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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Hochofenprocess.
wendung von Holzkohlen als Brennstoff sein, deren Asche bekanntlich
vorwiegend aus Kaliumcarbonat besteht.

Durch die in dem Schmelzraume des Ofens stattfindende directe
Reduction 1) von Mangan, Silicium und Eisen aus den bereits voll-
ständig oder theilweise verschlackten Oxyden mehrt sich häufig der
Kohlenoxydgehalt des aufsteigenden Gasgemenges, bis dasselbe nun in
jene Gegend des Hochofens einrückt, wo das Kohlenoxyd seine redu-
cirende Einwirkung auf vorhandene Eisenoxyde beginnt. Von nun an
würde bei ideellem Verlaufe des Hochofenprocesses der Kohlenoxyd-
gehalt der Gase bis zur Gicht immer mehr ab-, der Kohlensäuregehalt
immer mehr zunehmen. Nicht immer jedoch zeigt sich sofort diese
Erscheinung. Nicht allein die Erze, auch die niederrückenden Kohlen
sind der Einwirkung des aufsteigenden heissen Gasstromes ausgesetzt;
durch die sich bildende Kohlensäure wird ein Theil derselben ver-
brannt und es entsteht aufs Neue Kohlenoxyd. Dieser Vorgang ist,
sofern die Menge des vor den Formen gebildeten Kohlenoxydes allein
ausreicht, die Reduction der Erze zu bewirken, gleichbedeutend mit
einem Mehraufwande an Kohlenstoff; denn der solcherart vergaste
Kohlenstoff entweicht alsdann, ohne irgend für den Hochofenprocess
nützlich gewesen zu sein, aus dem Hochofen. Eine Beschränkung
dieser Verbrennung von Kohlenstoff durch gebildete Kohlensäure ist
also wünschenswerth für die günstigere Ausnutzung des Brennstoffs.

Befördert wird die Reduction der Kohlensäure vermittelst Kohlen-
stoffs durch hohe Temperatur, durch längere Zeitdauer der gegenseitigen
Einwirkung, durch grosse vom Kohlenstoff dargebotene Berührungs-
fläche. Es folgt hieraus, dass eine allzu hohe Temperatur in dem Theile
des Ofens oberhalb des eigentlichen Schmelzraumes, welche durch vor-
zeitige Verschlackung unreducirten Eisens den Verlauf des Processes
benachtheiligt, auch durch reichlichere Vergasung von Kohlenstoff den
Brennstoffverbrauch erhöht; und es erklärt sich, dass auch in dieser
Beziehung eine Abkühlung des Ofens in jener Gegend, welche durch
Zersetzung rohen Kalksteines oder roher Brennstoffe herbeigeführt werden
kann, nicht selten eher günstig als nachtheilig auf die Brennstoffaus-
nutzung im Hochofen einwirkt. Da aber besonders bei Anwendung
rohen Kalksteines die Gelegenheit zur Kohlenstoffvergasung durch die
ausgetriebene Kohlensäure erheblich ausgedehnt wird, so beweist eben
dieser Umstand, dass jene mit der Zersetzung verknüpfte Abkühlung
ein kräftiges Gegenmittel gegen diese Reduction der Kohlensäure durch
Kohlenstoff bildet. Ebenso erklärt sich hierdurch leicht die mehrfach
besprochene Thatsache, dass die leichtere Bauart der neueren Hochöfen
keine nachtheiligen Einflüsse auf die Brennstoffausnutzung hat erkennen
lassen. 2)

Auch der Umstand, dass eine übermässige Erhöhung der Hoch-
öfen sich erfahrungsmässig als ziemlich nutzlos für die Brennstoffaus-
nutzung erwiesen hat, lässt sich wenigstens zum Theil auf die ver-

1) Ueber directe und indirecte Reduction vergl. S. 222.
2) Vergl. unter anderm die Mittheilungen auf S. 347, vergleichende Versuche
über die Einwirkung verschiedener Bauarten auf den Brennstoffverbrauch bei dem
Hochofen zu Gleiwitz betreffend.

Der Hochofenprocess.
wendung von Holzkohlen als Brennstoff sein, deren Asche bekanntlich
vorwiegend aus Kaliumcarbonat besteht.

Durch die in dem Schmelzraume des Ofens stattfindende directe
Reduction 1) von Mangan, Silicium und Eisen aus den bereits voll-
ständig oder theilweise verschlackten Oxyden mehrt sich häufig der
Kohlenoxydgehalt des aufsteigenden Gasgemenges, bis dasselbe nun in
jene Gegend des Hochofens einrückt, wo das Kohlenoxyd seine redu-
cirende Einwirkung auf vorhandene Eisenoxyde beginnt. Von nun an
würde bei ideellem Verlaufe des Hochofenprocesses der Kohlenoxyd-
gehalt der Gase bis zur Gicht immer mehr ab-, der Kohlensäuregehalt
immer mehr zunehmen. Nicht immer jedoch zeigt sich sofort diese
Erscheinung. Nicht allein die Erze, auch die niederrückenden Kohlen
sind der Einwirkung des aufsteigenden heissen Gasstromes ausgesetzt;
durch die sich bildende Kohlensäure wird ein Theil derselben ver-
brannt und es entsteht aufs Neue Kohlenoxyd. Dieser Vorgang ist,
sofern die Menge des vor den Formen gebildeten Kohlenoxydes allein
ausreicht, die Reduction der Erze zu bewirken, gleichbedeutend mit
einem Mehraufwande an Kohlenstoff; denn der solcherart vergaste
Kohlenstoff entweicht alsdann, ohne irgend für den Hochofenprocess
nützlich gewesen zu sein, aus dem Hochofen. Eine Beschränkung
dieser Verbrennung von Kohlenstoff durch gebildete Kohlensäure ist
also wünschenswerth für die günstigere Ausnutzung des Brennstoffs.

Befördert wird die Reduction der Kohlensäure vermittelst Kohlen-
stoffs durch hohe Temperatur, durch längere Zeitdauer der gegenseitigen
Einwirkung, durch grosse vom Kohlenstoff dargebotene Berührungs-
fläche. Es folgt hieraus, dass eine allzu hohe Temperatur in dem Theile
des Ofens oberhalb des eigentlichen Schmelzraumes, welche durch vor-
zeitige Verschlackung unreducirten Eisens den Verlauf des Processes
benachtheiligt, auch durch reichlichere Vergasung von Kohlenstoff den
Brennstoffverbrauch erhöht; und es erklärt sich, dass auch in dieser
Beziehung eine Abkühlung des Ofens in jener Gegend, welche durch
Zersetzung rohen Kalksteines oder roher Brennstoffe herbeigeführt werden
kann, nicht selten eher günstig als nachtheilig auf die Brennstoffaus-
nutzung im Hochofen einwirkt. Da aber besonders bei Anwendung
rohen Kalksteines die Gelegenheit zur Kohlenstoffvergasung durch die
ausgetriebene Kohlensäure erheblich ausgedehnt wird, so beweist eben
dieser Umstand, dass jene mit der Zersetzung verknüpfte Abkühlung
ein kräftiges Gegenmittel gegen diese Reduction der Kohlensäure durch
Kohlenstoff bildet. Ebenso erklärt sich hierdurch leicht die mehrfach
besprochene Thatsache, dass die leichtere Bauart der neueren Hochöfen
keine nachtheiligen Einflüsse auf die Brennstoffausnutzung hat erkennen
lassen. 2)

Auch der Umstand, dass eine übermässige Erhöhung der Hoch-
öfen sich erfahrungsmässig als ziemlich nutzlos für die Brennstoffaus-
nutzung erwiesen hat, lässt sich wenigstens zum Theil auf die ver-

1) Ueber directe und indirecte Reduction vergl. S. 222.
2) Vergl. unter anderm die Mittheilungen auf S. 347, vergleichende Versuche
über die Einwirkung verschiedener Bauarten auf den Brennstoffverbrauch bei dem
Hochofen zu Gleiwitz betreffend.
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[468/0528] Der Hochofenprocess. wendung von Holzkohlen als Brennstoff sein, deren Asche bekanntlich vorwiegend aus Kaliumcarbonat besteht. Durch die in dem Schmelzraume des Ofens stattfindende directe Reduction 1) von Mangan, Silicium und Eisen aus den bereits voll- ständig oder theilweise verschlackten Oxyden mehrt sich häufig der Kohlenoxydgehalt des aufsteigenden Gasgemenges, bis dasselbe nun in jene Gegend des Hochofens einrückt, wo das Kohlenoxyd seine redu- cirende Einwirkung auf vorhandene Eisenoxyde beginnt. Von nun an würde bei ideellem Verlaufe des Hochofenprocesses der Kohlenoxyd- gehalt der Gase bis zur Gicht immer mehr ab-, der Kohlensäuregehalt immer mehr zunehmen. Nicht immer jedoch zeigt sich sofort diese Erscheinung. Nicht allein die Erze, auch die niederrückenden Kohlen sind der Einwirkung des aufsteigenden heissen Gasstromes ausgesetzt; durch die sich bildende Kohlensäure wird ein Theil derselben ver- brannt und es entsteht aufs Neue Kohlenoxyd. Dieser Vorgang ist, sofern die Menge des vor den Formen gebildeten Kohlenoxydes allein ausreicht, die Reduction der Erze zu bewirken, gleichbedeutend mit einem Mehraufwande an Kohlenstoff; denn der solcherart vergaste Kohlenstoff entweicht alsdann, ohne irgend für den Hochofenprocess nützlich gewesen zu sein, aus dem Hochofen. Eine Beschränkung dieser Verbrennung von Kohlenstoff durch gebildete Kohlensäure ist also wünschenswerth für die günstigere Ausnutzung des Brennstoffs. Befördert wird die Reduction der Kohlensäure vermittelst Kohlen- stoffs durch hohe Temperatur, durch längere Zeitdauer der gegenseitigen Einwirkung, durch grosse vom Kohlenstoff dargebotene Berührungs- fläche. Es folgt hieraus, dass eine allzu hohe Temperatur in dem Theile des Ofens oberhalb des eigentlichen Schmelzraumes, welche durch vor- zeitige Verschlackung unreducirten Eisens den Verlauf des Processes benachtheiligt, auch durch reichlichere Vergasung von Kohlenstoff den Brennstoffverbrauch erhöht; und es erklärt sich, dass auch in dieser Beziehung eine Abkühlung des Ofens in jener Gegend, welche durch Zersetzung rohen Kalksteines oder roher Brennstoffe herbeigeführt werden kann, nicht selten eher günstig als nachtheilig auf die Brennstoffaus- nutzung im Hochofen einwirkt. Da aber besonders bei Anwendung rohen Kalksteines die Gelegenheit zur Kohlenstoffvergasung durch die ausgetriebene Kohlensäure erheblich ausgedehnt wird, so beweist eben dieser Umstand, dass jene mit der Zersetzung verknüpfte Abkühlung ein kräftiges Gegenmittel gegen diese Reduction der Kohlensäure durch Kohlenstoff bildet. Ebenso erklärt sich hierdurch leicht die mehrfach besprochene Thatsache, dass die leichtere Bauart der neueren Hochöfen keine nachtheiligen Einflüsse auf die Brennstoffausnutzung hat erkennen lassen. 2) Auch der Umstand, dass eine übermässige Erhöhung der Hoch- öfen sich erfahrungsmässig als ziemlich nutzlos für die Brennstoffaus- nutzung erwiesen hat, lässt sich wenigstens zum Theil auf die ver- 1) Ueber directe und indirecte Reduction vergl. S. 222. 2) Vergl. unter anderm die Mittheilungen auf S. 347, vergleichende Versuche über die Einwirkung verschiedener Bauarten auf den Brennstoffverbrauch bei dem Hochofen zu Gleiwitz betreffend.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/528>, abgerufen am 25.12.2024.