den Fällen günstig für den Verlauf des Hochofenprocesses, wo durch Aufsteigen der Schmelztemperatur in eine Gegend des Ofens, in welcher noch beträchtliche Mengen unreducirter Erze vorhanden sind, eine vor- zeitige Verschlackung derselben herbeigeführt werden würde. Letzter Umstand erklärt es jedenfalls auch, dass selbst eine theilweise An- wendung ungerösteter Spatheisensteine und Sphärosiderite mitunter sich als förderlich für den Verlauf des Hochofenprocesses erwiesen hat.
Wird der Hochofen ganz oder theilweise mit unverkohlten Brenn- stoffen gespeist, so findet bei deren Niedergange Zersetzung statt. Die Zersetzung rohen Holzes beginnt schon bei etwa 150°C. (S. 28), und ist bei 400°C. ziemlich vollständig beendigt, obschon kleine Mengen Wasserstoff noch in heller Rothgluth zurückgehalten und vermuthlich erst bei der Verbrennung der Kohle vollständig verflüchtigt werden. Die Zersetzung der Steinkohlen geht in einer Temperatur vor sich, welche nach der Beschaffenheit der Kohlen verschieden sein kann, jedenfalls aber höher liegt als die Zersetzungstemperatur des Holzes. Auch dieser Vorgang ist mit einem Wärmeverbrauche und einer Er- niedrigung der Temperatur im Hochofen verknüpft.
Die Temperatur, wo nun die Sinterung der nicht reducirten Be- standtheile der Erze und Zuschläge ihren Anfang nimmt, ist unter verschiedenen Verhältnissen verschieden und sowohl von der minera- logischen Beschaffenheit der einzelnen Stücke als von der chemischen Zusammensetzung der gesammten Beschickung abhängig. In ersterer Beziehung kommt der Umstand in Betracht, dass oft einzelne Bestand- theile der Beschickung -- Quarz, Kalk, Magnesia u. v. a. -- an und für sich unschmelzbar sind, die Sinterung also erst vor sich gehen kann, wenn zugleich eine Vereinigung mehrerer Körper stattfindet. Da aber diese Vereinigung, d. i. die Schlackenbildung, oft eine erheblich höhere Temperatur verlangt, als diejenige, bei welcher die fertig ge- bildete Schlacke flüssig wird (S. 150), jedenfalls eine um so länger fortgesetzte gegenseitige Einwirkung nöthig macht, je weniger hoch die herrschende Temperatur über der Schmelztemperatur der fertigen Schlacke liegt, so werden Gemenge von Erzen und Zuschlägen, die chemisch ganz ähnlich zusammengesetzt sind, dennoch in jener Beziehung ein wesentlich abweichendes Verhalten zeigen können, je nachdem die äussere Form ihrer Bestandtheile die Vereinigung mehr oder weniger erleichtert. Enthielt z. B. die Beschickung Silikate, also bereits fertig gebildete, schmelzbare Verbindungen, so wird die Sinterung frühzeitiger beginnen, als wenn die Bestandtheile dieser Silikate im getrennten Zustande, d. h. als selbstständige Körper, zugegen waren; und das schmelzende Silikat wird verhältnissmässig leicht auch noch andere Bestandtheile der Beschickung auflösen und solcherart zum Schmelzen bringen. Ein Eisenerz, welches mit fein vertheiltem Quarz durch- wachsen, dicht und der Reduction schwer zugänglich ist, wird, wenn es im unvollständig reducirten Zustande einer höheren Temperatur aus- gesetzt wird, Neigung zeigen, zu verschlacken; ein anderes Erz von der nämlichen chemischen Zusammensetzung, dessen Kieselsäuregehalt aber aus Anhäufungen einzelner grober Quarzkrystalle besteht, welche wenig Berührung mit dem Eisengehalte oder den sonstigen Bestand- theilen der Erzstücke besitzen, wird einer länger fortgesetzten Erhitzung
Verlauf des Hochofenprocesses.
den Fällen günstig für den Verlauf des Hochofenprocesses, wo durch Aufsteigen der Schmelztemperatur in eine Gegend des Ofens, in welcher noch beträchtliche Mengen unreducirter Erze vorhanden sind, eine vor- zeitige Verschlackung derselben herbeigeführt werden würde. Letzter Umstand erklärt es jedenfalls auch, dass selbst eine theilweise An- wendung ungerösteter Spatheisensteine und Sphärosiderite mitunter sich als förderlich für den Verlauf des Hochofenprocesses erwiesen hat.
Wird der Hochofen ganz oder theilweise mit unverkohlten Brenn- stoffen gespeist, so findet bei deren Niedergange Zersetzung statt. Die Zersetzung rohen Holzes beginnt schon bei etwa 150°C. (S. 28), und ist bei 400°C. ziemlich vollständig beendigt, obschon kleine Mengen Wasserstoff noch in heller Rothgluth zurückgehalten und vermuthlich erst bei der Verbrennung der Kohle vollständig verflüchtigt werden. Die Zersetzung der Steinkohlen geht in einer Temperatur vor sich, welche nach der Beschaffenheit der Kohlen verschieden sein kann, jedenfalls aber höher liegt als die Zersetzungstemperatur des Holzes. Auch dieser Vorgang ist mit einem Wärmeverbrauche und einer Er- niedrigung der Temperatur im Hochofen verknüpft.
Die Temperatur, wo nun die Sinterung der nicht reducirten Be- standtheile der Erze und Zuschläge ihren Anfang nimmt, ist unter verschiedenen Verhältnissen verschieden und sowohl von der minera- logischen Beschaffenheit der einzelnen Stücke als von der chemischen Zusammensetzung der gesammten Beschickung abhängig. In ersterer Beziehung kommt der Umstand in Betracht, dass oft einzelne Bestand- theile der Beschickung — Quarz, Kalk, Magnesia u. v. a. — an und für sich unschmelzbar sind, die Sinterung also erst vor sich gehen kann, wenn zugleich eine Vereinigung mehrerer Körper stattfindet. Da aber diese Vereinigung, d. i. die Schlackenbildung, oft eine erheblich höhere Temperatur verlangt, als diejenige, bei welcher die fertig ge- bildete Schlacke flüssig wird (S. 150), jedenfalls eine um so länger fortgesetzte gegenseitige Einwirkung nöthig macht, je weniger hoch die herrschende Temperatur über der Schmelztemperatur der fertigen Schlacke liegt, so werden Gemenge von Erzen und Zuschlägen, die chemisch ganz ähnlich zusammengesetzt sind, dennoch in jener Beziehung ein wesentlich abweichendes Verhalten zeigen können, je nachdem die äussere Form ihrer Bestandtheile die Vereinigung mehr oder weniger erleichtert. Enthielt z. B. die Beschickung Silikate, also bereits fertig gebildete, schmelzbare Verbindungen, so wird die Sinterung frühzeitiger beginnen, als wenn die Bestandtheile dieser Silikate im getrennten Zustande, d. h. als selbstständige Körper, zugegen waren; und das schmelzende Silikat wird verhältnissmässig leicht auch noch andere Bestandtheile der Beschickung auflösen und solcherart zum Schmelzen bringen. Ein Eisenerz, welches mit fein vertheiltem Quarz durch- wachsen, dicht und der Reduction schwer zugänglich ist, wird, wenn es im unvollständig reducirten Zustande einer höheren Temperatur aus- gesetzt wird, Neigung zeigen, zu verschlacken; ein anderes Erz von der nämlichen chemischen Zusammensetzung, dessen Kieselsäuregehalt aber aus Anhäufungen einzelner grober Quarzkrystalle besteht, welche wenig Berührung mit dem Eisengehalte oder den sonstigen Bestand- theilen der Erzstücke besitzen, wird einer länger fortgesetzten Erhitzung
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[463/0523]
Verlauf des Hochofenprocesses.
den Fällen günstig für den Verlauf des Hochofenprocesses, wo durch
Aufsteigen der Schmelztemperatur in eine Gegend des Ofens, in welcher
noch beträchtliche Mengen unreducirter Erze vorhanden sind, eine vor-
zeitige Verschlackung derselben herbeigeführt werden würde. Letzter
Umstand erklärt es jedenfalls auch, dass selbst eine theilweise An-
wendung ungerösteter Spatheisensteine und Sphärosiderite mitunter sich
als förderlich für den Verlauf des Hochofenprocesses erwiesen hat.
Wird der Hochofen ganz oder theilweise mit unverkohlten Brenn-
stoffen gespeist, so findet bei deren Niedergange Zersetzung statt. Die
Zersetzung rohen Holzes beginnt schon bei etwa 150°C. (S. 28), und
ist bei 400°C. ziemlich vollständig beendigt, obschon kleine Mengen
Wasserstoff noch in heller Rothgluth zurückgehalten und vermuthlich
erst bei der Verbrennung der Kohle vollständig verflüchtigt werden.
Die Zersetzung der Steinkohlen geht in einer Temperatur vor sich,
welche nach der Beschaffenheit der Kohlen verschieden sein kann,
jedenfalls aber höher liegt als die Zersetzungstemperatur des Holzes.
Auch dieser Vorgang ist mit einem Wärmeverbrauche und einer Er-
niedrigung der Temperatur im Hochofen verknüpft.
Die Temperatur, wo nun die Sinterung der nicht reducirten Be-
standtheile der Erze und Zuschläge ihren Anfang nimmt, ist unter
verschiedenen Verhältnissen verschieden und sowohl von der minera-
logischen Beschaffenheit der einzelnen Stücke als von der chemischen
Zusammensetzung der gesammten Beschickung abhängig. In ersterer
Beziehung kommt der Umstand in Betracht, dass oft einzelne Bestand-
theile der Beschickung — Quarz, Kalk, Magnesia u. v. a. — an und
für sich unschmelzbar sind, die Sinterung also erst vor sich gehen
kann, wenn zugleich eine Vereinigung mehrerer Körper stattfindet. Da
aber diese Vereinigung, d. i. die Schlackenbildung, oft eine erheblich
höhere Temperatur verlangt, als diejenige, bei welcher die fertig ge-
bildete Schlacke flüssig wird (S. 150), jedenfalls eine um so länger
fortgesetzte gegenseitige Einwirkung nöthig macht, je weniger hoch
die herrschende Temperatur über der Schmelztemperatur der fertigen
Schlacke liegt, so werden Gemenge von Erzen und Zuschlägen, die
chemisch ganz ähnlich zusammengesetzt sind, dennoch in jener Beziehung
ein wesentlich abweichendes Verhalten zeigen können, je nachdem die
äussere Form ihrer Bestandtheile die Vereinigung mehr oder weniger
erleichtert. Enthielt z. B. die Beschickung Silikate, also bereits fertig
gebildete, schmelzbare Verbindungen, so wird die Sinterung frühzeitiger
beginnen, als wenn die Bestandtheile dieser Silikate im getrennten
Zustande, d. h. als selbstständige Körper, zugegen waren; und das
schmelzende Silikat wird verhältnissmässig leicht auch noch andere
Bestandtheile der Beschickung auflösen und solcherart zum Schmelzen
bringen. Ein Eisenerz, welches mit fein vertheiltem Quarz durch-
wachsen, dicht und der Reduction schwer zugänglich ist, wird, wenn
es im unvollständig reducirten Zustande einer höheren Temperatur aus-
gesetzt wird, Neigung zeigen, zu verschlacken; ein anderes Erz von
der nämlichen chemischen Zusammensetzung, dessen Kieselsäuregehalt
aber aus Anhäufungen einzelner grober Quarzkrystalle besteht, welche
wenig Berührung mit dem Eisengehalte oder den sonstigen Bestand-
theilen der Erzstücke besitzen, wird einer länger fortgesetzten Erhitzung
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/523>, abgerufen am 23.12.2024.
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