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Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918.

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deren Mitglieder vom Kreistag gewählt werden. Zum
Kreistag
haben die Frauen nur ein indirek-
tes aktives Wahlrecht
. Von welch zuneh-
mender Bedeutung das Stimmrecht in den beruf-
lichen Interessenvertretungen ist, davon kann man
sich nur an der Hand der Hauptzahlen weiblicher
Berufsstatistik aus den letzten Jahren einen annähern-
den Begriff machen. Dabei ist zu beachten, daß es
sich bei den Kaufmanns- und Gewerbegerichten um
Lohnfragen, sowie Regelung der Arbeitsbedingungen
handelt, andererseits bei der Reichsversicherung um
den indirekten Arbeiterschutz, um Gesundheitsfür-
sorge. Laut amtlicher Statistik betrug die Zunahme
der weiblichen Erwerbstätigen im Deutschen Reich
von 1895-1907 56,59%, dagegen die der männlichen
Erwerbstätigen 19,85 %, im Jahre 1907 wurden 9 1/2
Millionen berufstätiger Frauen in Deutschland ge-
zählt. Auf die Landwirtschaft entfielen davon über
4 1/2 Millionen, bei denen die mitarbeitende Besitzerin,
Familienangehörige und ländliche Arbeiterinnen zu-
sammengezählt sind. ln der Industrie waren über
2 Millionen Arbeiterinnen (Handarbeiterinnen, Arbei-
terinnen, Handwerkerinnen und Besitzerinnen) be-
schäftigt. Im Handels- und Verkehrsgewerbe wurden
391 373 Frauen gezählt. Am 1. Oktober 1914 be-
richtet eine Anzahl Krankenkassen (Gesamtzahlen feh-
len) von 2,3 Millionen weiblicher Berufstätiger, am
1. Juli 1916 war dagegen die Zahl schon auf 4,2
Millionen weitergegangen. Die jetzigen Zahlen zei-
gen bereits ein Ueberwiegen der weiblichen Ver-
sicherten im Verhältnis zu den männlichen. Obgleich
eine umfassende Reichsstatistik fehlt, wissen wir,
daß die Einbeziehung der Frauen in den freiwilligen
vaterländischen Hilfsdienst die Zahl der weiblichen
Erwerbstätigen und Versicherten um ein Vielfaches
gesteigert haben. Wesentlicher als die Zunahme ist

deren Mitglieder vom Kreistag gewählt werden. Zum
Kreistag
haben die Frauen nur ein indirek-
tes aktives Wahlrecht
. Von welch zuneh-
mender Bedeutung das Stimmrecht in den beruf-
lichen Interessenvertretungen ist, davon kann man
sich nur an der Hand der Hauptzahlen weiblicher
Berufsstatistik aus den letzten Jahren einen annähern-
den Begriff machen. Dabei ist zu beachten, daß es
sich bei den Kaufmanns- und Gewerbegerichten um
Lohnfragen, sowie Regelung der Arbeitsbedingungen
handelt, andererseits bei der Reichsversicherung um
den indirekten Arbeiterschutz, um Gesundheitsfür-
sorge. Laut amtlicher Statistik betrug die Zunahme
der weiblichen Erwerbstätigen im Deutschen Reich
von 1895-1907 56,59%, dagegen die der männlichen
Erwerbstätigen 19,85 %, im Jahre 1907 wurden 9 ½
Millionen berufstätiger Frauen in Deutschland ge-
zählt. Auf die Landwirtschaft entfielen davon über
4 ½ Millionen, bei denen die mitarbeitende Besitzerin,
Familienangehörige und ländliche Arbeiterinnen zu-
sammengezählt sind. ln der Industrie waren über
2 Millionen Arbeiterinnen (Handarbeiterinnen, Arbei-
terinnen, Handwerkerinnen und Besitzerinnen) be-
schäftigt. Im Handels- und Verkehrsgewerbe wurden
391 373 Frauen gezählt. Am 1. Oktober 1914 be-
richtet eine Anzahl Krankenkassen (Gesamtzahlen feh-
len) von 2,3 Millionen weiblicher Berufstätiger, am
1. Juli 1916 war dagegen die Zahl schon auf 4,2
Millionen weitergegangen. Die jetzigen Zahlen zei-
gen bereits ein Ueberwiegen der weiblichen Ver-
sicherten im Verhältnis zu den männlichen. Obgleich
eine umfassende Reichsstatistik fehlt, wissen wir,
daß die Einbeziehung der Frauen in den freiwilligen
vaterländischen Hilfsdienst die Zahl der weiblichen
Erwerbstätigen und Versicherten um ein Vielfaches
gesteigert haben. Wesentlicher als die Zunahme ist

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[16/0016] deren Mitglieder vom Kreistag gewählt werden. Zum Kreistag haben die Frauen nur ein indirek- tes aktives Wahlrecht. Von welch zuneh- mender Bedeutung das Stimmrecht in den beruf- lichen Interessenvertretungen ist, davon kann man sich nur an der Hand der Hauptzahlen weiblicher Berufsstatistik aus den letzten Jahren einen annähern- den Begriff machen. Dabei ist zu beachten, daß es sich bei den Kaufmanns- und Gewerbegerichten um Lohnfragen, sowie Regelung der Arbeitsbedingungen handelt, andererseits bei der Reichsversicherung um den indirekten Arbeiterschutz, um Gesundheitsfür- sorge. Laut amtlicher Statistik betrug die Zunahme der weiblichen Erwerbstätigen im Deutschen Reich von 1895-1907 56,59%, dagegen die der männlichen Erwerbstätigen 19,85 %, im Jahre 1907 wurden 9 ½ Millionen berufstätiger Frauen in Deutschland ge- zählt. Auf die Landwirtschaft entfielen davon über 4 ½ Millionen, bei denen die mitarbeitende Besitzerin, Familienangehörige und ländliche Arbeiterinnen zu- sammengezählt sind. ln der Industrie waren über 2 Millionen Arbeiterinnen (Handarbeiterinnen, Arbei- terinnen, Handwerkerinnen und Besitzerinnen) be- schäftigt. Im Handels- und Verkehrsgewerbe wurden 391 373 Frauen gezählt. Am 1. Oktober 1914 be- richtet eine Anzahl Krankenkassen (Gesamtzahlen feh- len) von 2,3 Millionen weiblicher Berufstätiger, am 1. Juli 1916 war dagegen die Zahl schon auf 4,2 Millionen weitergegangen. Die jetzigen Zahlen zei- gen bereits ein Ueberwiegen der weiblichen Ver- sicherten im Verhältnis zu den männlichen. Obgleich eine umfassende Reichsstatistik fehlt, wissen wir, daß die Einbeziehung der Frauen in den freiwilligen vaterländischen Hilfsdienst die Zahl der weiblichen Erwerbstätigen und Versicherten um ein Vielfaches gesteigert haben. Wesentlicher als die Zunahme ist

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Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-26T14:08:50Z)

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Zitationshilfe: Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/16>, abgerufen am 24.11.2024.