Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.
noch deutlicher als bei Betrachtung der unbearbeiteten Bruchfläche die gemengten Bestandtheile des Roheisens erkennen. Hinsichtlich der Aus- führung des Verfahrens im Besondern möge auf die unter "Literatur" auf- geführten verdienstlichen Arbeiten von A. Martens hingewiesen werden.
Es wurde schon früher (S. 236) darauf hingewiesen, dass das Maass der Graphitbildung im Roheisen beim Erstarren von den Abkühlungs- verhältnissen abhängig und um so beträchtlicher sei, je langsamer die Abkühlung vor sich gehe. Ein und dasselbe Roheisen wird also im erkalteten Zustande um so graphitreicher und zugleich um so grob- körniger sein, je weniger rasch die Abkühlung erfolgt; und es wurde ebenfalls schon betont, dass in einem rasch erkalteten und deshalb graphitarmen Roheisen sich der Graphitgehalt durch anhaltendes Glühen anreichern lässt.
Roheisensorten, welche einen nur mässigen Siliciumgehalt und dabei einen gewissen Mangangehalt besitzen, erstarren bei plötzlicher Ab- kühlung mit allen Merkmalen des weissen Eisens, d. h. graphitfrei und mit strahliger oder blättriger Bruchfläche, bei ruhiger Abkühlung da- gegen als graues Roheisen. Durch erneutes Schmelzen und Erstarren lässt sich derartiges graues Roheisen in weisses Eisen umwandeln und umgekehrt (S. 237).
Ist der Siliciumgehalt aber verhältnissmässig bedeutend und der Mangangehalt gering, so lässt sich auch durch plötzliche Abkühlung die Graphitausscheidung nicht ganz behindern; wohl aber wird sie geringer als bei langsamerer Abkühlung und das Gefüge des Eisens feinkörniger.
Der Siliciumgehalt des grauen Roheisens ist früheren Erklärungen zufolge die eigentliche Ursache des Zerfallens (Saigerns) der Legirung beim Erstarren unter Graphitausscheidung. Je reicher also das Roh- eisen an Silicium ist, desto vollständiger wird der anwesende Kohlen- stoff beim Erstarren in graphitischer Form ausgeschieden werden; ent- zieht man dem grauen Roheisen seinen Siliciumgehalt, so erstarrt es -- selbst bei langsamer Abkühlung -- ohne Graphitausscheidung und ist thatsächlich weisses Roheisen geworden.
Anderntheils verringert der Siliciumgehalt auch die Fähigkeit des flüssigen Eisens, Kohlenstoff aufzunehmen, und aus diesem Grunde ist der höchste Kohlenstoffgehalt, welchen ein Roheisen besitzen kann, um so niedriger, je siliciumreicher es ist. Eben deshalb muss aber auch der Graphitgehalt des Roheisens, der im äussersten Falle doch nur gleichbedeutend mit dem Gesammtkohlenstoffgehalte sein kann, ab- nehmen, wenn der Siliciumgehalt über dasjenige Maass hinaus steigt, welches für die annähernd vollständige Ausscheidung des anwesenden Kohlenstoffs als Graphit nothwendig ist. Bei manganarmen Roheisen- sorten dürfte dieses Maass des Siliciumgehaltes bei etwa 2 Proc. liegen, neben welchem etwa 4 Proc. Kohlenstoff zugegen sein können. Bei ruhiger Abkühlung solchen Eisens nimmt dann der grösste Theil dieses Kohlenstoffgehaltes graphitische Form an und unter allen Roheisen- sorten ist solches das graphitreichste.
Je weiter der Siliciumgehalt jene angegebene Grenze überschreitet, desto mehr verräth sich auch im Aeusseren des Roheisens die ver-
Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.
noch deutlicher als bei Betrachtung der unbearbeiteten Bruchfläche die gemengten Bestandtheile des Roheisens erkennen. Hinsichtlich der Aus- führung des Verfahrens im Besondern möge auf die unter „Literatur“ auf- geführten verdienstlichen Arbeiten von A. Martens hingewiesen werden.
Es wurde schon früher (S. 236) darauf hingewiesen, dass das Maass der Graphitbildung im Roheisen beim Erstarren von den Abkühlungs- verhältnissen abhängig und um so beträchtlicher sei, je langsamer die Abkühlung vor sich gehe. Ein und dasselbe Roheisen wird also im erkalteten Zustande um so graphitreicher und zugleich um so grob- körniger sein, je weniger rasch die Abkühlung erfolgt; und es wurde ebenfalls schon betont, dass in einem rasch erkalteten und deshalb graphitarmen Roheisen sich der Graphitgehalt durch anhaltendes Glühen anreichern lässt.
Roheisensorten, welche einen nur mässigen Siliciumgehalt und dabei einen gewissen Mangangehalt besitzen, erstarren bei plötzlicher Ab- kühlung mit allen Merkmalen des weissen Eisens, d. h. graphitfrei und mit strahliger oder blättriger Bruchfläche, bei ruhiger Abkühlung da- gegen als graues Roheisen. Durch erneutes Schmelzen und Erstarren lässt sich derartiges graues Roheisen in weisses Eisen umwandeln und umgekehrt (S. 237).
Ist der Siliciumgehalt aber verhältnissmässig bedeutend und der Mangangehalt gering, so lässt sich auch durch plötzliche Abkühlung die Graphitausscheidung nicht ganz behindern; wohl aber wird sie geringer als bei langsamerer Abkühlung und das Gefüge des Eisens feinkörniger.
Der Siliciumgehalt des grauen Roheisens ist früheren Erklärungen zufolge die eigentliche Ursache des Zerfallens (Saigerns) der Legirung beim Erstarren unter Graphitausscheidung. Je reicher also das Roh- eisen an Silicium ist, desto vollständiger wird der anwesende Kohlen- stoff beim Erstarren in graphitischer Form ausgeschieden werden; ent- zieht man dem grauen Roheisen seinen Siliciumgehalt, so erstarrt es — selbst bei langsamer Abkühlung — ohne Graphitausscheidung und ist thatsächlich weisses Roheisen geworden.
Anderntheils verringert der Siliciumgehalt auch die Fähigkeit des flüssigen Eisens, Kohlenstoff aufzunehmen, und aus diesem Grunde ist der höchste Kohlenstoffgehalt, welchen ein Roheisen besitzen kann, um so niedriger, je siliciumreicher es ist. Eben deshalb muss aber auch der Graphitgehalt des Roheisens, der im äussersten Falle doch nur gleichbedeutend mit dem Gesammtkohlenstoffgehalte sein kann, ab- nehmen, wenn der Siliciumgehalt über dasjenige Maass hinaus steigt, welches für die annähernd vollständige Ausscheidung des anwesenden Kohlenstoffs als Graphit nothwendig ist. Bei manganarmen Roheisen- sorten dürfte dieses Maass des Siliciumgehaltes bei etwa 2 Proc. liegen, neben welchem etwa 4 Proc. Kohlenstoff zugegen sein können. Bei ruhiger Abkühlung solchen Eisens nimmt dann der grösste Theil dieses Kohlenstoffgehaltes graphitische Form an und unter allen Roheisen- sorten ist solches das graphitreichste.
Je weiter der Siliciumgehalt jene angegebene Grenze überschreitet, desto mehr verräth sich auch im Aeusseren des Roheisens die ver-
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Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.
noch deutlicher als bei Betrachtung der unbearbeiteten Bruchfläche die
gemengten Bestandtheile des Roheisens erkennen. Hinsichtlich der Aus-
führung des Verfahrens im Besondern möge auf die unter „Literatur“ auf-
geführten verdienstlichen Arbeiten von A. Martens hingewiesen werden.
Es wurde schon früher (S. 236) darauf hingewiesen, dass das Maass
der Graphitbildung im Roheisen beim Erstarren von den Abkühlungs-
verhältnissen abhängig und um so beträchtlicher sei, je langsamer die
Abkühlung vor sich gehe. Ein und dasselbe Roheisen wird also im
erkalteten Zustande um so graphitreicher und zugleich um so grob-
körniger sein, je weniger rasch die Abkühlung erfolgt; und es wurde
ebenfalls schon betont, dass in einem rasch erkalteten und deshalb
graphitarmen Roheisen sich der Graphitgehalt durch anhaltendes Glühen
anreichern lässt.
Roheisensorten, welche einen nur mässigen Siliciumgehalt und dabei
einen gewissen Mangangehalt besitzen, erstarren bei plötzlicher Ab-
kühlung mit allen Merkmalen des weissen Eisens, d. h. graphitfrei und
mit strahliger oder blättriger Bruchfläche, bei ruhiger Abkühlung da-
gegen als graues Roheisen. Durch erneutes Schmelzen und Erstarren
lässt sich derartiges graues Roheisen in weisses Eisen umwandeln und
umgekehrt (S. 237).
Ist der Siliciumgehalt aber verhältnissmässig bedeutend und der
Mangangehalt gering, so lässt sich auch durch plötzliche Abkühlung die
Graphitausscheidung nicht ganz behindern; wohl aber wird sie geringer
als bei langsamerer Abkühlung und das Gefüge des Eisens feinkörniger.
Der Siliciumgehalt des grauen Roheisens ist früheren Erklärungen
zufolge die eigentliche Ursache des Zerfallens (Saigerns) der Legirung
beim Erstarren unter Graphitausscheidung. Je reicher also das Roh-
eisen an Silicium ist, desto vollständiger wird der anwesende Kohlen-
stoff beim Erstarren in graphitischer Form ausgeschieden werden; ent-
zieht man dem grauen Roheisen seinen Siliciumgehalt, so
erstarrt es — selbst bei langsamer Abkühlung — ohne
Graphitausscheidung und ist thatsächlich weisses Roheisen
geworden.
Anderntheils verringert der Siliciumgehalt auch die Fähigkeit des
flüssigen Eisens, Kohlenstoff aufzunehmen, und aus diesem Grunde ist
der höchste Kohlenstoffgehalt, welchen ein Roheisen besitzen kann, um
so niedriger, je siliciumreicher es ist. Eben deshalb muss aber auch
der Graphitgehalt des Roheisens, der im äussersten Falle doch nur
gleichbedeutend mit dem Gesammtkohlenstoffgehalte sein kann, ab-
nehmen, wenn der Siliciumgehalt über dasjenige Maass hinaus steigt,
welches für die annähernd vollständige Ausscheidung des anwesenden
Kohlenstoffs als Graphit nothwendig ist. Bei manganarmen Roheisen-
sorten dürfte dieses Maass des Siliciumgehaltes bei etwa 2 Proc. liegen,
neben welchem etwa 4 Proc. Kohlenstoff zugegen sein können. Bei
ruhiger Abkühlung solchen Eisens nimmt dann der grösste Theil dieses
Kohlenstoffgehaltes graphitische Form an und unter allen Roheisen-
sorten ist solches das graphitreichste.
Je weiter der Siliciumgehalt jene angegebene Grenze überschreitet,
desto mehr verräth sich auch im Aeusseren des Roheisens die ver-
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/340>, abgerufen am 04.12.2024.
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