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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.

Die Beschaffenheit der Schmelzmaterialien weist die meisten Hoch-
ofenwerke zunächst auf die Darstellung grauen Roheisens hin; die billige
Gewinnung jener Materialien und die Lage der Werke in der Nähe des
Meeres oder schiffbarer Flüsse ermöglicht einen ausgedehnten Export
nach allen Weltgegenden, und das graue Roheisen Schottlands, ins-
besondere das von den obengenannten Werken stammende, erfreut sich,
obwohl es nicht gerade arm an Phosphor ist, als Material für die
Eisengiesserei einer ausserordentlich ausgedehnten Verbreitung.

Das unter der Bezeichnung Nr. I in den Handel gebrachte Roh-
eisen der Werke Coltness, Langloan, Gartsherry besitzt im Wesent-
lichen die nämliche Zusammensetzung und enthält durchschnittlich
3.5 Proc. Kohlenstoff, 2.5 Proc. Silicium, 1.2 Proc. Mangan, 0.8 Proc.
Phosphor, 0.03 Proc. Schwefel (vergl. auch die Analysen auf S. 306).
Diese Zusammensetzung, insbesondere der hohe Siliciumgehalt bei
mässigem Mangangehalte, befähigen das Eisen, ein öfteres Umschmelzen
zu ertragen, ohne durch die unvermeidlichen oxydirenden Einflüsse des
Umschmelzens graphitarm und dadurch hart, schwer bearbeitbar und
spröde zu werden; auch in den dünnsten Querschnitten, wo also die
Abkühlung rasch verläuft, bleibt das eingegossene Roheisen noch grau,
weich, gut bearbeitbar. In dieser Eigenschaft liegt bei der Verwendung
jenes Roheisens für die Giesserei ein nicht zu unterschätzender Vorzug,
welchem es zum nicht geringen Theile seine erwähnte grosse Aus-
breitung verdankt; es dient vorzugsweise als Zusatzmaterial zu anderen,
von Natur oder infolge öfteren Umschmelzens graphitärmeren Roheisen-
sorten, um beim Umschmelzen deren Verwendbarkeit zu erhöhen, sie
weicher, leichter bearbeitbar zu machen. Der Phosphorgehalt aber,
obschon nicht ohne allen Nachtheil in solchen Fällen, wo eine besonders
grosse Festigkeit des Gusseisens verlangt wird, erreicht doch bei den
erwähnten besseren Sorten schottischen Roheisens nicht jenes Maass,
wo bei gewöhnlichen Eisengusswaaren die nachtheilige Einwirkung des-
selben merklich hervortritt. 1)

Südwestlich von Schottlands Grenze an der Westküste des nörd-
lichen Englands befinden sich in der Umgegend von Whitehaven, des
Hauptverschiffungsplatzes dieses Bezirkes, die Hochöfen Cumber-
lands
, welche die bei Whitehaven in Lagern bis zu 15 m Mächtigkeit
auftretenden vorzüglichen Rotheisensteine -- Glasköpfe -- verhütten.
Die Reinheit dieser Erze von Phosphor verleiht ihnen eine ganz be-
sondere Wichtigkeit. Man arbeitet meistens auf tiefgraues Roheisen mit
einem Siliciumgehalte von 2.5--3 Proc., welches in Grossbritannien
sowohl als auch auf dem Continente ein gesuchtes Material für den
Bessemerprocess bildet. Der Phosphorgehalt dieses Roheisens pflegt nicht
über 0.05 Proc. hinauszugehen; bemerkenswerth ist auch der ausser-
gewöhnlich geringe Mangangehalt desselben (ca. 0.1 Proc.), welcher in
einzelnen Fällen, wo ein grosser Mangangehalt nachtheilig sein würde,
dem Eisen einen gewissen Vorzug gegenüber anderen Roheisensorten
verleiht (z. B. für Darstellung schmiedbaren Gusses, vergl. Abth. III).

1) Ueber den zulässigen Phosphorgehalt in dem für die Giesserei bestimmten
Roheisen vergl. S. 297.
Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.

Die Beschaffenheit der Schmelzmaterialien weist die meisten Hoch-
ofenwerke zunächst auf die Darstellung grauen Roheisens hin; die billige
Gewinnung jener Materialien und die Lage der Werke in der Nähe des
Meeres oder schiffbarer Flüsse ermöglicht einen ausgedehnten Export
nach allen Weltgegenden, und das graue Roheisen Schottlands, ins-
besondere das von den obengenannten Werken stammende, erfreut sich,
obwohl es nicht gerade arm an Phosphor ist, als Material für die
Eisengiesserei einer ausserordentlich ausgedehnten Verbreitung.

Das unter der Bezeichnung Nr. I in den Handel gebrachte Roh-
eisen der Werke Coltness, Langloan, Gartsherry besitzt im Wesent-
lichen die nämliche Zusammensetzung und enthält durchschnittlich
3.5 Proc. Kohlenstoff, 2.5 Proc. Silicium, 1.2 Proc. Mangan, 0.8 Proc.
Phosphor, 0.03 Proc. Schwefel (vergl. auch die Analysen auf S. 306).
Diese Zusammensetzung, insbesondere der hohe Siliciumgehalt bei
mässigem Mangangehalte, befähigen das Eisen, ein öfteres Umschmelzen
zu ertragen, ohne durch die unvermeidlichen oxydirenden Einflüsse des
Umschmelzens graphitarm und dadurch hart, schwer bearbeitbar und
spröde zu werden; auch in den dünnsten Querschnitten, wo also die
Abkühlung rasch verläuft, bleibt das eingegossene Roheisen noch grau,
weich, gut bearbeitbar. In dieser Eigenschaft liegt bei der Verwendung
jenes Roheisens für die Giesserei ein nicht zu unterschätzender Vorzug,
welchem es zum nicht geringen Theile seine erwähnte grosse Aus-
breitung verdankt; es dient vorzugsweise als Zusatzmaterial zu anderen,
von Natur oder infolge öfteren Umschmelzens graphitärmeren Roheisen-
sorten, um beim Umschmelzen deren Verwendbarkeit zu erhöhen, sie
weicher, leichter bearbeitbar zu machen. Der Phosphorgehalt aber,
obschon nicht ohne allen Nachtheil in solchen Fällen, wo eine besonders
grosse Festigkeit des Gusseisens verlangt wird, erreicht doch bei den
erwähnten besseren Sorten schottischen Roheisens nicht jenes Maass,
wo bei gewöhnlichen Eisengusswaaren die nachtheilige Einwirkung des-
selben merklich hervortritt. 1)

Südwestlich von Schottlands Grenze an der Westküste des nörd-
lichen Englands befinden sich in der Umgegend von Whitehaven, des
Hauptverschiffungsplatzes dieses Bezirkes, die Hochöfen Cumber-
lands
, welche die bei Whitehaven in Lagern bis zu 15 m Mächtigkeit
auftretenden vorzüglichen Rotheisensteine — Glasköpfe — verhütten.
Die Reinheit dieser Erze von Phosphor verleiht ihnen eine ganz be-
sondere Wichtigkeit. Man arbeitet meistens auf tiefgraues Roheisen mit
einem Siliciumgehalte von 2.5—3 Proc., welches in Grossbritannien
sowohl als auch auf dem Continente ein gesuchtes Material für den
Bessemerprocess bildet. Der Phosphorgehalt dieses Roheisens pflegt nicht
über 0.05 Proc. hinauszugehen; bemerkenswerth ist auch der ausser-
gewöhnlich geringe Mangangehalt desselben (ca. 0.1 Proc.), welcher in
einzelnen Fällen, wo ein grosser Mangangehalt nachtheilig sein würde,
dem Eisen einen gewissen Vorzug gegenüber anderen Roheisensorten
verleiht (z. B. für Darstellung schmiedbaren Gusses, vergl. Abth. III).

1) Ueber den zulässigen Phosphorgehalt in dem für die Giesserei bestimmten
Roheisen vergl. S. 297.
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[565/0625] Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern. Die Beschaffenheit der Schmelzmaterialien weist die meisten Hoch- ofenwerke zunächst auf die Darstellung grauen Roheisens hin; die billige Gewinnung jener Materialien und die Lage der Werke in der Nähe des Meeres oder schiffbarer Flüsse ermöglicht einen ausgedehnten Export nach allen Weltgegenden, und das graue Roheisen Schottlands, ins- besondere das von den obengenannten Werken stammende, erfreut sich, obwohl es nicht gerade arm an Phosphor ist, als Material für die Eisengiesserei einer ausserordentlich ausgedehnten Verbreitung. Das unter der Bezeichnung Nr. I in den Handel gebrachte Roh- eisen der Werke Coltness, Langloan, Gartsherry besitzt im Wesent- lichen die nämliche Zusammensetzung und enthält durchschnittlich 3.5 Proc. Kohlenstoff, 2.5 Proc. Silicium, 1.2 Proc. Mangan, 0.8 Proc. Phosphor, 0.03 Proc. Schwefel (vergl. auch die Analysen auf S. 306). Diese Zusammensetzung, insbesondere der hohe Siliciumgehalt bei mässigem Mangangehalte, befähigen das Eisen, ein öfteres Umschmelzen zu ertragen, ohne durch die unvermeidlichen oxydirenden Einflüsse des Umschmelzens graphitarm und dadurch hart, schwer bearbeitbar und spröde zu werden; auch in den dünnsten Querschnitten, wo also die Abkühlung rasch verläuft, bleibt das eingegossene Roheisen noch grau, weich, gut bearbeitbar. In dieser Eigenschaft liegt bei der Verwendung jenes Roheisens für die Giesserei ein nicht zu unterschätzender Vorzug, welchem es zum nicht geringen Theile seine erwähnte grosse Aus- breitung verdankt; es dient vorzugsweise als Zusatzmaterial zu anderen, von Natur oder infolge öfteren Umschmelzens graphitärmeren Roheisen- sorten, um beim Umschmelzen deren Verwendbarkeit zu erhöhen, sie weicher, leichter bearbeitbar zu machen. Der Phosphorgehalt aber, obschon nicht ohne allen Nachtheil in solchen Fällen, wo eine besonders grosse Festigkeit des Gusseisens verlangt wird, erreicht doch bei den erwähnten besseren Sorten schottischen Roheisens nicht jenes Maass, wo bei gewöhnlichen Eisengusswaaren die nachtheilige Einwirkung des- selben merklich hervortritt. 1) Südwestlich von Schottlands Grenze an der Westküste des nörd- lichen Englands befinden sich in der Umgegend von Whitehaven, des Hauptverschiffungsplatzes dieses Bezirkes, die Hochöfen Cumber- lands, welche die bei Whitehaven in Lagern bis zu 15 m Mächtigkeit auftretenden vorzüglichen Rotheisensteine — Glasköpfe — verhütten. Die Reinheit dieser Erze von Phosphor verleiht ihnen eine ganz be- sondere Wichtigkeit. Man arbeitet meistens auf tiefgraues Roheisen mit einem Siliciumgehalte von 2.5—3 Proc., welches in Grossbritannien sowohl als auch auf dem Continente ein gesuchtes Material für den Bessemerprocess bildet. Der Phosphorgehalt dieses Roheisens pflegt nicht über 0.05 Proc. hinauszugehen; bemerkenswerth ist auch der ausser- gewöhnlich geringe Mangangehalt desselben (ca. 0.1 Proc.), welcher in einzelnen Fällen, wo ein grosser Mangangehalt nachtheilig sein würde, dem Eisen einen gewissen Vorzug gegenüber anderen Roheisensorten verleiht (z. B. für Darstellung schmiedbaren Gusses, vergl. Abth. III). 1) Ueber den zulässigen Phosphorgehalt in dem für die Giesserei bestimmten Roheisen vergl. S. 297.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/625>, abgerufen am 23.07.2024.