Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778.gedacht, was haben wir an dir gethan, daß du dich Segen
gedacht, was haben wir an dir gethan, daß du dich Segen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0093" n="91"/> gedacht, was haben wir an dir gethan, daß du dich<lb/> unſerer ſo väterlich angenommen? Hier Ruhe und<lb/> Wohlſtand, ſo viel der Menſch nur zu ſeinem Glü-<lb/> cke begehren kann. — So viele Tage mit ſichtbarem<lb/> Wohlthun erfüllet. — Jmmer unverdienter Schutz<lb/> gegen die Gefahren und Mühſeligkeiten dieſes Le-<lb/> bens oder aufrichtende Hülfe und Stärke, wenn<lb/> der Muth durch Anfechtung, Leiden und Kummer<lb/> geſchwächet war. — Dort am Rande des gefürch-<lb/> teten Verderbens, gerettet durch deine Hand und<lb/> hervorgezogen aus der Finſterniß, ans Licht, daß<lb/> man erkenne, du ſeyſt Gott, der da hilft, ein Herr<lb/> Herr, der vom Tode errette. Schmachtend ſeuf-<lb/> zete der Kranke, der Verlaſſene, der Troſtloſe nach<lb/> Hülfe, und da er noch rief, hörteſt du, da er noch<lb/> ſeine Hände aufhub, ſtund die Hülfe da, die er be-<lb/> gehrte. Auch dem der dich nicht kannte, und zu<lb/> deiner erbarmenden Gnade nicht fliehen wollte, haſt<lb/> du deine liebreiche Hülfe nicht entzogen. Jhn hat<lb/> dein Vaterſinn geſchonet, daß ihn nicht der Fluch<lb/> übereile, den ſein Frevel verdienet; ihn haſt du Pla-<lb/> ge und Trübſal erfahren laſſen, daß er dich ſuche<lb/> und durch deine Gnade gerettet werde; ihm haſt du<lb/> den Jammer erleichtert und die Fluthen des Unglücks<lb/> über ſeinem Haupte zerſtreuet, ob er gleich nicht zu<lb/> dir betete, wenigſtens nicht im Geiſt und in der<lb/> Wahrheit betete. Als gütiger Vater haſt du das<lb/> gethan, der da züchtiget mit Maßen, nicht in ſeinem<lb/> Grimme, auf daß er die Ungehorſame nicht gar<lb/> aufreibe. Wie viel Heil iſt unſerer Seele wieder-<lb/> fahren, daß ſie erleuchtet werde, und deinen Willen<lb/> von unſerer ewigen Seligkeit erkenne, daß ſie dem<lb/> tödtenden Joche der Sünde entzogen, lebe in Hei-<lb/> ligkeit und Gerechtigkeit, die vor dir gefällig iſt;<lb/> daß ſie unter der Angſt, die das Geſetz, ſo wir ent-<lb/> heiliget haben, anrichtet, getröſtet werde. Wie viel<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Segen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0093]
gedacht, was haben wir an dir gethan, daß du dich
unſerer ſo väterlich angenommen? Hier Ruhe und
Wohlſtand, ſo viel der Menſch nur zu ſeinem Glü-
cke begehren kann. — So viele Tage mit ſichtbarem
Wohlthun erfüllet. — Jmmer unverdienter Schutz
gegen die Gefahren und Mühſeligkeiten dieſes Le-
bens oder aufrichtende Hülfe und Stärke, wenn
der Muth durch Anfechtung, Leiden und Kummer
geſchwächet war. — Dort am Rande des gefürch-
teten Verderbens, gerettet durch deine Hand und
hervorgezogen aus der Finſterniß, ans Licht, daß
man erkenne, du ſeyſt Gott, der da hilft, ein Herr
Herr, der vom Tode errette. Schmachtend ſeuf-
zete der Kranke, der Verlaſſene, der Troſtloſe nach
Hülfe, und da er noch rief, hörteſt du, da er noch
ſeine Hände aufhub, ſtund die Hülfe da, die er be-
gehrte. Auch dem der dich nicht kannte, und zu
deiner erbarmenden Gnade nicht fliehen wollte, haſt
du deine liebreiche Hülfe nicht entzogen. Jhn hat
dein Vaterſinn geſchonet, daß ihn nicht der Fluch
übereile, den ſein Frevel verdienet; ihn haſt du Pla-
ge und Trübſal erfahren laſſen, daß er dich ſuche
und durch deine Gnade gerettet werde; ihm haſt du
den Jammer erleichtert und die Fluthen des Unglücks
über ſeinem Haupte zerſtreuet, ob er gleich nicht zu
dir betete, wenigſtens nicht im Geiſt und in der
Wahrheit betete. Als gütiger Vater haſt du das
gethan, der da züchtiget mit Maßen, nicht in ſeinem
Grimme, auf daß er die Ungehorſame nicht gar
aufreibe. Wie viel Heil iſt unſerer Seele wieder-
fahren, daß ſie erleuchtet werde, und deinen Willen
von unſerer ewigen Seligkeit erkenne, daß ſie dem
tödtenden Joche der Sünde entzogen, lebe in Hei-
ligkeit und Gerechtigkeit, die vor dir gefällig iſt;
daß ſie unter der Angſt, die das Geſetz, ſo wir ent-
heiliget haben, anrichtet, getröſtet werde. Wie viel
Segen
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