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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
ausreichend deutlich, um eine besondere Erklärung entbehrlich zu
machen.

Die Piatöfen werden in verschiedenen Grössen mit Tiegelinhalten
von 20--120 kg gebaut. Auf der Pariser Ausstellung 1878 wurde die
Einrichtung durch Verleihung der goldenen Metaille ausgezeichnet; in
Deutschland aber scheinen sie bislang weder in Eisenwerken noch in
Metallschmelzereien ausgedehntere Anwendung gefunden zu haben. 1)

Aus denselben Gründen, welche beim Cupolofenbetriebe den Koks
als Brennstoff ein entschiedenes Uebergewicht über Holzkohlen ver-
leihen, liefern auch beim Tiegelschmelzen in den beschriebenen Oefen
erstere ungleich günstigere Ergebnisse. Nur die Abnutzung der Tiegel,
deren Wände durch die Asche der Koks oft stark angegriffen werden,
ist beim Koksschmelzen beträchtlicher, und aus diesem Grunde ist die
Wahl möglichst aschenarmer Koks von Nutzen.

Der Brennstoffverbrauch beim Roheisenschmelzen pflegt durch-
schnittlich per 1000 kg Roheisen 1000 kg Koks zu betragen, ist übrigens
verschieden, je nachdem ein oder mehrere Tiegel in einen Ofen ein-
gesetzt werden, je nachdem die Koks dichter oder weniger dicht, aschen-
reicher oder aschenärmer sind, u. s. f.

Der Abgang ist unbedeutend und dürfte sich in den meisten
Fällen kaum auf 2 Proc. beziffern.


Wenn eine grosse Zahl Tiegel mit einem Male eingesetzt werden
soll und der Betrieb ununterbrochen fortgeht -- ein Fall, der übrigens
beim Schmelzen von Roheisen sehr selten vorkommen dürfte --, so
besitzen Oefen mit Gasfeuerung vor den besprochenen Tiegelschachtöfen
mit Koksheizung entschiedene Vortheile. Die Tiegel kommen nicht mit
der Asche der Brennstoffe in Berührung und werden mehr geschont;
das Herausnehmen der Tiegel ist weniger beschwerlich, da man nicht
auf das Niedergehen der Koks zu warten braucht; die Anwendung
roher Brennstoffe statt der Koks kann aus Ersparungsrücksichten wün-
schenswerth sein. Die für diesen Zweck benutzten Oefen sind Herd-
flammöfen mit ebenem Herde von geringer Ausdehnung, auf welchem
die Tiegel in Parallelreihen aufgestellt sind. Das Einsetzen und Her-
ausnehmen der Tiegel erfolgt durch Oeffnungen in der Decke des Ofens
über dem Herde. Die Feuerung muss so eingerichtet sein, dass eine
kurze, heisse Flamme entsteht; besonders geeignet hierfür ist das Sie-
mens's
che System. Die Abbildungen Fig. 19--24 (S. 116) stellen
einen solchen Siemensofen zum Tiegelschmelzen dar, welcher ebenso
wohl zum Roheisenschmelzen als zum Schmelzen anderer Metalle sich

1) Weniger zweckmässig als die geschilderte Einrichtung des Ofens an und für
sich dürfte eine von Piat mit derselben verbundene andere Einrichtung sein, dazu
dienend, die abziehende Wärme in einem zwischen Ofen und Esse eingeschalteten
Lufterhitzungsapparate zum Vorwärmen der zuströmenden Verbrennungsluft zu be-
nutzen. Die Wirkung heisser Luft ist dieselbe wie bei Cupolöfen: die Kohlenoxyd-
gasbildung wird vermehrt und der Vortheil der Wärmezurückführung geht hierdurch
wieder verloren.

Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
ausreichend deutlich, um eine besondere Erklärung entbehrlich zu
machen.

Die Piatöfen werden in verschiedenen Grössen mit Tiegelinhalten
von 20—120 kg gebaut. Auf der Pariser Ausstellung 1878 wurde die
Einrichtung durch Verleihung der goldenen Metaille ausgezeichnet; in
Deutschland aber scheinen sie bislang weder in Eisenwerken noch in
Metallschmelzereien ausgedehntere Anwendung gefunden zu haben. 1)

Aus denselben Gründen, welche beim Cupolofenbetriebe den Koks
als Brennstoff ein entschiedenes Uebergewicht über Holzkohlen ver-
leihen, liefern auch beim Tiegelschmelzen in den beschriebenen Oefen
erstere ungleich günstigere Ergebnisse. Nur die Abnutzung der Tiegel,
deren Wände durch die Asche der Koks oft stark angegriffen werden,
ist beim Koksschmelzen beträchtlicher, und aus diesem Grunde ist die
Wahl möglichst aschenarmer Koks von Nutzen.

Der Brennstoffverbrauch beim Roheisenschmelzen pflegt durch-
schnittlich per 1000 kg Roheisen 1000 kg Koks zu betragen, ist übrigens
verschieden, je nachdem ein oder mehrere Tiegel in einen Ofen ein-
gesetzt werden, je nachdem die Koks dichter oder weniger dicht, aschen-
reicher oder aschenärmer sind, u. s. f.

Der Abgang ist unbedeutend und dürfte sich in den meisten
Fällen kaum auf 2 Proc. beziffern.


Wenn eine grosse Zahl Tiegel mit einem Male eingesetzt werden
soll und der Betrieb ununterbrochen fortgeht — ein Fall, der übrigens
beim Schmelzen von Roheisen sehr selten vorkommen dürfte —, so
besitzen Oefen mit Gasfeuerung vor den besprochenen Tiegelschachtöfen
mit Koksheizung entschiedene Vortheile. Die Tiegel kommen nicht mit
der Asche der Brennstoffe in Berührung und werden mehr geschont;
das Herausnehmen der Tiegel ist weniger beschwerlich, da man nicht
auf das Niedergehen der Koks zu warten braucht; die Anwendung
roher Brennstoffe statt der Koks kann aus Ersparungsrücksichten wün-
schenswerth sein. Die für diesen Zweck benutzten Oefen sind Herd-
flammöfen mit ebenem Herde von geringer Ausdehnung, auf welchem
die Tiegel in Parallelreihen aufgestellt sind. Das Einsetzen und Her-
ausnehmen der Tiegel erfolgt durch Oeffnungen in der Decke des Ofens
über dem Herde. Die Feuerung muss so eingerichtet sein, dass eine
kurze, heisse Flamme entsteht; besonders geeignet hierfür ist das Sie-
mens’s
che System. Die Abbildungen Fig. 19—24 (S. 116) stellen
einen solchen Siemensofen zum Tiegelschmelzen dar, welcher ebenso
wohl zum Roheisenschmelzen als zum Schmelzen anderer Metalle sich

1) Weniger zweckmässig als die geschilderte Einrichtung des Ofens an und für
sich dürfte eine von Piat mit derselben verbundene andere Einrichtung sein, dazu
dienend, die abziehende Wärme in einem zwischen Ofen und Esse eingeschalteten
Lufterhitzungsapparate zum Vorwärmen der zuströmenden Verbrennungsluft zu be-
nutzen. Die Wirkung heisser Luft ist dieselbe wie bei Cupolöfen: die Kohlenoxyd-
gasbildung wird vermehrt und der Vortheil der Wärmezurückführung geht hierdurch
wieder verloren.
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[622/0690] Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens. ausreichend deutlich, um eine besondere Erklärung entbehrlich zu machen. Die Piatöfen werden in verschiedenen Grössen mit Tiegelinhalten von 20—120 kg gebaut. Auf der Pariser Ausstellung 1878 wurde die Einrichtung durch Verleihung der goldenen Metaille ausgezeichnet; in Deutschland aber scheinen sie bislang weder in Eisenwerken noch in Metallschmelzereien ausgedehntere Anwendung gefunden zu haben. 1) Aus denselben Gründen, welche beim Cupolofenbetriebe den Koks als Brennstoff ein entschiedenes Uebergewicht über Holzkohlen ver- leihen, liefern auch beim Tiegelschmelzen in den beschriebenen Oefen erstere ungleich günstigere Ergebnisse. Nur die Abnutzung der Tiegel, deren Wände durch die Asche der Koks oft stark angegriffen werden, ist beim Koksschmelzen beträchtlicher, und aus diesem Grunde ist die Wahl möglichst aschenarmer Koks von Nutzen. Der Brennstoffverbrauch beim Roheisenschmelzen pflegt durch- schnittlich per 1000 kg Roheisen 1000 kg Koks zu betragen, ist übrigens verschieden, je nachdem ein oder mehrere Tiegel in einen Ofen ein- gesetzt werden, je nachdem die Koks dichter oder weniger dicht, aschen- reicher oder aschenärmer sind, u. s. f. Der Abgang ist unbedeutend und dürfte sich in den meisten Fällen kaum auf 2 Proc. beziffern. Wenn eine grosse Zahl Tiegel mit einem Male eingesetzt werden soll und der Betrieb ununterbrochen fortgeht — ein Fall, der übrigens beim Schmelzen von Roheisen sehr selten vorkommen dürfte —, so besitzen Oefen mit Gasfeuerung vor den besprochenen Tiegelschachtöfen mit Koksheizung entschiedene Vortheile. Die Tiegel kommen nicht mit der Asche der Brennstoffe in Berührung und werden mehr geschont; das Herausnehmen der Tiegel ist weniger beschwerlich, da man nicht auf das Niedergehen der Koks zu warten braucht; die Anwendung roher Brennstoffe statt der Koks kann aus Ersparungsrücksichten wün- schenswerth sein. Die für diesen Zweck benutzten Oefen sind Herd- flammöfen mit ebenem Herde von geringer Ausdehnung, auf welchem die Tiegel in Parallelreihen aufgestellt sind. Das Einsetzen und Her- ausnehmen der Tiegel erfolgt durch Oeffnungen in der Decke des Ofens über dem Herde. Die Feuerung muss so eingerichtet sein, dass eine kurze, heisse Flamme entsteht; besonders geeignet hierfür ist das Sie- mens’sche System. Die Abbildungen Fig. 19—24 (S. 116) stellen einen solchen Siemensofen zum Tiegelschmelzen dar, welcher ebenso wohl zum Roheisenschmelzen als zum Schmelzen anderer Metalle sich 1) Weniger zweckmässig als die geschilderte Einrichtung des Ofens an und für sich dürfte eine von Piat mit derselben verbundene andere Einrichtung sein, dazu dienend, die abziehende Wärme in einem zwischen Ofen und Esse eingeschalteten Lufterhitzungsapparate zum Vorwärmen der zuströmenden Verbrennungsluft zu be- nutzen. Die Wirkung heisser Luft ist dieselbe wie bei Cupolöfen: die Kohlenoxyd- gasbildung wird vermehrt und der Vortheil der Wärmezurückführung geht hierdurch wieder verloren.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/690>, abgerufen am 17.09.2024.