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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Hochofenprocess.
Bewegung des Gasstromes geringere Mengen von Kohlensäure in dem
oberen Theile des Ofens wieder durch Kohle reducirt werden (S. 468),
und dass in der höheren Temperatur die Reduction der Erze durch
Kohlenoxyd erleichtert wird. Dieser Fall tritt ein, wenn eben der Gas-
strom jene Normalgeschwindigkeit nicht besass, deren Maass, wie schon
oben besprochen wurde, abhängig sein muss von der Reducirbarkeit
der Erze und der Verbrennlichkeit der Kohlen. Steigert man dagegen
mit der Windpressung auch die Windmenge über jenes Maass hinaus,
so gelangen die Erze infolge allzu beschleunigten Schmelzganges un-
genügend vorbereitet in den Schmelzraum und werden hier verschlackt;
es tritt vermehrte directe Reduction ein, die Folge davon ist ein erhöhter
Wärmeverbrauch und eine Abkühlung des Ofens gerade in demjenigen
Theile, wo hohe Temperatur nothwendig ist, und der Process geräth
ins Stocken, wenn nicht Abhilfe eintritt.

Es folgt aus alle diesem, dass sich theoretisch von vorn herein
nicht mit Sicherheit die für einen Hochofen von gegebenen Abmessungen
und Betriebsverhältnissen geeignetste Pressung und Menge des Gebläse-
windes ermitteln lässt. Die Pressung muss, wie erwähnt, vornehmlich
abhängig sein von dem Durchmesser des Ofens, seiner Höhe und der
Dichtigkeit des Brennstoffs; und sie schwankt demzufolge bei ver-
schiedenen Oefen zwischen den schon auf S. 390 mitgetheilten Grenzen;
die zugeführte Windmenge dagegen, von welcher in erster Reihe die
Production des Ofens abhängt, muss sich nach dem Rauminhalte des
Ofens, der Reducirbarkeit der Erze und der Beschaffenheit des dar-
zustellenden Eisens richten. Je grösser der Ofen ist, je leichter redu-
cirbar die Erze sind und je weniger hoch die Temperatur im unteren
Theile des Hochofens zu sein braucht, je weniger Silicium oder Mangan
also reducirt werden soll, desto grösser kann die zugeführte Wind-
menge sein.

Von der Grösse des Ofens und der Windmenge ist endlich die
Durchsetzzeit der Erze, d. h. die Zeitdauer, während welcher sie im
Ofen verweilen, abhängig. Bei kleinen mit Holzkohlen und leicht-
reducirbaren Erzen auf Weisseisen betriebenen Hochöfen, wie sie in
den österreichischen Alpen vorzugsweise häufig sind, genügt oft schon
eine Durchsetzzeit von nicht mehr als 6 Stunden; in grösseren Oefen
dagegen, in denen mit mineralischen Brennstoffen graues Roheisen dar-
gestellt wird, verweilen die Erze mitunter länger als 60 Stunden, und
die Erfahrung hat erwiesen, dass eine Abkürzung dieser Zeit nur durch
erhöhten Brennstoffaufwand für die gleiche Menge durchzusetzenden
Erzes zu erreichen war.1)

Gaargang und Rohgang. Verläuft der Process in der geschil-
derten regelrechten Weise, so geht der Hochofen gaar; treten Störungen
ein, so zeigt sich Rohgang.

Die eigentlichen Ursachen des Rohgangs können sehr mannigfaltig
sein; fast immer aber entsteht aus diesen ersten Ursachen zunächst
eine Vermehrung der directen Reduction über das normale Maass hin-
aus. Die Folge hiervon ist dann ein erhöhter Verbrauch an Wärme
und demnach eine Abkühlung des Ofens; bei fortdauerndem Rohgange

1) Oesterr. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1882, S. 479 (Bell).

Der Hochofenprocess.
Bewegung des Gasstromes geringere Mengen von Kohlensäure in dem
oberen Theile des Ofens wieder durch Kohle reducirt werden (S. 468),
und dass in der höheren Temperatur die Reduction der Erze durch
Kohlenoxyd erleichtert wird. Dieser Fall tritt ein, wenn eben der Gas-
strom jene Normalgeschwindigkeit nicht besass, deren Maass, wie schon
oben besprochen wurde, abhängig sein muss von der Reducirbarkeit
der Erze und der Verbrennlichkeit der Kohlen. Steigert man dagegen
mit der Windpressung auch die Windmenge über jenes Maass hinaus,
so gelangen die Erze infolge allzu beschleunigten Schmelzganges un-
genügend vorbereitet in den Schmelzraum und werden hier verschlackt;
es tritt vermehrte directe Reduction ein, die Folge davon ist ein erhöhter
Wärmeverbrauch und eine Abkühlung des Ofens gerade in demjenigen
Theile, wo hohe Temperatur nothwendig ist, und der Process geräth
ins Stocken, wenn nicht Abhilfe eintritt.

Es folgt aus alle diesem, dass sich theoretisch von vorn herein
nicht mit Sicherheit die für einen Hochofen von gegebenen Abmessungen
und Betriebsverhältnissen geeignetste Pressung und Menge des Gebläse-
windes ermitteln lässt. Die Pressung muss, wie erwähnt, vornehmlich
abhängig sein von dem Durchmesser des Ofens, seiner Höhe und der
Dichtigkeit des Brennstoffs; und sie schwankt demzufolge bei ver-
schiedenen Oefen zwischen den schon auf S. 390 mitgetheilten Grenzen;
die zugeführte Windmenge dagegen, von welcher in erster Reihe die
Production des Ofens abhängt, muss sich nach dem Rauminhalte des
Ofens, der Reducirbarkeit der Erze und der Beschaffenheit des dar-
zustellenden Eisens richten. Je grösser der Ofen ist, je leichter redu-
cirbar die Erze sind und je weniger hoch die Temperatur im unteren
Theile des Hochofens zu sein braucht, je weniger Silicium oder Mangan
also reducirt werden soll, desto grösser kann die zugeführte Wind-
menge sein.

Von der Grösse des Ofens und der Windmenge ist endlich die
Durchsetzzeit der Erze, d. h. die Zeitdauer, während welcher sie im
Ofen verweilen, abhängig. Bei kleinen mit Holzkohlen und leicht-
reducirbaren Erzen auf Weisseisen betriebenen Hochöfen, wie sie in
den österreichischen Alpen vorzugsweise häufig sind, genügt oft schon
eine Durchsetzzeit von nicht mehr als 6 Stunden; in grösseren Oefen
dagegen, in denen mit mineralischen Brennstoffen graues Roheisen dar-
gestellt wird, verweilen die Erze mitunter länger als 60 Stunden, und
die Erfahrung hat erwiesen, dass eine Abkürzung dieser Zeit nur durch
erhöhten Brennstoffaufwand für die gleiche Menge durchzusetzenden
Erzes zu erreichen war.1)

Gaargang und Rohgang. Verläuft der Process in der geschil-
derten regelrechten Weise, so geht der Hochofen gaar; treten Störungen
ein, so zeigt sich Rohgang.

Die eigentlichen Ursachen des Rohgangs können sehr mannigfaltig
sein; fast immer aber entsteht aus diesen ersten Ursachen zunächst
eine Vermehrung der directen Reduction über das normale Maass hin-
aus. Die Folge hiervon ist dann ein erhöhter Verbrauch an Wärme
und demnach eine Abkühlung des Ofens; bei fortdauerndem Rohgange

1) Oesterr. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1882, S. 479 (Bell).
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[476/0536] Der Hochofenprocess. Bewegung des Gasstromes geringere Mengen von Kohlensäure in dem oberen Theile des Ofens wieder durch Kohle reducirt werden (S. 468), und dass in der höheren Temperatur die Reduction der Erze durch Kohlenoxyd erleichtert wird. Dieser Fall tritt ein, wenn eben der Gas- strom jene Normalgeschwindigkeit nicht besass, deren Maass, wie schon oben besprochen wurde, abhängig sein muss von der Reducirbarkeit der Erze und der Verbrennlichkeit der Kohlen. Steigert man dagegen mit der Windpressung auch die Windmenge über jenes Maass hinaus, so gelangen die Erze infolge allzu beschleunigten Schmelzganges un- genügend vorbereitet in den Schmelzraum und werden hier verschlackt; es tritt vermehrte directe Reduction ein, die Folge davon ist ein erhöhter Wärmeverbrauch und eine Abkühlung des Ofens gerade in demjenigen Theile, wo hohe Temperatur nothwendig ist, und der Process geräth ins Stocken, wenn nicht Abhilfe eintritt. Es folgt aus alle diesem, dass sich theoretisch von vorn herein nicht mit Sicherheit die für einen Hochofen von gegebenen Abmessungen und Betriebsverhältnissen geeignetste Pressung und Menge des Gebläse- windes ermitteln lässt. Die Pressung muss, wie erwähnt, vornehmlich abhängig sein von dem Durchmesser des Ofens, seiner Höhe und der Dichtigkeit des Brennstoffs; und sie schwankt demzufolge bei ver- schiedenen Oefen zwischen den schon auf S. 390 mitgetheilten Grenzen; die zugeführte Windmenge dagegen, von welcher in erster Reihe die Production des Ofens abhängt, muss sich nach dem Rauminhalte des Ofens, der Reducirbarkeit der Erze und der Beschaffenheit des dar- zustellenden Eisens richten. Je grösser der Ofen ist, je leichter redu- cirbar die Erze sind und je weniger hoch die Temperatur im unteren Theile des Hochofens zu sein braucht, je weniger Silicium oder Mangan also reducirt werden soll, desto grösser kann die zugeführte Wind- menge sein. Von der Grösse des Ofens und der Windmenge ist endlich die Durchsetzzeit der Erze, d. h. die Zeitdauer, während welcher sie im Ofen verweilen, abhängig. Bei kleinen mit Holzkohlen und leicht- reducirbaren Erzen auf Weisseisen betriebenen Hochöfen, wie sie in den österreichischen Alpen vorzugsweise häufig sind, genügt oft schon eine Durchsetzzeit von nicht mehr als 6 Stunden; in grösseren Oefen dagegen, in denen mit mineralischen Brennstoffen graues Roheisen dar- gestellt wird, verweilen die Erze mitunter länger als 60 Stunden, und die Erfahrung hat erwiesen, dass eine Abkürzung dieser Zeit nur durch erhöhten Brennstoffaufwand für die gleiche Menge durchzusetzenden Erzes zu erreichen war. 1) Gaargang und Rohgang. Verläuft der Process in der geschil- derten regelrechten Weise, so geht der Hochofen gaar; treten Störungen ein, so zeigt sich Rohgang. Die eigentlichen Ursachen des Rohgangs können sehr mannigfaltig sein; fast immer aber entsteht aus diesen ersten Ursachen zunächst eine Vermehrung der directen Reduction über das normale Maass hin- aus. Die Folge hiervon ist dann ein erhöhter Verbrauch an Wärme und demnach eine Abkühlung des Ofens; bei fortdauerndem Rohgange 1) Oesterr. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1882, S. 479 (Bell).

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/536>, abgerufen am 05.12.2024.