Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
Ebenso bekannt ist es, dass der kalt gezogene Draht seiner Elasticität halber zu Sprungfedern und dergleichen benutzt werden kann, durch das Ausglühen aber biegsam wird, seine Spannkraft verliert. Aber auch ein allzu lange fortgesetztes Ausziehen würde, indem es seinen Elasticitätsmodul (die erforderliche Kraft zur Erzeugung vorübergehender Formveränderungen) übermässig steigerte, seiner Elasticität nachtheilig sein.
Je grösser die Festigkeit und Elasticität des Eisens an und für sich, je grösser also insbesondere sein Kohlenstoffgehalt ist, desto früh- zeitiger, merkbarer treten bei der Verarbeitung im kalten Zustande jene Veränderungen auf. Bei der Verarbeitung des Stahles zu Gebrauchs- gegenständen, welche hart und zugleich elastisch sein sollen (Federn, Klingen u. a. m.) ist es deshalb ein vielfach benutztes Mittel, sie im kalten Zustande zu hämmern.
Transmissionswellen verleiht man mitunter durch Walzen im kalten Zustande eine grössere Steifigkeit und Elasticität und befähigt sie dadurch, stärkere Kraftleistungen als im weichen Zustande ohne Gefahr für Torsion zu übertragen (Verfahren von Jones und Laughlins in Pittsburg).
Nach Versuchen von W. M. Made1) betrug bei
[Tabelle]
Durch das Ablöschen oder Härten (S. 645) wird die Festig- keit, die Elasticitätsgrenze und der Elasticitätsmodul des Eisens und Stahles gesteigert, die Dehnungsfähigkeit ver- ringert. Durch Anlassen des gehärteten Stahles wird die entgegengesetzte Wirkung hervorgebracht, und durch Er- hitzung bis zum Glühen und langsames Erkalten werden jene Eigenschaften auf ihr ursprüngliches, unter Um- ständen sogar auf ein noch geringeres Maass zurück- geführt.
Die Steigerung des Elasticitätsmoduls durch Härten ist sehr be- trächtlich, und die Folge davon ist eine grössere Sprödigkeit des ge- härteten Eisens (Stahles). Auch diese Eigenschaft wird durch das An- lassen wieder abgemindert.
Mit der Härtbarkeit des Stahles, also mit seinem Kohlenstoffgehalte, steigert sich auch das Maass jener Aenderungen der Festigkeitseigen- schaften; und bei einem und demselben Stahle ist ebenso wie der Härtegrad, welchen der Stahl beim Härten erlangt, auch der Grad jener Eigenschaften von der mehr oder minder raschen Abkühlung abhängig. Während aber die Härtbarkeit erst beim eigentlichen Stahle, dem kohlenstoffreicheren schmiedbaren Eisen, deutlich zu Tage tritt, zeigt sich die besprochene Einwirkung des sogenannten Härtens auf die Festigkeitseigenschaften auch bei gewöhnlichem kohlenstoffarmem Eisen.
1) F. Kupelwieser, Das Hüttenwesen auf der Weltausstellung zu Philadelphia, S. 132.
Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
Ebenso bekannt ist es, dass der kalt gezogene Draht seiner Elasticität halber zu Sprungfedern und dergleichen benutzt werden kann, durch das Ausglühen aber biegsam wird, seine Spannkraft verliert. Aber auch ein allzu lange fortgesetztes Ausziehen würde, indem es seinen Elasticitätsmodul (die erforderliche Kraft zur Erzeugung vorübergehender Formveränderungen) übermässig steigerte, seiner Elasticität nachtheilig sein.
Je grösser die Festigkeit und Elasticität des Eisens an und für sich, je grösser also insbesondere sein Kohlenstoffgehalt ist, desto früh- zeitiger, merkbarer treten bei der Verarbeitung im kalten Zustande jene Veränderungen auf. Bei der Verarbeitung des Stahles zu Gebrauchs- gegenständen, welche hart und zugleich elastisch sein sollen (Federn, Klingen u. a. m.) ist es deshalb ein vielfach benutztes Mittel, sie im kalten Zustande zu hämmern.
Transmissionswellen verleiht man mitunter durch Walzen im kalten Zustande eine grössere Steifigkeit und Elasticität und befähigt sie dadurch, stärkere Kraftleistungen als im weichen Zustande ohne Gefahr für Torsion zu übertragen (Verfahren von Jones und Laughlins in Pittsburg).
Nach Versuchen von W. M. Made1) betrug bei
[Tabelle]
Durch das Ablöschen oder Härten (S. 645) wird die Festig- keit, die Elasticitätsgrenze und der Elasticitätsmodul des Eisens und Stahles gesteigert, die Dehnungsfähigkeit ver- ringert. Durch Anlassen des gehärteten Stahles wird die entgegengesetzte Wirkung hervorgebracht, und durch Er- hitzung bis zum Glühen und langsames Erkalten werden jene Eigenschaften auf ihr ursprüngliches, unter Um- ständen sogar auf ein noch geringeres Maass zurück- geführt.
Die Steigerung des Elasticitätsmoduls durch Härten ist sehr be- trächtlich, und die Folge davon ist eine grössere Sprödigkeit des ge- härteten Eisens (Stahles). Auch diese Eigenschaft wird durch das An- lassen wieder abgemindert.
Mit der Härtbarkeit des Stahles, also mit seinem Kohlenstoffgehalte, steigert sich auch das Maass jener Aenderungen der Festigkeitseigen- schaften; und bei einem und demselben Stahle ist ebenso wie der Härtegrad, welchen der Stahl beim Härten erlangt, auch der Grad jener Eigenschaften von der mehr oder minder raschen Abkühlung abhängig. Während aber die Härtbarkeit erst beim eigentlichen Stahle, dem kohlenstoffreicheren schmiedbaren Eisen, deutlich zu Tage tritt, zeigt sich die besprochene Einwirkung des sogenannten Härtens auf die Festigkeitseigenschaften auch bei gewöhnlichem kohlenstoffarmem Eisen.
1) F. Kupelwieser, Das Hüttenwesen auf der Weltausstellung zu Philadelphia, S. 132.
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Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
Ebenso bekannt ist es, dass der kalt gezogene Draht seiner Elasticität
halber zu Sprungfedern und dergleichen benutzt werden kann, durch
das Ausglühen aber biegsam wird, seine Spannkraft verliert. Aber
auch ein allzu lange fortgesetztes Ausziehen würde, indem es seinen
Elasticitätsmodul (die erforderliche Kraft zur Erzeugung vorübergehender
Formveränderungen) übermässig steigerte, seiner Elasticität nachtheilig sein.
Je grösser die Festigkeit und Elasticität des Eisens an und für
sich, je grösser also insbesondere sein Kohlenstoffgehalt ist, desto früh-
zeitiger, merkbarer treten bei der Verarbeitung im kalten Zustande jene
Veränderungen auf. Bei der Verarbeitung des Stahles zu Gebrauchs-
gegenständen, welche hart und zugleich elastisch sein sollen (Federn,
Klingen u. a. m.) ist es deshalb ein vielfach benutztes Mittel, sie im
kalten Zustande zu hämmern.
Transmissionswellen verleiht man mitunter durch Walzen im kalten
Zustande eine grössere Steifigkeit und Elasticität und befähigt sie
dadurch, stärkere Kraftleistungen als im weichen Zustande ohne Gefahr
für Torsion zu übertragen (Verfahren von Jones und Laughlins in
Pittsburg).
Nach Versuchen von W. M. Made 1) betrug bei
Durch das Ablöschen oder Härten (S. 645) wird die Festig-
keit, die Elasticitätsgrenze und der Elasticitätsmodul des
Eisens und Stahles gesteigert, die Dehnungsfähigkeit ver-
ringert. Durch Anlassen des gehärteten Stahles wird die
entgegengesetzte Wirkung hervorgebracht, und durch Er-
hitzung bis zum Glühen und langsames Erkalten werden
jene Eigenschaften auf ihr ursprüngliches, unter Um-
ständen sogar auf ein noch geringeres Maass zurück-
geführt.
Die Steigerung des Elasticitätsmoduls durch Härten ist sehr be-
trächtlich, und die Folge davon ist eine grössere Sprödigkeit des ge-
härteten Eisens (Stahles). Auch diese Eigenschaft wird durch das An-
lassen wieder abgemindert.
Mit der Härtbarkeit des Stahles, also mit seinem Kohlenstoffgehalte,
steigert sich auch das Maass jener Aenderungen der Festigkeitseigen-
schaften; und bei einem und demselben Stahle ist ebenso wie der
Härtegrad, welchen der Stahl beim Härten erlangt, auch der Grad
jener Eigenschaften von der mehr oder minder raschen Abkühlung
abhängig. Während aber die Härtbarkeit erst beim eigentlichen Stahle,
dem kohlenstoffreicheren schmiedbaren Eisen, deutlich zu Tage tritt,
zeigt sich die besprochene Einwirkung des sogenannten Härtens auf die
Festigkeitseigenschaften auch bei gewöhnlichem kohlenstoffarmem Eisen.
1) F. Kupelwieser, Das Hüttenwesen auf der Weltausstellung zu Philadelphia,
S. 132.
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/724>, abgerufen am 23.12.2024.
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