Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Darstellung des Cementstahles.
standtheile des Roheisens -- Mangan, Silicium, auch Phosphor und
Schwefel -- um so vollständiger ausgeschieden werden, je weiter die
Entkohlung getrieben wird. Man erhält mithin einen reineren und
deshalb für viele Verwendungen geeigneteren Stahl durch die Cementi-
rung des kohlenstoffarmen Eisens als durch die unmittelbare Her-
stellung aus Roheisen. Die höheren Kosten des Cementstahles aber
setzen seiner ausgedehnteren Verwendung eine Grenze und beschränken
dieselbe auf die Herstellung feinerer Werkzeuge, Feilen und dergleichen,
wobei derselbe in den meisten Fällen erst wieder als Material zur Dar-
stellung von Tiegelgussstahl benutzt wird.

Der Umstand, dass Schweisseisen, wenn man von der mechanisch
eingemengten Schlacke desselben absieht, chemisch reiner zu sein pflegt
als Flusseisen -- letzteres enthält bekanntlich ziemlich regelmässig
Mangan, nicht selten Silicium und grössere Mengen Schwefel als
Schweisseisen -- erklärt es, dass man fast nur ersteres zur Cement-
stahldarstellung benutzt. Die dem Schweisseisen eingemengte Schlacke
wird bei dem anhaltenden reducirenden Glühen zum grossen Theile
unter Reduction ihres Eisengehaltes zerstört; wird der Cementstahl
später in Tiegeln geschmolzen, so wird sie, wie es stets bei der Tiegel-
gussstahldarstellung der Fall ist, vollständig entfernt.

Immerhin verdient auch für die Cementstahldarstellung das schlacken-
reinere Eisen den Vorzug, schon deshalb, weil durch die Anwesenheit
eisenoxydulreicher Schlackenkörnchen die Kohlung an Gleichmässigkeit
verlieren muss. Geschätzt ist deshalb für diesen Zweck Herdfrischeisen,
ganz besonders das durch seine Reinheit von Phosphor ausgezeichnete
schwedische derartige Eisen; häufiger freilich findet in Ländern, wo der
Frischfeuerbetrieb eingegangen ist, Puddeleisen, aus reinen Roheisen-
sorten mit Vorsicht erzeugt, Verwendung; so in Westfalen, in Eng-
land u. s. w.

2. Der Cementirofen.

Die zu cementirenden Gegenstände werden in gemauerte Kisten
verpackt, welche 2.75--3.5 m lang, 0.80--1.2 m hoch und 0.8--1 m breit
zu sein pflegen. Ein Ofen enthält in den meisten Fällen zwei solcher
Kisten; dreikistige Oefen sind verschiedentlich versucht worden, haben
sich aber wegen der grösseren Ungleichmässigkeit der Erhitzung nicht
besonders bewährt, auch einkistige sind seltener. Eine Kiste pflegt für
die Aufnahme von 8--14 t Eisen eingerichtet zu sein.

Die Einrichtung des Ofens, in welchem die Kisten eingemauert
sind, zeigt insofern in allen Gegenden Uebereinstimmung, als bei directer
Feuerung der Rost, von welchem aus die Heizung bewirkt wird, unter-
halb der Kisten liegt und sich in der ganzen Längenausdehnung der-
selben erstreckt, während eine Anzahl Kanäle die Feuerungsgase unter
dem Boden und an den Seitenwänden der Kisten vertheilen, bis sie
schliesslich oberhalb der Kisten nach einer Esse entweichen; in den
Einzelheiten der Construction aber zeigen sich ziemlich häufige Ab-
weichungen.

Bei den englischen Cementiröfen, welche auch in anderen Ländern
ausserhalb Englands vielfach zur Anwendung gekommen sind, dient
eine gemeinschaftliche Rostfeuerung zur Heizung zweier Kisten. Fig. 273

Die Darstellung des Cementstahles.
standtheile des Roheisens — Mangan, Silicium, auch Phosphor und
Schwefel — um so vollständiger ausgeschieden werden, je weiter die
Entkohlung getrieben wird. Man erhält mithin einen reineren und
deshalb für viele Verwendungen geeigneteren Stahl durch die Cementi-
rung des kohlenstoffarmen Eisens als durch die unmittelbare Her-
stellung aus Roheisen. Die höheren Kosten des Cementstahles aber
setzen seiner ausgedehnteren Verwendung eine Grenze und beschränken
dieselbe auf die Herstellung feinerer Werkzeuge, Feilen und dergleichen,
wobei derselbe in den meisten Fällen erst wieder als Material zur Dar-
stellung von Tiegelgussstahl benutzt wird.

Der Umstand, dass Schweisseisen, wenn man von der mechanisch
eingemengten Schlacke desselben absieht, chemisch reiner zu sein pflegt
als Flusseisen — letzteres enthält bekanntlich ziemlich regelmässig
Mangan, nicht selten Silicium und grössere Mengen Schwefel als
Schweisseisen — erklärt es, dass man fast nur ersteres zur Cement-
stahldarstellung benutzt. Die dem Schweisseisen eingemengte Schlacke
wird bei dem anhaltenden reducirenden Glühen zum grossen Theile
unter Reduction ihres Eisengehaltes zerstört; wird der Cementstahl
später in Tiegeln geschmolzen, so wird sie, wie es stets bei der Tiegel-
gussstahldarstellung der Fall ist, vollständig entfernt.

Immerhin verdient auch für die Cementstahldarstellung das schlacken-
reinere Eisen den Vorzug, schon deshalb, weil durch die Anwesenheit
eisenoxydulreicher Schlackenkörnchen die Kohlung an Gleichmässigkeit
verlieren muss. Geschätzt ist deshalb für diesen Zweck Herdfrischeisen,
ganz besonders das durch seine Reinheit von Phosphor ausgezeichnete
schwedische derartige Eisen; häufiger freilich findet in Ländern, wo der
Frischfeuerbetrieb eingegangen ist, Puddeleisen, aus reinen Roheisen-
sorten mit Vorsicht erzeugt, Verwendung; so in Westfalen, in Eng-
land u. s. w.

2. Der Cementirofen.

Die zu cementirenden Gegenstände werden in gemauerte Kisten
verpackt, welche 2.75—3.5 m lang, 0.80—1.2 m hoch und 0.8—1 m breit
zu sein pflegen. Ein Ofen enthält in den meisten Fällen zwei solcher
Kisten; dreikistige Oefen sind verschiedentlich versucht worden, haben
sich aber wegen der grösseren Ungleichmässigkeit der Erhitzung nicht
besonders bewährt, auch einkistige sind seltener. Eine Kiste pflegt für
die Aufnahme von 8—14 t Eisen eingerichtet zu sein.

Die Einrichtung des Ofens, in welchem die Kisten eingemauert
sind, zeigt insofern in allen Gegenden Uebereinstimmung, als bei directer
Feuerung der Rost, von welchem aus die Heizung bewirkt wird, unter-
halb der Kisten liegt und sich in der ganzen Längenausdehnung der-
selben erstreckt, während eine Anzahl Kanäle die Feuerungsgase unter
dem Boden und an den Seitenwänden der Kisten vertheilen, bis sie
schliesslich oberhalb der Kisten nach einer Esse entweichen; in den
Einzelheiten der Construction aber zeigen sich ziemlich häufige Ab-
weichungen.

Bei den englischen Cementiröfen, welche auch in anderen Ländern
ausserhalb Englands vielfach zur Anwendung gekommen sind, dient
eine gemeinschaftliche Rostfeuerung zur Heizung zweier Kisten. Fig. 273

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f1034" n="946"/><fw place="top" type="header">Die Darstellung des Cementstahles.</fw><lb/>
standtheile des Roheisens &#x2014; Mangan, Silicium, auch Phosphor und<lb/>
Schwefel &#x2014; um so vollständiger ausgeschieden werden, je weiter die<lb/>
Entkohlung getrieben wird. Man erhält mithin einen reineren und<lb/>
deshalb für viele Verwendungen geeigneteren Stahl durch die Cementi-<lb/>
rung des kohlenstoffarmen Eisens als durch die unmittelbare Her-<lb/>
stellung aus Roheisen. Die höheren Kosten des Cementstahles aber<lb/>
setzen seiner ausgedehnteren Verwendung eine Grenze und beschränken<lb/>
dieselbe auf die Herstellung feinerer Werkzeuge, Feilen und dergleichen,<lb/>
wobei derselbe in den meisten Fällen erst wieder als Material zur Dar-<lb/>
stellung von Tiegelgussstahl benutzt wird.</p><lb/>
            <p>Der Umstand, dass Schweisseisen, wenn man von der mechanisch<lb/>
eingemengten Schlacke desselben absieht, chemisch reiner zu sein pflegt<lb/>
als Flusseisen &#x2014; letzteres enthält bekanntlich ziemlich regelmässig<lb/>
Mangan, nicht selten Silicium und grössere Mengen Schwefel als<lb/>
Schweisseisen &#x2014; erklärt es, dass man fast nur ersteres zur Cement-<lb/>
stahldarstellung benutzt. Die dem Schweisseisen eingemengte Schlacke<lb/>
wird bei dem anhaltenden reducirenden Glühen zum grossen Theile<lb/>
unter Reduction ihres Eisengehaltes zerstört; wird der Cementstahl<lb/>
später in Tiegeln geschmolzen, so wird sie, wie es stets bei der Tiegel-<lb/>
gussstahldarstellung der Fall ist, vollständig entfernt.</p><lb/>
            <p>Immerhin verdient auch für die Cementstahldarstellung das schlacken-<lb/>
reinere Eisen den Vorzug, schon deshalb, weil durch die Anwesenheit<lb/>
eisenoxydulreicher Schlackenkörnchen die Kohlung an Gleichmässigkeit<lb/>
verlieren muss. Geschätzt ist deshalb für diesen Zweck Herdfrischeisen,<lb/>
ganz besonders das durch seine Reinheit von Phosphor ausgezeichnete<lb/>
schwedische derartige Eisen; häufiger freilich findet in Ländern, wo der<lb/>
Frischfeuerbetrieb eingegangen ist, Puddeleisen, aus reinen Roheisen-<lb/>
sorten mit Vorsicht erzeugt, Verwendung; so in Westfalen, in Eng-<lb/>
land u. s. w.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">2. Der Cementirofen.</hi> </head><lb/>
            <p>Die zu cementirenden Gegenstände werden in gemauerte Kisten<lb/>
verpackt, welche 2.<hi rendition="#sub">75</hi>&#x2014;3.<hi rendition="#sub">5</hi> m lang, 0.<hi rendition="#sub">80</hi>&#x2014;1.<hi rendition="#sub">2</hi> m hoch und 0.<hi rendition="#sub">8</hi>&#x2014;1 m breit<lb/>
zu sein pflegen. Ein Ofen enthält in den meisten Fällen zwei solcher<lb/>
Kisten; dreikistige Oefen sind verschiedentlich versucht worden, haben<lb/>
sich aber wegen der grösseren Ungleichmässigkeit der Erhitzung nicht<lb/>
besonders bewährt, auch einkistige sind seltener. Eine Kiste pflegt für<lb/>
die Aufnahme von 8&#x2014;14 t Eisen eingerichtet zu sein.</p><lb/>
            <p>Die Einrichtung des Ofens, in welchem die Kisten eingemauert<lb/>
sind, zeigt insofern in allen Gegenden Uebereinstimmung, als bei directer<lb/>
Feuerung der Rost, von welchem aus die Heizung bewirkt wird, unter-<lb/>
halb der Kisten liegt und sich in der ganzen Längenausdehnung der-<lb/>
selben erstreckt, während eine Anzahl Kanäle die Feuerungsgase unter<lb/>
dem Boden und an den Seitenwänden der Kisten vertheilen, bis sie<lb/>
schliesslich oberhalb der Kisten nach einer Esse entweichen; in den<lb/>
Einzelheiten der Construction aber zeigen sich ziemlich häufige Ab-<lb/>
weichungen.</p><lb/>
            <p>Bei den englischen Cementiröfen, welche auch in anderen Ländern<lb/>
ausserhalb Englands vielfach zur Anwendung gekommen sind, dient<lb/>
eine gemeinschaftliche Rostfeuerung zur Heizung zweier Kisten. Fig. 273<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[946/1034] Die Darstellung des Cementstahles. standtheile des Roheisens — Mangan, Silicium, auch Phosphor und Schwefel — um so vollständiger ausgeschieden werden, je weiter die Entkohlung getrieben wird. Man erhält mithin einen reineren und deshalb für viele Verwendungen geeigneteren Stahl durch die Cementi- rung des kohlenstoffarmen Eisens als durch die unmittelbare Her- stellung aus Roheisen. Die höheren Kosten des Cementstahles aber setzen seiner ausgedehnteren Verwendung eine Grenze und beschränken dieselbe auf die Herstellung feinerer Werkzeuge, Feilen und dergleichen, wobei derselbe in den meisten Fällen erst wieder als Material zur Dar- stellung von Tiegelgussstahl benutzt wird. Der Umstand, dass Schweisseisen, wenn man von der mechanisch eingemengten Schlacke desselben absieht, chemisch reiner zu sein pflegt als Flusseisen — letzteres enthält bekanntlich ziemlich regelmässig Mangan, nicht selten Silicium und grössere Mengen Schwefel als Schweisseisen — erklärt es, dass man fast nur ersteres zur Cement- stahldarstellung benutzt. Die dem Schweisseisen eingemengte Schlacke wird bei dem anhaltenden reducirenden Glühen zum grossen Theile unter Reduction ihres Eisengehaltes zerstört; wird der Cementstahl später in Tiegeln geschmolzen, so wird sie, wie es stets bei der Tiegel- gussstahldarstellung der Fall ist, vollständig entfernt. Immerhin verdient auch für die Cementstahldarstellung das schlacken- reinere Eisen den Vorzug, schon deshalb, weil durch die Anwesenheit eisenoxydulreicher Schlackenkörnchen die Kohlung an Gleichmässigkeit verlieren muss. Geschätzt ist deshalb für diesen Zweck Herdfrischeisen, ganz besonders das durch seine Reinheit von Phosphor ausgezeichnete schwedische derartige Eisen; häufiger freilich findet in Ländern, wo der Frischfeuerbetrieb eingegangen ist, Puddeleisen, aus reinen Roheisen- sorten mit Vorsicht erzeugt, Verwendung; so in Westfalen, in Eng- land u. s. w. 2. Der Cementirofen. Die zu cementirenden Gegenstände werden in gemauerte Kisten verpackt, welche 2.75—3.5 m lang, 0.80—1.2 m hoch und 0.8—1 m breit zu sein pflegen. Ein Ofen enthält in den meisten Fällen zwei solcher Kisten; dreikistige Oefen sind verschiedentlich versucht worden, haben sich aber wegen der grösseren Ungleichmässigkeit der Erhitzung nicht besonders bewährt, auch einkistige sind seltener. Eine Kiste pflegt für die Aufnahme von 8—14 t Eisen eingerichtet zu sein. Die Einrichtung des Ofens, in welchem die Kisten eingemauert sind, zeigt insofern in allen Gegenden Uebereinstimmung, als bei directer Feuerung der Rost, von welchem aus die Heizung bewirkt wird, unter- halb der Kisten liegt und sich in der ganzen Längenausdehnung der- selben erstreckt, während eine Anzahl Kanäle die Feuerungsgase unter dem Boden und an den Seitenwänden der Kisten vertheilen, bis sie schliesslich oberhalb der Kisten nach einer Esse entweichen; in den Einzelheiten der Construction aber zeigen sich ziemlich häufige Ab- weichungen. Bei den englischen Cementiröfen, welche auch in anderen Ländern ausserhalb Englands vielfach zur Anwendung gekommen sind, dient eine gemeinschaftliche Rostfeuerung zur Heizung zweier Kisten. Fig. 273

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1034
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 946. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1034>, abgerufen am 22.12.2024.