Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
von der vorausgegangenen Behandlung abhängig sind. Die Festigkeit des gewalzten oder gehämmerten Eisens wird verringert, aber die Aus- dehnungsfähigkeit gesteigert, wenn man dasselbe glüht und langsam abkühlen lässt; umgekehrt steigt die Festigkeit und die Elasticitäts- grenze durch Ablöschen des rothglühenden Eisens, aber die Ausdeh- nungsfähigkeit wird geringer. Diese Thatsachen, welche zwar früher schon bekannt, aber doch ihrer Bedeutung nach nicht immer voll gewürdigt waren, sind nicht allein geeignet, manche scheinbare Gegensätze in dem Verhalten des Eisens, sofern es auf Festigkeit beansprucht wird, auf- zuklären, sondern geben auch dem Praktiker ein Mittel an die Hand, die Eigenschaften eines und desselben Eisens durch verschiedene Be- handlung desselben seinem Zwecke entsprechend zu regeln.
Besonders deutlich treten jene Veränderungen, welche durch Ab- löschen (Härten), beziehentlich Anlassen oder Glühen hervorgebracht werden, bei dicht (d. h. ohne Gasblasen im Innern) gegossenem Fluss- eisen hervor. Dass gegossenes, übrigens unbearbeitet gebliebenes Fluss- eisen beim Glühen und Ablöschen seine Eigenschaften ebenso wie be- arbeitetes ändert, ergiebt sich schon aus den beiden letzten der oben mitgetheilten Beispiele; erhitzt man nun aber das abgelöschte (gehärtete) Eisen abermals bis zum Glühen und lässt es ruhig abkühlen, so zeigt sich, dass nicht allein die Ausdehnungsfähigkeit, sondern auch die Festigkeit grösser ist als diejenige des rohen Metalls; dass also das Verfahren des Härtens und Wiederausglühens in jeder Beziehung eine Verbesserung der Festigkeitseigenschaften hervorgerufen hat ähnlich derjenigen, welche durch mechanische Bearbeitung vermittelst Hämmerns, Walzens oder dergleichen hervorgebracht wird. Dieser Umstand, auf welchen schon früher Chernoff aufmerksam machte, wurde bei Gelegen- heit der Pariser Weltausstellung 1878 durch eine Reihe von Versuchs- ergebnissen veranschaulicht, welche von dem Eisenwerk Terrenoire veröffentlicht wurden.1) Beispielsweise betrug bei
[Tabelle]
1) Vergl. die Ausstellungsberichte von Kupelwieser und Kerpely; ferner die schon erwähnte Abhandlung von R. Akerman "On hardening iron and steel".
Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
von der vorausgegangenen Behandlung abhängig sind. Die Festigkeit des gewalzten oder gehämmerten Eisens wird verringert, aber die Aus- dehnungsfähigkeit gesteigert, wenn man dasselbe glüht und langsam abkühlen lässt; umgekehrt steigt die Festigkeit und die Elasticitäts- grenze durch Ablöschen des rothglühenden Eisens, aber die Ausdeh- nungsfähigkeit wird geringer. Diese Thatsachen, welche zwar früher schon bekannt, aber doch ihrer Bedeutung nach nicht immer voll gewürdigt waren, sind nicht allein geeignet, manche scheinbare Gegensätze in dem Verhalten des Eisens, sofern es auf Festigkeit beansprucht wird, auf- zuklären, sondern geben auch dem Praktiker ein Mittel an die Hand, die Eigenschaften eines und desselben Eisens durch verschiedene Be- handlung desselben seinem Zwecke entsprechend zu regeln.
Besonders deutlich treten jene Veränderungen, welche durch Ab- löschen (Härten), beziehentlich Anlassen oder Glühen hervorgebracht werden, bei dicht (d. h. ohne Gasblasen im Innern) gegossenem Fluss- eisen hervor. Dass gegossenes, übrigens unbearbeitet gebliebenes Fluss- eisen beim Glühen und Ablöschen seine Eigenschaften ebenso wie be- arbeitetes ändert, ergiebt sich schon aus den beiden letzten der oben mitgetheilten Beispiele; erhitzt man nun aber das abgelöschte (gehärtete) Eisen abermals bis zum Glühen und lässt es ruhig abkühlen, so zeigt sich, dass nicht allein die Ausdehnungsfähigkeit, sondern auch die Festigkeit grösser ist als diejenige des rohen Metalls; dass also das Verfahren des Härtens und Wiederausglühens in jeder Beziehung eine Verbesserung der Festigkeitseigenschaften hervorgerufen hat ähnlich derjenigen, welche durch mechanische Bearbeitung vermittelst Hämmerns, Walzens oder dergleichen hervorgebracht wird. Dieser Umstand, auf welchen schon früher Chernoff aufmerksam machte, wurde bei Gelegen- heit der Pariser Weltausstellung 1878 durch eine Reihe von Versuchs- ergebnissen veranschaulicht, welche von dem Eisenwerk Terrenoire veröffentlicht wurden.1) Beispielsweise betrug bei
[Tabelle]
1) Vergl. die Ausstellungsberichte von Kupelwieser und Kerpely; ferner die schon erwähnte Abhandlung von R. Åkerman „On hardening iron and steel“.
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Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
von der vorausgegangenen Behandlung abhängig sind. Die Festigkeit
des gewalzten oder gehämmerten Eisens wird verringert, aber die Aus-
dehnungsfähigkeit gesteigert, wenn man dasselbe glüht und langsam
abkühlen lässt; umgekehrt steigt die Festigkeit und die Elasticitäts-
grenze durch Ablöschen des rothglühenden Eisens, aber die Ausdeh-
nungsfähigkeit wird geringer. Diese Thatsachen, welche zwar früher schon
bekannt, aber doch ihrer Bedeutung nach nicht immer voll gewürdigt
waren, sind nicht allein geeignet, manche scheinbare Gegensätze in dem
Verhalten des Eisens, sofern es auf Festigkeit beansprucht wird, auf-
zuklären, sondern geben auch dem Praktiker ein Mittel an die Hand,
die Eigenschaften eines und desselben Eisens durch verschiedene Be-
handlung desselben seinem Zwecke entsprechend zu regeln.
Besonders deutlich treten jene Veränderungen, welche durch Ab-
löschen (Härten), beziehentlich Anlassen oder Glühen hervorgebracht
werden, bei dicht (d. h. ohne Gasblasen im Innern) gegossenem Fluss-
eisen hervor. Dass gegossenes, übrigens unbearbeitet gebliebenes Fluss-
eisen beim Glühen und Ablöschen seine Eigenschaften ebenso wie be-
arbeitetes ändert, ergiebt sich schon aus den beiden letzten der oben
mitgetheilten Beispiele; erhitzt man nun aber das abgelöschte (gehärtete)
Eisen abermals bis zum Glühen und lässt es ruhig abkühlen, so zeigt
sich, dass nicht allein die Ausdehnungsfähigkeit, sondern auch die
Festigkeit grösser ist als diejenige des rohen Metalls; dass also das
Verfahren des Härtens und Wiederausglühens in jeder Beziehung eine
Verbesserung der Festigkeitseigenschaften hervorgerufen hat ähnlich
derjenigen, welche durch mechanische Bearbeitung vermittelst Hämmerns,
Walzens oder dergleichen hervorgebracht wird. Dieser Umstand, auf
welchen schon früher Chernoff aufmerksam machte, wurde bei Gelegen-
heit der Pariser Weltausstellung 1878 durch eine Reihe von Versuchs-
ergebnissen veranschaulicht, welche von dem Eisenwerk Terrenoire
veröffentlicht wurden. 1) Beispielsweise betrug bei
1) Vergl. die Ausstellungsberichte von Kupelwieser und Kerpely; ferner
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/726>, abgerufen am 24.12.2024.
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