getreideeinfuhr Hulls während
der letzten drei Jahre war folgende:


Hull.

Bemerkenswerth sind in der alten Stadt die Dreifaltigkeitskirche,
von welcher einzelne Theile dem XIII. Jahrhundert entstammen, das
Börsegebäude und eine sehr grosse und schöne Markthalle neben
einigen anderen Gebäuden, die nur ihrer geschichtlichen Vergangenheit
wegen Interesse besitzen. In den neuen Stadttheilen fällt uns neben
mehreren Kirchenbauten namentlich das grosse Seemannshaus, das
Waisenhaus, welches zum grossen Theile gleichfalls den Hinterlassenen
von Seeleuten gewidmet ist, dann das erst in den letzten Jahren voll-
endete grossartige Bauwerk des Royal Infirmary sowie das ebenfalls
neue Royal Theatre ins Auge. Hull verfügt auch, namentlich an seiner
Peripherie, über einige ausgedehnte Parkanlagen. Im Ganzen gewinnt
man den Eindruck, dass man sich in einer Stadt von grosser Reg-
samkeit befindet, deren wirtschaftliches Leben auf einer festen und
breiten Unterlage steht und welche über Bedingungen verfügt, die
noch einer grossen Entwicklung fähig sind und eine glänzende
Zukunft im Anschlusse an eine rastlos thätige Vergangenheit ver-
sprechen.

Die Zufahrt nach Hull bietet unter normalen Verhältnissen
keinerlei Schwierigkeiten, zumal die Gezeiten eine kräftige Ebb- und
Flutströmung hervorbringen. Die Springflut erhebt den Wasserstand
an der Mündung bei Spurn Point um 5·6 m und in Hull sogar um
6·3 m über den Ebbstand.

Vor der buchtenartig eingerissenen 8 km breiten Humber-Mündung
ist das Leuchtschiff „Spurn“ verankert, und zwei andere Leuchtschiffe
liegen im Flusse selbst, dessen Fahrwasser gut betonnt wurde.

Wenden wir uns dem eigentlichen Handel zu, so müssen wir vor Allem
erwähnen, dass Hull der Haupthafen des nordöstlichen England ist und nament-
lich den Verkehr mit dem Norden Europas vermittelt. Dem Werthe der Einfuhr
und Ausfuhr nach ist es der drittgrösste Hafenplatz Englands. Der Import und
Export Hulls während der letzten fünf Jahre geht aus nachstehender Tabelle
hervor:

[Tabelle]

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass der Importwerth Hulls seit
zwei Jahren um mehr als 6 Millionen Livres Sterling zugenommen hat.

Den bedeutendsten Importartikel bildet Getreide, dessen Einfuhr seit
dem Jahre 1887 erhebliche Steigerung aufweist. Die Getreideeinfuhr Hulls während
der letzten drei Jahre war folgende:


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[983/1003] Hull. Bemerkenswerth sind in der alten Stadt die Dreifaltigkeitskirche, von welcher einzelne Theile dem XIII. Jahrhundert entstammen, das Börsegebäude und eine sehr grosse und schöne Markthalle neben einigen anderen Gebäuden, die nur ihrer geschichtlichen Vergangenheit wegen Interesse besitzen. In den neuen Stadttheilen fällt uns neben mehreren Kirchenbauten namentlich das grosse Seemannshaus, das Waisenhaus, welches zum grossen Theile gleichfalls den Hinterlassenen von Seeleuten gewidmet ist, dann das erst in den letzten Jahren voll- endete grossartige Bauwerk des Royal Infirmary sowie das ebenfalls neue Royal Theatre ins Auge. Hull verfügt auch, namentlich an seiner Peripherie, über einige ausgedehnte Parkanlagen. Im Ganzen gewinnt man den Eindruck, dass man sich in einer Stadt von grosser Reg- samkeit befindet, deren wirtschaftliches Leben auf einer festen und breiten Unterlage steht und welche über Bedingungen verfügt, die noch einer grossen Entwicklung fähig sind und eine glänzende Zukunft im Anschlusse an eine rastlos thätige Vergangenheit ver- sprechen. Die Zufahrt nach Hull bietet unter normalen Verhältnissen keinerlei Schwierigkeiten, zumal die Gezeiten eine kräftige Ebb- und Flutströmung hervorbringen. Die Springflut erhebt den Wasserstand an der Mündung bei Spurn Point um 5·6 m und in Hull sogar um 6·3 m über den Ebbstand. Vor der buchtenartig eingerissenen 8 km breiten Humber-Mündung ist das Leuchtschiff „Spurn“ verankert, und zwei andere Leuchtschiffe liegen im Flusse selbst, dessen Fahrwasser gut betonnt wurde. Wenden wir uns dem eigentlichen Handel zu, so müssen wir vor Allem erwähnen, dass Hull der Haupthafen des nordöstlichen England ist und nament- lich den Verkehr mit dem Norden Europas vermittelt. Dem Werthe der Einfuhr und Ausfuhr nach ist es der drittgrösste Hafenplatz Englands. Der Import und Export Hulls während der letzten fünf Jahre geht aus nachstehender Tabelle hervor: _ Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass der Importwerth Hulls seit zwei Jahren um mehr als 6 Millionen Livres Sterling zugenommen hat. Den bedeutendsten Importartikel bildet Getreide, dessen Einfuhr seit dem Jahre 1887 erhebliche Steigerung aufweist. Die Getreideeinfuhr Hulls während der letzten drei Jahre war folgende:

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 983. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/1003>, abgerufen am 23.11.2024.