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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
hierdurch der Betrieb an Einfachheit, auch das Roheisen bleibt längere
Zeit als im Cupolofen der Einwirkung oxydirender Gase preisgegeben
und wird stärker dadurch beeinflusst.

Diese Umstände erklären es zur Genüge, dass, während die Anwen-
dung der Cupolöfen die Regel bei dem Schmelzen des Roheisens bildet,
die Anwendung von Flammöfen zu den Ausnahmen zählt. Man be-
dient sich ihrer in Eisengiessereien, wenn sehr grosse Gussstücke aus
einem graphitarmen Materiale hergestellt werden sollen; seltener noch
in den Bessemerhütten, wo ihre Anwendung sich nur dann recht-
fertigen lässt, wenn ein zum Flammofenbetriebe brauchbares, aber nicht
verkokungsfähiges Material (z. B. magere, gasreiche Steinkohlen, Braun-
kohlen) zu billigem Preise zur Verfügung steht, Koks dagegen kost-
spielig sein würden.

Da in den Eisengiessereien die Flammöfen auch da, wo sie vor-
handen sind, nicht regelmässig im Betriebe bleiben, sondern nur für
bestimmte Fälle stundenweise in Benutzung genommen und dann wieder
kalt gelegt werden, so beschränkt man sich bei ihrer Anlage gewöhn-
lich auf directe Feuerung (S. 110). Bicheroux- oder Boetiusöfen (S. 122,
123) kommen mitunter, jedoch selten zur Anwendung; Siemensöfen
(S. 116), deren Vortheile erst nach Verlauf einer Zeit zur Geltung
kommen können, während welcher das Schmelzen in Oefen mit directer
Feuerung bereits beendigt zu sein pflegt, würden für Eisengiessereien
vollständig unpraktisch sein.

Ein solcher Flammofen mit directer Feuerung, wie er für
Eisengiessereien gewöhnlich angewendet wird, ist in den Abbildungen
Fig. 156--158 dargestellt.

Wie Fig. 157 erkennen lässt, befindet sich der Sammelraum für
das geschmolzene Roheisen unmittelbar hinter der Feuerbrücke, und
nach Beendigung des Schmelzens wird das flüssige Metall durch ein
an der vorderen Langseite des Ofens angebrachtes Stichloch (a in
Fig. 158) abgelassen. Das Einsetzen des Roheisens erfolgt durch die
Oeffnung b, welche alsdann mit Steinen zugesetzt wird, und zwar
bringt man die Roheisenstücke möglichst in die Nähe des Fuchskanales.
Das Roheisen fliesst dann beim Schmelzen auf der geneigten Sohle des
Herdes abwärts den Gasen entgegen, um sich an der schon bezeich-
neten Stelle zu sammeln. Damit die Sohle dieses Sammelherdes
(Sumpfes) gut vorgewärmt werde und das Roheisen während des Stehens
daselbst nicht abkühle, muss die gewölbte Decke des Ofens hier mög-
lichst tief herunter gezogen werden (Fig. 157), so dass auch die Flammen
gezwungen sind, nahe über der Sohle hinwegzuziehen. Die Erfüllung
dieser Bedingung ist unerlässlich; aber das Gewölbe leidet gewöhnlich
stark, wenn es allzu tief herunter geht, und muss deshalb mit besonderer
Vorsicht hergestellt werden. c ist eine kleine Thür, welche die Be-
obachtung des geschmolzenen Roheisens, das Losbrechen etwa ent-
standener Ansätze u. s. w. ermöglicht.

Bei dem abgebildeten Ofen lässt sich der Aschenfall durch eine
Klappe schliessen, wenn man mit Unterwind statt mit natürlichem Essen-
zuge arbeiten will. Das Rohr d dient alsdann zur Zuleitung des Ge-
bläsewindes. Die Einrichtung hat sich jedoch nur bewährt, wenn starke
Oxydationswirkungen beabsichtigt werden.

Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
hierdurch der Betrieb an Einfachheit, auch das Roheisen bleibt längere
Zeit als im Cupolofen der Einwirkung oxydirender Gase preisgegeben
und wird stärker dadurch beeinflusst.

Diese Umstände erklären es zur Genüge, dass, während die Anwen-
dung der Cupolöfen die Regel bei dem Schmelzen des Roheisens bildet,
die Anwendung von Flammöfen zu den Ausnahmen zählt. Man be-
dient sich ihrer in Eisengiessereien, wenn sehr grosse Gussstücke aus
einem graphitarmen Materiale hergestellt werden sollen; seltener noch
in den Bessemerhütten, wo ihre Anwendung sich nur dann recht-
fertigen lässt, wenn ein zum Flammofenbetriebe brauchbares, aber nicht
verkokungsfähiges Material (z. B. magere, gasreiche Steinkohlen, Braun-
kohlen) zu billigem Preise zur Verfügung steht, Koks dagegen kost-
spielig sein würden.

Da in den Eisengiessereien die Flammöfen auch da, wo sie vor-
handen sind, nicht regelmässig im Betriebe bleiben, sondern nur für
bestimmte Fälle stundenweise in Benutzung genommen und dann wieder
kalt gelegt werden, so beschränkt man sich bei ihrer Anlage gewöhn-
lich auf directe Feuerung (S. 110). Bicheroux- oder Boëtiusöfen (S. 122,
123) kommen mitunter, jedoch selten zur Anwendung; Siemensöfen
(S. 116), deren Vortheile erst nach Verlauf einer Zeit zur Geltung
kommen können, während welcher das Schmelzen in Oefen mit directer
Feuerung bereits beendigt zu sein pflegt, würden für Eisengiessereien
vollständig unpraktisch sein.

Ein solcher Flammofen mit directer Feuerung, wie er für
Eisengiessereien gewöhnlich angewendet wird, ist in den Abbildungen
Fig. 156—158 dargestellt.

Wie Fig. 157 erkennen lässt, befindet sich der Sammelraum für
das geschmolzene Roheisen unmittelbar hinter der Feuerbrücke, und
nach Beendigung des Schmelzens wird das flüssige Metall durch ein
an der vorderen Langseite des Ofens angebrachtes Stichloch (a in
Fig. 158) abgelassen. Das Einsetzen des Roheisens erfolgt durch die
Oeffnung b, welche alsdann mit Steinen zugesetzt wird, und zwar
bringt man die Roheisenstücke möglichst in die Nähe des Fuchskanales.
Das Roheisen fliesst dann beim Schmelzen auf der geneigten Sohle des
Herdes abwärts den Gasen entgegen, um sich an der schon bezeich-
neten Stelle zu sammeln. Damit die Sohle dieses Sammelherdes
(Sumpfes) gut vorgewärmt werde und das Roheisen während des Stehens
daselbst nicht abkühle, muss die gewölbte Decke des Ofens hier mög-
lichst tief herunter gezogen werden (Fig. 157), so dass auch die Flammen
gezwungen sind, nahe über der Sohle hinwegzuziehen. Die Erfüllung
dieser Bedingung ist unerlässlich; aber das Gewölbe leidet gewöhnlich
stark, wenn es allzu tief herunter geht, und muss deshalb mit besonderer
Vorsicht hergestellt werden. c ist eine kleine Thür, welche die Be-
obachtung des geschmolzenen Roheisens, das Losbrechen etwa ent-
standener Ansätze u. s. w. ermöglicht.

Bei dem abgebildeten Ofen lässt sich der Aschenfall durch eine
Klappe schliessen, wenn man mit Unterwind statt mit natürlichem Essen-
zuge arbeiten will. Das Rohr d dient alsdann zur Zuleitung des Ge-
bläsewindes. Die Einrichtung hat sich jedoch nur bewährt, wenn starke
Oxydationswirkungen beabsichtigt werden.

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[616/0680] Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens. hierdurch der Betrieb an Einfachheit, auch das Roheisen bleibt längere Zeit als im Cupolofen der Einwirkung oxydirender Gase preisgegeben und wird stärker dadurch beeinflusst. Diese Umstände erklären es zur Genüge, dass, während die Anwen- dung der Cupolöfen die Regel bei dem Schmelzen des Roheisens bildet, die Anwendung von Flammöfen zu den Ausnahmen zählt. Man be- dient sich ihrer in Eisengiessereien, wenn sehr grosse Gussstücke aus einem graphitarmen Materiale hergestellt werden sollen; seltener noch in den Bessemerhütten, wo ihre Anwendung sich nur dann recht- fertigen lässt, wenn ein zum Flammofenbetriebe brauchbares, aber nicht verkokungsfähiges Material (z. B. magere, gasreiche Steinkohlen, Braun- kohlen) zu billigem Preise zur Verfügung steht, Koks dagegen kost- spielig sein würden. Da in den Eisengiessereien die Flammöfen auch da, wo sie vor- handen sind, nicht regelmässig im Betriebe bleiben, sondern nur für bestimmte Fälle stundenweise in Benutzung genommen und dann wieder kalt gelegt werden, so beschränkt man sich bei ihrer Anlage gewöhn- lich auf directe Feuerung (S. 110). Bicheroux- oder Boëtiusöfen (S. 122, 123) kommen mitunter, jedoch selten zur Anwendung; Siemensöfen (S. 116), deren Vortheile erst nach Verlauf einer Zeit zur Geltung kommen können, während welcher das Schmelzen in Oefen mit directer Feuerung bereits beendigt zu sein pflegt, würden für Eisengiessereien vollständig unpraktisch sein. Ein solcher Flammofen mit directer Feuerung, wie er für Eisengiessereien gewöhnlich angewendet wird, ist in den Abbildungen Fig. 156—158 dargestellt. Wie Fig. 157 erkennen lässt, befindet sich der Sammelraum für das geschmolzene Roheisen unmittelbar hinter der Feuerbrücke, und nach Beendigung des Schmelzens wird das flüssige Metall durch ein an der vorderen Langseite des Ofens angebrachtes Stichloch (a in Fig. 158) abgelassen. Das Einsetzen des Roheisens erfolgt durch die Oeffnung b, welche alsdann mit Steinen zugesetzt wird, und zwar bringt man die Roheisenstücke möglichst in die Nähe des Fuchskanales. Das Roheisen fliesst dann beim Schmelzen auf der geneigten Sohle des Herdes abwärts den Gasen entgegen, um sich an der schon bezeich- neten Stelle zu sammeln. Damit die Sohle dieses Sammelherdes (Sumpfes) gut vorgewärmt werde und das Roheisen während des Stehens daselbst nicht abkühle, muss die gewölbte Decke des Ofens hier mög- lichst tief herunter gezogen werden (Fig. 157), so dass auch die Flammen gezwungen sind, nahe über der Sohle hinwegzuziehen. Die Erfüllung dieser Bedingung ist unerlässlich; aber das Gewölbe leidet gewöhnlich stark, wenn es allzu tief herunter geht, und muss deshalb mit besonderer Vorsicht hergestellt werden. c ist eine kleine Thür, welche die Be- obachtung des geschmolzenen Roheisens, das Losbrechen etwa ent- standener Ansätze u. s. w. ermöglicht. Bei dem abgebildeten Ofen lässt sich der Aschenfall durch eine Klappe schliessen, wenn man mit Unterwind statt mit natürlichem Essen- zuge arbeiten will. Das Rohr d dient alsdann zur Zuleitung des Ge- bläsewindes. Die Einrichtung hat sich jedoch nur bewährt, wenn starke Oxydationswirkungen beabsichtigt werden.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/680>, abgerufen am 23.07.2024.