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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Betrieb mit Steinkohlen.
ordentlich starke Gasentwickelung und die mit derselben verknüpfte
Abkühlung des Ofens (welche, wie oben erwähnt wurde, bei beschränk-
tem Zusatze von Steinkohlen unter Umständen günstig wirken kann)
nachtheilige Einflüsse auf den Verlauf des Hochofenprocesses aus, und
der stattfindende Wärmeverlust muss durch einen beträchtlich erhöhten
Aufwand von Brennstoff gedeckt werden. Durch Anwendung weiter
Gichten und hoch erhitzten Windes ist man wohl im Stande, jene
Uebelstände abzumindern, nicht aber sie gänzlich zu beseitigen.

Als zweckmässig hat sich dagegen eine von Ferrie seit dem Jahre
1870, zuerst auf den Monkland-Eisenwerken, später auch bei anderen
Hochöfen, eingeführte Einrichtung erwiesen, welche den Zweck hat, die
Entgasung (Verkokung) der rohen Steinkohlen in dem Hochofen selbst
durch einen Theil der Gichtgase des letzteren bewirken zu lassen.

Zu diesem Zwecke ist der obere Theil des Hochofenschachtes bis
auf eine Tiefe von etwa 6 m unterhalb des Gichtgasfanges durch vier
radial stehende, von gemauerten Bogen getragene Scheidewände in
ebenso viele Kammern getheilt, welche selbstverständlich oben und unten
offen sind, und in welchen, wie in einem gewöhnlichen Hochofen-
schachte, die oben in abwechselnden Lagen eingeschütteten Kohlen und
Erze sich abwärts bewegen. Jene, etwa 20 cm starken Scheidewände
sowohl als die Aussenwände des oberen Schachtes, wo die Scheide-
wände sich befinden, sind von einem Kanalsysteme durchzogen, in
welches ein Theil der durch einen Parry'schen oder andern Gasfang
abgeleiteten Gase hineingeführt wird, um hier durch Vermischung mit
atmosphärischer Luft verbrannt zu werden. Der Zug in den Kanälen
wird durch Essen hervorgebracht, welche auf der Gicht des Hochofens
aufgestellt sind und die verbrannten Gase ableiten. Die erwähnten vier,
von den Scheidewänden und dem Ofenmauerwerk eingeschlossenen
Kammern wirken demnach wie Retorten und besitzen eine gewisse Aehn-
lichkeit mit Appolt'schen Verkokungsöfen, jedoch mit dem Unter-
schiede, dass bei letzteren das Füllen und Entleeren periodisch statt-
findet, während bei dem Ferrie'schen Hochofen die zu entgasenden
Kohlen (und mit ihnen die zu verhüttenden Erze) ununterbrochen durch
die Kammern hindurch sich bewegen.

Der Vortheil dieser Einrichtung liegt offenbar in dem Umstande,
dass die zur Entgasung der Steinkohle erforderliche Wärme nicht dem
Ofen entzogen sondern von aussen her zugeführt wird und zwar --
wie bei den meisten Verkokungsöfen -- unter Benutzung der aus den
Kohlen selbst entwickelten Gase. Der Steinkohlenverbrauch im Ofen
zur Darstellung einer bestimmten Menge Roheisen wird hierdurch
erniedrigt, und zwar hat man auf den Monkland-Eisenwerken im
Jahre 1871 eine Ermässigung desselben von 2600 kg auf etwa 1700 kg
per 1000 kg Roheisen beobachtet. Allerdings darf hierbei nicht unerwähnt
bleiben, dass der nach Ferrie's System gebaute Hochofen beträchtlich
grösser war (Gesammthöhe ca. 25 m) als der frühere Ofen und somit
auch eine günstigere Ausnutzung der Wärme ermöglichte, welcher
wenigstens theilweise jene günstigeren Ergebnisse zuzuschreiben sein
dürften.

Neuerdings hat man bei schottischen Hochofenwerken (Gartsherry)
den Betrieb mit rohen Kohlen noch lohnender zu machen gesucht,

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Der Betrieb mit Steinkohlen.
ordentlich starke Gasentwickelung und die mit derselben verknüpfte
Abkühlung des Ofens (welche, wie oben erwähnt wurde, bei beschränk-
tem Zusatze von Steinkohlen unter Umständen günstig wirken kann)
nachtheilige Einflüsse auf den Verlauf des Hochofenprocesses aus, und
der stattfindende Wärmeverlust muss durch einen beträchtlich erhöhten
Aufwand von Brennstoff gedeckt werden. Durch Anwendung weiter
Gichten und hoch erhitzten Windes ist man wohl im Stande, jene
Uebelstände abzumindern, nicht aber sie gänzlich zu beseitigen.

Als zweckmässig hat sich dagegen eine von Ferrie seit dem Jahre
1870, zuerst auf den Monkland-Eisenwerken, später auch bei anderen
Hochöfen, eingeführte Einrichtung erwiesen, welche den Zweck hat, die
Entgasung (Verkokung) der rohen Steinkohlen in dem Hochofen selbst
durch einen Theil der Gichtgase des letzteren bewirken zu lassen.

Zu diesem Zwecke ist der obere Theil des Hochofenschachtes bis
auf eine Tiefe von etwa 6 m unterhalb des Gichtgasfanges durch vier
radial stehende, von gemauerten Bogen getragene Scheidewände in
ebenso viele Kammern getheilt, welche selbstverständlich oben und unten
offen sind, und in welchen, wie in einem gewöhnlichen Hochofen-
schachte, die oben in abwechselnden Lagen eingeschütteten Kohlen und
Erze sich abwärts bewegen. Jene, etwa 20 cm starken Scheidewände
sowohl als die Aussenwände des oberen Schachtes, wo die Scheide-
wände sich befinden, sind von einem Kanalsysteme durchzogen, in
welches ein Theil der durch einen Parry’schen oder andern Gasfang
abgeleiteten Gase hineingeführt wird, um hier durch Vermischung mit
atmosphärischer Luft verbrannt zu werden. Der Zug in den Kanälen
wird durch Essen hervorgebracht, welche auf der Gicht des Hochofens
aufgestellt sind und die verbrannten Gase ableiten. Die erwähnten vier,
von den Scheidewänden und dem Ofenmauerwerk eingeschlossenen
Kammern wirken demnach wie Retorten und besitzen eine gewisse Aehn-
lichkeit mit Appolt’schen Verkokungsöfen, jedoch mit dem Unter-
schiede, dass bei letzteren das Füllen und Entleeren periodisch statt-
findet, während bei dem Ferrie’schen Hochofen die zu entgasenden
Kohlen (und mit ihnen die zu verhüttenden Erze) ununterbrochen durch
die Kammern hindurch sich bewegen.

Der Vortheil dieser Einrichtung liegt offenbar in dem Umstande,
dass die zur Entgasung der Steinkohle erforderliche Wärme nicht dem
Ofen entzogen sondern von aussen her zugeführt wird und zwar —
wie bei den meisten Verkokungsöfen — unter Benutzung der aus den
Kohlen selbst entwickelten Gase. Der Steinkohlenverbrauch im Ofen
zur Darstellung einer bestimmten Menge Roheisen wird hierdurch
erniedrigt, und zwar hat man auf den Monkland-Eisenwerken im
Jahre 1871 eine Ermässigung desselben von 2600 kg auf etwa 1700 kg
per 1000 kg Roheisen beobachtet. Allerdings darf hierbei nicht unerwähnt
bleiben, dass der nach Ferrie’s System gebaute Hochofen beträchtlich
grösser war (Gesammthöhe ca. 25 m) als der frühere Ofen und somit
auch eine günstigere Ausnutzung der Wärme ermöglichte, welcher
wenigstens theilweise jene günstigeren Ergebnisse zuzuschreiben sein
dürften.

Neuerdings hat man bei schottischen Hochofenwerken (Gartsherry)
den Betrieb mit rohen Kohlen noch lohnender zu machen gesucht,

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[547/0607] Der Betrieb mit Steinkohlen. ordentlich starke Gasentwickelung und die mit derselben verknüpfte Abkühlung des Ofens (welche, wie oben erwähnt wurde, bei beschränk- tem Zusatze von Steinkohlen unter Umständen günstig wirken kann) nachtheilige Einflüsse auf den Verlauf des Hochofenprocesses aus, und der stattfindende Wärmeverlust muss durch einen beträchtlich erhöhten Aufwand von Brennstoff gedeckt werden. Durch Anwendung weiter Gichten und hoch erhitzten Windes ist man wohl im Stande, jene Uebelstände abzumindern, nicht aber sie gänzlich zu beseitigen. Als zweckmässig hat sich dagegen eine von Ferrie seit dem Jahre 1870, zuerst auf den Monkland-Eisenwerken, später auch bei anderen Hochöfen, eingeführte Einrichtung erwiesen, welche den Zweck hat, die Entgasung (Verkokung) der rohen Steinkohlen in dem Hochofen selbst durch einen Theil der Gichtgase des letzteren bewirken zu lassen. Zu diesem Zwecke ist der obere Theil des Hochofenschachtes bis auf eine Tiefe von etwa 6 m unterhalb des Gichtgasfanges durch vier radial stehende, von gemauerten Bogen getragene Scheidewände in ebenso viele Kammern getheilt, welche selbstverständlich oben und unten offen sind, und in welchen, wie in einem gewöhnlichen Hochofen- schachte, die oben in abwechselnden Lagen eingeschütteten Kohlen und Erze sich abwärts bewegen. Jene, etwa 20 cm starken Scheidewände sowohl als die Aussenwände des oberen Schachtes, wo die Scheide- wände sich befinden, sind von einem Kanalsysteme durchzogen, in welches ein Theil der durch einen Parry’schen oder andern Gasfang abgeleiteten Gase hineingeführt wird, um hier durch Vermischung mit atmosphärischer Luft verbrannt zu werden. Der Zug in den Kanälen wird durch Essen hervorgebracht, welche auf der Gicht des Hochofens aufgestellt sind und die verbrannten Gase ableiten. Die erwähnten vier, von den Scheidewänden und dem Ofenmauerwerk eingeschlossenen Kammern wirken demnach wie Retorten und besitzen eine gewisse Aehn- lichkeit mit Appolt’schen Verkokungsöfen, jedoch mit dem Unter- schiede, dass bei letzteren das Füllen und Entleeren periodisch statt- findet, während bei dem Ferrie’schen Hochofen die zu entgasenden Kohlen (und mit ihnen die zu verhüttenden Erze) ununterbrochen durch die Kammern hindurch sich bewegen. Der Vortheil dieser Einrichtung liegt offenbar in dem Umstande, dass die zur Entgasung der Steinkohle erforderliche Wärme nicht dem Ofen entzogen sondern von aussen her zugeführt wird und zwar — wie bei den meisten Verkokungsöfen — unter Benutzung der aus den Kohlen selbst entwickelten Gase. Der Steinkohlenverbrauch im Ofen zur Darstellung einer bestimmten Menge Roheisen wird hierdurch erniedrigt, und zwar hat man auf den Monkland-Eisenwerken im Jahre 1871 eine Ermässigung desselben von 2600 kg auf etwa 1700 kg per 1000 kg Roheisen beobachtet. Allerdings darf hierbei nicht unerwähnt bleiben, dass der nach Ferrie’s System gebaute Hochofen beträchtlich grösser war (Gesammthöhe ca. 25 m) als der frühere Ofen und somit auch eine günstigere Ausnutzung der Wärme ermöglichte, welcher wenigstens theilweise jene günstigeren Ergebnisse zuzuschreiben sein dürften. Neuerdings hat man bei schottischen Hochofenwerken (Gartsherry) den Betrieb mit rohen Kohlen noch lohnender zu machen gesucht, 35*

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/607>, abgerufen am 16.07.2024.