Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.
kohlenroheisen gegossen, welche zwei Mal geglüht und sowohl vor als nach jedem Glühen chemisch untersucht wurden.
Es ergab sich hierbei folgende chemische Zusammensetzung:
[Tabelle]
Eine wesentliche Aenderung der chemischen Zusammensetzung des Eisens beim Glühfrischen ist nur hinsichtlich des Kohlenstoffes wahr- nehmbar. Der Gehalt an Silicium, Phosphor und Mangan bleibt unver- ändert. Die in beiden Fällen stattgehabte Anreicherung des Schwefel- gehaltes dürfte auf eine Aufnahme von Schwefel aus dem Glühmittel zurückzuführen sein.
Die Bruchfläche der Eisenstücke nach dem ersten Glühen zeigte eine weisse, fast kohlenstofffreie Kruste von etwa 11/2 mm Stärke, welche einen dunkeln Kern einschloss; nach dem zweiten Glühen war dieser dunkele Kern vollständig verschwunden. Letzterer Umstand lässt schliessen, dass die Färbung des Kernes nicht sowohl von Graphit herrühre, welcher auch bei starkem Glühen unverbrennlich ist, sondern durch eine der auf S. 238 besprochenen Cementkohle gleiche oder ähn- liche Bildung hervorgerufen worden sei. Dass übrigens beim starken Glühen eines verhältnissmässig siliciumreichen Eisens auch wirkliche Graphitbildung stattfinden könne, ist kaum zu bezweifeln.
Abweichend von den Ergebnissen der obigen Untersuchungen über die chemischen Veränderungen beim Glühen in Eisenoxyden will man bei dem Glühen bei beschränktem Luftzutritte -- dem ursprüng- lichen, jetzt nicht mehr angewendeten Verfahren zur Darstellung von Glühstahl -- eine Abminderung des Silicium-, Mangan- und auch des Schwefelgehaltes bemerkt haben. Eine Verringerung des Silicium- und Mangangehaltes kann offenbar nur dann möglich sein, wenn die ent- stehenden Oxyde leichtflüssige Verbindungen eingehen, welche aus dem Eisen in hoher Temperatur aussaigern; Schwefel kann ebenso- wohl als Sulfid aussaigern als in Form von schwefliger Säure ver- flüchtigt werden. Richter1) fand z. B. bei zwei derartigen Proben:
[Tabelle]
1)Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde S. 272.
Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.
kohlenroheisen gegossen, welche zwei Mal geglüht und sowohl vor als nach jedem Glühen chemisch untersucht wurden.
Es ergab sich hierbei folgende chemische Zusammensetzung:
[Tabelle]
Eine wesentliche Aenderung der chemischen Zusammensetzung des Eisens beim Glühfrischen ist nur hinsichtlich des Kohlenstoffes wahr- nehmbar. Der Gehalt an Silicium, Phosphor und Mangan bleibt unver- ändert. Die in beiden Fällen stattgehabte Anreicherung des Schwefel- gehaltes dürfte auf eine Aufnahme von Schwefel aus dem Glühmittel zurückzuführen sein.
Die Bruchfläche der Eisenstücke nach dem ersten Glühen zeigte eine weisse, fast kohlenstofffreie Kruste von etwa 1½ mm Stärke, welche einen dunkeln Kern einschloss; nach dem zweiten Glühen war dieser dunkele Kern vollständig verschwunden. Letzterer Umstand lässt schliessen, dass die Färbung des Kernes nicht sowohl von Graphit herrühre, welcher auch bei starkem Glühen unverbrennlich ist, sondern durch eine der auf S. 238 besprochenen Cementkohle gleiche oder ähn- liche Bildung hervorgerufen worden sei. Dass übrigens beim starken Glühen eines verhältnissmässig siliciumreichen Eisens auch wirkliche Graphitbildung stattfinden könne, ist kaum zu bezweifeln.
Abweichend von den Ergebnissen der obigen Untersuchungen über die chemischen Veränderungen beim Glühen in Eisenoxyden will man bei dem Glühen bei beschränktem Luftzutritte — dem ursprüng- lichen, jetzt nicht mehr angewendeten Verfahren zur Darstellung von Glühstahl — eine Abminderung des Silicium-, Mangan- und auch des Schwefelgehaltes bemerkt haben. Eine Verringerung des Silicium- und Mangangehaltes kann offenbar nur dann möglich sein, wenn die ent- stehenden Oxyde leichtflüssige Verbindungen eingehen, welche aus dem Eisen in hoher Temperatur aussaigern; Schwefel kann ebenso- wohl als Sulfid aussaigern als in Form von schwefliger Säure ver- flüchtigt werden. Richter1) fand z. B. bei zwei derartigen Proben:
[Tabelle]
1)Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde S. 272.
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Die Darstellung des Tempereisens und schmiedbaren Gusses.
kohlenroheisen gegossen, welche zwei Mal geglüht und sowohl vor als
nach jedem Glühen chemisch untersucht wurden.
Es ergab sich hierbei folgende chemische Zusammensetzung:
Eine wesentliche Aenderung der chemischen Zusammensetzung des
Eisens beim Glühfrischen ist nur hinsichtlich des Kohlenstoffes wahr-
nehmbar. Der Gehalt an Silicium, Phosphor und Mangan bleibt unver-
ändert. Die in beiden Fällen stattgehabte Anreicherung des Schwefel-
gehaltes dürfte auf eine Aufnahme von Schwefel aus dem Glühmittel
zurückzuführen sein.
Die Bruchfläche der Eisenstücke nach dem ersten Glühen zeigte
eine weisse, fast kohlenstofffreie Kruste von etwa 1½ mm Stärke,
welche einen dunkeln Kern einschloss; nach dem zweiten Glühen war
dieser dunkele Kern vollständig verschwunden. Letzterer Umstand lässt
schliessen, dass die Färbung des Kernes nicht sowohl von Graphit
herrühre, welcher auch bei starkem Glühen unverbrennlich ist, sondern
durch eine der auf S. 238 besprochenen Cementkohle gleiche oder ähn-
liche Bildung hervorgerufen worden sei. Dass übrigens beim starken
Glühen eines verhältnissmässig siliciumreichen Eisens auch wirkliche
Graphitbildung stattfinden könne, ist kaum zu bezweifeln.
Abweichend von den Ergebnissen der obigen Untersuchungen
über die chemischen Veränderungen beim Glühen in Eisenoxyden will
man bei dem Glühen bei beschränktem Luftzutritte — dem ursprüng-
lichen, jetzt nicht mehr angewendeten Verfahren zur Darstellung von
Glühstahl — eine Abminderung des Silicium-, Mangan- und auch des
Schwefelgehaltes bemerkt haben. Eine Verringerung des Silicium- und
Mangangehaltes kann offenbar nur dann möglich sein, wenn die ent-
stehenden Oxyde leichtflüssige Verbindungen eingehen, welche aus
dem Eisen in hoher Temperatur aussaigern; Schwefel kann ebenso-
wohl als Sulfid aussaigern als in Form von schwefliger Säure ver-
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1) Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde S. 272.
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 944. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1032>, abgerufen am 18.12.2024.
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