Auch in Nordamerika wird noch vereinzelt Herdfrischerei betrieben, und im Jahre 1876 gab es dort noch 59 Frischfeuer.
Die Oxydation des Kohlenstoffes, Siliciums, Mangans u. s. w. beim Herdfrischen wird theils unmittelbar durch den Sauerstoff des Gebläse- windes theils durch die entstehende oder absichtlich zugesetzte eisen- oxyduloxydreiche Schlacke bewirkt. Der Umstand, dass unter dem Einflusse des Windes thatsächlich eine eisenreiche Schlacke entstehen kann, ehe jene genannten Körper oxydirt worden sind, und dass trotzdem nachher eben dieselbe Schlacke oxydirend auf die Körper einzuwirken vermag, erklärt sich, ebenso wie bei ähnlichen Oxydations- processen, leicht aus der starken Verdünnung der in Rede stehenden Körper im Eisenbade. Die Berührung des freien Sauerstoffes mit dem Eisen ist eine weit ausgedehntere als mit den anderen Bestandtheilen des Roheisens; daher werden von ersterem augenblicklich auch grössere Mengen oxydirt und zwar bei ausreichend grosser dargebotener Ober- fläche nicht allein zu Oxydul, sondern theilweise auch zu Oxyd. Bleibt nun aber die Schlacke in längerer Berührung mit dem Roheisen, so tritt hierbei Ausgleich ein; vorhandenes Eisenoxyd wird zu Oxydul reducirt, unter Umständen (in ausreichend hoher Temperatur) auch Oxydul zu metallischem Eisen, während der Sauerstoff der Eisenoxyde nun- mehr die Oxydation jener oben erwähnten Bestandtheile des Roheisens bewirkt.
In der Temperatur, welche im Frischfeuer erreicht wird, sind Mangan und Silicium leichter oxydirbar als Kohlenstoff. Die Verbren- nung des letzteren ist daher unbedeutend, so lange von ersteren noch grössere Mengen zugegen sind; erst nach der Ausscheidung derselben verläuft die Verbrennung des Kohlenstoffes rascher. 1) Kleine Mengen Silicium und Mangan können immerhin in dem Eisen zurückbleiben, zumal wenn der Process rasch verläuft; die durch Analyse gefundenen Gewichtsmengen dieser Körper im Herdfrischeisen gehören allerdings häufig, wie sich mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen lässt, nicht sowohl dem Eisen selbst als vielmehr der eingemengten Schlacke an.
Phosphor kann überhaupt erst ausgeschieden werden, wenn eine eisenreiche Schlacke zugegen ist.
Je reicher das zu verfrischende Roheisen an auszuscheidenden Körpern, je grösser insbesondere sein Gehalt an Silicium und Mangan ist, desto langsamer wird offenbar der Verlauf des Frischprocesses sein. Von diesem Gesichtspunkte aus nennt man graues oder mangan- reiches weisses Eisen, welches wegen seines Gehaltes an Silicium und Mangan einer verhältnissmässig langen Zeit zur Umwandlung in schmiedbares Eisen bedarf, rohfrischend, manganarmes Weisseisen, bei dem jene Umwandlung rasch eintritt, gaarfrischend; ein be- schleunigter Verlauf des Frischens heisst Gaargang, ein verzögerter Rohgang.
1) Ueber die Einflüsse der Temperatur auf die Reihenfolge der Verbrennung vergl. S. 283, sowie auch S. 599.
Das Herdfrischen.
Auch in Nordamerika wird noch vereinzelt Herdfrischerei betrieben, und im Jahre 1876 gab es dort noch 59 Frischfeuer.
Die Oxydation des Kohlenstoffes, Siliciums, Mangans u. s. w. beim Herdfrischen wird theils unmittelbar durch den Sauerstoff des Gebläse- windes theils durch die entstehende oder absichtlich zugesetzte eisen- oxyduloxydreiche Schlacke bewirkt. Der Umstand, dass unter dem Einflusse des Windes thatsächlich eine eisenreiche Schlacke entstehen kann, ehe jene genannten Körper oxydirt worden sind, und dass trotzdem nachher eben dieselbe Schlacke oxydirend auf die Körper einzuwirken vermag, erklärt sich, ebenso wie bei ähnlichen Oxydations- processen, leicht aus der starken Verdünnung der in Rede stehenden Körper im Eisenbade. Die Berührung des freien Sauerstoffes mit dem Eisen ist eine weit ausgedehntere als mit den anderen Bestandtheilen des Roheisens; daher werden von ersterem augenblicklich auch grössere Mengen oxydirt und zwar bei ausreichend grosser dargebotener Ober- fläche nicht allein zu Oxydul, sondern theilweise auch zu Oxyd. Bleibt nun aber die Schlacke in längerer Berührung mit dem Roheisen, so tritt hierbei Ausgleich ein; vorhandenes Eisenoxyd wird zu Oxydul reducirt, unter Umständen (in ausreichend hoher Temperatur) auch Oxydul zu metallischem Eisen, während der Sauerstoff der Eisenoxyde nun- mehr die Oxydation jener oben erwähnten Bestandtheile des Roheisens bewirkt.
In der Temperatur, welche im Frischfeuer erreicht wird, sind Mangan und Silicium leichter oxydirbar als Kohlenstoff. Die Verbren- nung des letzteren ist daher unbedeutend, so lange von ersteren noch grössere Mengen zugegen sind; erst nach der Ausscheidung derselben verläuft die Verbrennung des Kohlenstoffes rascher. 1) Kleine Mengen Silicium und Mangan können immerhin in dem Eisen zurückbleiben, zumal wenn der Process rasch verläuft; die durch Analyse gefundenen Gewichtsmengen dieser Körper im Herdfrischeisen gehören allerdings häufig, wie sich mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen lässt, nicht sowohl dem Eisen selbst als vielmehr der eingemengten Schlacke an.
Phosphor kann überhaupt erst ausgeschieden werden, wenn eine eisenreiche Schlacke zugegen ist.
Je reicher das zu verfrischende Roheisen an auszuscheidenden Körpern, je grösser insbesondere sein Gehalt an Silicium und Mangan ist, desto langsamer wird offenbar der Verlauf des Frischprocesses sein. Von diesem Gesichtspunkte aus nennt man graues oder mangan- reiches weisses Eisen, welches wegen seines Gehaltes an Silicium und Mangan einer verhältnissmässig langen Zeit zur Umwandlung in schmiedbares Eisen bedarf, rohfrischend, manganarmes Weisseisen, bei dem jene Umwandlung rasch eintritt, gaarfrischend; ein be- schleunigter Verlauf des Frischens heisst Gaargang, ein verzögerter Rohgang.
1) Ueber die Einflüsse der Temperatur auf die Reihenfolge der Verbrennung vergl. S. 283, sowie auch S. 599.
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Das Herdfrischen.
Auch in Nordamerika wird noch vereinzelt Herdfrischerei betrieben,
und im Jahre 1876 gab es dort noch 59 Frischfeuer.
Die Oxydation des Kohlenstoffes, Siliciums, Mangans u. s. w. beim
Herdfrischen wird theils unmittelbar durch den Sauerstoff des Gebläse-
windes theils durch die entstehende oder absichtlich zugesetzte eisen-
oxyduloxydreiche Schlacke bewirkt. Der Umstand, dass unter dem
Einflusse des Windes thatsächlich eine eisenreiche Schlacke entstehen
kann, ehe jene genannten Körper oxydirt worden sind, und dass
trotzdem nachher eben dieselbe Schlacke oxydirend auf die Körper
einzuwirken vermag, erklärt sich, ebenso wie bei ähnlichen Oxydations-
processen, leicht aus der starken Verdünnung der in Rede stehenden
Körper im Eisenbade. Die Berührung des freien Sauerstoffes mit dem
Eisen ist eine weit ausgedehntere als mit den anderen Bestandtheilen
des Roheisens; daher werden von ersterem augenblicklich auch grössere
Mengen oxydirt und zwar bei ausreichend grosser dargebotener Ober-
fläche nicht allein zu Oxydul, sondern theilweise auch zu Oxyd. Bleibt
nun aber die Schlacke in längerer Berührung mit dem Roheisen, so tritt
hierbei Ausgleich ein; vorhandenes Eisenoxyd wird zu Oxydul reducirt,
unter Umständen (in ausreichend hoher Temperatur) auch Oxydul zu
metallischem Eisen, während der Sauerstoff der Eisenoxyde nun-
mehr die Oxydation jener oben erwähnten Bestandtheile des Roheisens
bewirkt.
In der Temperatur, welche im Frischfeuer erreicht wird, sind
Mangan und Silicium leichter oxydirbar als Kohlenstoff. Die Verbren-
nung des letzteren ist daher unbedeutend, so lange von ersteren noch
grössere Mengen zugegen sind; erst nach der Ausscheidung derselben
verläuft die Verbrennung des Kohlenstoffes rascher. 1) Kleine Mengen
Silicium und Mangan können immerhin in dem Eisen zurückbleiben,
zumal wenn der Process rasch verläuft; die durch Analyse gefundenen
Gewichtsmengen dieser Körper im Herdfrischeisen gehören allerdings
häufig, wie sich mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen lässt, nicht
sowohl dem Eisen selbst als vielmehr der eingemengten Schlacke an.
Phosphor kann überhaupt erst ausgeschieden werden, wenn eine
eisenreiche Schlacke zugegen ist.
Je reicher das zu verfrischende Roheisen an auszuscheidenden
Körpern, je grösser insbesondere sein Gehalt an Silicium und Mangan
ist, desto langsamer wird offenbar der Verlauf des Frischprocesses
sein. Von diesem Gesichtspunkte aus nennt man graues oder mangan-
reiches weisses Eisen, welches wegen seines Gehaltes an Silicium
und Mangan einer verhältnissmässig langen Zeit zur Umwandlung in
schmiedbares Eisen bedarf, rohfrischend, manganarmes Weisseisen,
bei dem jene Umwandlung rasch eintritt, gaarfrischend; ein be-
schleunigter Verlauf des Frischens heisst Gaargang, ein verzögerter
Rohgang.
1) Ueber die Einflüsse der Temperatur auf die Reihenfolge der Verbrennung
vergl. S. 283, sowie auch S. 599.
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 759. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/831>, abgerufen am 04.12.2024.
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