der Arbeit ab, und desto öfter muss es unter Umständen neu erhitzt werden; raschere Uebergänge tragen zur Beschleunigung der Arbeit bei, machen aber eine höhere Leistung der Betriebsmaschine erforder- lich und vergrössern die Gefahr einer Beschädigung des Walzstückes unter dem Einflusse eines allzu starken Streckens.
Je mehr Eisensorten von verschiedenen Querschnittsformen auf einem und demselben Eisenwerke gefertigt werden, und je mehr Kaliber für eine und dieselbe Endform erforderlich sind, desto grösser ist natür- licherweise der Bedarf an Walzen. Nicht selten aber lassen sich gleiche Anfangskaliber für verschiedene, wenn auch ähnliche Endformen be- nutzen. Indem man nun bei einer Walzstrecke mit zwei oder mehreren Walzgerüsten die Kaliber so vertheilt, dass die Walzen des einen Ge- rüstes, die Vorwalzen, nur Anfangskaliber, für mehrere Endformen brauchbar, die Walzen des zweiten Gerüstes, die Fertigwalzen, nur die letzten, für eine einzige Endform benutzbaren Kaliber enthalten, erlangt man verschiedene Vortheile. Man kommt weniger häufig in die Nothwendigkeit, die Walzen auswechseln zu müssen, theils weil die Vorwalzen ohnehin für verschiedene Zwecke brauchbar sind, theils auch, weil die Länge der Fertigwalzen häufig ausreichend gross ist, um nun- mehr die Kaliber verschiedener Endformen aufzunehmen; und man ermöglicht eine Beschleunigung der Arbeit, da nunmehr gleichzeitig in den Vorwalzen und in den Fertigwalzen gearbeitet werden kann.
Eine horizontale Linie, durch die Mitte der Kaliber gelegt, nennt man die Walzlinie. Da, wie schon erwähnt wurde, der Durch- messer der oberen Walze innerhalb des Kalibers etwas grösser zu sein pflegt als der der unteren, so legt man die Walzlinie entsprechend tiefer als die Mittellinie zwischen beiden Walzenachsen. Bei offenen Kalibern (wie auch bei Blechwalzen) pflegt der Unterschied 11/2--3 mm zu be- tragen, bei flachen geschlossenen Kalibern 2--8 mm, bei tief ein- geschnittenen geschlossenen Kalibern liegt oft mehr als 2/3 der Kaliber- höhe unter der Mittellinie, und der Abstand der letzteren über der Walzlinie beträgt mitunter mehr als 25 mm.
Die stärkere Streckung, welche hierbei durch die obere Walze mit grösserem Durchmesser und deshalb grösserer Umfangsgeschwindigkeit ausgeübt wird, nennt man Oberdruck.
Die Querschnittsabnahme, welche das Walzstück beim Durchgange durch ein Kaliber erfährt, nennt der Praktiker den Druck des Ka- libers. Das Verhältniss des Querschnittes eines nachfolgenden Kalibers zu dem des vorausgegangenen heisst der Abnahmecoefficient.
Die Wahl eines geeigneten Abnahmecoefficienten ist begreiflicher- weise von grösster Wichtigkeit für die Kalibrirung. Von der Grösse desselben ist zunächst unmittelbar die Anzahl der Kaliber oder Stiche 1) abhängig, welche das Walzstück im Ganzen zu durchlaufen hat, also auch, wie schon oben hervorgehoben wurde, die Zeitdauer des Walzens, die Höhe der Arbeitslöhne, die Anzahl der erforderlichen Erhitzungen.
1) Kaliber ist, wie erläutert, die auf der Walze angebrachte Profilbegrenzung an und für sich; den Ausdruck Stich gebraucht der Praktiker für das Kaliber, wenn damit der Begriff seiner Benutzung verbunden werden soll.
Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.
der Arbeit ab, und desto öfter muss es unter Umständen neu erhitzt werden; raschere Uebergänge tragen zur Beschleunigung der Arbeit bei, machen aber eine höhere Leistung der Betriebsmaschine erforder- lich und vergrössern die Gefahr einer Beschädigung des Walzstückes unter dem Einflusse eines allzu starken Streckens.
Je mehr Eisensorten von verschiedenen Querschnittsformen auf einem und demselben Eisenwerke gefertigt werden, und je mehr Kaliber für eine und dieselbe Endform erforderlich sind, desto grösser ist natür- licherweise der Bedarf an Walzen. Nicht selten aber lassen sich gleiche Anfangskaliber für verschiedene, wenn auch ähnliche Endformen be- nutzen. Indem man nun bei einer Walzstrecke mit zwei oder mehreren Walzgerüsten die Kaliber so vertheilt, dass die Walzen des einen Ge- rüstes, die Vorwalzen, nur Anfangskaliber, für mehrere Endformen brauchbar, die Walzen des zweiten Gerüstes, die Fertigwalzen, nur die letzten, für eine einzige Endform benutzbaren Kaliber enthalten, erlangt man verschiedene Vortheile. Man kommt weniger häufig in die Nothwendigkeit, die Walzen auswechseln zu müssen, theils weil die Vorwalzen ohnehin für verschiedene Zwecke brauchbar sind, theils auch, weil die Länge der Fertigwalzen häufig ausreichend gross ist, um nun- mehr die Kaliber verschiedener Endformen aufzunehmen; und man ermöglicht eine Beschleunigung der Arbeit, da nunmehr gleichzeitig in den Vorwalzen und in den Fertigwalzen gearbeitet werden kann.
Eine horizontale Linie, durch die Mitte der Kaliber gelegt, nennt man die Walzlinie. Da, wie schon erwähnt wurde, der Durch- messer der oberen Walze innerhalb des Kalibers etwas grösser zu sein pflegt als der der unteren, so legt man die Walzlinie entsprechend tiefer als die Mittellinie zwischen beiden Walzenachsen. Bei offenen Kalibern (wie auch bei Blechwalzen) pflegt der Unterschied 1½—3 mm zu be- tragen, bei flachen geschlossenen Kalibern 2—8 mm, bei tief ein- geschnittenen geschlossenen Kalibern liegt oft mehr als ⅔ der Kaliber- höhe unter der Mittellinie, und der Abstand der letzteren über der Walzlinie beträgt mitunter mehr als 25 mm.
Die stärkere Streckung, welche hierbei durch die obere Walze mit grösserem Durchmesser und deshalb grösserer Umfangsgeschwindigkeit ausgeübt wird, nennt man Oberdruck.
Die Querschnittsabnahme, welche das Walzstück beim Durchgange durch ein Kaliber erfährt, nennt der Praktiker den Druck des Ka- libers. Das Verhältniss des Querschnittes eines nachfolgenden Kalibers zu dem des vorausgegangenen heisst der Abnahmecoëfficient.
Die Wahl eines geeigneten Abnahmecoëfficienten ist begreiflicher- weise von grösster Wichtigkeit für die Kalibrirung. Von der Grösse desselben ist zunächst unmittelbar die Anzahl der Kaliber oder Stiche 1) abhängig, welche das Walzstück im Ganzen zu durchlaufen hat, also auch, wie schon oben hervorgehoben wurde, die Zeitdauer des Walzens, die Höhe der Arbeitslöhne, die Anzahl der erforderlichen Erhitzungen.
1) Kaliber ist, wie erläutert, die auf der Walze angebrachte Profilbegrenzung an und für sich; den Ausdruck Stich gebraucht der Praktiker für das Kaliber, wenn damit der Begriff seiner Benutzung verbunden werden soll.
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Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.
der Arbeit ab, und desto öfter muss es unter Umständen neu erhitzt
werden; raschere Uebergänge tragen zur Beschleunigung der Arbeit
bei, machen aber eine höhere Leistung der Betriebsmaschine erforder-
lich und vergrössern die Gefahr einer Beschädigung des Walzstückes
unter dem Einflusse eines allzu starken Streckens.
Je mehr Eisensorten von verschiedenen Querschnittsformen auf
einem und demselben Eisenwerke gefertigt werden, und je mehr Kaliber
für eine und dieselbe Endform erforderlich sind, desto grösser ist natür-
licherweise der Bedarf an Walzen. Nicht selten aber lassen sich gleiche
Anfangskaliber für verschiedene, wenn auch ähnliche Endformen be-
nutzen. Indem man nun bei einer Walzstrecke mit zwei oder mehreren
Walzgerüsten die Kaliber so vertheilt, dass die Walzen des einen Ge-
rüstes, die Vorwalzen, nur Anfangskaliber, für mehrere Endformen
brauchbar, die Walzen des zweiten Gerüstes, die Fertigwalzen, nur
die letzten, für eine einzige Endform benutzbaren Kaliber enthalten,
erlangt man verschiedene Vortheile. Man kommt weniger häufig in die
Nothwendigkeit, die Walzen auswechseln zu müssen, theils weil die
Vorwalzen ohnehin für verschiedene Zwecke brauchbar sind, theils auch,
weil die Länge der Fertigwalzen häufig ausreichend gross ist, um nun-
mehr die Kaliber verschiedener Endformen aufzunehmen; und man
ermöglicht eine Beschleunigung der Arbeit, da nunmehr gleichzeitig
in den Vorwalzen und in den Fertigwalzen gearbeitet werden kann.
Eine horizontale Linie, durch die Mitte der Kaliber gelegt, nennt
man die Walzlinie. Da, wie schon erwähnt wurde, der Durch-
messer der oberen Walze innerhalb des Kalibers etwas grösser zu sein
pflegt als der der unteren, so legt man die Walzlinie entsprechend tiefer
als die Mittellinie zwischen beiden Walzenachsen. Bei offenen Kalibern
(wie auch bei Blechwalzen) pflegt der Unterschied 1½—3 mm zu be-
tragen, bei flachen geschlossenen Kalibern 2—8 mm, bei tief ein-
geschnittenen geschlossenen Kalibern liegt oft mehr als ⅔ der Kaliber-
höhe unter der Mittellinie, und der Abstand der letzteren über der
Walzlinie beträgt mitunter mehr als 25 mm.
Die stärkere Streckung, welche hierbei durch die obere Walze mit
grösserem Durchmesser und deshalb grösserer Umfangsgeschwindigkeit
ausgeübt wird, nennt man Oberdruck.
Die Querschnittsabnahme, welche das Walzstück beim Durchgange
durch ein Kaliber erfährt, nennt der Praktiker den Druck des Ka-
libers. Das Verhältniss des Querschnittes eines nachfolgenden Kalibers
zu dem des vorausgegangenen heisst der Abnahmecoëfficient.
Die Wahl eines geeigneten Abnahmecoëfficienten ist begreiflicher-
weise von grösster Wichtigkeit für die Kalibrirung. Von der Grösse
desselben ist zunächst unmittelbar die Anzahl der Kaliber oder Stiche 1)
abhängig, welche das Walzstück im Ganzen zu durchlaufen hat, also
auch, wie schon oben hervorgehoben wurde, die Zeitdauer des Walzens,
die Höhe der Arbeitslöhne, die Anzahl der erforderlichen Erhitzungen.
1) Kaliber ist, wie erläutert, die auf der Walze angebrachte Profilbegrenzung
an und für sich; den Ausdruck Stich gebraucht der Praktiker für das Kaliber, wenn
damit der Begriff seiner Benutzung verbunden werden soll.
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/794>, abgerufen am 25.11.2024.
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