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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.
beim Erstarren siliciumreichen Eisens eintreten müsse, wenn die vom
flüssigen Metalle gelöste Gasmenge jenen Sättigungsgrad überschritten
habe.

Eine Beantwortung dieser Frage ist nur durch gewichtsanalytische
Untersuchungen der verschiedenen Eisensorten auf ihren Wasserstoff-,
Stickstoff- u. s. w. Gehalt zu erreichen, obgleich solche Untersuchungen
bei den ausserordentlich geringen Gewichtsmengen, in welchen die Gase
im Eisen auftreten, und den mancherlei Fehlerquellen, welche hierbei
zu berücksichtigen sind, nicht ohne Schwierigkeit durchführbar sind und
ganz besonderer Umsicht bedürfen, wenn ihre Ergebnisse nicht zu Trug-
schlüssen führen sollen.

Einem Stickstoffgehalte des Eisens, den man in oft recht
ansehnlichen Mengen zu finden glaubte 1), schrieb man in früherer Zeit
ganz besondere Einwirkungen auf die Eigenschaften des Eisens zu.
Spätere Untersuchungen von Rammelsberg 2), sowie neuerdings von
Allen 3) haben jedoch zweifellos dargethan, dass die Gewichtsmenge des
im technisch dargestellten Eisen vorkommenden Stickstoffs nur eine
geringe sein kann und dass eine merkbare Einwirkung desselben auf
die Eigenschaften des Eisens nicht zu erwarten ist.

Allen fand bei Untersuchung verschiedener Eisensorten folgende
Stickstoffgehalte derselben:

Dünner Eisendraht     0.0123 Proc.
Eisen zu Panzerplatten     0.0131 "
Siemens-Martinstahl mit 0.22 Proc. Kohle     0.0107 "
Gussstahl mit 1.30 Proc. Kohle     0.0172 "
Spiegeleisen mit 3.80 Proc. Kohle und 20 Proc. Mangan 0.0041 "

Da 1 l Stickstoff bei 760 mm Barometerstand und Null Grad Temperatur
1.2544 g wiegt, so würden jenen Untersuchungen zufolge in 1 kg Eisen
32--137 cbm Stickstoffgas gelöst gewesen sein; oder, sofern man das
spec. Gewicht des Eisens durchschnittlich zu 7.8 annimmt, würde das-
selbe im höchsten Falle die seinem eigenen Volumen gleiche Menge
Stickstoff beim Erstarren in Lösung zu behalten, beziehentlich bei
späteren Processen (Glühen u. s. w.) aufzunehmen im Stande sein.

Dass übrigens unter gewissen Verhältnissen das Eisen grössere
Mengen Stickstoff absorbiren könne, unterliegt nach den darüber an-
gestellten Versuchen kaum einem Zweifel. Beim Glühen metallischen
Eisens in Ammoniakgas nimmt dasselbe, wie früher Savart und
Desprez 4) fanden und später Buff 5) bestätigte, an Gewicht bis zu
11 Proc. zu, während das specifische Gewicht sich verringert und das
Eisen spröde wird. In allen diesen Fällen wurde Stickstoff im Eisen
gefunden, während nach Fremy's Untersuchungen Wasserstoff nicht
mit gelöst wird. 6)

1) So z. B. wollte Schafhäutl im weissen Roheisen 0.76 Proc., im Spiegel-
eisen gar 1.20 Proc. Stickstoff gefunden haben (Philosophical Magazine 1840, vol. 16,
p. 44; Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde I, S. 65).
2) Monatsberichte der Berliner Akademie der Wissenschaften 1862, S. 692.
3) Vergl. Literatur.
4) Annales de chimie et de physique, tome 42, p. 122.
5) Liebig's Annalen, Bd. 83, S. 375.
6) Annales de chimie et de physique, tome 83, p. 375.

Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.
beim Erstarren siliciumreichen Eisens eintreten müsse, wenn die vom
flüssigen Metalle gelöste Gasmenge jenen Sättigungsgrad überschritten
habe.

Eine Beantwortung dieser Frage ist nur durch gewichtsanalytische
Untersuchungen der verschiedenen Eisensorten auf ihren Wasserstoff-,
Stickstoff- u. s. w. Gehalt zu erreichen, obgleich solche Untersuchungen
bei den ausserordentlich geringen Gewichtsmengen, in welchen die Gase
im Eisen auftreten, und den mancherlei Fehlerquellen, welche hierbei
zu berücksichtigen sind, nicht ohne Schwierigkeit durchführbar sind und
ganz besonderer Umsicht bedürfen, wenn ihre Ergebnisse nicht zu Trug-
schlüssen führen sollen.

Einem Stickstoffgehalte des Eisens, den man in oft recht
ansehnlichen Mengen zu finden glaubte 1), schrieb man in früherer Zeit
ganz besondere Einwirkungen auf die Eigenschaften des Eisens zu.
Spätere Untersuchungen von Rammelsberg 2), sowie neuerdings von
Allen 3) haben jedoch zweifellos dargethan, dass die Gewichtsmenge des
im technisch dargestellten Eisen vorkommenden Stickstoffs nur eine
geringe sein kann und dass eine merkbare Einwirkung desselben auf
die Eigenschaften des Eisens nicht zu erwarten ist.

Allen fand bei Untersuchung verschiedener Eisensorten folgende
Stickstoffgehalte derselben:

Dünner Eisendraht     0.0123 Proc.
Eisen zu Panzerplatten     0.0131 „
Siemens-Martinstahl mit 0.22 Proc. Kohle     0.0107 „
Gussstahl mit 1.30 Proc. Kohle     0.0172 „
Spiegeleisen mit 3.80 Proc. Kohle und 20 Proc. Mangan 0.0041 „

Da 1 l Stickstoff bei 760 mm Barometerstand und Null Grad Temperatur
1.2544 g wiegt, so würden jenen Untersuchungen zufolge in 1 kg Eisen
32—137 cbm Stickstoffgas gelöst gewesen sein; oder, sofern man das
spec. Gewicht des Eisens durchschnittlich zu 7.8 annimmt, würde das-
selbe im höchsten Falle die seinem eigenen Volumen gleiche Menge
Stickstoff beim Erstarren in Lösung zu behalten, beziehentlich bei
späteren Processen (Glühen u. s. w.) aufzunehmen im Stande sein.

Dass übrigens unter gewissen Verhältnissen das Eisen grössere
Mengen Stickstoff absorbiren könne, unterliegt nach den darüber an-
gestellten Versuchen kaum einem Zweifel. Beim Glühen metallischen
Eisens in Ammoniakgas nimmt dasselbe, wie früher Savart und
Desprez 4) fanden und später Buff 5) bestätigte, an Gewicht bis zu
11 Proc. zu, während das specifische Gewicht sich verringert und das
Eisen spröde wird. In allen diesen Fällen wurde Stickstoff im Eisen
gefunden, während nach Frémy’s Untersuchungen Wasserstoff nicht
mit gelöst wird. 6)

1) So z. B. wollte Schafhäutl im weissen Roheisen 0.76 Proc., im Spiegel-
eisen gar 1.20 Proc. Stickstoff gefunden haben (Philosophical Magazine 1840, vol. 16,
p. 44; Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde I, S. 65).
2) Monatsberichte der Berliner Akademie der Wissenschaften 1862, S. 692.
3) Vergl. Literatur.
4) Annales de chimie et de physique, tome 42, p. 122.
5) Liebig’s Annalen, Bd. 83, S. 375.
6) Annales de chimie et de physique, tome 83, p. 375.
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[274/0320] Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter. beim Erstarren siliciumreichen Eisens eintreten müsse, wenn die vom flüssigen Metalle gelöste Gasmenge jenen Sättigungsgrad überschritten habe. Eine Beantwortung dieser Frage ist nur durch gewichtsanalytische Untersuchungen der verschiedenen Eisensorten auf ihren Wasserstoff-, Stickstoff- u. s. w. Gehalt zu erreichen, obgleich solche Untersuchungen bei den ausserordentlich geringen Gewichtsmengen, in welchen die Gase im Eisen auftreten, und den mancherlei Fehlerquellen, welche hierbei zu berücksichtigen sind, nicht ohne Schwierigkeit durchführbar sind und ganz besonderer Umsicht bedürfen, wenn ihre Ergebnisse nicht zu Trug- schlüssen führen sollen. Einem Stickstoffgehalte des Eisens, den man in oft recht ansehnlichen Mengen zu finden glaubte 1), schrieb man in früherer Zeit ganz besondere Einwirkungen auf die Eigenschaften des Eisens zu. Spätere Untersuchungen von Rammelsberg 2), sowie neuerdings von Allen 3) haben jedoch zweifellos dargethan, dass die Gewichtsmenge des im technisch dargestellten Eisen vorkommenden Stickstoffs nur eine geringe sein kann und dass eine merkbare Einwirkung desselben auf die Eigenschaften des Eisens nicht zu erwarten ist. Allen fand bei Untersuchung verschiedener Eisensorten folgende Stickstoffgehalte derselben: Dünner Eisendraht 0.0123 Proc. Eisen zu Panzerplatten 0.0131 „ Siemens-Martinstahl mit 0.22 Proc. Kohle 0.0107 „ Gussstahl mit 1.30 Proc. Kohle 0.0172 „ Spiegeleisen mit 3.80 Proc. Kohle und 20 Proc. Mangan 0.0041 „ Da 1 l Stickstoff bei 760 mm Barometerstand und Null Grad Temperatur 1.2544 g wiegt, so würden jenen Untersuchungen zufolge in 1 kg Eisen 32—137 cbm Stickstoffgas gelöst gewesen sein; oder, sofern man das spec. Gewicht des Eisens durchschnittlich zu 7.8 annimmt, würde das- selbe im höchsten Falle die seinem eigenen Volumen gleiche Menge Stickstoff beim Erstarren in Lösung zu behalten, beziehentlich bei späteren Processen (Glühen u. s. w.) aufzunehmen im Stande sein. Dass übrigens unter gewissen Verhältnissen das Eisen grössere Mengen Stickstoff absorbiren könne, unterliegt nach den darüber an- gestellten Versuchen kaum einem Zweifel. Beim Glühen metallischen Eisens in Ammoniakgas nimmt dasselbe, wie früher Savart und Desprez 4) fanden und später Buff 5) bestätigte, an Gewicht bis zu 11 Proc. zu, während das specifische Gewicht sich verringert und das Eisen spröde wird. In allen diesen Fällen wurde Stickstoff im Eisen gefunden, während nach Frémy’s Untersuchungen Wasserstoff nicht mit gelöst wird. 6) 1) So z. B. wollte Schafhäutl im weissen Roheisen 0.76 Proc., im Spiegel- eisen gar 1.20 Proc. Stickstoff gefunden haben (Philosophical Magazine 1840, vol. 16, p. 44; Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde I, S. 65). 2) Monatsberichte der Berliner Akademie der Wissenschaften 1862, S. 692. 3) Vergl. Literatur. 4) Annales de chimie et de physique, tome 42, p. 122. 5) Liebig’s Annalen, Bd. 83, S. 375. 6) Annales de chimie et de physique, tome 83, p. 375.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/320>, abgerufen am 25.11.2024.